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Dresdner Journal : 16.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870716
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870716
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-16
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 16.07.1887
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W1«2. Sonnabend, de» IS. Juli, abend». l« x—,« L«ivk»! iLtlrliot»: .... 18 ^^Lkrliok: 4 S0 kk. Lio»elo« ^uiQillorv: 10 ?k. Lo»»«rI»»Id ä« ä«vt»ek«i» Lviek«, tritt ko«t- ll»ä 8t«lop«I»ri»ctdI»8 tlimu. 4okki»Älif«u»M>8«dkIir»i> r 1'ür äsn k»uiu «insr 2oils ^Isiosr 8ckrikt SO kk. Vvtor „Lu»^»«»oät" äi« 2eU« 60 kk. Ü«i Ubsltso- Lnä 2:8srv»st« sotipr. ^uksobt»^. Lr»ek«li>»i> r ^t^Uot» mit ^ai»»tuiis 6er 8om»- lm6 ?«i«rt»L» »deuä^ kerusprsok-^osolli»«: t^r. 12SL. Vres-nerIMMl. Für di« G«samtleittm- veranttvsrtlichr Gtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. 1887 L»»»«»« v», 4^^«,-!««««« »»^rLrt», L«tp«i,: F>. Lra-iillMsr, vommimiooLr äs« vrmüimr ^»«riml»; L-mdv, - I«U» -Ml— - >—l »m«I»> »r— «. ».: «4 ^o^«r, I«ril»-Mt«»-L»»d«r, rr»^- rr»Llck«rt «. ».-INlL«^«»: Sto««,' 7«rt« L«4»» -L«rU» -1>»Ltä»r4 «. N - atsttxvt: <4 Oo., L«rU»: t,' SSrUt»: S. ^k«ltt«r« L—L«^«r! o So^»r«i«r,- L«u« «. I : /. L«-ot «4 Oo. S«r»»iU»d«r r Lvsisl. 8vp«Utio» ä— vr—äs« ^oorrml», vr—ä«», ^Hrio^sritr. HS. ksrniprook-^imokl—- Ur. l»b tliMamtlichrr Teil. Telegraphische Wachrichten. Wien, 15. Juli, abends. (W. T. B.) Der Wortlaut der Antwort, welche Prinz Ferdinand von Coburg auf die Überreichung der Wahlakte erteilte, ist folgender: „Dankbar empfange ich die Akte, ich bleibe treu den Versprechungen und Beschlüssen, welche ich der bulgarischen Nation am ersten Lag bekannt gegeben habe. Wäre mir ge stattet, dem Impulse meines Herzens zu folgen, so würde ich in Ihre Mitte eilen, allem der ge wählte Fürst von Bulgarien muß die Verträge achten. Diese Achtung wird die Kraft seiner Re gierung sein und die Größe und die Wohlfahrt der bulgarischen Nation sichern. Ich hoffe, eS wird unS gelingen, daS Vertrauen der Pforte zu rechtfertigen, die Sympathien Rußlands, welchem Bulgarien seine politische Emanzipation verdankt, demnach große Dankbarkeit schuldet, mit der Zeit wieder zu erringen und die Zustimmung aller Mächte zu erlangen. Rechnen Sie auf mich und auf meine Ergebenheit, von welcher ich Ihnen einen Beweis geben zu können hoffe, wenn ich den Moment dazu für gekommen erachten werde. Mut, Klugheit, patriotischeEinigung! Gott segne Bulgarien und gewähre ihm eine glänzende Zukunft!" Bei dem Diner brachte der Prinz fol- genden Toast auS: „Ich bin entzückt, Sie im Schlosse meiner Vorfahren zu empfangen, ich trinke auf Ihre Gesundheit, aus daS Wohl der edlen bulgarischen Nation, deren Vertreter ich glücklich und stolz bin, hier zu sehen." Wien, 1k. Juli. (Tel.d.DreSdn.Journ.) Einer Meldung in den Blättern zufolge beabsichtigt Prinz Ferdinand von Coburg-Gotha, sich in den nächsten Tagen nach dem Kaiser!. Hoflager in Ischl und sodann nach St Petersburg zu be geben. London, 15. Juli, abendS. (W. T. B.) DaS Oberhaus hat die irische StrafrechtSbill bei der Einzelberatung in der Fassung des Unterhauses erledigt. Dresden, 16. Juli. Die Pariser Nationalfeier. DaS Fest des 14. Juli, welches zu einer Kund gebung der radikalen und radikalsten Demokratie sich gestalten sollte, „wie sie Paris noch nicht gesehen" und welchem daher die große Mehrheit der ruhigen Bürger Frankreichs und die Regierung mit unver kennbarer Beklemmung, das Ausland mit ungemeiner Spannung entgensah, ist in bemerkenswerter Ruhe verlaufen. Dank den energischen Mahnungen, welche die deusche Presse an ihre Landsleute in Frankreich richtete, sich größter Zurückhaltung zu befleißigen, dank der vernünftigen Haltung der Deutschen ist vor allem nach den jetzt vorliegenden Nachrichten kein Fall der Mißhandlung oder Beschimpfung eines Deutschen zu verzeichnen. Dies ist entschieden für uns in erster Linie erfreulich. Fernerhin aber ist es nur mit Freude zu begrüßen, daß auch die Stimmung der Bevölkerung gegenüber der Regierung, gegenüber Grvvy, Rouvier und Ferron eine freundlichere war, als selbst der größte Optimist zu hoffen gewagt hätte. Natürlich haben eS sich einzelne „begeisterte Patrioten" nicht nehmen lassen, an der Spitze wohlorganisierter Pöbelhaufen, die ja zu solchen Zwecken in Paris stets leicht zu haben sind, dem Oberhaupte der franzö- st scheu Republik und seinen Ministern ihr „L btw Feuilleton. Lelia Rubien. Bon H. Selker-Iordan. (Fortsetzung.) ES mußte doch wohl ein furchtbarer Sturm ge wesen sein, dem sie getrotzt, denn die kleine Lelia war innerlich so gereist und gewachsen, daß selbst ihre »er liche Elfengestalt dadurch größer und majestätischer erschien. Wenn sie sonst, wie ein harmloses Kind, bei allem, was sie that, von ihrem Gefühle geleitet wurde, so machte sie jetzt den zweifellosen Eindruck, daß sie erst erwägen würde und dann handeln. Sie hatte etwas Bestimmtes in ihrem Auftreten, eine Energie sogar in der Art, wie sie ihren Kopf trug, und die war anerzogeu, denn sie widersprach den weichen, reizvollen Linien ihres Gesichts. Welche Kämpfe mögen durch ihre junge Seele gezogen sein? fragte sich Velten. Der Tod des Gatten? Er giebt dem gebrochenen Frauenherzen keinen Mut und keine Energie. Der Verlust des Gelder? Der konnte keinen sol chen Einfluß auf sie haben. Aber was? Melanie begrüßte eben im Nebenzimmer die neu angekommenen Gäste, und Velten stand auf und näherte sich den beiden Damen. „Sind Sie diese Jahre immer in Hamburg ge wesen, gnädige Frau,- fragte er Lelia, während er seine Augen auf ihrem glänzend schwarzen Haar ruhen ließ, welches in einfachen schweren Flechten im Nacken lag. Or«v^, L da» Rouvier, ll. wisswo" entgegenzubrüllen, aber überall sind dieselben bald von den vernünf tigeren Elementen niedergeschrieen worden, so daß sich jedenfalls eine nur annähernd so „großartige" Scene wie am 8. d. MtS. auf dem Lyoner Bahnhof nicht entwickelte, ja daß sich diese feindlichen Demonstrationen vielfach in Ovationen für die gegenwärtigen Leiter des StaateS umkehrten. „ES ist kein Zweifel" — bemerkt das Wiener „Frdbl." — „daß der Festigkeit des Mini steriums, welches auf die Gefahr hin, reaktionär ge scholten zu werden, die ernstesten Vorsichtsmaßregeln ergriffen hat, ein großer Teil des Verdienstes zuzu schreiben ist. Das Ministerium hat von vornherein den Glauben zerstört, daß unter der Republik dem Pöbel alles erlaubt sei und der Pöbel hat eS sich ge sagt sein lassen Der Pöbel in der Blouse, dem der Haß gegen alle Ordnung täglich aufs Neue in seinem Zeitungsblatte eingeflößt wird, das er neben dem Ab fintglase liest, so gut wie der wohlgekleidete Pöbel, der mit demRohrstock den Takt zurBoulangerhymne mit derselben Lust schlägt, wie den Taft zum neuesten Couplet, haben eine feste Hand gefühlt und sich Zurückhaltung auferlegt. Die Regierung kann sich diesen Tag in ihr Guthaben schreiben, und Paris, in dem ja die Unruhestifter schließlich nur eine Minderheit sind, die Republik und alle Freunde des Friedens sind ihr zu Dank verpflichtet. Welche Gefahren es für die Hauptstadt selbst mit sich brächte, wenn die Gewalt nicht mehr den Gesetzen ge hören würde, sondern den Launen einer von einem Witzling geleiteten Menge, braucht nicht erst ausgemalt zu werden. Wie bedenklich es für die gegenwärtige Staatsform wäre, wenn sie in den traurigen Ruf ge riete, ohnmächtig gegenüber den Ausschreitungen einer solchen Menge zu sein, liegt auf der Hand. Und wer vermag zu sagen, wo diese Ausschreitungen Halt machen! Die Regierung eines großen Landes hat gleichsam den ÄolSschlauch neben sich liegen, den sie sorgfältig geschlossen hält; der Pöbel, der zur Macht gelangt, kann ihn öffnen, auS frevelhafter Lust oder aus blindem Versehen, und kann die verhängnisvollsten Stürme entfesseln. In letzter Stunde erst scheinen die Führer der Lärmbewegung zur Besinnung gekommen zu sein und beschlossen zu haben, auch mit den „legalen" Miß achtungsbezeigungen den Präsidenten Grevy zu ver schonen. Sie hatten lange nicht daran gedacht, in welchem Gegensätze die Beleidigung des Oberhauptes dek.Ltevuhlik zu der Feier des Geburtstages der Re publik stehen würde, die sie heute begehen. Am 14. Juli so unmittelbar einen General gegen den Präsiden ten ausspielen, das wäre denn doch auch für das Ge fühl der Männer vom „Jntransigeant" und der „Lan- lerne" zu weit gegangen, zum Mindesten scheinen sie sich bewußt geworden zu sein, daß sie damit in der Volksmasse in der Minorität geblieben wären. ES fall damit nicht gesagt sein, daß sie nun auch für immer von ihrer Minierarbeit abstehen werden, aber für diesmal haben sie doch selbst die Empfindung, nicht stark genug zu sein, um sich mit voller Rücksichts losigkeit vorwagen zu können. Die Intransigenten behaupten, sie seien getäuscht worden und die Republik bestände noch nicht, man habe nicht daS Recht, sie als etwas Gegenwärtiges zu feiern, man müsse sie erst er ringen. In Wahrheit sind sie es selbst, die sich ge täuscht haben. Sie hatten nicht gewußt, daß diefran- zösische Republik im gesunden Zustande ein in gewissem Sinne konservatives Staatswesen ist, daß sie, auf dem allgemeinen Stimmrechte beruhend, auf diesen neun oder zehn Millionen Füßen sich nur langsam fort bewegen kann. Sie hatten nicht gewußt, daß ein Peter der Große mehr und rascher Umstür zen kann, als eine Regierung, die aus der zähen Menge sparsamer, ruheliebender französi scher Bourgeois und Ackerbauer hervorgeht. Die Republik, die sie sich gedacht hatten, war eine von einer Handvoll von Revolutionären zu dirigierende, wie die von 1793, war eine Despotie von Phantasten. Sie sind ja auch schon glücklich auf dem Wege nach ihrem Ideal bei dem Gedanken der Diktatur, und zwar der eines Soldaten angelangt j sie haben damit dar der gegenwärtigen StaatSform innerlich feindliche Ziel enthüllt, dem sie nachstreben, und manchem schlich ten Manne, der ihnen gläubig bis hierher gefolgt war, mag bei dieser Enthüllung angst und bange ge worden sein. Die Bevölkerung hat eben in ihrer große« Mehrheit Takt genug gezeigt, um sich nicht zu Kundgebungen gegen ihre gesetzlichen Vertreter hin- reiße« zu lassen. Sie war respektvoll für die Re gierung, enthusiastisch für die Armee Welcher Hin tergedanke aus d«u Grunde dieses Enthusiasmus bei einem Teile der Manifestanten ruhen mag, ist freilich nur allzuklar. Die Hoffnung auf Revanche ist ja leider wieder verbreiteter als seit langer Zeit, sie wird ja nicht nur von den Beruf-Patrioten der Liga, fon oern neuesten» auch von den Führern der Skandal opposition genährt, die an jede Leidenschaft appellieren, um die gemäßigte Regierung verhaßt zu machen. Wenn die Macht der Vernünftigen sich befestigt, dann befestigt sich auch der Friede; wenn die Ordnung und der ruhige Fortschritt die Angriffe, welche auf sie unternommen werden, zurückweifen, dann ist auch die Ruhe des Nachbars gesichert Das Eine wirkt auf das Andere". Lagesgeschichte. Dre-den, 16. Juli. Das heute hier eingetroffene 2b. Stück des Reichs-Gesetzblattes vom Jahre 1887 enthält lediglich: Nr. 1735) Gesetz vom 11. Juli d. I., die Unfallversicherung der bei Bauten beschäf tigten Personen betreffend. * Berlin, 15. Juli. Nach einer Mitteilung des Reichsmarschallamtes wird Se. Majestät der Kaiser, wenn sein gegenwärtiges Wohlbefinden anhält, zur Reise nach Gastein die Arlbergtour wählen, dann wahrscheinlich in Innsbruck für eine Nachtruhe die Fahrt unterbrechen und in Gastein am 19. Juli ein treffen. Eine Begegnung mit dem Kaiser Franz Josef ist sicher, doch ist der Tag noch nicht bestimmt. Der „Post" aus London zugehende Nachrichten be stätigen die im Befinden Sr. Kaiferl. und Königl. Hoheit des Kronprinzen eingetretene hocherfreuliche Besserung und geben der Hoffnung genügenden An halt, daß die jetzige Behandlung de- Leiden- des hohen Herrn zur völligen Genesung führen wird. Die Mitteilung der „Ostfee-Ztg.", daß der Stapel- lauf der Kornette Ersatz-„Elisabeth" am 23. d. MtS. stattfinden »erde, bestätigt sich. Prinz Hein rich trifft am 22. d. MtS. in Stettin ein. Am fol genden Tage begiebt sich der Prinz zum Stapellauf nach der Werft des , Vulkan" und nimmt später an einem Festessen teil. Der Prinz Devawongse von Siam ist milden bereits bekannten Herren seines Gefolges sowie seinen vier Neffen, von Stockholm zurückkehrend, gestern abend hier eingetroffen. Nach seiner Ankunft empfing er den Besuch de- Staatssekretärs des auswärtigen Amts, Grasen Herbert v. Bismarck. Wie die „Post" hört, findet die diesjährige große GeneralstabSreise im Westen des Reiches unter Leitung deS GeneralquartiermeisterS der Armee und Generaladjutanten Sr. Majestät, GenerallieutenantS Grafen v. Waldersee, Ende dieses Monats statt. Der mehrtägige Aufenthalt de» russischen Staats rat» Grafen Schuwaloff hier, der auf der Rückreise von Nizza nach St. Petersburg begriffen war, hat Anlaß zu verwunderlichsten Kombinationen über internationale Politik gegeben. Eine hiesige Korrespondenz deutet in geheimnisvoller Weise an, daß die Ankunft deS Reichs kanzlers Fürsten Bismarck mit dem Aufenhalte de» Grafen Schuwaloff zusammengetroffen sei, welch' letzterer von den politischen Konjekturanten hartnäckig mit dem früheren russischen Botschafter in London und Bevoll mächtigten Rußlands beim Berliner Kongresse ver wechselt wird. Wie die „N. Pr. Ztg." vernimmt, hat jedoch der russische Staatsrat gar keine politische Auf gabe gehabt; er hat weder den Fürsten Bismarck noch sonst eine politisch einflußreiche Persönlichkeit besucht. Die Grundlage, auf der alle die an den Fürsten Bismarck und den Grafen Schuwaloff geknüpften poli tischen Auseinandersetzungen beruhen, ist recht deutlich ersichtlich aus der an einige Zeitungen gelangten Mel dung, der Reichskanzler werde den Verlauf des 14. Juli in Frankreich hier abwarten, während Fürst Bismarck bereits am Morgen deS 14. Juli um 8 Uhr nach Varzin abgereist ist. ES mag hierbei darin erinnert werden, daß der Reichskanzler regelmäßig beim Wechsel seines Sommeraufenthaltes einige Tage hier zu ver weilen pflegt. DaS war auch diesmal der Fall, und zwar war der Aufenthalt ein verhältnismäßig kurzer, da offenbar keine wichtigen inneren Fragen für die nächste Parlamentsperiode zu erledigen waren, wie es häufig um diese Zeit geschah. Auch war bekanntlich die Mehr zahl der Minister, darunter der Vizepräsident des StaatsministeriumS, nicht hier anwesend. Wie die „Kölnische Zeitung" aus sicherer Quelle vernimmt, wird daS Reichsbankdirektorium in seiner nächsten Sitzung die Frage in Bettacht zu ziehen haben, inwieweit die bisherigen Bedingungen für die Beleihung ausländischer, insbesonderer rus sischer Werte der jetzigen Sachlage entsprechen. * Straßburg, 15. Juli. In einer auf gestern anberaumten Mitgliederverfammlung hat der „Straß burger Wahlverein" nach langer Debatte beschlossen, die Kandidatur des Rechtsanwalts l)r. Petri nicht zu unterstützen, sondern den Feldmarschall Grafen Moltke als Zählkandidaten aufzustellen. Hierzu bemerkt mit Recht die „Straßb Post": „Wir billigen diesen Beschluß nicht. Bei einer Reichstagswahl haben auf unabseh bare Zeit hinaus sowohl Wahlenthaltung, als Aus stellung einer altdeutschen Kandidatur nur den Wert von Kundgebungen. Zu praktischen Ergebnissen kann allein die Bereinigung mit dem deutschfreundlichem und versöhnlichen eingeborenen Element führen. Die Altdeutschen lassen sich jetzt ebenso von ihrer Stim mung, oder besser gesagt Verstimmung, beherrschen, wie früher manchmal die Altelfässer. Mtt Stimmungen aber macht man keine praktische Politikl" München, 14. Juli. Nach den Informationen der „Augsb. Abztg." ist der Tag der Einberufung des Landtags noch nicht positiv festgestellt, keines- falls aber wird die Berufung des Landtages schon auf den 1. September erfolgen, wie das in der Presst mehrfach angekündigt worden ist. Der Landtag wird vielmehr voraussichtlich gegen die Mitte des Monats September einberufen. Es besteht allerdings die Ab sicht, gleichzeitig mit der Vorlage über den Anschluß Bayerns an die Reichsbranntweinsteuergemeinschaft dem Landtag auch das Budget pro 1887/88 vorzulegen, da der Abschluß des Budgets mit ein wesentliches Motiv für die Annahme der Branntweinsteuervorlage bilden würde, wie denn überhaupt diese beiden Vor lagen in engstem Zusammenhang miteinander stehen. Wenn auch die finanziellen Ergebnisse der letzten Jahre mit Recht als günstige bezeichnet werden kön nen, insofern sich in den drei letzten Jahren gegen über dem Budgetvoranschlag namentlich gegenüber dem früheren Stand der bayerischen Finanzen erheb liche Überschüsse ergeben haben, so würden diese Überschüsse doch nicht hinreichen, um die gesteigerten Mattikularbeittäge zu decken, und noch viel weniger, „Immer," sagte sie lächelnd, als ob nie eine Wolke ihren Himmel getrübt, „ich habe mancherlei zu ordnen und zu regeln gehabt." ,Ha, leider ist eine schwere Zeit über Sie hinge gangen." „Gewiß. Ich war sonst hier zu Hause, wo ich jetzt nur zu Gaste bin. Aber die oberen Räume sind groß genug für mich und meine Bedürfnisse, und," setzte sie, als habe sie schon zu viel gesagt, hinzu, „eS ist still und behaglich darin." „Leben Sie ganz allein mit Ihrer Kleinen?" „Die Tante ist bei mir geblieben, ich weiß nicht ob Sie sich ihrer erinnern?" „O gewiß, eine kluge, angenehme Frau, sie liebt eS, um lO Uhr zu Bett zu gehen und war deshalb manchen Neckereien von den Freunden Ihres Hauses ausgesetzt." „Ach, dessen erinnern Sie sich noch", sagte Lelia lächelnd, „die gute Tante, sie ist körperlich zart und dabei, wie das ost bei lange einsam gewesenen Damen der Fall ist, ein wenig Sklavin ihrer Gewohnheiten geworden." Eine jähe Röte zog jetzt über da- bleiche Gesicht der jungen Frau. Melanie war mit ihren Gästen eingetreten, und indem sie Frau v. Labinoff und deren Sohn vorstellte, trafen Lelia- Auaen die de- jungen Mannes, den sie schon einmal gesehen — und zwar im Redaktionszimmer Dr. Lassen-. An seinem unbefangenen Gesicht bemerkte sie, daß er sie nicht erkannte — sie war ja auch damals so dicht verschleiert gewesen — und mit wiedergewonnener Ruhe begrüßte sie daher die Dame, die ihr einen an genehmen Eindruck machte. Da Melanie eS immer so zu arrangieren wußte, daß Frau Rubien möglichst fern von den Herren zu sitzen kam, die ihr selbst angenehm waren, so setzte sie dieselbe zwischen Frau v. Labinoff und Herrn Richter, womit sie Lelia im Hinblick auf die neue Bekannt schaft einen Gefallen that. „Nord und Süd", fagte sie mit einer graziösen Bewegung der Hand — „Frau v. Labinoff, gebürtig auS Rußland, und Frau Rubien au» den Antillen, ich denke mir, e» muh den beiden Damen interessant sein, sich näher kennen zu lernen." Sie selbst, die immer nach neuem lechzte, hatte sich zwischen Baron v. Velten und Herrn v. Labinoff gesetzt und ihrem Mann, wie e» der Anstand erfor derte, die andere Seite von Frau v. Labinoff über lassen. Carla besorgte den Thee, weil Melanie, wie sie sagte, e» so behaglich fand, möglichst wenig die Diener im Zimmer zu haben. „Sie müssen heute schon mit einem Familienthee vorlieb nehmen, gnädige Frau", wandte sie sich liebens würdig an Frau v. Labinoff, „aber Sie haben mir ja auch gesagt, daß Sie große Gesellschaften nicht lieben." „Nein, sie sind nicht besonder» nach meinem Ge schmack", sagte die Dame mit ausgeprägt russischem Accent, „aber mehr noch vermeide ich sie, weil wir beide, mein Sohn sowohl wie ich, zu ernsten Zwecken im AuSlande sind, ich um meine Gesundheit zu pflegen und Gregor zur Erweiterung seiner Studien. Sie wissen, liebe Frau Andersen, da darf man der Nacht nicht zuviel vom Schlafe rauben." Melanie lächelte zustimmend und warf einen flüch tigen Blick auf Gregor, dessen Augen wie gebannt an LeliaS fremdartiger Schönheit hafteten. „Haben Sie ein besondere» Fach zu Ihrem Stu dium gewählt, Herr v. Labinoff?" fragte Velten. Labinoff errötete und sah scheu zu Herrn Richter hinüber, der aber den jungen Mann im GesrllschaftS- anzuge zu dessen Freude nicht zu kennen schien. „Ich habe in Dorpat eigentlich allerlei studiert", sagte er, „denn da ich wohl doch mit der Zeit mich bequemen muß, unser Gut selbst zu bewirtschaften, fo darf ich wenigsten» jetzt an meiner allgemeinen Bil dung arbeiten." „Mein Sohn liebt die Landwirtschaft nicht", er gänzte Frau v. Labinoff sanft, „aber ich denke, wenn er erst noch einige Jahre die Welt recht kennen ge lernt und genossen hat, zieht er sich gern in sein Eigen tum zurück." „So ein eigenes Gut, an dessen Boden die Er innerungen von Ur-Ureltern haften, muß eine wunder bare Poesie haben", sagte Lelia, indem sie ihre großen Augen verständnisvoll auf Gregor richtete. „Poesie, ja, in gewißem Sinne", antwortete er, „aber man ist so fern von allem, was Kunst und Wissenschaft bietet, und mich gelüstet auch — ich ge stehe eS ganz offen —, mich erst selbst von dem Wert der Dinge zu überzeugen, die außer meiner Heimat liegen." „Sie sind ja auch noch so jung, wie sollten Sie die Vorzüge einer engen Heimat schon zu schätzen ver stehen?" „Jung? DaS Verständnis bedingen nicht die Jahre, denn ich wette, gnädige Frau, daß ich älter bin, als Sie selbst, die Sie gewiß so viel weiser und vernünf tiger sind."
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