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Erschein! täglich nachm, m» Ausnahme der Sonn, und Festtage. Z mit .Die Nei» in Wort und Bild- vtertelsübrNch 8.-^0 In Dresden durch Boten «.4« 4< In ganz Demschland sret HauS S.S» 4»; in Oesterreich 4,4» L Ilnügab« » ohne illullrterle Beilage vierteljährlich I,dt« 4t. p" Dresden durch Boten ».,« 4t. In gan» Deutschland srei Hau» ».»» 4t; in Oesterreich 4.V» L - Einzel-Nr. 1» 4. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Nuseirat« werden die »gespaltene Petit,,eile oder deren Raum mit 4L 4, Reklamen mit 80 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt. Buchdruikeret, Redaktion und «cschiist-stelle - DreSLen, Piüuttzer Strafte 4». — Fernsprecher I»«» Für Riickgabr unverlangt. Schristftiicke keine Verbindlichkeit RebaktionS.Sprechstunde: l l bi- l!» Uhr. Der Arbeiterverrat bei der Sozialdemokratie bei der Reichsversichernngsordnung ist der roten Presse dock sehr unangenehm; sie kann es den Arbeitern nicht mundgerecht machen, daß sie gegen ein Gesetz stimmte, das so ungemein viele Vorteile der gesamte» Arbeiterschaft zu führt. Um nur einige dieser Vorteile zu ucuneu, so seien aufgezählt: 1. Der Kreis der Versicherte» wird um 7 Millionen Köpfe vermehrt. 2. Die jährlichen Leistungen der Arbeiterversichcrung werden um rund 250 Millionen Mark erhöht iweun ein zelne Zentrumsblätter nur 200 Millionen Mark angeben, so ist dies zu gering gegriffen, da die anderweitige Bei .h- nnng des Grnndlohnes und die Zulassung bis zu 0 Mark ganz erhebliche Mehrausgaben bringt). 3. Die Krankenkassen sind aus dem parteipolitischen Getriebe heransgehoben und werden neutralisiert. 4. Von einzelnen Mehrleistungen seien nur genannt: Hinterbliebenenversichcrung, Kinderrente, höhere Unfall rente (bis zu 1800 Mark Gehalt), erhöhten Wöchnerinnen schutz usw. All dies sind so gewaltige Fortschritte, daß ein denken- der Arbeiter sich sagen muß: Wie kann denn die Sozial demokratie gegen ein solches Gesetz stimmen, das gar keine Nachteile bringt? Die sozialdemokratische Presse beruft sich nicht mehr darauf, daß sie weitergehende Anträge gestellt habe; sie sagt auch ihren Lesern nicht, daß diese eine jährliche Mehr ausgabe von 2000 Millionen Mark hervorgerufen hätten. Darüber herrscht ängstliches Schweigen, weil sonst der so- zialdemokratisck-e Arbeitgeber selbst nachrechnen würde, wie viel er mehr bezahlen müßte und das könnte er nicht und würde ihm nicht behagen. Auch die kleinen sozialdemokra tischen Arbeitgeber würden stutzig werden. So schweigt man über diesen Teil der roten Tätigkeit, weil jedes Reden selbst den dümmsten Mann im Reiche darüber unterrichten müßte, daß man so keine Politik machen kann. In keiner sozialdemokratischen Zeitung finden wir mehr die Glanz leistungen der Fraktionen aufgezählt, irgends kommen die Anträge und kaum mehr die Klagen über die Ablehnung; die Genossen sind wohl selbst froh, daß eine verständige Mehrheit diese unvernünftigen Anträge aügelehnt hat. Der „Vorwärts" nur rafft sich zu einer kleinen An klage gegen das Zentrum auf und bringt den alten Laden hüter der Entrechtung der Arbeiter. Weil die Genossen in den einzelnen Kassen nicht mehr ihre Agitatoren nnterbrm- gen können, weil sie nicht mehr die Andersdenkenden schika nieren können, darum der ganze Lärm, der aber nirgends einen Eindruck macht und mit dem man keinen Hund hinter dem Ofen hervorlockt. Die beschlossene Neutralisierung der Krankenkassen sehen weitschauende Genossen selbst als einen Gewinn an. Noch törichter ist der Vorwurf, daß das Zen trum eigene Versicherungsämter abgelehnt habe; das rech net sich das Zentrum zum Verdienst an. Der sozialdemokra tische Antrag wollte solche in jedem Verwaltungsbezirke haben; dies hätte eine jährliche Mehrausgabe von 60 Mil lionen Mark im Gefolge gehabt; 5000 neue Beamte hätte man mindestens anstellen müssen, wenn es nach der Sozial demokratie gegangen wäre. Im Interesse der Sparsamkeit und dem Wunsche deS gesamten Volkes Rechnung tragend, hat das Zentrum gehandelt. Um nun den Angriffen eine gewisse Wucht zu geben, schreibt das rote Blatt: „Die Mehr heit des Zentrums läßt lieber kranke Arbeiter verhungern, als daß es sich entschließt, den Unternehmern höhere Bei träge für die Krankenversicherung abzunehmen! Diese Ten- denz trat in der ganzen Haltung des Zentrums zutage." DaS ist eine unverschämte Lüge. Es bleibt nicht nur beim bisherigen Zustande, sondern das Krankengeld wird noch erheblich erhöht. So wenig jetzt kranke Arbeiter verhungert sind, ebenso wenig geschieht es künftig, das Zentrum wider- setzte sich nur dem, daß der ganze Grundlohn als Kranken- geld bezahlt wird und schon vom ersten Tage ab, weil namentlich letztere Bestimmung zur Simulation geführt hätte, wie wir schon früher darlegten. Mit solchen unwahren Phrasen macht man auf niemand Eindruck. Die Verlegen heit der Genossen muß jetzt tüchtig ausgenlltzt werden und man muß der Arbeiterschaft zeigen, wie die Sozialdemokra tie die wahren Interessen des Arbeiterstandes einfach ver- raten hat. Lin lehrreicher Tag. Wien, den t4. Juni tStt. Mit 68 Mandaten kehrteil die Christlichsozialeil aus der gestrigen Wahlschlacht heim. Keine andere Partei hat sich lAotr nock »ie äagevesenec Kaktee-Aeueruax kostet unser be liebter, vorrüglickvr k^amilien-Kafkee nur 150 k*k. äas pkuncl. kerlmx 8 kvckstroli, vresäen. dbeclerlsgen in slien Ltscttteilen. als eine im deutschen Volke Oesterreichs so festgewurzelte gezeigt wie die christlichsoziale Partei. Die in ihrem Pro gramm so grundverschiedenen Fraktionen des Freisinns — Judenliberale, Deutschnationale, Radikale, Nuragrarier brachten es zusammen mit Ach und Krach auf 40 Mandate, die Sozialdemokraten vermochten aus eigenem nur 4-1 Mandate hereinznbringen. Sie beide können sich weder an der Zahl der Stimmen, noch auch an innerer Geschlossenheit auch nur entfernt niit den Christlichsozialen messen, die nach wie vor die eigentliche Partei Deutschösterreichs ge blieben ist. Daran vermag die unerfreuliche Tatsache nichts zu än dern, daß die Christlichsozialen im Stammlande der Mon archie gestern, soweit städtische und Wiener Bezirke in Be tracht kommen, nicht gut abgeschnitten hat. In Wien wurde gestern das Mandat des Parkviertels, das Bielohlawek innehatte, an den Judenliberalen Friedmann verloren und von allen übrigen bisher christlichsozialen Wahlkreisen konn ten nur zwei, das Stnbenviertel und die obere Wieden (Baechl6 und Rienößl) definitiv besetzt und behauptet wer den, einige aber werden verloren gehen. Aehnlich liegen die tei noch in heißem Ringen mit den Sozialdemokraten und Judenliberalen die Instanz der Stichwahl anrufen. Die Mehrzahl der Mandate dürfte dabei wohl behauptet wer den .einige aber werden verloren gehen. Aehnlich liegen die Dinge in den niederösterreichischen Städten, wo die Christ lichsozialen diesmal lediglich an drei nicht allzu aussichts vollen Stichwahlen beteiligt sind. Es ist begreiflich, daß die gesamte jüdische Presse darob in wahre Freudenkrämpfe verfällt und tut, als wäre die christlichsoziale Partei gestern in Wien für iinmer „vernichtet" worden. Die gegnerischen Organe legen sich schon deshalb eine so übertriebene Sieger pose zurecht, um Stimmung für die Stichwahl zu machen. Denn darauf muß man sich gefaßt machen: So wütend schon vor der Hanptwahl die Christlichsozialen von allen Seiten berannt wurden, den Hauptstoß haben sie erst am Stich wahltage auszuhalten. Ans der gleichen Rücksicht auf die Stichwahl versuchen die g: »erischen Blätter dem gestrigen Wahlergebnisse die abenteuerlichsten Erklärungen zu geben. Die Fichtegasse erklärt die Erfolge der Sozialdemokraten für einen „Sieg aller Derschen", das Hauptorgan der So zialdemokratie sieht schon eine Eroberung der Residenz stadt durch die rote Inten ckionale, die „Zeit" meint nicht eben schmeichelhaft für die. Sieger, das „Stimmvieh" wäre unter dem Eindrücke des Nenerungsrummels zu den Inden- liberalen und Sozialdenwkraten übergelaufen, das „Neue Wiener Tageblatt" spekinü'rt, die christlichsoziale Partei habe ihren Zcnith überschritten und müsse nun recht mit tatkräftiger Nachhilfe der Herren Singer und Genossen vom Schauplatze entfernt werden, wogegen Vergani, der von den Folgen seines herostratischen Treibens selber sichtlich ge troffen ist, orakelt, das Volk von Wien habe sich gegen die Geßmanniten und den „Klerikalismus" erhoben. Das ist natürlich alles törichter Schwatz oder gewollter Unsinn. Die Ursachen der Schlappe liegen so klar zutage, daß eine große Kunst und eine noch größere Kühnheit dazu gehört, sie dem Auge des Volkes zu verhüllen. Wir wollen dabei auf die dem Wesen einer demokratischen Partei, deren Element die Ellenbogenfreiheit und ungehemmte Kritik ist. widersprechende, volkstümliche, gonvernementale Politik, auf die Teilnahme der Partei an der Regierung, für deren sämtliche Aktionen sie verantwortlich gemacht wird, auf das taktische Zusammengehen gerade mit jenen Gruppen im Parlament, denen sie im Wahlkampfe im heißesten Kampfe gegenübersteht, auf die Unfruchtbarkeit des ersten Volkshauses an handgreiflichen Erfolgen für die verschie denen Berufsklassen und allgemeinen Volkswünsche, auf die agitatorisch so skrupellos ausgebenteten Steuerreform- und Militärlastenpläne, auf den von den Sozialdemokraten und den Gemeinbürgschaftsfrennden entfachten Tenernngsruni- mel — wir wollen auf alle diese Dinge, die ganz zweifellos die Stimmung der Wählerschaft znungnnsten der Christ lichsozialen beeinflußt haben, hier nicht näher eingehen. Die Partei wird ja Gelegenheit haben, das Wahlergebnis gründlich zu prüfen und die entsprechenden Folgerungen für ihre fernere parlamentarische Taktik, insbesondere in Bezug auf das fernere Verhältnis zu den Freisinnigen zu ziehen. Es sollen hier nicht die etwaigen politischen und parlamentarischen, sondern die rein parteimäßigen Unzu länglichkeiten registriert werden. Vor fünf Vierteljahren starb der Führer,, der allen Autorität war, vor dessen Machtwort sich alles beugte und dessen Persönlichkeit nicht nur eine ganz unvergleichlick)« Ge walt hatte auf die Bevölkerung, sondern auch die Tatkraft der Gegner lähmte. Auf seinen Tod hatten die Gegner und die Leute um Vergani, denen Luegers Politik längst zum Greuel und Aerger geworden war^ schon lange gelauert I und gerüstet, um losznschlagen. Es hatte schon Arnold in der „Zukunft", die damals unter christlichsozialer Flagge segelte, heute aber bereits eine Organisation des National verbandes ist, seine Reden gegen den „Klerikalismus" m der Partei, gegen die „Reichspartei" gegen das Parla ment gehalten. Schon waren in anderen Bezirken von den Verganileuten Organisationen, wie der „Bund der Anti semiten" u. a. geschaffen worden, um im geeignete» Moment losznschlagen. Schon waren etliche Wiener Mandatare in den Bann dieser Bestrebungen gelockt worden. Auf ein Donnerwort Luegers hin verstummte für einige Zeit der Lärm, um sofort nach Luegers Tode um so lauter toszu brechen. Rotlauf erschien auf der Bildfläche, dann kam Hraba, dann Dr. Grubcr, Verganis Schlvager und Advokat, dann Zipperer und jene anderen alle, die Striebel und Ruschla, die Rosenberger und Herdegen. Eine Hetze gegen die christlichsoziale Partei begann, wie inan ähnliches noch nicht erlebt. Die Führer suchte man durch giftige Machen» schäften gegeneinander zu Hetzen. Ganze Kübel von Schmutz wurden auf die Parteihäupter geschüttet, keine Gemeinheit blieb ungetan. Eine Mente schien auf die Partei losge- lasscn, um des sterbenden Führers Bitte, beisammen und einig zu bleiben, zu vereiteln. Die Parte: nun hat alle, diese Dinge viel zu oberflächlich behandelt. Man demen tierte die Lügen, man sandte Cominnyiqucks aus durch die Parteikorrespondenz, man resolutionierte sogar gelegentlich gegen die Giftmischer am Hofe Verganis. Das war aber auch alles. Hätte nicht Bielohlawek schließlich in einem tapferen Prozesse Hraba und Zipperer kalt gestellt, und hätte nicht Geßmann den biederen Komilitonen Verganis, Pöschl, als Erpresser festnehmen lassen, so wäre die Ver- teidigung aus ihren platonischen Schranken überhaupt nie herausgetreten. Aber statt nun wenigstens diese Waffen rasch und umfassenderweise anszunützen, statt dem Todfeind der Partei Vergani dis öffentliche Meinung zu sperren und ihn öffentlich in seiner sittlichen Nacktheit anszustellen, statt die Zeit zur Organisation und zur Stärkung und Verbrei tung der Parteipresse zu verwenden, ließ man nun wieder im Vertrauen auf die Urteilsweise der Wähler alle Fünfe grade sein, ja Halbheit und Wankelmut gingen so weit, daß man noch ein paar Monate vor den Wahlen vom Morgen zum Abend und vom Abend schwankte, ob man sich nicht noch lieber irgendwie mit dem Schänder der Par tei vertragen oder ihn wenigstens für sein passives Unternehmen ein paar Millionen zahlen sollte. Inzwischen beschmnyte Vergani Tag für Tag die Partei und setzte sie in schöner Eintracht mit der Inden- und „neutralen" Press? herab. Ta endlich ein war Wacken vor der Wahl, besann man sich auf die Verteidigung, inan entschloß sich zur Ent larvung des Menschen und verschickte sogar eine allerdings recht informative Flugschrift. Aber es war bereits zu spät. Das Gift der Verleum dung saß bereits zu tief, die Gewerbetreibenden waren be reits zum Teil rebelliert, znm Teil in Verwirrung gebracht, die Beamten verhetzt oder disputiert, die Arbeiter ver bittert. Und da in den meisten Wiener Bezirken die Ent scheidung von 100 bis 1000 Stimmen abhängt, so mußten eben die vielen Sonderkandidatnren der Verwirrten und die vielen leeren Stimmzettel der Verdrossenen — im Wahl kreise Hernals allein 1004! — das gestrige Ergebnis her beiführen. Die furchtbare Uebermacht der Judenpresse, die man fast ohne Gegenagitation auf die Wählerschaft wirken ließ, Sie Mogeleien Friedmanns, der jüdische Geldsack und der Terror der Genossen taten das Uebrige. Das sind die Ursachen der gestrigen Schlappe, von der man sich erst er holen wird, wenn man die Ursachen radikal beseitigt, von Grund auf neu organisiert und die Parteivresse, die wirk liche, auch zu Wahlzeiten verläßliche Parteipresse, in jedes Haus eingebürgert hat. Man wird so viele Wähler haben, als die Parteipresse Verbreitung zählt, an alle Führer der Partei hat der gestrige Wahltag das laute Menetekel ge richtet. Mögen sie die Zeichen verstehen und entsprechend handeln! Dresden, den Ui. Juni >91 t. — Der Kaiser hat an den Oberpräsidente» v. Wind heim folgendes Telegramm gerichtet: „Neues Palais, den )5. Juni. Laut Meldung des Flügeladjntanten Majors v. Holzing aus London sind in der internationalen Kon- knrrrenz für Luxnsreitpferde unter den vier-ersten Pferden drei ostpreußische Pferde der Remonte mit dem zweiten, dritten und vierten Preise prämiiert worden. Das einzige vor ihnen placierte Pferd war ein 20 000-Mark-Pferd deS Milliardärs Winane. Der Sieg der Ostpreußen ist erfoch ten im Kampfe gegen alles, was Geld an schönen Pferden überhaupt kaufen kann. Die preußische Pferdezucht hat da mit einen großartigen internationalen Erfolg errungen, der von fast niemand vorausgesehen war, und liat mit einem Schlage ihre Stellung in der Welt befestigt. AuS vollstem Herzen spreche ich den Züchtern der Provinz Ost preußen meinen herzlichsten Glückwunsch zu diesem Siegel aus und meinen königlichen Dank. Mögen Sie auf dev bewährten Bahn unbeirrt fortschreiten. Dann werden wei tere Erfolge mit Gottes Hilfe nicht ausbleiben. Sie haben! diese Depesche sofort in der ganzen Provinz bekcmntzugeben« Wilhelm«." . . ,