Volltext Seite (XML)
MkdmfferDrgMtt alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise Inul llusliegendem Taris Nr. 4. — Nachweilungs-GebührSM Nptg..—. Doraeschriebcne Erslyemungriagc UN» Platzporschrislen werden nach Mögiichkcil bcriicksichiigr. — Anzeigen . Annahme durch Feruru, iib"rm^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 mrn nur deine Sewahr. _ Jeder Aabananspruch erlifciir. wenn oer Betrag durch Klage eingezogcn werden mutz oder -er Auftraggeber »i Konkurs gerät. Nationale Tageszeitung für (andwirtschast und -s- -ü;; äw°u' """ad^Lig^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend dein Anspruch aus Lielerung der Z.imng oder Kürzung dea Bezugspreises. Nüchsendun, Ungesund,^SchriWLch- erfolgt nur. wenn Ruckporto beilieg,. v > Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amlshauptmannschast Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 56 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt* Wilsdruff-Dresden Donnerstag, den 7. März 1935 Postscheck: Dresden 2640 Da stimmt was nicht: Vor einem halben Jahr hatte Mussolini qe- äußert, er werde sein italienisches Volk zur militärischsten Nation der Welt machen; die kriegerischste sei es schon! Vor ganz kurzer Zeit erst hatte der Duce mit demonstra tiver Deutlichkeit darauf hingewiesen, daß Italien im Ernstfall sofort sieben bis acht Millionen Mann ans die Beine bringen kann, — und in London oder Paris nahm man diese militaristisch-kriegerischen Erklärungen hin, ohne mit der Wimper zu zucken. Man nahm sie dort sogar mit großem Beifall auf. Oder: Auf dem sowjet - russischen Rätekongreß behauptete der Kriegs minister Woroschilow, Sowjetrußland besäße jetzt das qualitativ und quantitativ stärkste Heer der Welt, — und in Paris verzeichnete man diese Mitteilung des sowjet russischen Freundes mit großer Genugtuung, hatte also nicht das geringste dagegen einzuwenden, daß Sowjet rußland wohl ebenso durchmilitarisiert ist wie Italien und Frankreich selbst. Diese phantastisch großen Auf rüstungen, die nicht etwa erst von gestern oder vorgestern stammen, nicht etwa also durch die angebliche Gefahr ^nes „Hitler-Deutschland* veranlaßt worden sein rönnen, — ja, Bauer, das ist ganz etwas anderes! Diese Wüstungen gewaltigsten Ausmaßes stören den Welt- - in keiner Weise, sondern das geschieht nach eng- ">ch-französischer usw. usw. Ansicht nur durch Deutschland, wen es auch sein Recht auf einige Sicherheit haben will. , . Der englische Ministerpräsident MacDonald, der Namen unter das Weißbuch setzte — das „tragischste amtliche Dokument* nannte Snowden, der einstige Partei- Mund Und jetzige Gegner des Ministerpräsidenten, dieses ' ist heute der beliebteste Engländer in Paris, denn dort hat man das Weißbuch mit geradezu stürmischer Meude begrüßt; aus dem bisherigen pazifistischen Saulus scheine ein recht rüstungsfrcudigcr Paulus geworden zu sein. In Paris behauptet man, daß mit diesem Auftreten der englischen Regierung geradezu ein Programmwechsel erfolgt, eine „Offenbarung* in London geschehen sei. Man sei in England endlich aus dem Optimistenschlaf aufgewacht und bringe gegen Deutschland ein Mißtrauen zum Ausdruck, von dem Frankreich immerdar erfüllt ge wesen sei. ,Die deutsche Gefahr* also auf beiden Seiten des Kanals, — und doch nicht zuletzt als Schreckgespenst dafür gebraucht, um die gewaltige Rüstungsverstärkung in Englands Parlament ebenso glatt durchzubringen wie schon die früheren Vorlagen über die Verstärkung be sonders der Luftflotte. Als diese Gesetze dem Unter haus vorlagen, da donnerten die Motoren der London angreifenden englischen Luftgeschwadcr über den Köpfen der „M. P.'s*, der Parlamentsmitglieder. Fast alle eilten hinaus, um sich von der Riesenterrasse des Unterhauses aus das Schauspiel dieser Luftschlacht anzusehen, und nur so viel Abgeordnete blieben im Saal, um die paar Dutzend Oppositionsmänner niederzustimmen. Was dem englischen Ministerpräsidenten damals gelang, wird ihm auch jetzt wieder glücken: seine Aufrüstungsvorlage durchzubringen. Niemand in der Welt wird jetzt aber daran glauben, daß die damalige Anwesenheit französischer Generale bei den englischen Manöver» lediglich der Einnahme des „5-Uhr- Tees" galt, oder einem guten Trunk französischen Rebensaftes! Und diesseits des Kanals, in Frankreich, leitet man den Freudentaumel über die „Bekehrung* Mac- Donalds sehr eifrig über in die Forderung nach endlicher Schaffung der zweijährigen Dienstzeit. Obwohl man doch in Paris aus gewissen Andeutungen des Weiß buches entnehmen zu dürfen glaubt, daß auch der eng lische Ministerpräsident sich auf den Standpunkt des Vize kanzlers Baldwin von der „Grenze Englands am Rhein* gestellt habe! Paßt denn dies alles zu dem, was vor kurzem erst Ler englische Außenminister Sir Simon in einer Rede äußerte, kurz ehe er seine beabsichtigte Reise nach Berlin antreten wollte? „Es ist unser einziger Wunsch, Laß diese Besprechungen von außergewöhnlicher Trag weite nun auch beitragen werden zur Wiederherstellung des Vertrauens in Europa und des Friedens in der Welt.* — Es ist wirklich ein recht seltsamer Beitrag, der für diesen edlen Zweck von London aus gespendet und in Paris Ireudiast begrüßt wurde!- Ungarn röstet zum Wahlkampf. Graf Bethlcn aus der Regierungspartei ausgetreten. Der frühere ungarische Ministerpräsident Graf Beth len, der Führer der parlamentarischen Regie rungspartei, der sogenannten Einheitspartei, hat jetzt seinen Austritt aus der Partei angemeldet. Zur Begründung dieses Schrittes weist Graf Bethlen darauf hin, daß die letzten innerpolitischen Ereignisse in Ungarn (Auflösung des Parlaments) die zwisch 'n dem Ministerpräsidenten Gömbös und ihm getroffenen poli tischen Vereinbarungen zunichte gemacht hätten, so daß die politische Führung, die er mit Überzeugung unterstützen könnte, heute nicht mehr gewährleistet sei. Englands RulrüttungspoMik im Kreurleuer der Aeltkritik MißbindsurspiMe im UnlerkE vppsMurstimmmg bei ar« englisch«« Latteien vsldiger üefuev Simons in »erlin. Das Thema der öffentlichen Meinung der Welt ist das englische Weißbuch, das die englische Aufrüstung zu begründen sucht. Daß England seine Rüstungen ver stärken und weiter ausbauen wollte, war schon seit längerer Zeit bekannt. Um so mehr hat es ü b e r r a s ch t, daß die englische Regierung gegenüber dem In- und Aus land den Verzicht auf die bisherige Ab rüstungspolitik ausgesprochen hat. Auffallend ist, daß die englische Presse nach wie vor recht unsicher ist. Ihre Stellungnahme gegenüber dem vertagten Besuch des englischen Außenministers Sir John Simon in Berlin ist daher uneinheitlich. Als einzige Zeitung nimmt der „Daily Telegraph* eine deutschfeindliche Haltung ein. Dagegen schreibt sogar die „Morningpost", zu wissen, daß Mitglieder aller Unterhausparteien auf die Beantwortung der Frage drän gen sollen, wie die Sätze im Weißbuch über die Verteidi gung, auf die die deutsche Regierung Bezug nimmt, an gewandt werden konnten und aus welchen Gründen. Die Zeitung glaubt, daß die Sozialisten und Liberalen den Versuch machen werden, in der Montaqaussprachc des englischen Unterhauses der gegenwärtigen englischen Regierung wegen der Rüstungspolitik Schwierigkeiten zu machen. Sir Herbert Samuel und die von ihm ge führte liberale Unterhausgruppe haben für die Unter hausaussprache bereits folgende Entschließung ange meldet: „Das Unterhaus bedauert tief, daß die Art und Weise, in der die britische Regierung die Verhandlungen mit anderen Ländern geführt hat, nicht zu größerer Sicherheit für die Erhaltung des Friedens, sondern zu der Forderung nach einer erheblichen Mehrausgabe für Rüstungen geführt hat.* Auch die Arbeiterpartei (Labour Party) will einen ähnlichen Antrag einbringen, Wodurch allerdings der Präsident der Abrüstungs konferenz, Henderson, der Mitglied der Arbeiter partei ist, in eine peinliche Lage kommen würde. Henderson soll überredet werden, die Veröffentlichung des Weißbuches als Vorwand zu einem Rücktritt von seinem Amt als Präsident der Abrüstungskonferenz zu benutzen. „News Chronicle* verweist übrigens darauf, daß die unmittelbare Wirkung der Absage auf den Geld märkten in Europa zu sehen sei. „Die scharfen Kursstürze traten an der Börse in britischen Staatspapieren ein. Bezeichnenderweise war in Rüstungsaktien ein leichtes Anziehen zu verzeichnen.* Die Zeitung meldet, daß S i r John Simon oder Mr. Baldwin, der stellver tretende englische Ministerpräsident, „in der Aussprache am nächsten Montag eine freundliche Geste gegenüber Deutschland machen werde.* Die englische Presse veröffentlicht schließlich Einzelheiten über den neuen britischen Lufthaushalt. Insgesamt sind 20,65 Millionen Pfund veranschlagt, was eine Steigerung des Haushalts um 3 080 000 Pfund be deutet. Im einzelnen sollen im Verlauf der beiden nächsten Jahre 25 neue Staffeln aufgestellt werden, davon elf in diesem Jahr, außerdem Reservestaffeln an den englischen Universitäten, zwölf neue Flugzeughäfen und eine fünfte Fliegerschule. Paris wittert Morgenlust. In der französischen Presse ist natürlich über das englische Weißbuch wegen der in ihm enthaltenen un haltbaren Verdächtigungen gegen Deutschland Jubel aus gebrochen. In allen Pariser Blättern wird mit offensicht licher Erleichterung betont, daß England nun endlich „ver standen* habe, wie man Deutschland gegenübertreten müsse. Sie sehen in den gegen Deutschland gerichteten Absätzen des Weißbuches ein beweiskräftiges Anzeichen dafür, daß England bei den kommenden Verhandlungen endgültig auf der Seite Frankreichs stehen werde Die Pariser Blätter benutzen auch die Ankündigung der eng lischen Rustungsvcrstarkttng dazu, um die französische N»u»Lf'"drmg1,ch 1° i«»-« wi' mU- Japan fühlt sich bedroht. englische Denkschrift hat in Tokio Aufsehen erregt. In japanischen MarineHelsen wird darauf binaewiesen, daß Groß britannien in der letzten Zeit im Stillen Ozean, besonders in Singapore und Hongkong, zahlreiche militärische Maß nahmen getroffen habe, die sich gegendi e jap anische Politik richten. Die englischen Luftrüstungen in Singapore bewiesen, daß Großbritannien seinen Auf rüstungsprozeß bereits vor der Veröffentlichung dieser Denkschrift begonnen und ihn zur Zeit noch nicht ab geschlossen habe. Moskau spricht von einem mnerpoUtische« Manöver. In der halbamtlichen Moskauer Zeitung „I s w e st i j «"schreibt Viator (Radek) zu der Veröffent lichung des englischen Weißbuches, man wünsche in Deutschland zu wissen, was das Weißbuch darstelle, ob ein Dokument für den innerpolitischen Gebrauch, um die Ver mehrung der Rüstungsausgaben zu begründen, oder ein diplomatisches Druckmittel für die bevorstehenden Ver handlungen mit Deutschland. Im übrigen rechnet Nadek damit, daß die gegenwärtige Spannung'auch wieder ver schwinden werde, denn die englischen Diehards liebten zwar Deutschland nicht, aber der Sowjetunion seien sie noch viel entschiedener abgeneigt. New 8ork: Hatte Simon Hmtergebanksn? Von den amerikanischen Zeitungen ist die Stellung nahme der New Dorker „H e r a l d Tribune* äußerst interessant, die der Ansicht ist, daß Simons Berliner Mission nicht die Absicht verfolgt hätte, Deutschland zum Beitritt zu einem Abkommen zu bewegen, sondern, wie Lord Haldane im Jahre l9l2, die Unterwerfung Deutschlands unter dem Willen Eng lands und seiner Verbündeten zu sichern Damals hätte Lord Haldane es auf die deutsche Flotte abgesehen, diesmal wollte Simon die Unterwerfung Deutschlands in der Frage der Luftrüstung. Das Weißbuch vor dem Unterhaus. Im englischen Unterhaus teilte Außenminister Sir John Simon die Verschiebung seiner Reise nach Berlin infolge der Erkrankung des Führers und Reichs kanzlers Adolf Hrtler mit. Der Führer der Labour Party, Lansbury, fragte hierauf: „Ist irgendwie be kannt, wann die Zusammenkunft stattfinden wird?" Simon erwiderte: „Ich stehe mit der deutschen Regie rung über diese Frage in Verbindung." Hierauf fragte Lansbury weiter: „Darf ich fragen, ob Simon seinen Kollegen anratcn wird, das Weißbuch bis nach Abhaltung der Besprechungen zurückzu ziehen?" (Beifall bei den Arbeiterabgeordnetcn.) Simon antwortete unter dem Beifall der Rcgierungs- anhänger: „Nein, bestimmt nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, daß irgend jemand den Vorschlag ernst nehmen würde, eine Erklärung, die man abzugeben hat, zuriickzuhalten, bis die vorgesehenen Besprechungen stattgcfunden haben.* Lansbury fragte hierauf weiter: „Glaubt Simon wirklich, daß es für freundschaftliche Verhandlungen förderlich ist, ein so unfreundliches Dokument zu veröffentlichen, wie das, das der Premierminister ans gegeben hat?* Simon antwortete: „Dies ist eine Frage, die, wie ich glaube, am Montag zur Erörterung gelangen wird.* Ein oppositioneller Arbeiterabgeordnetcr fragte hierauf, ob Simon die Gelegenheit ergreifen werde, Moskau zu besuchen. Auf diese Frage gab Simon keine Antwort. Die Parlamentsfraktion der Labour Party nahm ferner im Beisein des Präsidenten der Abrüstungs konferenz, Henderson, eine einstimmige Ent schließung an, in der die Partei ihr Bedauern darüber ausdrückt, daß das Weißbuch der Regierung den Aussichten auf einen Erfolg der Abrüstungskonferenz schweren Schaden zufüge. „Alles andere als glücklich und förderlich." In Washington hat das englische Weißbuch i n amtlichen Kreisen peinlichberührt. Man hält sowohl die Hincinziehung der Vereinigten Staaten als auch die Wahl des Zeitpunktes der Veröffentlichung des Weißbuches kurz vor der Berliner Reise des englischen Außenministers für alles andere als glücklich und förderlich.