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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920519018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892051901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892051901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-05
- Tag 1892-05-19
-
Monat
1892-05
-
Jahr
1892
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(AlfreZ Hatznj^ Anzeiger. Abeud-Ausgob«: Bormittagt 10 Uhr. viorg« »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- uud Festtag» früh 9 Uhr. Bei de» Filiale» und Annahmestelle» je eia» halb« Stund« früher. Inserate sind stet« »» di« «rpe»tttB, z» richte». Laut» Lösche, Ksthannenstr. 14, part. »ud »SalaSpla» 7. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Druck uud Verlag »o» E. Polz t» L«iptt> 254. Donnerstag den 19. Mai 1892. 8V. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die diesjährige Ostermesje endet mtt dem 21. Mai. An diesem Tage sind die Buden und Stände aus den Plätzen der innere» Stadt bi« 4 Uhr Nachmittag» vollständig zu räuuien, während deren Entfernung bis spätesten» 8 Uhr Morgen» de» 22. Mai stattzufindcn hat. Die auf dem AugustuSplitste und aus den össentiichcn Wegen und Plätzen der Vorstadt befindlichen Buden und Stände find bis Abends 8 Uhr de» 2l. Mai zu räumen und in der Zeit vom 22. bi« mit 25. Mai, jedoch lediglich während der Stunden von 6 Uhr Morgen» bis 7 Uhr Abends, abzubrechen und wegzuschassen. Bor dem 22. Mai darf mit dem Abbruche der Buden und Stände auf dem AugustuSplatze nicht begonnen werden. Dagegen ist er gestaltet, Buden und Stände aus dem Rofiplatze, welche vor Beendigung der Messe leer werden, früher abzubrechen und wegzuschaffen, sofern nicht dadurch Störung der Verkehr» oder Benachtheiligung des Geschäfts in den slehenbleibenden Buben herbei« geführt wird. ES bleibt auch diesmal nachgelassen, die Schaubuden auf dem Fleischerplatze, sowie diejenigen Stande daselbst, a» welchen nur Lebensmittel feilgrbotr« werden, noch am 22. Mai geöffnet zu halten. Die Schaubuden, sofern sie aus Schwellen errichtet, iagleichea die Larroussels und Zelte sind bis Abend» 11 Uhr de» 24. Mai, die Buden aber, rücksichtlich deren das Eingraben von Säulen und Streben gestattet und eine längere Frist zum Abbruch« nicht be sonders ertheilt worden ist, bi» längsten« den 28. Mai AbendS 8 Uhr abzubrechen und von den Plätzen zu entseruen. Zuwiderhandlungen gegen diese Barschaften, für deren Befolgung neben den Standinhobern und Schaustellern auch die betreffenden Bauhandwerker oder Bauunternehmer verantwortlich sind, werden mit Geldstrafe bi« zu 150 oder entsprechender Haft geahndet werden. klebrigen- haben Säumige auch die ObrigkcitSwegen za ver- fügende Beseitigung der Buden zu gewärtigen. Leipzig, den 16. Mai 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi.Stahl. Bekanntmachung. Di« in der Zeit vom 1. Juni bi» ult. September ds». J-. zu bewirkende Lieferung von 5888 qm dosstrte Pflastersteine 1. Elaste soll an einen Unternebmer verdungen werden. Die Bedingungen für diese Lieierung liegen in unserer Tiefbau- Verwaltung, Rathhaus, 2. Stockwerk. Zimmer Nr. 23, aus und können daselbst «»gesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 25 welch« auch in Briesniarken eingesendet werden können, entnommen werden. Den unberücksichtigt gebliebenen, aber rechtzeitig aufgetretene» Bewerbern wird diese Gebühr wieder zurückerstatict, wenn dieselbe innerhalb 8 Tagen nach Bekanntmachung der erfolgten Vergebung zurückverlangt wird. Bezügliche Angebote find versiegelt und mit der Ausschrift: „Lieferung »an bassirtrn Pflastersteinen 1. Elaste", versehen ebendaselbst, und zwar bis zum 28. dtefe« Pianat» 5 Uhr Nachmittags einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtlich« Angebote abzu- lehnen. Leipzig, den 16. Mai 1892. Des Nath« der Stadt Leipzig Io. 2366.Strastenbau-Deputaliau. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft de- städtische» Leuchtgase« betrug in der Zeit vom 9. bi» lb. diese- Monat- im Argaodbrenner bei 150 Litern stündlichem Loujum da- l8,8sach« der Leuchtkraft der deutsche» Normalkerze von 50 Millimeter Flammeuhöhe. Da» specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,437. Leipzig, am 17. Mai 1892. De» Raths Trputattan zu den Gasanstalten. Waldarälerei-Verpachtung. Dienstag, den 24. Mai d. As., sollen im Forstreviere Rasrn- thal die Grasnutzungen aus di« 3 Jahre 1892 bis mit 1894 unter den im Termine noch näher bekannt zu gebenden Bedingungen und gegen sofsrtige Bezahlung der Pachtsumme nach dem Zuschläge parcellenweise meistbietend verpachtet werden. Zusammenkunft: Nachmittags ',',4 Uhr am Vohliser Wehre im Rosenthale. Leipzig, am 13. Mai 1892. Des Rath» Farft»rputatt»a. Waldaräserei-Verpachtuna. Dienstag, de« 24. Mat d. I-, sollen im Forstreviere Burgan die Grasnutzungen ans 1 beziehentlich 3 Jahre parcellenweise unter den im Termine noch näher bekannt zu gebenden Bedingungen und gegen f«s«rtige Bezahlung der Pachtsumme nach dem Zuschläge meistbietend verpachte« werden. Zusammenkunft: 1) Bormiltag» 9 Uhr an der verschlossenen Brücke am Neuen Echützenhaus« uud L) um 10 Uhr a» der Leutzsch» Wahrener Brücke. Leipzig, am 18. Mai 1892. De« Rath» Forftdcputation. Im Erdgeschoß de« Unterzeichnete» Polizeiamt» sollen Dienstag, den 24. Mat. «achmsttag« s Uhr. verschiedene Gegenständ«. u. A. div. Schmucksache», einig« Wäsche- und Kleidungsstücke, einige Schirr»«, mehrere getragene Gummi-Regenmäntel, ein Hand wagen, eine silberne und «in« goldene Taschenuhr, an den Meistbietenden gegen sofortige Boarzahlung versteigert werden Leipzig, de» 18. Vwi 1892. Da« Paltzetamt der Stadt Leipzig. I» Stellvertretung: ve. Sch mid.Ml. Veisümmlunx 6es ürrtlieken Le2irk8v erein« Donnerstag, äen tA. dj»^ TdeuB, G Obr 1» 8»»I« Bar t. b»rg«r^d»t«. P»g«»orck»nng: V,rsu>»»ng«I«geulieirev IV»HI «ln«« tlitLlioies kür cksv 8tan<i«onus»:bas». Wadi cker volqzirren kllr cken ckieezädrigeu Xeretatag Xrauüencaeaavsngelegendeitea Laepraoduog »der einen Xntrag an cken Xerrlelag, für <Ue Oatarnnedungea ckar bei cken Oebeoerersicberungen eu Formular» onck «inkaiUuG« S«atüung vr. »aarta». Gefunden oder als herrenlos angemeld-t resp. abgegeben wurden in der Zeit vom 1. bis 15. Mai 1892 folgende, zum Theil auch schon früher gefundene oder von verübten Diebstählen herrüdrendc Gegenstände: eine goldene Tamenuhr mit «eile, eine »»»silberne Uhr. et» goldener Armreif mit braunem Stein, eia Haararin- band, Geldbeträge von 28 st und 18 >t, Porlcmon- oaies mit 3 70 und geringeren Beträgen, rin Trau ring, gravirt, ein Kreuz, eine goldene Toppelnadel, eine Brille, ein Klemmer, ein Lesebuch: „Deutsche Jugend', drei Bände „Plalen", 4 Leihhausschcine, ein Portemonnaie mit einem Leihhausscheine, 1 Paar Manschetten und 3 Kragen, 2 neue Kinderstrohhüte, rin Herren-Strohhut und ein Filz- Hut, ein blaues Damenjacket, ein Tamen-Unopfstiesel, eine Rohrpuppe, einige Schirme, eine Anzahl Schlüssel, eine Hängelampe, ein Dutzend neue Handhaben, eine Lasiwagen- Siemmlcisle, ein Maulkorb, eine Peitsche, eine Pferdedecke und ein vierrädriger Handwagen, sowie eine abgc- schlachtete Ente. Zur Ermittelung der Ligenthümer wird dies hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche im April vorigen Jahres Fuiidgegenslände bei uns abgegeben habe», aus, diese Gegen- lände zurückzusordern, andernfalls hierüber den Rechten gemäß ver- ügt werden wird. Leipzig, den 16. Mai 1892. Das Polizriamt dcr Stadt Leipzig. In Stellvertretung: Dr. Schmid. Ml. Bekanntmachung. Während der Nacht zum 16. d. M. ist in ein vlivuterie-, Gold- und Silberwaarengeschäst in der hiesigen Windmühiensiraße «>n- gebrochea worden, wobei den noch unbekannten Thäiern die nach stehend unter <-) ausgesührtcn Gelder und Schmucksachen in die Hände gefallen sind. Wir bitten, etwaige Wahrnehmungen, die zur Ermittelung der Thäler und zur Erlangung dcr Diebstahlsobjccte dienen könnten, schleunigst zur Kenntnlß unserer Eriminalabtheilung zu dringe». Leipzig, den 17. Mai 1892. Da» Polizriamt der Stadt Leipzig. In Slellvericelung: VII. 1440. Dr. Schmid. Dgr. T 1) ca. 2000 ^l in Gold-, Silber- und Nickelmvnzen, darunter etwa 1500 in Zwanzig- und Zehnmarkstücken, 2) zehn Mark in Nickel- »nl> Kupfermünzen, 3) ca. zwanzig Stück massiv goldene Ringe mit verschiedenen Steinen, als Amethysten, Earmolen, Onyxe u. dergl., Werth 200 Mark. 4) sechs Stück einzelne goldene Lhemisettknöpfe mit in Gold und Silber gesaßten Similisteinen und ausgesleckt aus so genannte Papiervorhemdchenkarten. 5) drei Garnituren goldene Lhemisettknöpfe, ebenfalls mit Similisteinen (Gesammliverth der Knöpschen 40 ^i), 6) ein Ketlenring von Double, Werth 3 ^ll, 7) ein breites, versilbertes Kettenarmband mit einem Georgs- lhaler, Werth 2 -B, 8) ein enges Panzcrkettenarmband von Talmi, Werth 4 ^l. 9) drei silberne Armbänder mit vergoldeten Schnallenauslageu und div. Gravirungen, Werth 15 10) ein Paar in Gold gefaßte Ohrringe mit großen Simili steinen, Werth 6 11) sieben Bicrzipsel, davon vier Stück von Golddouble mit Plalinaeiiilage und als BerloqueS geschnittene Blutsteine, drei Stück Pariserdouble mit Lompassea und ebenfalls Blut steinen, Werth 30 >t, 12) sechs Stück seiuvcrgoldete Damenketteo mit Quasten, Werth 2b Mark. 13) vier Granatarmbäuder in verschiedenen Größen, Gesammt- werth etwa 40 14) vier Stück seinvergoldete Halsketten mit Federringverschluß, Werth etwa 25 -B, 15) zehn Stück goldene, aus Silber plattirte Herreumedaillon» mit gravirte» Blutsteinea verziert. Werth 40 16) ca. zehn Stück goldene, aus Silber plattirte Herzchen, Werth 15 Mark. Der Gesammtbetrag dcr gestohlenen Schmucksachen dürste demnach 445 betragen. Ja dem Zeiträume vom 22. Mai bis zum 16. October wird die Sammlung der König!, geologischen Landesuntersuchung (Thalstraße 35, 2. Etage) an jedem Sonntagc von '/»II bi» '/,1 Uhr dem Publicum geöffnet sein. In einem neben dein Cammlung-saale gelegenen Studienzimmer sind sämmtliche bisher erschienene Blätter der geologischen Special karte von Sachsen nebst den zugehörigen Erläulerungen, sowie sonstige aus den geologischen Bau des Königreich» Sachsen bezügliche Werke behuss ihrer Benutzung von Seiten des Publicum» ausgelegt. Leipzig, den 18. Mai 1892. Der Direktor Per König!, geologischen LandeSuntersuchung. Dr. Herm. Eredner. Kaiserlich Türkisches General-Lonsulat. Während meine- Urlaubs werden die Geschäfte von Herrn Tonsnl chlpli«,,»« G-rtheftrafzr 7. besorgt. Leipzig, am 18. Mai 1892. Geueral-Consul Ismo« st«l. Geffentliche BnchhSndler-Behranftalt. Die Auinobmeprüiung der neu angemeldetea Schüler findet Montag, »en 2L. Mai. und Dienstag, Pen 24. Mai, statt Die Schüler wolle», mit Feder und Papier versehen, am erst genannten Tage früh 7 Uhr im Schullocale de« Vereins für Volkswohl. Löhrstraße Nr. 7, sich einfinden. — Alle übrigen Schüler wollen an demielben Orte Mtttwach, he« 25. Mai. früh 6 Uhr zum Wiederheginn he« Unterrlcht« sich nnstellen Dr. Dmitt. Das Wahlergkbnik in Griechenland. In Griechenland ist der BersassungSftaat vollständig au den -Kopf gestellt, das geht mit voller Klarheit au« den Be gebenheiten hervor, welch« sich seit dem 29. Februar dort abgespielt haben. An diesem Tage wurde das Ministerium Delyanni» vom König entlassen, obwohl e« die Mehrheit der BolkSvertretung für sich halte, und am 15. Mai haben die Wähler für TrikupiS, den offenkundigen Gegner des ent lassenen Minister Delyanni«, entschieden. Ta- Wesen de« Berfaffnngsstaate« im eigentlichen Sinne besteht darin, daß der König di« Minister nach den Beschlüssen der Mehrheit deS Parlaments ernennt und sie entläßt, wenn sie sich nicht mehr der ^justiinuiuiig dieser Mehrheit erfreuen. In Griechen land ist das umgekehrte Verfahren beliebt geworden, dort bat der Äöniz die Meinung der Mehrheit dcü Parlaments unbeachtet gelassen und ohne Rücksicht darauf ein Ministerium ernannt, unter welchem die Kammer aufgelöst und Reu- wadien angeordnel sind. DaS Seltsamste a» der ganze» Veränderung ist aber daö Wahlprogrami» des Ministeriums Koiislaiilopuloö, kenn darin wird dem giiechische» Volke einfach erklärt, daß cö keine Ahnung von den Mißslänten habe, welche durch das Mini sterium DclyaniiiS verschuldet waren, und daß der Köniz eS deSbalh sür seine Pflicht hielt, die Gestaltung der Zukuiist Griechenlands selbst in die Hand zu nehmen. Dem griechischen Volke wurde der Slaar von seinem Könige in folgender Weise gestochen: Er habe die llcderzeugiing gewonnen, daß die srüberc Regierung die Geschäfte nicht weiter führe» könne, ohne die ösfciiilichen Interesse» zu schädigen, er habe deshalb, in Geniäßbcik der Verfassung und tcS parla mentarischen Gebrauchs sowie in Folge der durch daö mangel- bastc System deS vorigen EabinelS kritisch gewordenen Ver hältnisse des Landes, dic'Regicruiig anderen Händen aiivertraut. Davon enthalten aber die Staalsgrundgeseye der Vcrsassungs- taatcn nichts, daß terKönigauS eigener Machtvollkommenheit ein Ministerium entlassen könne, welches die Mehrheit der VolkS- verlrelung sür sich hat, bloS weil eS ibiu im Interesse deS Staates nothwentig erscheint. DaS ist ja gerade der Unter schied zwischen dem absoluten Staat und dem Vcrsassungsstaat, daß der König die Beschlüsse dcr Mehrheit der BolkSvertretung achten muß. Die Griechen haben die ibncn vom SlaalSobcr- baupte ertbcilte Lehre ruhig hingcnommen und durch die Wahlen gezeigt, daß sie die Gründe der Krone sür deren Handlungs weise als zutreffend anerkennen, aber dadurch wird daS Ber- sakren des Königs Georg noch nicht constitutioncll, es ist viel mehr ganz augenscheinlich autokratisch. König Georg hat der Mehrbeit, welche Delyannis unterstützte, mit kurzen und bündigen Worten erklärt, daß sie keine Ahnung von Dem hat, was das Staaisinteresse erfordert, und die griechischen Wähler haben sich dieser Entscheidung deS griechischen Selbstherrschers ^ äs ist gewiß ein starke- Stück für ein Parlament, wenn eS eine Negierung stützt, welche die gesetzliche Ordnung deS Landes erschüttert und die Finanzen schlecht geführt hat, so daß die militairische Organisation zwar kostspielig, aber nicht zweckmäßig ist, und daß die Verwaltung ebenfalls der Reorganisation bedarf, wenn sie ihren Zweck erfülle» soll. Tie griechischen Wähler haben die Berechtigung dieser Vor würfe eingeseben und haben damit zugleich cingeräumt, daß sie kein Verständniß sür ibre Rechte und Pflichten besitzen, daß sie sich im Falle von Lenken befinden, die der Leitung bedürfen, und am beste» thun, sich der bessern Einsicht Ver ständiger zu fügen. Unter solchen Umständen ist natürlich eine Verfassung ein Possenspicl, welches nur den Interessen einer Anzahl ehrgeiziger und spekulativer Köpfe dient, aber daS Verfahren des Königs Georg, welches er am 29. Februar zur Verbesserung der griechischen Verhältnisse eingeschlagen hat, ist damit nicht als constitutioncll erwiesen. DaS sind übrigens innere griechische Verhältnisse, welche die Griechen unter sich zu regeln haben, eine andere Frage ist diejenige, welche durch die Hauptstellr des WahlprogrammS der Regierung der öffentlichen Erörterung unterbreitet ist. Diese Stelle lautet: „Die Regierung wird für eine bessere Organisation des Heeres und der Flotte Sorge tragen, um so jeder Zeit die Mittel zu einer nationalen Äction bereit zu haben." Diese Worte haben bisher nicht dir wünschenSwcrtve Erklärung gesunden, und doch scheint eS, als ob sie den eigent lichen Kern der ganzen Umwälzung bilden, welche Griechen land seit dem 29. Februar erfahren hat. Die Krone will die Mittel zu einer nationalen Action zur Verfügung haben, und diese Mittel sollen durch bessere Finanzverwaltung, durch zweckmäßigere Organisation der Verwaltung u. s. w. beschafft werden. Welche Action ist hier gemeint? In der Türkei sind diese Worte deS WahlprogrammS ui» so mehr beachtet worden, weil sich TrikupiS ihrer bedient bat, um damit auf die Wahlen einzuwirken, eö ist auch sebr bemerkt worden, daß er einer krelensischen Abordnung gegenüber die außerhalb deS Königreichs lebenden Griechen zum Gehorsam gegen die griechische Regierung ausgesordcrl hat. Man gelangt aus diesem Verlaus dcr Wablbeweguug unwillkürlich zur Annahme, daß der überraschende Schritt deS Königs Georg Beweggründe hat, welche bisher nicht in die Oeffeiiilichkeit gedrungen sind. König Georg ist darüber vollständig im Klaren, was bei den Griechen Eindruck zu machen geeignet ist, er weiß, daß sie nichts »lit größerer Begeisterung begrüßen, als was ihnen die Möglichkeit gewährt, auf der Balkanbalbinsel de» maßgebenden Einfluß auSziiüben. Daher die fortwährenden Bemühungen, Kreta niit Griechcn- lanp zu vereinigen und sich auf dem Festland« nach Norden hin auSzubreiten. DaS Wort „nationale Action" hat sür griechische Obren einen ungemein sympathischen Klang, eS erweckt die Hoffnung, daß die im Jahre >886 mißlungene Vergrößerung Griechen lands sich in nabcr Zukunft nachholen läßt, und angesichts einer solchen Möglichkeit nehmen die Griechen auch auto- kratiscke Aeußerungen ibre« König« mit in Kauf. Es ist wunderbar, daß diese „nationale Action" biSber so beiläufig behandelt, man könnte sagen todlgeschwiege» worden ist, während sie doch als Ergänzung der sonstigen Begebenheiten aus der Balkanhalbinsel eine nicht zu unterschätzende Be deutung bat. DaS Berhältniß Griechenland« zu Rußland bat seit langer Zeit an Unklarheit gelitten, man weiß nur, daß Griechenland die Neigung ha«, sich auf Kosten der Türkei zu vergrößern, aber Griechenland ist niemals in der Weise als Freund Rußlands ausgetreten wie Montenegro, und bat sich in dieser Beziehung eine Zurückhaltung auserlegt, die man sonst von dem kleinen Raubstaate nicht gewohnt ist. ES wird jetzt viel von der Blütbe und dem Aufschwung geschrieben, dem Griechenland in Folge de« Staatsstreiches vom 29. Februar entgegen gehe, aberan diesen Gefühlsäußerungen vermißt man die Begründung. Wenn jetzt eine Zeit hereinbricht, welche die griechischen Finanzen aus eine feste Grundlage stellt, welche die Recht«- Unsicherheit beseitig« und die Verwaltung dem Bedürsniß ge mäß reorganisirt, so wären da« allerdings Vortheile, welche Sriechmlanv mit Freud» erfüllen müßten. Ader für solche Dinge hat sich bisher im Lande noch wenig oder gar kein Verständniß gezeigt, Griechenland war immer nur dann auf dem Platze zu sindcii, wenn eS galt, Theilr von der Türkei loSzureißen und sie mit Griechenland zu vereinigen. Ob die Sicherheit de« Verkehrs im Lande zu wünschen übrig ließ, ob Der, welcher Recht suchte, auch Recht finden konnte, ob die Verwaltung den Verhältnissen eines geordneten StaatS- wcscnS entspräche, darum kümmerte man sich kaum, aber wenn der Großniachtssucht Griechenlands ein Weg eröffnet wurde, ui» sie zur Geltung zu dringen, dann war die ganze „Nation" sofort dafür gewonnen. Durch das Wablergcbniß vom 15. Mai ist vorläufig nur o viel erreicht, daß an die Stelle eines Ministerium« Delyannis wieder ein Ministerium TrikupiS treten wird. Ein solcher Wechsel bat in Griechenland schon wiederholt stattgesunden, ohne daß dadurch die Gesammtwohlsahrt deS Staates eine sichtbare Förderung erfahren hätte. Als neues Moment ist raS persönliche Eingreifen des König« in die Entwickelung zu verzeichnen, i» dieser Beziehung bleibt abzuwarten, wie sich daS neugewählte Parlament außer» und wie der Streit, welcher gegenwärtig noch schwebt, zum AuStrage gelangen wird, i»> Ganzen und Großen wird sich kaum etwas ver ändern, sonst wäre die Veränderung bereits ringetreten. * Deutsches Reich. 14 Berlin, 18. Mai. Das 3. Heft der rasch berühmt gewordenen „Studien über den Krieg 1870/71" vom General dcr Infanterie v. Verdy ist soeben E. S. Mittler und Schn erschienen und damit der erste Band, bis ein- chließlich des Treffens von Saarbrücken am 2. August, zu Ende gcsührt. Von allgemeinem Interesse ist darin vor allen Dingen die Kritik, welcher die französische Heeres-' leitung unterzogen wird. Dieselbe hatte ibre Truppen im imniobilcn Zustande an die Grenze geworfen, war aber trotzdem von der deutschen Modilisirung überholt worden. E« war außerdem den Gegnern nicht gelungen, sich über die Geschehnisse bei Len Deutschen in hinreichendem Grade zu unterrichten, bczw. nicht in dem Maße, wie die deutsche Heeresleitung über die französisckwn Maßnahmen sich zu vergewissern gewußt hatte. Auf Seite der Franzosen balle man zwar den Anmarsch de« 7. und 8 Arnicccorps erkannt, auch von dem Borrückrn einzelner Tbcile dcr H. Armee war man» aber nur unzu reichend, unterrichtet ; trotzdem drängte sich den Franzosen der Eindruck Ende Juli auf, daß sie nicht mehr in der Lage seien, die großen Operationen mit Aussicht aus Erfolg eröffnen zu können. Die Heeresleitung gerieth in- Schwanken, eine zeitige und zweckmäßige Einlheiliiiig der Heerestbeile in Armeen in Lothringen und d-m Elsaß unterblieb, immerhin faßte man »ach Lage der Umstände einen Eutschluß, der wenigstens die taktische Lage der Franzosen wesentlich zu bessern hätte geeignet sein können, nämlich zu der gewalt samen Erkundung dcö 2. EorpS am 2. August gegen Saarbrücken, wenn man die Ergebnisse geschickt auSzunuyen entschlossen gewesen wäre. Denn gelang eS nur, die Saar brücken westlich und südwestlich vorgelagerten beherrschenden Höhen zu nehmen, zu verstärken und wurden sie behauptet, so waren sie von de» Deutschen in der Front unangreifbar. Die Franzosen vertrieben bekanntlich daS 2. Bataillon 40er von jenen Höhen, verschanzten sie, verloren aber sogleich die Fühlung mit den Deutschen, unterließen sic wieder zu ge winnen und Einblick hinter den Schleier zu erlangen, um schließlich die eroberte Stellung wieder Preis zu geben. DaS Resultat deS Gefechtes war somit ein bescheidene-: Man hatte nur scstgestellt, daß am 2. August starke Kräfte der Deutschen nicht in unmittelbarer Nähe von Saarbrücken an der Saar standen. Die Ausführung de« taktischen Unter nehmen« von Seiten der Franzosen wird im Ganzen recht an erkennend beurtdeilt, wie denn nicht genug hervorgehoben werden kann, daß die Franzosen sich zumeist als tüchtige Taktiker be währte»; i» dieser Beziehung waren die Franzosen von 1870 ein bochachlenSwerther Gegner, der die abfälligen Urtbrile, welche darüber laut geworden, durchaus nicht verdient. Nun sie aber sich z» einer großen Offcnsivpartei nicht stark genug mehr fühlte», hätte ein grundlegender, operativer Entschluß mit eine», einheitliche» Ziel gefaßt werden müssen. General v Verdy incint, derselbe Halle nur in einem Zurücksühren der Streitkrast in Elsaß und Lothringen nach Lothringen hinter die Mosel bestehen können. Zweifellos richtig, allein einen solchen militairiscken Entschluß kann nur eine politisch starke Regierung fassen! Mit den Erscheinungen deutscher seits erklärt dcr General sich im Ganzen einverstanden, bis aus den Rückzug von Raschpsubl nack HcuSweiler, am Abend zwischen 5 und 6 Uhr. Die Beschießung von Saar brücken „als offene Stadt" erregte bekanntlich vielfach Aerger- niß, und da es noch Stimmen giebt, welche darüber abfällig »ribcile», so mögen Berdy'S Worte angeführt werden: „Wir begnügen nnS", sagt der General, „hier daraus binzuweisen, daß, wo Oertlichkciten irgend welcher Art in die Vertheidigung gezogen oder von Truppen durchschritten werden, der Gegner voll berechtigt ist, seine Artillerie gegen dieselben wirken zu lassen. Wenn dabei einige Häuser in Brand gerathen oder Bewohner getroffen werden, so ist die« sehr bedauerlich — aber nicht zu vermeiden." Aus die vielen neueren Einzelheiten können wir nichtteingebcn, wir wollten nur einige charakte ristische Seiten des Werke- berühren. * Berlin, 18. Mai. (Telegramm.) Wie da- „Ber liner Tageblatt" mitlbcilt, haben vier hervorragende Hotels und Restaurants tOOOOO-ckk für den Ga- rantiesouds dcr Weltausstellung gezeichnet. — Von vertrauenswürdiger privater Seite wird der „Berl Börs.-Ztg." mitgcthcilt, daß der Reichskanzler Gras Eavrivi sich in letzter Zeit verschiedentlich dahin ge äußert havc, er würde, wenn eS in sein Belieben gestellt wäre, die Geschälte des Reichskanzleramts gern so bald als möglich niederlegen. Es scheint demnach, al« ob die Lchulaesetzangclegenheit doch einen sehr tiefen Eindruck auf de» Reichskanzler gemacht hat und daß er sich io gewisser Weise sür da» Zustandekommen der Vorlage engagirt hatte. Da» allzu rücksichtslose Vorgehen de- EeutrumS in der Schul srage, welche« jene unter der Führung Windthorst'S so oft geübte Vorsicht vermissen ließ, zeigte di« Sicherheit der ultramontanen Herren, mit der ne aus di« Erfüllung auch anderer Wünsche hofften, fü, «eich« st, daun bereit waren.
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