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MeWH-Mmg Verantwortlicher Nedacteur: Cärl Ichnc in Dippoldiswalde. Nr. W2. Sonnabend, den 1. Septenlber 1883. 48. Jahrgang. Amtsblatt für die Königliche Amtsljauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträlhe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Psg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarisch« und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im revaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Psg. Dl« „Weißerttz. Zeitung" «-scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Lb Psg-, zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. - Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Zum 2. September. Nicht eitele Ruhmsucht und Siegeslust sind es, welche nun wiederum unser Volk veranlassen, den glorreichen 2. September, wo Deutschlands geeinigte Macht über einen gefährlichen Widersacher siegte, festlich zu begehen, sondern es sind lediglich die erhabenen Gefühle nationaler Freude und Dankes, welche am Jahres tage der Schlacht von Sedan zum Ausdrucke kommen. „Die geeinigten deutschen Fürsten und Völker, für ihr gutes Recht kämpfend, sind unbesiegbar; der deutschen Einheit, dem langentbehrten höchsten politischen Gute steht kein feindseliges Nachbarvolk hemmend mehr entgegen!" Dies ist die Freudenbotschaft,' welche die Schlacht von Sedan brachte, und die von ihr verkündeten Errungenschaften sind wohl werth, an einem Tage des Jahres gefeiert und den nachwachsenden Ge schlechtern nicht nur als Freudenbotschaft, sondern auch als Mahnung überliefert zu werden. Jeder Deutsche, mag er nun Preuße, Bayer, Sachse, Württemberger, Badenser oder Hesse sein, oder mag er einer politischen Partei angehören, welcher er will, muß wissen, daß eine große Frage, Deutschlands Einheit, Macht und Größe, ja unseres Vaterlandes Kulturmission, alle Stammesgenossen einig und stark zusammen finden muß. Und sind zur Zeit diese edelsten Schätze unseres Vaterlandes auch nicht gefährdet, leben wir auch im sicheren Frieden, so gemahnt uns doch die Vorsicht und die Wandelbarkeit aller weltlichen Dinge daran, daß unsere Nation doch noch einer neuen Prüfung entgegengehen und die bittere Noth- wendigkeit noch einmal an uns herantreten kann, für des Vaterlandes Einheit und Freiheit das Schwert ziehen zu müssen. Mit dem Freudenfeste über das Errungene soll sich daher auch eine edle Hingebung und Begeisterung für des Reiches Größe und Einheit paaren und in den nachfolgenden Geschlechtern wach erhalten werden, damit auch sie stets wissen, was sie im Nothfalle dem Vaterlande schuldig sind. Denn abgesehen von den älteren Mitgliedern unseres Offizierkorps, sind die Helden der glorreichen Schlachten aus dem Kriege 1870—71 wegen vor gerückten Alters nun fast sammt und sonders aus dem Verbände des Heeres ge schieden, und Linie und Landwehr repräsentiren ein neues Geschlecht, von dem das Vaterland in der Gefahr gleiche Thaten erwartet. Mag daher am National feste des 2. September das neue Geschlecht sich jene Helden zum Vorbilde nehmen, welche einst mit so unerschütterlichem Todesmuthe für das Wohl des Vaterlandes eintraten. Auch soll es ein Theil der Feier des Sedanfestes sein, jener Helden, sowohl Derer, die noch unter uns leben, als auch Derer, welche den Heldentod gestorben sind, mit rührender Anerkennung zu gedenken; denn Dank, unvergeßlichen Dank ist Deutschland seinen Kriegern schuldig, welche in den großen Jahren 1870—71 das opfervolle Werk, dessen Gedächtniß wir am 2. September wiederum begehen, mit bewunderungswürdiger Tapferkeit vollbracht haben. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ist aus seiner Sommer-Residenz Babelsberg bei Potsdam wieder nach dem Berliner Residenzschlosse übergesiedelt, ivo er bis zum Beginn der großen Herbst-Manöver in der Provinz Sachsen und bei Homburg v. d. H. verbleiben wird. Zu Letzteren gedenkt sich der allerhöchste Kriegs herr in Begleitung eines außerordentlich glänzenden Gefolges zu begeben, in dem von Fürstlichkeiten außer dem deutschen Kronprinzen und den Prinzen Friedrich Earl und Albrecht von Preußen auch der Großherzog von Weimar, die Herzöge von Coburg, von Anhalt und von Altenbnrg, die Fürsten von Schwarzburg- Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen, sowie die beiden regierenden Fürsten von Neuß sich befinden werden; außerdem werden 31 fremdherrliche Offiziere in der kaiserlichen Suite zngegen sein. — Der Reichs kanzler Fürst Bismarck empfing am Montag in Kissingen den Besuch der bayerischen Minister von Lutz und von Crailsheim und zog dieselben später zur Tafel. Ueber die Gründe dieses Besuches ist noch nichts Nä heres bekannt, doch ist kaum zu bezweifeln, daß der selbe mit irgendwelchen politische» Fragen zusammen hängt, da sich beide Herren eigens von München nach Kissingen begaben. Ueber die Nachkur des Kanzlers in Gastein und seine Zusammenkunft mit dem öster reichischen Minister des Auswärtigen, Grafen Kalnoky wird unterm 30. August aus Kissingen gemeldet, daß Fürst Bismarck nebst Gemahlin und Sohn am Abend des 2S. August nach Gastein abgereist ist. Oesterreich-Ungarn. In der östlichen Hälfte der österreichisch-ungarischen Monarchie haben die kroatische Frage und die Judenfrage den Anlaß zu sich immer bedenklicher gestaltenden Unruhen gegeben. In Kro atien hat sich die nationale, gegen das Magyarenthum gerichtete Bewegung aus den Städten auf das platte Land fortgepflanzt. Auf die antiniagyarischen Aus schreitungen der Bauern im Zagoriengebirge, einem Höhenzuge einige Stunden nördlich von Agratn, sind neuerliche Unruhen inOberstubieza gefolgt; hier wurden ebenfalls die ungarischen Wappenschilder von den Ta bakstrafiken herabgeriffen und der Gemeindenotar, der Geistliche und der Lehrer zu der Erklärung gezwungen, daß sie gute Kroaten und keine Magyaren seien. Gleichzeitig nimmt auch die antisemitische Bewegung in Ungarn einen immer bedrohlicheren Charakter an. In den Ortschaften Csugo, Groß-Magendorf, Gyekenyes, Zala-Egerszeg, Zalatoeroe rc. fänden antijüdische Ex zesse statt, bei denen Polizei und Militär, wie bei den Unruhen in Kroatien, einschpeiten mußte, und hier wie dort gab es bei diesem Anlaß Todte und Ver wundete. In verschiedenen Ortschaften ist bereits das Handrecht proklamirt worden und die Pester Negierung wird vielleicht noch zu ernsteren Maßregeln greifen müssen, wenn sie die antisemitischen und kroatischen Unruhstifter zu Paaren treiben will. — Die Beisetzung der Leiche des Grafen Chambord soll nächsten Montag, den 3. September, unter königlichen Ehren zu Görz erfolgen. Frankreich. Von den beiden Tagesfragen, die jetzt Frankreich bewegen: der Tod des Grafen Cham bord und der Krieg in Annam, treten die Ereignisse auf dem ostasiatischen Kriegsschauplätze immer mehr in den Vordergrund. Das Hinscheiden des Schattenkönigs von Frankreich ist ein Ereigniß, auf dessen Eintritt man ja auch in Frankreich längst vorbereitet war, und welches hier, mit Ausnahme der legitimistischen Kreise, keinerlei Bestürzung oder Beunruhigung hervorgerufen hat, zumal die Regierung des Herrn Grevy entschlossen ist, jeder größeren Kundgebung der französischen Roya listen sofort die Spitze zu bieten. Viel wichtiger er scheinen da die Nachrichten aus Tonkin, welche ent scheidende Dinge erwarten lassen. Die Niederlage» von Hanoi und Phukai haben die Franzosen durch die Einnahme der Forts von Hue wieder gut gemacht; Hue, die annamitische Hauptstadt, ist hierdurch den Franzosen in die Hand gegeben und haben dieselben auch bereits dem Kaiser Phüdac ihre Friedensbedin gungen gestellt, nämlich Zahlung einer Kriegsentschä digung, bis zu deren vollständigen Zahlung die Fran zosen die Forts von Hue besetzt halten wollen, Mit wirkung der anuamitischen Truppen im weiteren Kampfe gegen die „Schwarzen Flaggen" und Bestätigung des französischen Protektorats über Annam unter neuen erweiterten Garantien. Kaiser Phüdac wird wohl oder übel diese Bedingungen annehmen müssen, aber die bis jetzt so siegreich gewesenen „Schwarzen Flaggen" werden sich ihnen schwerlich fügen, sondern vielmehr den Krieg gegen die Franzosen ans eigene Faust fort- stthren. In Anbetracht dieser Eventualität werden in den nächsten Tagen ca. 1500 Mann Verstärkungen nach Tonkin abgehen; anch von Algier aus sollen einige Bataillone nach Tonkin abgesendet werden. Der das französische Geschwader in den indischen Ge wässern kommandirende Admiral Pierre wird durch Admiral Galiber ersetzt. England. In England ist durch den Schluß des Parlaments das politische Leben, sö weit es sich um die inneren Angelegenheiten handelt, auf ein Minimum reduzirt worden und das Kabinet Gladstone hat nun Muse, sich der auswärtigen Politik voll zu widmen. Dieselbe erfordert die Aufmerksamkeit des englischen Ministeriums in verschiedenen Fragen; in Ost-Asien wird sie durch die bevorstehende faktische Annexion von Tonkin, vielleicht auch anderer Theile von Annam, in Anspruch genommen, wobei England in Hinblick auf seine hinterindische Besitzungen mit interessirt erscheint. Auf Madagaskar dürfte die englisch-französische Riva lität durch den Tod der Königin Ranovalo Majonko H. in ein neues Stadium treten, in Süd-Afrika trifft der Zulukönig Cetewayo Anstalten, sich mit Waffengewalt wieder in den Besitz seines früheren Reiches zu setzen, wobei jedenfalls England wird interoeniren müssen, und endlich wird auch die Reorganisation der egyptischen Verhältnisse die englische Negierung jetzt mehr in An spruch nehmen. Spanien. König Alfonso, welcher am vorigen Sonntag von seiner Rundreise durch das nördliche Spanien nach Madrid zurückgekehrt ist, gedenkt in den nächsten Tagen nach Corunna abzureisen, um sich dort nach Havre einzuschiffen. Vielleicht dürfte aber diese Reise einen kurzen Aufschub erleiden, da nach Mel dungen des „Temps" in Madrid eine Ministerkrisis bevorsteht; Sagasta soll mit der Reorganisation des Kabinets beauftragt sein. Egypten. Der Würgengel der Cholera scheint endlich in Egypten genug seines grausigen Amtes ge waltet zu haben, da die Zahl der Cholerafälle täglich abnimmt. Die wegen der Cholera aus Kairo dislo- kirten englischen Truppen werden daher in diesen Tagen von den provisorischen Lagern von Elwerdan und Heluan nach der egyptischen Hauptstadt zurück kehren. Ferner sollen vom 1. September an die Eisenbahn-Verbindungen Kairos in demselben Maße wie vor Ausbruch der Cholera wieder hergestellt werden. Marokko. In Marokko ist ein nicht unbedenk licher Aufstand ausgebrochen; mehrere Berberstämme der Provinz Tilat haben den an der marokkanischen Grenze lagernden algerischen Jnsurgentenführer Bu- Amema zu ihrem Fürsten ausgerufen. Die Negierung von Marokko hat es daher vorgezogen, in dem Streit fall mit Italien uachzugeben und die italienischen Be dingungen anzunehmen. Tonkin. Nach mehrfachen Mißerfolgen während der letzten Monate haben die Franzosen endlich auf dem Kriegsschauplätze in Tonkin mehrfache Erfolge zu verzeichnen und sollen sogar Friedensverhandlungeu eingeleitet worden sein.