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Nr. 110. Dienstag, den 18. September 1888. 54. Jahrgang. blick, in dem sich Kaiser Wilhelm und König Humbert die Hände drücken, dürfte von Tausenden und Aber tausende» vielleicht noch freudiger begrüßt werden, als jener Moment, da der Czar in der Kronstadter Bucht seinen kaiserlichen Gast empfing. Lokales und Sächsisches. 8 Dippoldiswalde, 17. Septbr. Das herrliche Wetter am gestrigen Sonntage hatte auch unserer Gegend eine zahlreiche Menge Besucher zugeführt und die Züge unserer Bahn zeigten starke Besetzung. Unter Anderen stieg der Turnverein „Jahn" aus Dresden hier aus, um zu Fuß seine Wanderung nach Altenberg fortzu setzen. Gegen Mittag langte ein munteres Sänger- vöikchen hier an; es war dies der Dresdner Buch drucker-Gesangverein „Sang und Klang", welcher in Rabenau ausgestiegen war und unter Führung seiner hiesigen Berufskollegen durch den Spechtritzgrund und die Haide unsere Stadt als Ziel seiner Parthie wählte. Unterwegs, in der Barbarakapelle, wie in der Steinbruchs-Restauration, als auch vom König Johann-Thurm ließen die Sänger muntere Lieder er schallen. Im geschmückten Rathhaussaale wurde das Mittagessen eingenommen und sodann ein Spaziergang durch die Eichleiche ausgeführt. Vorher überraschte der Verein die Herausgeber dieses Blattes mit einem Ständchen. Der Vorstand des Vereins bekundete in seiner Ansprache, daß die Buchdrucker auf ihrer Sänger fahrt mit großer Freude die Gelegenheit benützten, den Herren Buchdruckereibesitzern Jehne senior und junior diese Huldigung darzubringen als ein Zeichen der An erkennung dafür, daß dieselben jederzeit bestrebt ge wesen, dem zwischen Prinzipalen und Gehilfen verein barten „Allgemeinen Buchdrucker-Tarif" in allen Be ziehungen gerecht zu werden, was insofern um so höher zu schätzen sei, als sie die einzigen Prinzipale im gan zen Bezirk der Amtshauptmannschaft seien, welche auf Grundlage des Tarifs ein richtiges Verhältniß zwischen Arbeitgeber und -nehmer aufrecht erhielten. Das drei fache „Lied hoch" gelte daher den „tariftreuen" Prin zipalen Jehne senior und junior. — Ein im Verein der hiesigen Kollegen stattfindendes Tänzchen ließ nur allzurasch die Zeit vergehen. Unter Versicherung auf richtigen Dankes für die hier gefundene freundliche Aufnahme schied der fröhliche Sängerchor von hier, um mit dem Abendzuge heimzutehren. — „Glück zu!" In der letzten, von den neuen Vorstehern, den Herren Hertrich und Meißner gelei teten Versammlung hielt Herr Bezirksschulinspektor Mushacke einen Vortrag über Wieland (1733—1813). Die schriftstellerische Thätigkeit desselben zerfällt in drei Perioden. Zuerst dichtete er in Klopstocks schwär merisch frommer Art, zuletzt aber zeigte er seinen wahren Kern und vertheidigte eine edle Verbindung des geistig Erhabenen mit dem sinnlich Schönen. Die zweite Periode bildet den Uebergang aus der ersten in die dritte Periode. Der Herr Vortragende besprach einige Wieland'sche Dichtungen, besonders sein Meister werk, den „Oberon", nach Anlage, Ausführung und Sprache, und konnte denselben im Gegensatz zu Vilmar eine im Allgemeinen günstige Beurtheilung wieder fahren lassen. — Ueber die auch von uns gebrachte Notiz, den bevorstehenden schweren Verlust, der den Altenberger Bergbau treffe, schreibt der „Bote vom Geising" u. A. wie folgt. „Zunächst ist festzustellen, daß in den Altenberger Gruben (Zwitterstocksgewerkschaft, Zwitter stocks tiefer Erbstolln) gar kein Wolframerz gefunden wird. Hier baut man auf Zinn (im Jahre 1887 ca. 1500 Ztr.) und Wismut (,m Jahre 1887 ca. 520 Kilo). Wolfram-Stufferz gewinnt man einzig und allein als Nebenprodukt in der Zinnfundgrube Ver einigt Zwitterfeld zu Zinnwald und auch in den böh mischen Nachbargruben daselbst. Bei Vereinigt Zwit terfeld in Zinnwald wurden im I. 1887 für ca. 800 Wk de»W KGchhrt mch Men. Noch wirkt die glanzvolle nordische Meeresfahrt Kaiser Wilhelms II. in der Erinnerung unserer Aller nach und schon nähert sich der Zeitpunkt der zweiten großen Reise des jugendlichen deutschen Herrschers, welche der staunenden Welt vielleicht noch glänzendere Bilder entrollen wird. Wenngleich das Programm für die Reise unseres Kaisers gen Süden noch nicht in allen seinen Einzelheiten bekannt ist, so steht es doch in seinen allgemeinen Umriffen längst fest und besucht hiernach der erhabene Reisende zunächst die süddeutschen Negentensamilien, worauf er am österrei chischen Hofe vorspricht, um sich dann über die Alpen dem sonnigen Italien zuzuwenden und hier seine Reise mit dem Besuche des italienischen Königshauses in Rom zu krönen. Neben diesen Grundzügen der deut schen Kaisersahrt nach Süd>n haben jedoch die letzten Tage auch schön hinsichtlich einer Reihe von Einzel heiten endgiltiae Nachrichten gebrach» und denen zu folge wird Kciser Wilhelm seine große Herbstreise um 26. September antreten und sich zunächst nach Mainau, dem Sommeraufenthalt dec grobherzoglich badischen Herrschaften, begeben. Hier, auf der lieblichen Bodensee-Jnsel, welche ja schon Kaiser Wilhelm I. auf seinen Reisen nach Gastein alljährlich mit besuchte, gedenkt sein kaiserlicher Enkel einige Tag« inmitten der badischen Herrscherfomilie zu verweilen und auch an der Feier des 77. Geburtstages der Kaiserin Augusta (30. September) theilzunehmen. Von der Mainau aus wird der Kriser einen Abstecher nach Friedrichs hafen unternehmen und den daselbst weilenden würt- tembergischen Majestäten seinen Besuch abstatten. Nach Beendigung des Aufenthaltes auf Mainau erfolgt die Weiterreise nach wr bayrischen Hauptstadt, woselbst Kaiser Wilhelm wahrscheinlich auf einen Tag der Gast des Prinz-Regenten Luitpold sein wird und am 4. Oktober trifft er in Wien ein. Ueber den Aufenthalt des deutschen Kaisers am Wiener Hofe sind noch die letzten Dispositionen abzuwarten; jedenfalls reist der Monarch alsdann direkt nach Nom weiter und wird der Besuch Kaiser W lhelms II. in der ewigen Stadt, woselbst er am II. Oktober eintreffen soll, nicht nnr den Endpunkt, sondern auch den Glanzpunkt der ganzen Reise bilden. Dieselbe zerfällt sonach äußerlich in drei leicht zu unterscheidende Abschnitte, in den Besuch Kaiser Wilhelms an den süddeutschen Höfen, in den Aufenthalt am Wiener Hofe und in den Besuch Noms. Das Erscheinen des Kaisers als Gast in den Herrscher familien Badens, Württembergs und Bayerns bekundet, daß auch der jetzige Herrscher auf Deutschlands Kaiser throne zu den Bundesfürsten und speziell zu denen Süddeutschlands dieselben persönlich freundschaftlichen und herzlichen Beziehungen zu unterhalten gedenkt, wie sie schon unter seinen beiden erlauchten Vorgängern obwalteten, während hierdurch zugleich die unvermeid lichen Forderungen der höflichen Etikette erfüllt wer den. Denselben persönlichen Charakter zeigt allerdings sür's Erste auch die Begegnung Kaiser Wilhelms mit dem österreichischen Kaiser, dem langjährigen treuen Freunde von Deutfchlands beiden ersten Kaisern, aber doch trägt auch die bevorstehende Anwesenheit Kaiser Wilhelms in der Hauptstadt Oesterreichs zugleich ihr unverkennbares politisches Gepräge im Sinne der un verbrüchlichen Fortdauer des engen Bündnisses zwischen Deutschland und Oesterreich. In noch hervorragenderer Weise aber markirt sich die politische Bedeutung des Besuches, den der deutsche Kaiser am italienischen Königshofe abstatten wird, denn durch dieses Ereigniß wird der ganzen Welt aufs Neue das herrliche Freund- schastSband, welches Deutschland und den Apenninen staat zum Wohle Europas mit unverminderter Kraft umschließt, gezeigt. Mit innigster Genugthuung wer den darum in den Tagen dieses Kaiserbesuches in Äom die Augen aller Friedensfreunde auf die Eieben hügelstadt gerichtet sein und der bedeutungsvolle Augen Ztr. verkauftes Wolfram-Stufferz 19140 M., für ver kaufte ca. 20 Ztr. Zinn 2143 M. gelöst. Der Erlöß aus verkauftem Zinn betrug aber bei den beiden Alten berger Gruben im I. 1887 161,193 M., für Wismut 8415 M. Der — übrigens sehr unwahrscheinliche — Wegfall des Absatzes des Zinnwalder Wolframs würde auch dort den Bergbau nicht zum Erliegen bringen, da sowohl hier wie dort das Gebirge noch reich an Zwitter d. h. Zinnsteinerz ist. Der Wolfram wird nicht systematisch „abgebaut", sondern aus anderen Ge steinen „ausgekuttet", d. h. ausgesucht und ausaeschla- gen als Nebenprodukt; einen Bergbau bloß auf Wolf ram giebt es gar nicht." — Mit Freuden bringen wir diese Aufklärung zur Kenntniß unserer Leser. — Im Monat August ist innerhalb der AmtS- hauptmannschaft Dippoldiswalde von ansteckenden Thierkrankheiten nur der Milzbrand in je einem Gehöfte von Reinhardtsgrimma, wo 14 Rinder, in Nassau, wo 1 Rind, in Hartmannsdorf, wo 19 Rin der gefährdet waren, aufgetreten. Ueberall erkrankte je 1 Stück; während das in Hartmannsdorf erkrankte vom Besitzer selbst getöotet wurde, verendeten die an deren beiden. Reichstädt. Die Mutter des in einem Teiche gefundenen Kindes ist in der Person einer Dienstmagd Zönnchen entdeckt worden und hat sie auch bereits ihr Verbrechen eingestanden. (Bei der Vernehmung er klärte sie auch, daß es ihr bei der Strafe auf ein paar Mark nicht ankäme!!) Die ärztliche Untersuchung des Leichnams hat ergeben, daß das Kind bei der Geburt gelebt hat, wenn auch noch nicht völlig aus getragen war. Altenberg, 16. Septbr. Heute Vormittag, kurz nach '/,I1 Uhr, ertönten plötzlich die Sturmsignale und verkündeten Großfeuer. Es brannte das alte am Fuße des Geisingberges gelegene, zu unserer Stadt gehörige, sogenannte Büttner'sche Vorwerk und obgleich rasch Hilfe herbeieilte, brannte dasselbe binnen ganz kurzer Zeit (circa Stunde) fast bis zu einem Trümmerhaufen nieder. Gerettet konnte der hölzernen Bauart halber, welche dem Feuer reichlich Nahrung bot, fast gar nichts werden, und es sind außer vielen Möbeln, Betten, Wäsche und baarem Gelbe, nament lich viel Heuvorräthe verbrannt. Die Entstehungs ursache ist zur Zeit unbekannt. Der Besitzer, Herr Oskar Kämpfe, war bei Ausbruch des Feuers in Dippoldiswalde. Ein Mann der hiesigen freiwilligen Feuerwehr erlitt beim Ablöschen eine Verletzung. Von auswärts war die freiwillige Feuerwehr aus Geising mit Spritze erschienen. * Pretzschendorf. Am Mittag des 15. Septbr. ertrank in dem Wassertroge im Seitengebäude des Gartennahrungsbesitzers und Maurers Friedrich Ernst Geißler hier dessen gegen 2 Jahre altes Töchterchen. "kD Kreischa. Auch bei uns weht der Wind nunmehr wieder über die Stoppeln, denn der Ernte segen ist glücklich eingeheimst in die Scheuern. Wenn auch die Zahl der Schock geringer ist als im Vorjahre, so gleicht sich dieser Nachtheil doch dadurch aus, daß die Körner mehlreicher sind. Was die Obsternte an langt, so ist der Ertrag an Pflaumen und Birnen als ein besonders guter zu bezeichnen. Weniger günstig, doch immerhin noch gut, sind die Aepsel ge diehen, zwar auf manchem Baume ist alles Suchen nach einer Frucht vergebens. Selbst der Wein, der in unserem Thals noch ««gebaut wird, verspricht eine einträgliche Lese. — Die Erntepredigt fand, wie schon erwähnt, Vormittags 9 Uhr statt. Den Text, wel cher derselben zu Grunde gelegt wurde, bildete das bekannte Tischgebet aus dem 145. Psalm: „Aller Augen warten aus Dich rc.", welches uns ausfordert, dem Herrn am Erntedankfeste Lob und Ehre zu er weisen. Denn er hat 1. unser Warten gekrönt, 2. seine Fürsorge für unsere Erhaltung ferner kund gethan, 3. uys einen neuen Antrieb zur ferneren Zu- WHmh -MtW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhllt in Dippoldiswalde. bedeutenden Auflage det Blattes ein, sehr wirk same Verbreitung finde», »erden mit 10 Pm- di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coniplicirt« Inserate mit entsprechen den, Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil» „Wei-erttz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. -5 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Psg. 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