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Dresdner Journal. Verantwortlich er Redakteur: I. G. Hartmann. .V 320 1851 Prei« für da- Vierteljahr Thaler. Insertion--Gebühren für do» Raum einer gespaltenen Zeile 1 Nengroschen. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme des Sonntag«täglich in I Bogen und ist 12. DttkNlbkk durch alle Postanstaltea zu beziehen. Amtlicher Theil. Dresden, 5. December. Se. Majestät der König haben geruht, dem Geheimen Rathe und Kammerherrn Friedrich Ferdinand Gottlieb v. Gl obig da- Comthur- treuz 1. Classe des AlbrechtSorbens zu verleihen. Tagesgeschichte. 0 Dresden, 11. December. Die in Nr. 285 der „Sächsischen Constitutionellen Zeitung" enthaltene Be schwerde über Wagenmangrl und zu hohe Tarifsätze für den KohlentranSport auf der sächsisch-bairischen Staatseisenbahn bedarf einiger Erläuterung des SachverhältniffeS. Der Wagenmangel kann für den gegenwärtigen Augen- blik nicht in Abrede gestellt werden; er ist aber nicht Folge mangelnder Voraussicht, sondern einer vorübergehenden Eonjunctur. AlS die sächsisch-bairische Eisenbahn im Jahre 1847 Seiten des Staates erworben wurde, war der Bestand an Betriebsmitteln für den Gütertransport: 54 bedeckte Wagen, 489 offene Wagen, 14 Lokomotiven; im gegen wärtigen Augenblicke stellt sich derselbe auf 126 bedeckte Wagen, 820 in Betrieb befindliche offene Wagen, 34 Lo komotiven, und die im Voranschlag für Vermehrung der Betriebsmittel ausgesetzte Summe von 300,000 Thlr. hat bereits um das Doppelte überschritten werden müssen. Obige Zahlen werden den Beweis liefern, daß auf die Zunahme de« Verkehrs die erforderliche Rücksicht genommen worden ist. Ohngeachtet der bereits im September v. I. erfolgten Eröffnung der Leipziger Verbindungsbahn und der im Juli d. I. bewirkten Vollendung der beiden großen Brücken zeigte sich bis Ende September d. I. der Wagenbestand nicht nur als völlig ausreichend, sondern er war im Jahre 1851 selbst nicht immer so in Benutzung, wie zu wünschen gewesen wäre. Man konnte deshalb um so ruhiger der nächsten Zukunft entgegensetzen, als auch bei einer starken Zunahme deS Verkehrs die von anderen Bahnverwallungen zum Koh lenvertriebe zu stellenden Wagen hinreichende Aushilfe ver sprachen. Mit Ende September trat — man kann sagen ücher Nacht — «i« s» starker Lüterverkshr «i«, «ir auch bei den lebhaftesten Erwartungen von dessen Umfang nicht zu hoffen stand. Dieser plötzliche Aufschwung berührte nicht nur di« sächsisch-bairische Bahn, sondern auch die gejamm ten Anschlußbahnen, und sowie hier Wagenmangel eintrat, mußte selbiger für die sächsisch-bairische Eisenbahn um so empfindlicher werden, je weniger man sich entschließen mochte, dem noch im Entstehen begriffenen Kohlenvertrieb in weite Fernen durch ein Aurückziehen der Wagen von anderen Bah nen eine schwer zu heilende Wunde zu schlagen, es viel mehr im Interesse dieses Verkehrs hielt, dem gedachten Ver triebe die einmal gewährte Erleichterung zu lassen, so schwie rig hierdurch auch die Verhältnisse wurden. Die große Vermehrung in dem Güterverkehr« trat so überraschend schnell ein, daß Abhilfe des hierdurch herbeigeführten Wa genmangels, an welchem di« gesummten in dem Rayon je nes Verkehrs liegenden Bahnen litten, nicht sofort beschafft werden konnte, selbst wenn man die Hoffnung gehabt hätte, daß dieser gesteigerte Verkehr, namentlich insoweit er auch die zum Kohlentransport bestimmten Wagen beansprucht, von Dauer sein würde; allein dies letztere ist allerdings nicht zu erwarten. Ein großer Theil jener Verkehrszunahme hatte seinen Grund nur in vorübergehenden Ursachen, und der Wagenmangel namentlich in Bezug auf den Kohlen vertrieb ist ebenso vorübergehend; nur Unbekanntschaft mit den Verhältnissen könnte daher die jetzige Erschwerung an Kohlenvertrieb einem Mangel an Voraussicht beimessen. Die zweite Klage betrifft die Höhe des Tarifsatzes für Kohlen. Behält man nur die in jenem Aufsatze zur Ver gleichung hingestellten Tarifsätze als vergleichende Zahlen im Auge, so scheint die Klage gerechtfertigt. — Allein bei der Beurtheilung eines Tarifsätze« müssen billigerweise noch andere Verhältnisse in Erwägung kommen. Eine Staatü bahn wird zwar nicht als eine Erwerbsquelle angesehen werden sollen, allein bei ihrer Bewirthschaftung wird die Behörde doch immer dafür besorgt sein müssen, daß selbige der Allgemeinheit des Staates nicht zu sehr zur Last falle. Die sächsisch-bairische Bahn ist bekanntlich eine Gebirgs bahn und die theuerste deS LanbeS- Beides ist bei der Tariffrstsetzung zu berücksichtigen und ist bis jetzt berück sichtigt worden. In andern Beziehungen ist übrigens dec hiesige Tarifsatz nicht höher, alS der auf der Köln- Mindner Bahn, und beachtet man, daß in Baiern nicht das Maß (wie hier), sondern das Gewicht bei Berech nung der K-Hlenfracht untergelegt wird, so zeigt sich die Gleichheit beider Tarifsätze,. ungeachtet der Transport von Zwickau nach Hof wegen der unausgesetzten Steigungen der Bahn für die Verwaltung theurer zu stehen kommt, als der von Hof nach Nürnberg rc. Die in staalSwirthschaft- licher Hinsicht wesentlichste Fräße ist hierbei aber immer, ob die in Rede stehenden Tarifsätze hemmend auf den Kohlenverkehr einwirken? und djes möchte doch wohl zu verneinen sein, wenn man die Zunahme der auf der Eisen bahn verführten Kohlen in den Jahren 1847 und 1850 vergleicht, wobei nicht unbemerkt bleiben kann, daß es hierbei gleichwohl möglich gewesen ist, die Kohlenpreise zu erhöhen, wie dies nur eben in neuester Zeit geschehen ist, — doch wohl ein Beweis, daß die Tarifsätze den Verkehr nicht hemmten. Dresden, 11. December. Wir beklagen es auf richtig, daß die „Neue Preuß. Zeitung", der wir in un fern, heutigen Blatte einen anerkennungswerthen Artikel entnehmen, fvltfährt, sich von Dresden aus Berichte schreiben zu lassen, in welchen die offenbare Böswilligkeit nur durch die Seichtigkeit der Beurtheilung übertroffen wird. Der bekannte ^Correspondent läßt sich unterm 3. d. M., um sich für die ihm gewordene Abfertigung schadlos zu halten, abermals über „steigend« AolLpwtHi<.^LeLrn Preußen in den höhern Regionen", über „Undankbarkeit", über „heimliche Jntriguen" vernehmen, ohne nur irgend etwas Thatsäch- liches zu Begründung dieser Behauptung aufzuführen. Möchte doch die „N. Pr. Ztg." einmal ernstlich bedenken, daß man der Sache, die man vertheidigr, einen schlechten Dienst erweist, wenn man in jedem Widerspruch, der sich gegen deren unbedingte Annahme kundgicbt, einen Anlaß und eine Berechtigung findet, Schmähungen und Verleumdungen gegen den Widersprechenden zu häufen. Von den Jnlri- guen der sächsischen Regierung gegen den Zollverein wird seit zwei Monaten viel geschrieben und nachgcschrieben, zum Beleg dafür hat man aber bisher Nichts beizubringen ver mocht, als ein Circular der sächsischen Regierung, welches bei keiner deutschen Regierung eingegangen ist, und ein Schreiben eines sächsischen Ministers an den Minister eines andern Staates, welches der letztere nie erhalten hat. Die sächsische Regierung hat keinesweges die Prätension, „große Politik" zu treiben, wie es der „Corcespondent der „N. Pr. Ztg." glaubt, ebensowenig dürfte sie jedoch gemeint sein, über das, was eine gesunde sächsische Politik erheischt, Belehrungen von denen anzunehmen, die entweder nicht Sachsen sind, oder cS zu sein aufgehört haben. Die von dem Correspondenlen gemachte Angabe, daß Sachsen von den Zolleinnahmen 1^ Million Thaler erhalte, kommt der Wahrheit ziemlich nahe, und hätte derselbe, da ec von Dresden nach Berlin schreibt, gut gethan hinzuzufügen, daß dieser Betrag bei Weitem nicht die Summe erreicht, welche die sächsische Consumtion zu der VereinScasse be steuert. Ueber Sachsens Finanzen aber, bezüglich deren er seine Mittheilungen zurückhalten will, möge er sich immerhin verbreiten. Dieselben haben das Licht weniger zu scheuen, als die Verbreiter lügenhafter Gerüchte. LLien, 9. December. (W. Bl.) In Betreff der in Wien stattfindenden bevorstehenden Zollconferenz berichtet die L. A. C., daß die Verhandlung derselben eine Fortsetzung der Berathungen des Frankfurter SachverständigencongresseS sein werde, nur dürften dieselben diesmal mehr auf eine wirkliche Verbindung als auf bloße Handelserleichterungen berechnet sein. — Privatnachrichten aus Paris melden, daß bei dem diplomatischen Diner, welches der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herr Turgot, gab, der amerika nische Gesandte, ungeachtet der an ihn ergangenen Ein ladung, sich nicht eingefunden hatte, was ziemlich auffällig bemerkt wurde. Weitere Privatberichte melden, man könne mit Bestimmtheit annehmen, daß die Majorität der Stim men bei der Abstimmung am 20. d. M- zu Gunsten Na poleons ausfallen werden. — Reisende auS der Schweiz er zählen, daß sich in St. Gallen eine Agcntie der sogenann ten „demokratischen Völkerlotterie" etablirt habe, um ihren Billets auch in Oesterreich Eingang zu verschaffen. Berlin, 9. December. Die Mitglieder der Postver- einSconferenz haben Berlin wieder verlassen, nur der Commissarius der Postverwallung des Fürsten Thurn und Taxis ist noch hier geblieben, um den Anschluß der hohen- zollernschen Lande bis zum 1. Januar 1852 zu ordnen. Ueber die Erfolge der Conferenz sind nur unbestimmte Nach richten verbreitet, aus denen man indeß schließen darf, daß weniger wirklich erfolgte Abschlüsse zu Stande gebracht sind, als vielmehr Vorbereitungen, um in der nächsten Conferenz, die im Mai 1853 in Wien zusammentcitt, schwebende Fragen zum Austrag zu bringen. Als wirklich erzieltes Resultat wäre nur der erfolgte Anschluß von sechs deut schen Postverwaltungen zu betrachten. Der Umfang der von der deutschen Postconferenz geordneten Gegenstände ist so bedeutend gewesen, daß, wie die „Spen. Ztg." schreibt, von der ursprünglichen Absicht, solche in einem Supple- mentarvertrage zusammenzustellen, hat abgesehen und ein ganz' neuer PostvereinSvertrag hat abgeschlossen werden müs sen, der am 5. December von allen Abgeordneten der deutschen Postverwaltungen — ausschließlich Lauenburg — vollzogen worden ist und über welchen die deutschen Regie rungen bis Ende Januar k. I. die Erklärungen HinsichtS ihrer Zustimmung zu geben haben. — Der Abg. Harkort und Genossen haben in der zwei ten Kammer folgenden Antrag gestellt: „Eine hohe Kam mer wolle beschließen: „Eine Commission von 21 Mitglie dern zu ernennen, um das System der Banken und Geld- crcditinstitute des Landes zu untersuchen und über die im Interesse eines rascheren Geldverkehrs nolhwendig erschei nenden Reformen zu berichten." Berlin, 10. December. Die „N. Pr. Z." vom heutigen Tage enthält einen längern Artikel, überschrieben „die Armee Frankreichs", welcher folgendermaßen schließt: „Der abstrakte Begriff der ^rmee äv l^orstro, dem das französische Heer sich in den letzten Jahren hingegeben hat, er wird schnell schwinden. Das Herr wird bald genug in allen Souvenirs <ie l'nrmee srunysise erglühen. Und Lud wig Bonaparte? Wird er nicht Ursache genug haben, wenn er den 20. December überdauert, ein solches Wieder erwachen des alten Geistes im Heere zu pflegen? Führt er die Armee zum Kriege, so fällt er vielleicht, hält er sie im Innern zurück, so fällt er gewiß. Denn dann bleibt entweder die Armee siegreich gegen die Montagne, und sie drängt doch über die Grenzen; dann aber bat er Der schivedische Dichter Bellmann. (Schluß.) In einer seiner Episteln beschreibt Belllnann die Uebtrfahrl de« Vater Movitz von Stockholm nach dem Thiergarten. Damals gab's nur sogenannte Dalkullcnboote. Die Frauen auS Dale- karlien kommen im Sommer nach der Stadt, wo sie mit schwerer Arbeit einen kleinen Beitrag zur Winterzehrung gewinnen. Sie behalten ihre Tracht, den schwarzen Rock, die plumpen Holzschuhe, daS rothe Mieder, bei, und sind mcist sehr starke Figuren. Zur Bemannung eine- BvoteS gehören gewöhnlich drei. Zwei drehen mit einer Kurbel die wir beim Dampfschiffe eingerichteten Ruder ; die dritte steuert, wenn ihr das Geschäft nicht einer der Mit reisenden abnimntt. Die Boote fassen eine ziemlich große Gesell schaft und sind meist recht bunt besetz». Ein Zeltdach schützt gegen Regen und Sonnenschein, und heißt der Tag Katharine oder Christine oder so ähnlich, so kann man an hübschen Blumen- guirlanden und Laubgewinden deS Schiffe« und an der frisch säubern Wäsche der Schifferinnen sogleich erkennen, daß eine von ihnen daS Fest ihreS Namens feiert. Jede- Boot hat seine bestimmt, Anlegestelle. Eine Dalkulle steigt ans Ufer und schwingt eine gellende Glocke in der Hand. Sie ruft die Fahrlustigen. WaS herbeikommt und Platz findet, setzt sich aufdir Banke. Man zögert noch eine Weile, ob noch Jemand mitfahren will, man winkt dem träg Herbeikommenden, sich zu fördern. Andere Passa giere schwatzen, wenn sie sich auch nie sahen, mit der in Schweren gewöhnlichen und gemüthlichen Vertraulichkeit, andere lachen und trinken, man spielt allenfalls Karten. Bellmann schildert dies Feuilleton. bunte Gewühl in der Epistel, die ich zunächst in leichter Ueber- setzung mittheile. Die im Original selbst deutsch geschriebenen Worte find durch die Schrift ausgezeichnet. WaS ist daS? — Platz da an der Rudertreppe! Weg da ihr Bierfiedler, Schuhputzer, Zollschnüffler! — Weg da Matrosen! — Hurrah, leg den Deckel auf die Bierkanne! — Trumpf auf den Tisch! — Schwefelhölzer! Hier! Sechs Bund für einen Schilling! — Still, alles Weib! — Trumpf auf den Tisch! Acht Stüber halt' ich; Courage, du alter Grenadier! — Hierher! Hierher! Halt' dicht an die Stufe! — Ah! Damen! schnell mit den Damen unterm Zelt! AuS dem Wege Kohlenträger, Wascb- weiber, Milchmädchen! — Laßt doch Raum finden Pater Movitz mit seiner Baßgeige! — Rückt zu, ihr HeringSpacker und Bäcker jungen! Setze dich dorthin, Vogelfänger, und du dort, du Auf seher oder Unterseher, oder WaS du sonst für ein Brückenhocker bist! — Prost, trinken wir eins! — Helft doch dem blinden Greise mit der Leier ins Boot! — Stoßt ab, eS ist voll! — Platz da für den goldgestickten Mann mit dem Knaben, der polnisch tanzen kann! Sieh' doch, Susanne, den vornehmen Herrn mit dem Meerkater auf der Schulter und die Sackpfeife im Munde! — Trumpf auf den Tisch! — Frisch, alte Knaben, schlagt den. Faß den Boden aus! Trommle du, Trommelschläger, der Harlekin tanzt und schlägt die Beine wie'n Wetter! — Da kommt Movitz! Kommst du endlich, Movitz? — Lustig! Baßgeige auf dem Rücken, Tulpe am Hut, Waldhorn unterm Arm und die Flasche in der Tasche! — Steig' in« Boot! — WaS sagt denn der ver goldete Meerkatzenherr? — äisble! U porte son violon, nui, z»»r ckessus l'ezmule, comme le 8uisse zivrte l» ksllebsrcke! — Ach, du tummer taifel! Er vcrschteht sich auf der Musik, wie eine Kuh auf den Mittag! .... DaS Folgende ist unübersetzbar. Ein Zank entspinnt sich. Deutsch, Französisch und Schwedisch geht durch einander, einer will den andern dolmetschen und keiner versteht den andern. Von einer muntern Gesellschaft in der Lokalität selbst aufgeführt, macht sich der Scherz noch ganz hübsch. Mitten in das Getümmel spricht Bellmann: Hurrah! Stoß' ins Waldhorn. Die Lüfte umwehen, die Wellen umspielen unS. Ein Chorqesang erklingt. — Dann folgt ein heiteres Mahl; auS dem Tischliede hier einige Strophen: So leben wir in Lust vereint Bei Bacchus jubelndem Getoll: Bis Tod uns ruft: Nun komm' mein Freund! Dein Stundenglas ist voll. Du Greis wirs deine Krücke hin! Und du, du Jüngling, hör' mein Wort: Schlag' dir dein Mädchen aus dem Sinn, Du mußt nun mit mir fort. Denke du, wie man gräbt tief dein Haus, Nun wohlan! Nimm dein Glas, trink' e- aus. Trink' noch eins, dito eins, dito zwei, dito drei: Alles geht bald vorbei. Du Rothnas' drückst den Hut zur Seit' Und schwenkst den Römer voll und klar, Wir geben bald dir jetzt Geleit', Dann liegst du auf der Bahr', Und du erhebst dich vornehm stolz Mit Band und Stern auf deinem Rock. Man hobelt schon dein Kleid von Holz, Den Deckel auf dem Block.