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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911001014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891100101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891100101
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-10
- Tag 1891-10-01
-
Monat
1891-10
-
Jahr
1891
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ih« tzanptexpffsitton oder dr» im Stadt» jirk und den Bororten errichtete» Au«. aehplt: vierteljährlich ^l^SO, M' tttzilcher Z»ftel,»n,I,« l. Durch dt» Post bezogen fitr Movge« -Unsftäbe. monatlich Di« Morgeu-Au-zab« «scheint täglich L UHr, di. AbmdüLnSgabe «ochentaq« ü Uhr. Letzilclllm »»d Er-^iti««: Äodannräeiaite 8. Die rxveditt», w „»nterdroche» »» öffnet von früh 5 » dt» Ui«I» 7 Uhr. , Filiale»; , Vita Rle»«'» Sartt«. (Alfretz H«h»)» Uviversitättstratz« 1, L«ut« L»fche, itathartnonftr. 14. Part, und Länig^latz 7. Druck uud Verlag von E. Poll i» Letprig. WpMer.TaMM Anzeiger. Organ filr Politik, Localgeschichtz, Kandels- und Geschäftsverkehr. JitsertioitsPreiS Morgen-Ausgabe: die ügrspaltene PetN- »eile 30 cj. Reel amen unter dem Redattions- strich (4 gespalten) bO^, vor den FamiUe»- nachrichten (6gespalten) 40-E. Abend-Ausgabe: di« kgespvltene Petitzeile 40^ Reclameu unter dem Redocttonsstrich <4 gespalten) 1 ^4, Faniilieunachrichten und Anzeigen verlorener Gegenständ» iv gespalten) 20^. Gröbere Schriften laut unserem Preiä- verzeichaiß. Tabellarischer und Ziffernsotz nach höherem Tarif. Extra-veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Posibesörderung 60.-. mit Vostb.fSrd.ru», -« 70.-. Inuahmtschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonu- und Festtag« früh 8 Uhr. Bei de» Filialen und Annadmestelle» je eine halb« Stunde früher. Inserat« stad stet- an di« Erpedtttoa zu richten. 29S. Donnerstag den 1. October 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Rach der vedmutmachung der KSntglichen BrandverfickernagS- Kammer zu Dreäde» vom b. Februar d. I«. ist zu de» aus den 1. Oktober diese« I«hre« fallenden zmett«» Termin« der Brandcaffenbeitr-ge bei der Gebäude- »erficheruugschlldtheii«»« »o» jeder Einheit «t» Gseuut, zu erheben. Be« der Adttzetlun, für freiwtNiae verstchern», bleibt der Beitrag von Ot» »«h eine« halbe« Pfennt, von jeder Einheit unverändert. Dt« Han-bestder, bezw. deren Stellvertreter werden deshalb ans- gefordert, ihr» Beiträge spätesten« bt««e» 8 Togen, von dem igkeit-tag« ab gerechnet, zu bezahlen. »ach Ablauf dieser Frist trftt gegen di» tzä»mig»n da« grsrtzliche »«verfahren et«. Beitreibung-verfahren Dt. sind! > Zahlstellen für Att-Letpztg die Brandraffengelder-Hebestrll« im Stadthause, Erdgeschoß, Zir für Leijui,-Reudnitz Thanderg un mmer üb; Reudnitz; -Nei tz. Lechzt, - Anger - Lrottendarf, nd Lechzt,-^ -Neureutzuttz im Le Rathhause »u für Lechzt,-Reustabt, Lechzt,-Reusck-neselb, Lechzt,-v «arSdorf und Lechz«,-Sellerhausen tm Rathhause Bolkmar-dorf; lüc l'oipzt,-Eutritzsch im dortigen Rathhause; i: 7 s-'etpzto-Gohlt- j,n früheren Gemeindeamt« daselbst: st Volk zu virile zu E>>»„is.:'ltz, LrtpziL. d-- 3t». 2- r/e>nb.r 1891. Ruin der Stoht Lechzt^ Dr. Tröndlz». »och. hatfach« geworden: EM tzkl.lichc ZiUr!' Wa« <« asten kirchlich gesinnten «r.- en i qserer Landeskirche längst schon lebhaftes Wunsch ge», sc7 nnnrne^r, mltten zwischen Schovrfeld, ist 0« I. Mat ». 0. zur selbst gemeinde erhöbe» worden. Eine der ersten und wichtigsten Bornahmen der Parochie Leipzig Bolkmar-dorf mit ihren 17 000 Seelen war der Vau einer Kirche. Am 3. Juli ist derselbe in lebendiger Hoffnung auf sernereS ge- segneteS Gelingen begonnen worden; am v. August fand die scier> siche Grundsteinlegung statt. Mit unermüdlichem Eifer hat sich VolkmarSdorf seit 7 Jahren au- kleinen Ansangen durch ave Schwierigkeiten hindurch gearbeitet. Hohe und höchste Behörden, Vereine, Familie», Einzelne sind in hochherzigster Weise sür das Werk drs Kirche,ibaueü hclsrnS und fördernd eingetrete». Die Gemeinde selbst hat »ach Kräften in säst allen ihren Gliedern das Möglichste gethan. Sv sind wir mit Gottes Hilfe zu dem ersrenlichen Ziel gekommen, daß außer dem Bauplatz etwa 100000 für den Ban zur Beringung stehen. Die Ausführung wird nun zwar durchaus einfach ge halten werden, jedoch bei der durch die Seelenzahl bedingten Größe der Kirche ist eS immerhin noch nüthig. eine gleiche äumme alS Anleihe auszunehmcn. Um aber jede Uebrrschrettung und Un zufriedenheit erregende Belastung unseres als arm bekannte» StadtthetleS zu vermeiden, wenden wir uns besonders unter Hinweis auf Beschaffung der inneren Ausstattung der Kirche bittend an unsere Brüder und Schwestern der Altstadt: „Sehet an die kirchliche Roth, in der unsere große Gemeinde nur z» lange schon gestanden: Habt ein warmes Herz, eine offene Hand für die neu angcschtossenen Glieder t« kircheulosen Osten! Erbarmet Euch und helfet in rechter Christenlicbc Altar und Kanzel, Taufstein und Orgel, Glocken und Fenster mit anschasfe«:" So bitten wir in festem Gottvertrauen I O, möchte unsere dringend« Bitte Aller Herzen erfassen Möchte Alt-Leipzig in gewohnter Hochherzigkeit auch gegen un». di« angenommenen Kinder, treue Mutterliebe üben zu Gottes Ehre und zum Segen des ganzen Gemein wesenS I Unser Bote wird in diesen Tagen in Gottes Namen an die Thüren und Herzen klopfen, möge er freundliche Auf nähme finden. Für jede Gabe ein aufrichtiges „Vkrgelt'S Gott!" Leipzig. Volkmarsdorf, Michaeli 189 l. Der Ktrchenvorftand: Der Strchenbanvercin: 8. Weichsel. Oberlehrer Recht. Königliche Kunstakademie und Kunstgewerbe schule in Leipzig. Im Winterhalbjahr 1891/92 soll an der Königlichen Kunst akadrmie und Kunstgewerbeschule ein wöchentlich 4stündiger Eursus im Zeichnen sür reifere Typographen, -als: Schriftsetzer, Buch- drocker, Schriftgießer und Buchbinder, versuchsweise errichtet werden Der Unterricht findet an zwei Wochentagen AbendS statt. Anmeldungen nimmt der Unterzeichnete am 2. und 8. Oktober Abends zwischen 6 und 8 Uhr und Sonntag den 4. October er zwischen 11 und 12 Uhr Vormittags Wächlerskraß« 11 entgegen. Leipzig, den LL. September 1891. Der Direktor: Dr. Ludw. Rieper. Bekanntmachung. Die Ausgabe von Synogogrnkarte» für das kommende Jahr findet ferner Donncrtag, den 1. October. 3—4 Uhr Nachmittag-, un» Freitag, Sen 2. October, 2—S Uhr Nachmittag« in der Gemeindekanzlei sSvnagogengebäude, 1 Treppe) statt. Wir bitten, bei Empiangnadme der Karten die bisherigen Karten und die diesjährigen Gemeindesteuerquittungen mitzubringen Leipzig, den 30. September 1891. Der vorftau» »rr A»rarltttschrn NcltgiouSgemetn». zu Leipzig. Die Frau Morte Schmi»t geb. Fischer, früher zu Halle Oberglaucha 81a, wohnhaft, spater in Leipzig und Magdeburg auf haltsam, wird ausgesordert, sich am 13. Oktober Vormittag« 10'/, Uhr im hiesigen Landgericht, Postsiraß» t4, Sitzungssaal 23, behufs ihrer Bernehmang at« Zeugt» einzufinden. Diejenigen Personen, welchen der Ansenthalt der Schmidt be- könnt ist. werden ersucht, denselben schleunigst zu den Acten dl. l. K4/91. anzuzeigen. Hall« a/S. de» LS. September 1891. Der Erft» Staat-auwalt. Bekanntmachung. Wagen Reiuiaung der Räume bleibt die große RathSftud« M««tta«, den L. kttabcr S I., -ALL de» W. September 1891. Der Rath »er Sta»t Leipzig Dr. Beorgt. Größe!. , Bekanntmachung. In dem der Ltodtaemeinde Leipzig gehörigen EtkgebäuL« an der Rartthalle sind sülzende Miethräume, als 1) da« an der Brüderstrab« gelegene Berkanssgcwösbe X von 87,7t qm Flüchengehalt mit einein Nebenranm von 17F0 q» und einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindlichen Lagerraum »an 86,10 qm, 2) da« an darselben Straß« gelegene BerkaufSgewölbe 8 von 82,19 qm Flächrnaehatt mit einem größeren Rebenraum» von 1ü,80 qm und einkm kleineren von 2,3ü qm, sowie einem im Kellergeschoß unter dem Gewölbe befindliche* Lagerraum von 31,70 qm, 8) da- an derselben Straße gelegen» BerkaufSgewölbe 0 von 32,10 qm Fiächengehalt s»hn« Nebenranm) mit dem daruntar tm Kellergeschoß befindlichen Lagerraum von 2>,70 qm, t) da« an o«r Eck« der Brüder, und Kurprtnzstraße gel BerkaufSaewSlb« D von H6.80 qm Flächengehalt (ohne A raum) mit dem daruntar tm Kellergeschoß befindlichen L raum von tbHO qm, «die - " .Hinderung von Schäden oder zur Beseitigung vorhandener Mißstände stets zu spät ergriffen werben. In dieser Be ziehung bildet das Verbot der Roggcnaussuhr ein drastisches Beispiel. Um die allgemeine Verwirrung zu erhöben, kommt noch die Ausweisung der Juden und die Unduldsamkeit gegen den Aufenthalt Fremder in Rußland hinzu. Die bestehenden Verhältnisse werden dadurch in einer Weise verändert, welche bei ruhiger Zeiltage vielleicht ohne Rachtbeil für daS Ganze ertragen werten konnte, unter den ungewissen und schwanken den 'Zuständen der Gegenwart sUgcn sie zu den übrigen Schwierigkeiten nur neue hinzu, durch welche das gani* StaalS- wescn bis auf den Grund erschüttert werden muß. DieBcfolguiig bestimmter Grundsätze ohne Rücksicht auf bestehende Verhältnisse hat noch niemals zum Guten geführt, und der Grad von (Zentra lisation in Religion und Politik, wie er unter der Regierung Alexander s ill. in Rußland zur Richtschnur dient, ,st ohne Beispiel in der Geschichte. Leblose Gegenstände mag man allen, Herkommen zum Trotz in diesem Maße benutzen, da« Bestehende auf den Kops zu stellen, wie eS zur Zeit der Einführung deö Barock- und de« RococostileS geschehen ist, man kann den Reformeifrr auch auf die Pflanzen -dehnen und den Bäumen künstliche Formen auf- ingen, die der Natur spotten, aber da- Volksleben ein Gebiet, auf welches sich derartige Experi mente nicht ohne schwere Gefahren für dir Existenz der vom 1. k. Mon. bez. später ab und zwar diejenigen unter 1—4 ans sechs Jahre und di« Wohnung unter ü auf drei Jahre und wenn nicht ein halbe« Jahr vor dem BntragSablavf Kündigung erfolgt, auf drtt weiter« Jahr» stethändig zu vermiethen. Die BermtechangSbedingnngen Itegen auf dem Rathhause, l. Obe» hoß, Zimmer Rr. 8, zur Einsichtnahme an-, auch werden rbeps- elbst Miethaesnche entoeoenaenouuneit. l«scho! »»selb la. 4883. egengenommen. ember 1891. Der R«ttz »er Stadt Dr. G Grorgi. Der Bolhstand in Rußland. 2 Rußland bietet in diesem Augeubtick der Welt ein spiel, welches obnc Vorgang ist. Schon mitten in die Feste von Kronstadt tönten die Klagerufe der russischen Bauern, Welche den Verlust ibrer Ernte vor Augen sahen, hinein, dann kam daS Verbot gegen die Ausfuhr von Roggen und endlich der Abschluß der 500-Millionen - Anleihe. Widersprüche überall: Auf der einen Seite eine Regsam keit, verbunden mit einer Heimlichkeit aus niilitairischem Gebiete, wie sie nie zuvor beobachtet worden ist, militai- rische Kraftproben bei den Manövern, welche die Leistungen aller anderen Großmächte in Schatten stellen, was Külm- beit und Geschicklichkeit bei Flußübcrgängen und Ausdauer in der Ertragung von Anstrengungen betrifft, Truppcn- anhäufungen an den Grenzen von ungewöhnlichem Umfange. Errichtung von Grenzwachen, überhaupt eine fieberhafte Thätigkeit in militairffcher Beziehung, endlich das Streben, die Türkei mehr und mehr in Abhängigkeit von Rußland zu dringen und daS russische Gebiet in Asien auSzudehnen. Aus der anderen Seite eine hungernde Landbevölkerung von 25 bis 30 Millionen, ein tiefverschuldeter Adel, dazu der Geist des Aufruhrs in den Massen, welche die Regierung »nd den Kaiser selbst für ihre elende Lage verantwortlich machen und von ihnen Hilfe in ihrer Noch erwarten und verlangen. Als Hintergrund dieser Scenerie dient die Wühlarbeit der Nihilisten, welche die Vergeltung hcrannahen sehen für alle Leiben, welche die despotische RegierungSwcise dem Volke auf erlegt. DaS ist das Bild, welches Rußland gegenwärtig darstellt. Wie wenig man im Lande selbst über die wahre Lage zur Klarheit gelangt war, zeigte der verspätete Termin für den Erlaß deS RoggenauSsuhrverbots, das leidige Streben der RcgicrungSorgane, die Dinge anders und besser dar- zustellen, als sie sind, batte zu dem Zrrthum geführt, daß kein Nochstand in dem Sinne bestehe, welcher durch die reichen Hilfsquellen Rußlands nicht ausgeglichen werden könne. Jetzt sind aber unleugbare Thatsachen zur Erscheinung getreten, denen gegenüber Schönfärberei, Schweigen oder Ableugnen die Wirkung versagen, und vielleicht ist der wahre Sachverhalt noch weit schlimmer, als er in den öffentlichen Blättern dar gestellt wird. Das sind die Folgen eines Systems, welches aus Gewalt von oben, aus stumpfer Ergebung deS Volkes in ein unabwendbares Schicksal und auf dem Streben der Mächtigen beruht, sich durch die Früchte des Fleißes des arbeitenden Volkes zu bereichern. Selbst der schwere Nothstand, in welchem sich ein sehr bedeutender Brucktheit deS russischen Volke« be findet, bat der Habsucht der Großen keine Zügel anzulegen vermocht. DerAdelömarschall des Saratow'schen Bezirks hat, wie aus St. Petersburg gemeldet wird, 10 000 Rubel, die ihm zur Abhilfe der Nolh der Landbevölkerung überwiesen waren, in seinem Nutzen verwendet und ist deshalb um seine Entlassung eingekommcn. Bei solchen Vorkommnissen kann man sich nicht wundern, wenn die hungernden Bauern sich vom Kaiser und von der Regierung verlassen glauben und mit Selbsthilfe droben. DaS System deS Despotismus wirkt entsittlichend auf alle Ver hältnisse, das Volk bat stets die Empsindung, daß cS kein Reckt finden kann, sondern von der Willkür der Mächtigen abhängt. Wohl nie zuvor ist den russischen Unter- thanen die Jämmerlichkeit ihrer Lage stärker zum Be wußtsein gekommen, als jetzt, wo sie auf den guten Willen und auf die Fähigkeit der RcgicrungSorgane an gewiesen sind, zweckmäßige Maßregeln zur Abwendung der schlimmsten Noty ru ergreifen. Aber beides scheint nicht in dem erforderlichen Maße vorbanden zu sein, weniAstenS wird berichtet, daß die von der Regierung der Unterstützung der Bauern getroffenen Anordnungen mehr Schaden als Nutzen stiften, c« bcstebt keine Einheit in den Geschäftskreisen der verschiedenen Minister, der eine ordnet das Gegentbril von Dem an, was dem anderen zweckmäßig erscheint. Der Kaiser ist die einzige Autorität im Reiche und dieser kann unmöglich von Allem Kenntoiß haben, was geschieht. Jeder sucht ihm die für ihn günstige Vorstellung von der Sachlage zu verschaffru und daher kommt e«, daß Maßregeln zur ver» es lassen sich ausnahmsweise mit Erfolg Modisicationen durch führen, aber die Anwendung einer Schablone gegen dir natür liche Entwickelung deS Völterdasein- hat noch niemals Segen gebracht. Gewaltsame Abwehr solchen Treibens kann auf die Dauer nicht auSbleibcn. Die Gründe der abnormen Erscheinungen, welche wir in Rußland beobachten, sollen hier nicht untersucht werden, daS würde unü zu weit führen und dem Zweck dieser Zeilen nicht entsprechen, aber das kann und muß gesagt werden, daß die eigentliche Triebfeder aller Maßregeln, welche dir russische Regierung im Innern ergreift, da- Streben ist, den Nihilis mus zu unterdrücken. DaS kann leider ni^t in anderem Sinne gedeutet werden, als daß man an die Stelle eines vor handenen Ucbcls «in anderes setzen will, dessen Umfang und Bedeutung sich jeder Schätzung entzieht. Di» nMchcn Zu stände gewahren gegenwärtig vaS Bild höchster Vettvirrnng, welche« nur durch die Armee in einem günstigeren Lichte erscheint. Die auswärtige Politik Rußland« ist eine solche, daß sie nur Erfolge erzielen kann, weil sie stets auf der Lauer liegt, um einen sich darbietcnden günstigen Augenblick sür ihre Absichten zu verwertbcn. Durch die Annäherung an Frankreich und durch die Einflußnahme auf die Gestaltung der Verhältnisse aus der Balkanhalbiasel sucht nian sich dafür schadlos zu halten, daß der ganze Bau deS russischen Reiches mehr und mehr in seinen Grundfesten erschüttert wird. Wir it voller R und Preußen an der Spitze vertreten, aber daS ist vorbei. Nach dem der „alte Bund" zerstört war, mußten die deutschen Kräfte wieder in anderer Weise gesammelt werden. Das geschah durch da« neue Deutsche Reich, an welchem wir festhalten, weil eS eine politische Nothwendigteit ist, weit es sich gründet auf Verträge, die wir Bauern eingegongen und in Treue hatten müssen, und weil es endlich die Existenz Oesterreichs verbürgt. Man ersieht also auch hieraus, welche Empfindungen in der ultramontanen Partei lebendig sind. Nur i» der Form unterscheidet sich die Auslassung des .Münchener Fremden- blattes" von dem bekannten Artikel des .Frank. Volksbl.", in der Sache begegnen sich zwei gleich geartete Seelen. «- » * Auf der SoirSe am Dienstag bei dem Grafen Wald- stcin in Prag, bei welcher die Aristokratie und zahlreiche hervorragende Persönlichkeiten anwesend waren, erschien der KaiserFran; Josef, welcher die Gräfin Waldstein führte, um 8'/ü Uhr. Der Kaiser, welchem zahlreiche Persönlichkeiten vorgestellt wurden, beehrte viele der Anwesenden mit An sprachen. Bon Abgeordneten waren u. A. Scbmcykal, Plener, Rieger, Zeithammer und Matlusch geladen. Der Kaiser zeich nete besonders Plener und Zeithammer durch längere Ansprachen aus. Nach ungefähr einer Stunde verließ der Kaiser die Soirüe. Sämmtliche deutschen und czechischen Vereine und Verbin dungen von Prag und Umgegend bereiteten am Dienstag Abend dem Kaiser eine überaus glänzende Ovation durch einen Fackclzug und eine Serenade im Burghöfe. Nachdem der Kaiser mit dem Statthalter Grafen Thun aus dem Balcon erschienen war, trugen zuerst die czechischen Vereine einen czechischen Chor, daraus die deutschen Vereine Schubert s .Nacht" vor. Die Serenade schloß mit dem Vortrage der Volk-Hymne, welche von Tausenden begeistert mitaesungrn wurde. Der Kaiser drückte den Veranstaltern der Lwation seine vollste Anerkennung au« und äußerte zu dem Bürgermeister Scholz, er sei sehr erfreut, daß die Vereine beider Nationalitäten daoei mitaewirkt hätten. Hierauf begab sich der Kaiser zu der Soirbe bei dem Grasen Waldsttin. * Auch da- Großherzogthum Luxemburg besitzt zur eit wie seine Nachbarländer Belgien und Holland eine rablreformfrage. welche das politische Interesse der Bevölkerung in hohem Grade in Anspruch nimmt. Da« können diesem Treiben mit sch uhe zuschauen. l°b Oktober. der „National-Zeitung" zu- verließ Major von Wissmann Dcutsch-Ostafrika Leipzig, 1. Einem Privattelegramm lg» " I . . . nicht, um nach Deutschland zu gehen, sondern um in Egypten Ersatz für die Schutztruppe anzuwcrben. * Wie uns unser Oi-Correspondent au- München tele- graphitt, ist auf daS jüngst gemeldete klerikale Ultimatum wegen Aushebung der Ministerialentschließung von 1873, die Wiedereinführung des ConcordatS betreffend, die Antwort einen Tag vor dem Zusammentritt der Kammer erfolgt. OfficiöS wird nämlich vom Mittwoch gemeldet, daß das Ministerium solidarisch eS ablehne, auf solche« Verlangen im Interesse deS Staates rinzugehen. * DaS bedeutendste klerikale Blatt Bayerns, da« „Münchener Fremdenblatt" theilt mit, daß ihm ein ähnlicher Artikel, wie der vom .Frank. Volksblatt" ver öffentlichte, kurz vorher von .vier Münchenern" zugesandt worden. DaS .Fremdenblatt" hat ihn nicht benutzt, behauptet aber auch nicht, daß die „vier Münchener", welche allerdings nicht den „FractionSkreisen" angehörten, keinen Anspruch darauf hätten, der klerikalen Partei zugezählt zu werden. ES ist mit der Veröffentlichung eines ähnlichen Artikels durch daS Würzburger klerikale Organ nicht einverstanden, weist namentlich die Ideen desselben über die .Weltpolitik deS Papste«" und die Aufforderung zur Zertrümmerung deS Deutschen Reiche« zurück, kennzeichnet seinen eigenen Stand punct aber wie folgt: Nl» einziger MilberungSgrund mag dl« Abneigung gegen Preußen gelten, welche ersichtlich den Verfassern deS Artikels di« Feder führte. Diese Abneigung ist tu unserem bayerischen Bater land sehr stark verbreitet und nahm mit den Jahren nicht ab. son dern eher zu. Es ist unbestreitbare geschichtliche Thatsache, daß die preußische Großmachtspolittk den alten deutschen Bund zer störte, Oesterreich aus Deutschland hinauSmanövrirte und die stark« Desensivkrajt Deutschlands, welche fünfzig Jahre lang den Frieden erhalten hatte, vernichtete. (!) Preußen warf einige deutsche Throne um, setzte sich als Großpreußen an die Spitz« eben derselben Staaten, mit denen eS Krieg geführt hatte; und da eS sich zu schwach fühlt« (l), allein den unterwühlten Frieden zu wieder herangezogen. So ist sür di« sck für die entietzlichcn, den Wohlstand und di« ' civilisatorisch« Actionssähtgketl der Völker untergrabenden Rüstungen Preußen und allein Preußen zuerst verantwortlich, (I), da«, ans seine eigene Größe bedacht, die alte Ordnung Europa» umstürzt«, ohne etwa« anerkannt Sicheres an deren Stell« zu setze». Dazu kommt noch daS Benehmen Preußen« gegen di« süddeutschen Staaten im neuen Reiche. Die centralislrende, anfsaugend« Politik Preußen« ist lediglich durch di« Existenz der Leatrum« hintavgehalien worden. Aber das Centruin kann e« nicht verhindern, daß die liberalen und konservativen Preßorgane in Preußen, sobald die Reservatrecht« Bayern- oder bovrtsch« Einrichtungen zur DiScussio» stehen, mit seltener Einmüthigkeit und mit großsprecherischem Thun gegen Bayern losdrejchen. (I) Der Widerwille, welcher gegen Preußen durch dessen politische Vergangenheit im Bolle erzeugt wurde, wird durch solch« Preßdiecnssionen nur erhalten und verstärkt. E« liegt -den im altpreußischen Wesen — die Rheinlönder, Westfalen und Annecttrien rechnen wir dabet natürlich zu Süd-West-Deutschland —, daß es sich nirgend« Lieb« za schaffen vermag. Mit solchen Recriniinottonen darf man sich aber nicht über dir Vertrüge und dt« thatsächltch« Lage binwegsetzeu. vir in Eüddentschlaad baden vor 1S«S di« Reaeganifirttou de« alte» deutsche« Bunde» »11 Oefttrrckch d«stt» Staat«ft«uer entrichten, j» nachdem er sich um da« Gemeinde- oder da« Kammrrwahlrrcht handelt. Diese« Wahlsystem wird allenthalben al» veraltet empfunden und mehrere den ver schiedenen Parteien angehöriye Abgeordnete beabsichtigen in der nächsten Kammersession einen Gesetzentwurf einzubringen, durch welchen der Wahlcensus auf 10 Francs herabgesetzt werden soll. Da auch die Regierung damit einverstanden ist, so glaubt man, daß sich ein Widerstand gegen die Wahl- reform in der Kammer nicht erheben wird- — Der Besuch Sr. Maj. deS König- der Belgier am Luxemburgischen Hofe wird von mehreren Seiten als unmittelbar bevorstehend bezeichnet, obwohl ein bestimmtes Datum noch nicht feststeht. Der Großherzog Adolf, welcher erst anläßlich der Kammer- sesfion, d. h. Anfang« November, auS dem Auvlande zurück kehren sollte, wird, falls der Gegenbesuch de« Königs Leopold ll. angekündigt sein wird, natürlich nach Luxemburg zurückkebrcn. Der König wird, da daS Luxemburgische Schloß zu klein ist, während seines dortigen Aufenthalts aus Schloß Berg, der Residenz de« Erbprinzen, wohnen. * Dem Pariser „Jntransigeant" ist wegen eines gegen ConstanS gerichteten Artikel« eine gerichtliche Klage zugeaangen, die nicht auf Beleidigung de« Ministers, sondern aus Vergehen gegen die Sittlichkeit lautet. ES handelte sich um einen Artikel von Nochtkort, der ausnahmsweise stark War und auf dessen Einzelheiten nicht wohl eingegangen werden kann. Auf die jetzt erhobene Anklage antwortet der heutige „Jntransigeant" mit den wüstesten Beschimpfungen. „Wenn man unS", so schreibt er, „wenigstens einigermaßen reinliche Minister gäbe, nicht Schweine, wie diesen schmutzigen Kerl von ConstanS, so würden wir von ihnen sprechen können, ohne unS der Gefahr auSzusetzen, da« Schamgefühl des keuschen Schriftsteller« Jules de Glouvet (Pseudonym deS Oberstaatsanwalt« Beaurepaire) dadurch zu verletzen." * Nach einer Fcriisprechmcldung aus Pari« hat der chinesische Geschäftsträger dem Minister deö Auswär tigen, Nibot, die erfolgte Abberufung de« Gouverneurs von Hougou, welche die Vertreter der Mächte gefordert Hallen, mitgetbeilt. * AuS vaticanischen Kreisen verlautet, daß die Be ziehungen zwischen der Curie und Deutschland sich in letzter Zeit gebessert haben. E« wird behauptet, die päpstliche Kanzlei habe dem Reichskanzler v. Caprivi durch den Münchener Nuntius Agliardi mittheilen lassen, daß der Papst die leidenschaftliche Polemik de« „Osservatore Romano" gegen den Dreibund tadle und daß das Gerücht über be sondere Abmachungen zwischen dem heiligen Stuhle und Frankreich eine boshafte Erfindung sei. * Die Maßregelung der „MoSkowSkija Wjedo- mosti" geht nicht, wie der „Köln. Ztg." gemeldet wird, aus den Unwillen wegen eine- scharfen gegen einen etwaigen russisch-deutschen Handelsvertrag gerichteten Artikels zurück, sondern ist nach der „Münchner Allg. Ztg." durch eine Be trachtung deS Blattes veranlaßt, in welcher der russischen Geistlichkeit vorgeworfen wurde, bei Bertheilung der Gaben ur Linderung de« NolhstaodeS parteiisch zu verfahren und ie Sectirer auSzuschließen. * Ja einem Petersburger Telegramm constatirt die „Köln. Ztg ", die plötzliche Brtheiliaung der deutschen Finanz welt an der neuesten russischen Anleihe habe nicht allein da« Erstaunen, sondern auch den entschiedensten Spott der Russen hervorgerufen. Es heißt sodann weiter, seiten- der Russen werde die Betbeiligung vom deutschen Standpuncte ack- geradezu al» unbegreiflich erklärt und die deutsche Jnconsequenz arg verhöhnt. Ganz besonder« belächele man die angebliche Erlaubniß de« Lu«wär1igen Amte«. Da in allen Privatkreisen unendlich diel über die Angelegenheit gesprochen werde, di« russischen Blatter sich dagegen recht zurückhalteud ae^igt hätten, so scheine r«, daß letztere» von oben di« übliche» Wink» rrtheilt wurde»
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