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Wieder Pariser Hetze gegen Deutschland. Schmaharlikel gegen den Reichspräsidenten. Alles nur wegen -er Löwener Irrschrist. Paris, 11. Juli. Ans Anlaß des Löwener Zwischenfalles über die Anschrift an der neuen Bibliothek kündigt sich in der Pariser Presse ein neuer Hehfeldzug gegen Deutschland an. Von unerhörter Schärfe ist ein Aufsatz des..Echo de Paris" mit der Neberschrist „Das Vergessen . Es verdient festgestcllt zu werden, baß der Verfasser dieses Aufsatzes, Louis Ma- deli», Mitglied der französischen Akademie ist. Er führt den Streit um di- Inschrift darauf zurück, daß der von Dcnischland in der ganzen Welt gegen Versailles geführte Feldzug Erfolg gezeitigt habe. Die französischen Pazifisten erinnerte» sich heute kcti-es einzigen NamenS der berühmten Kämpfer von 1911 mehr. Feldmarschall von Hin den - bnrg sei unter den Leuten, auf die der Art. 228 des Ver sailler Vertrages Bezug nehme. Das Verbrechen führe aber zur Präsidentschaft des Reiches flj. Von Washington bis Rom zeige man den Mördern von 1914 und den Vandalen von 1917 »nr Lächeln. Der diplomatische Mitarbeiter des „Figaro" sieht in dem Streitfall ebenfalls eine Bekundung der von Deutschland miternommencn Bemühungen, sich von aller Schuld reinzu. waschen. Man könne den Tag vorherfehen, an dem zur Be- siegelnng der Versöhnung der beiden Völker der deutsche Botschafter den französischen Außenminister ersuchen werde, das Innenministerium zu veranlassen, baß die Kriegsverstüm. weiten Plakate mit der Inschrift zu tragen hätten: sie seien nur das Opfer von Eisenbahnunfällen. In Deutschllmd seien Heer, Schule und Sportverbände nur Stätten des Hasses und der Vergeltung sls. Man gründe eine Annäherung nicht auf ,'sweidcntigkeiten und Jrrtümern. Die französischen Pazi- fisten richteten sich anscheinend nach den Worten: „Wenn du de» Krieg willst, bereite den Frieden vor!" * Vor einigen Tagen erst hat der neue Reichskanzler in seiner Regierungserklärung wieder die Bersühnungshand nach Paris ausgestreckt. Er hat diese Gest« noch unterstrichen durch einen amtlich ausgesprochenen Verzicht auf jede Revanche politik. Das offizielle Frankreich beharrt darauf in eisigem Schweigen, Briand hat das befreiende Wort nicht gesprochen. Er ist der notwendigen Erklärung Uber die Rhetnlandfrage geschickt ausgewtchen und überläßt es seiner Presse, immer neue Bedingungen für ein Nheinlandgeschäft anzumelben. Und maßgebende Blätter, deren Beziehungen zum Quai d'Orsay offenkundig sind, beginnen eine neue Hetze gegen Deutschland. Ohne weiteren Grund, nur weil die ver leumderische deutschfeindliche Inschrift nicht an der Löwener Bibliothek angebracht werben durfte. Und mit solcher Maß losigkeit, daß man sich nicht scheut, die ehrwürdige Person des Reichspräsidenten, die jedem dieses Namens würdigen Deut schen ein nationales Heiligtum ist, in den Schmutz zu ziehen. Wenn in irgendeiner Hauptstadt derartige Schmähungen gegen Mussolini vorgebracht würden, dann hätte der italienische Gesandte schon längst Protest eingelegt. Wird die deutsche Netchsregierung dulden, daß unser Staatsoberhaupt in der Pariser Oeffentlichkeit beleidigt und beschimpft wird? Und wird sie auS diesem Zwischenfall endlich lernen, daß das A und O ihrer Politik immer wieder der Kampf gegen die Kriegöschuldlüge sein muß? Wichtiger Minislerral in Paris. Paris, 11. Juli. Außcnmiuiftcr Briaud ist im Lause b«S Dienstag ,»n seinem Landsitz «sicher t« Paris ein» getroffen, um a« dem am Mittwochvormittag stattfindcnben Miuiftcrrat teilznnehmcn. Dieser wird sich mit der Ant» wort der französischen Regierung aus die letzte Kellogg» Note befassen. Briand wird den Ent wurf der französischen Antwort unterbreiten. Es ist anzu- uehmen. daß er außerdem über die Tanger-Verhaud» langen berichten wird, die vor dem Abschluß stehen sollen. Wie verlautet, wird der Ministerrat aus Anlaß des bevor stehenden Nationalfestes verschiedene Gnadcnmaß- «ahmen ins Auge fassen, die den gewöhnlichen Rahmen überschreiten und voraussichtlich auch die autonomiftischcu Abgeordneten Ricklin und Ross», sowie die übrigen im Kolmarer Prozeß verurteilten Autonomistcn umfassen werden. Immerhin besteht die Möglichkeit, daß der Minister rat zur Erledigung dieser Fragen eine Sonderberatung abhalteu wird. Wie Nathenau gewarnl wurde. iDrohimelduug unserer Berliner Schrtstleituug.) Berlin, 11. Juli. In einer kürzlich erschienenen Dar stellung des Grasen Keßler über „Rathenau und sei» Leben" findet sich ein Bericht, nach dem ein katholischer Priester beim damaligen Reichskanzler Wirth Vorgesprächen habe, der Wirth angeblich „unter Bruch des Bcichtgeheim- nisscs" zitternd eröffnet habe, daß ein Mann im Beichtstuhl gestanden habe, er sei ausgelost, um Nathenau zu ermorden. Diese Mitteilung, die einen geschichtlichen Vorgang nicht richtig wiedergibt, hat zu einem Briefwechsel zwischen Dr. Wirth und Graf Keßler geführt, der demnächst in der Wirth. schen Zeitschrift „Deutsche Republik" veröffentlicht werden wird. Aus diesem Briefwechsel ergibt sich, daß die Darstellung Keßlers unrichtig ist. Wirth gibt vielmehr von dem Vorgänge folgende authentische Darstellung: „Es ist richtig, daß in jenen Tagen ein katholischer Priester in das Reichskanzlcrhaus kam und mir einfach und schlicht in wenigen Worten und zugleich in ernster Form er» öffnete, daß das Leben des Ministers Rathenau bedroht sei. Von mir selbst wurden Gegenfragen begreif, licherweise nicht gestellt. Der ganze Vorgang vollzog sich nur zwischen dem katholischen Geistlichen und mir. Ich war mir des Ernstes dieser Mitteilung bewußt uno machte darüber an die zuständige Stelle der Reichskanzlei die entsprechende Mitteilung. Dann wurde Nathenau selbst gerufen. In ein dringlichen Worten beschwor ich ihn, doch endlich feinen Wider- stand gegen einen starken Sicherheitsdienst auszngeben. In feiner bekannten Und vielen seiner Freunde wohlvertraute» Art lehnte er dies entschieden ab. Ich eröffnet? ihm darauf den oben geschilderten Vorgang und fragte ihn, ob er ein sehe, baß der Schritt des katholischen Priesters eine hoch- ernste Sache sei. Meine Mitteilungen machten auf Nathenau einen tiefen Eindruck. Bleich und regungslos stand er wohl zwei Minuten vor mir. Keiner von uns wagte auch nur mit einem Wort die Stille zu unterbrechen. Rathenau kämpfte sichtlich lange mit sich. Plötzlich näherte er sich mir mit einer Seelenruhe, wie ich sie nie an ihm gesehen hatte, legte beide Hände auf meine Schultern und sagte: „Lieber Freund, eS ist nichts. Wer sollte mir denn etwas tun?" Unser Gespräch war damit nicht abgeschlossen. Nach einem nochmaligen Betonen der Ernsthaftigkeit der gemachten Mit- teilung und der absoluten Notwendigkeit polizeilichen Schutzes meinerseits verließ er ruhig und gelassen die Reichskanzlei. Leider hat Nathenau, wie ich später hören mußte, sich den Schutz nochmals ausdrücklich verbeten..." Einstellung des Rettungswerkes im Eismeer? Der Eisbrecher feslgesahren. Oslo, 11. Juli. Wie aus KingSbay gemeldet wird, hat sich der russische Eisbrecher „Krafft«" de« Lager der .Jtalia"-Mannschast bis auf zwei Seemeile« genähert, kommt jedoch infolge des dichten Packeises nicht «ehr weiter und wird unter Umständen gezwungen sein, die ganze Fahrt aufz«» neben und in die Hiulopenstraße zurückzukehren, «m an der Lstkiiste einen neuen Versuch zum «eiteren Vordringen zu unternehmen. Man uimmt mit Bestimmtheit an. daß nur noch drei Verunglückte im Lager RobileS vorhanden sind. Ein Mitglied der Gruppe soll sich in geistiger Verwirrung «ou» Lager entfernt haben. Die Nückbeorberuug des großen schwedischen Fokkerflng,enges „Uppland" «ach Stockholm gilt dier als der erste Schritt für die Einstellung des ganzen schwedischen HilfSnnternehmenS. Ma« hat tatsächlich alle Hoffnung ausgegeben, die Verschollenen noch z« retten. Nobile zurückbeor-ert? Berlin, 11. Juli. Nach einer Drahtung aus Kingsbay hat Nobile nach dort umlaufenden, bisher unbestätigten Gerüchten anS Rom die Aufforderung erhalten, sosortnachJtalien zurückzukehren. Nach englischen Meldungen aus Spi bergen hat der Funker im roten Zelt wieder eine Nachricht gegeben, daß die Gruppe allen Mut verliert «nd um sofortige Entsendung von Hilfe bittet. Seit Abgabe dieser Nachricht ist der Radioapparat verstummt und das rote Zelt antwortet an keinen Anruf mehr. Ein aulomalisch lenkbares Flugzeug? Paris, 11. Juli. Achnlich wie Ozeanschiffe durch ent sprechende Kuppelungen durch automatische Kompaßeinrich tungen für die Normalsahrt gesteuert werden können, ist eS nach einer Mitteilung des „Petit Journal" den Ingenieuren Bouchet und Bernady nach langjährigen Versuchen offenbar gelungen, ein Flugzeug zu bauen, dessen Führung nicht mehr Lurch menschliche Kraft, sondern durch den sogenannten „Stahlpiloten" erfolgt. Dieser enthält drei Stabilisa toren, um die Längen-, Seiten- und Nichtungsstabtlität wäh rend des Fluges zu sichern. Die einzelnen Organe werden durch elektrische Motoren geleitet, die durch Druck auf ver> schieden« Knöpfe ausgelöst werden. Die „Bremen"-Flieger auf -er Heimreise. Sie werden auch Sbert ehre«. Frankfurt a. M., 11. Juli. Hauptmann Köhl ist heute mittag mit der „Europa" nach Berlin gestartet. Bon Hüne- seid ist bereits gestern abend mit dem Nachtschnellzug nach Berlin abgereist. Er will sich nach Dresden begeben, »m den letzten Proben zu einem Bühnenwerk aus seiner Feder in der Komödie beizuwohnen. Köhl beabsichtig, einen Um weg über Heidelberg zu machen, um über dem Grabe EbertS in seinem und Hüneselds Namen zwei Kränze abzu werfen. Der Kölner Oberbürgermeister erklSrl. «öl«. 11. Juli. Der Kölner Oberbürgermeister Dr. Adenauer nimmt in einer längeren Zuschrift an die Presse zu den Vorgängen Stellung, die sich bet der Ankunft der „Breme»"-Flteger in Köln abgespielt haben. Adenauer erllärt, daß der Besuch in Doorn „bedauerlich" sei, daß aber trotzdem die Stadtverwaltung bereit gewesen sei, die Flieger »u empfangen. Da» »unkorrekte Verhalten" der Flieger, bi« der Stadtverwaltung bekanntlich über den Termin ihrer An kunft nicht auf die Minute genaue Mitteilung zugehen lassen konnten, habe zur Absetzung der Empfangsfeierlichkeiten geführt. Fünf Schüsse in -en Lirrlerkopf. Das Ergebnis des SchachtyprozeffeS. MoSka«, 11. Juli. Von den elf im Schachtyprozeß ver- urteilten Ingenieuren sind heute die zum Tode Verurteilten: Gorlecki, Krzyzanowski, Budny, Jusewicz und Bojarinow von der G. P. U. durch Erschießen hingcrichtet worden. Die Erschießung erfolgte in der bekannten Tscheka-Methode: die Angeklagten mußten sich mit verbundenen Augen hinknien und erhielten bann einen Pistolenschuß in den Hinter, köpf. Giolitti im Sterben. Das Befinden des früheren italienischen Mlntster- vräsidenten Giolitti hat sich so verschlimmert, daß ihm bereits die Sterbesakramente gereicht Sterbesakramente gereicht wurde«». Grabgesang über den 11. August. Betroffenheit in der Linkspresse. lDrahtmeldung unserer Berliner Schrtftleitung.) Berlin, 11. Jnli. Das vorläufige Scheitern der Erhebung des 11. August zum Nationalfeiertag hat in der Linkspresse große Betroffenheit ausgelöst. Diese wirkte auch auf die Kund gebung zurück, die das Reichsbanner gestern abend auf dem Gendarmenmarkt einberusen hatte. Selbst der „Vor wärts" muß zugeben, daß der Gendarmenmarkt nur gerade gefüllt war. was nicht darauf hindeutet, daß all zu viel Reichs» bannerleute sich eingesunden hatten. Der „Vorwärts" begnügt sich damit, den Reichstagsbericht ohne jeden Kommentar ab- uürucken und die Aufmerksamkeit seiner Leser lieber auf die Zollstreckung von Todesurteilen in Moskau gegen die ver urteilten Ingenieure abzulenken. Die demokratische Presse hat Halbmast geflaggt und kann nichts weiter tun. als der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß der Nationalfeiertag päter doch noch einmal kommen wird. Die „Bossische Zeitung" muß zugevcn, daß, auch wenn der Gesetzentwurf vor den Ferien vor das Plenum kommen sollte, die Chancen ür die Schlußabftimmung ungewiß blieben. Wenige Stim- men könnten den Ausschlag für Annahme oder Ablehnung geben. Die Ablehnung wird, das könne schon vorausgesagi werden, im Reiche keineKabinettSsrage schaffen. Aber, > schließt daS Blatt, wenn demonstrativ der 11. August 938 noch nicht als Nationalfeiertag gefeiert werden sollte, berll. August 1929wtrdNationalfeiertagsein. Die Deutsche BolkSpartei wird nicht eher durch die Pforte b«S preußischen Staatvmiuisteriums aehcn. Interessant ist noch die Stellungnahme der „Germani a". Auch sie muß bestätigen, daß das, was bei den AuSschuß- beratungen herauskommen wird, sich nicht mit Gewißheit heute Voraussagen läßt. Worauf es beim Nationalfeiertag ankomme, ei. baß alle deutschen Bürger ein inneres Verhältnis zur »rutschen Republik und damit anch zur Weimarer Verfassung inden könnten. Das Zentrum gibt zu. daß bis dahin noch ein weiter Weg zurückzulegen sein wird. Kiubenburg reist »ach Schlesien. Berlin, 11. Juli. Reichspräsident v. Hinbenburg, der im September die schlesischen Provinzen aufsuchen wirb, fährt nach Oberschlesten, wo er sich in Oppeln und im Industrie- gebiet aufhalten wird. In Niederschlesien wird der Reich», »räsident zunächst in BreSlau verweilen. Außerdem sind ; tegnjtz und Glogau als Stationen der Schlesienreife in Aussicht genommen. Auch Wahlstatt, wo sich die staatlich« Bildungsanstalt befindet, wird Hinbenburg besuchen. Htnben- bnrg hat hier seine Kadettenzeit verlebt. Schließlich wirb der Reichspräsident auch den Manövern, die in der Gegend von Lauban und Görlitz abgehalten werden, beiwohnen.