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Schönburger Tageblatt Erscheint tSztech mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nLchster- scheinende Nummer bis nachmitrugs 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition- Waldenburg, Kirchgasse 255. ——— und Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt fn de« AMrath j« WalLtadarg. Zugleich weit verbreitet in dm Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Bernh. Schupp«; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgafse; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn, Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursoorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remfe, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 232. Donnerstag, den 6. October 1887. Witterungsaussichteu für de« 6. October: Bei nordwestlicher Windrichtung vorherrschend wolkiges kühles Wetter. Barometerstand am 5. October, nachmittags 3 Uhr: 763 mm. "Waldenburg, 5. October 1887. Angesichts des bedauerlichen Vorkommnisses an der Grenze bei Schirmeck dürfte es von Interesse sein, ei niges über die in Betracht kommende Gegend und die Verhältnisse an der Grenze zu hören. Die im Elsaß westlich von Straßburg gelegene Oberförsterei Schir meck ist landschaftlich, forstlich und jagdlich eine der schönsten und interessantesten des Reichslandes. Aus dem breiteren Breuschthal führt das reizende Thal von Grandfontaine in die Berge, deren malerische Formen sich in sattem Grün am Horizont zeichnen. Sie alle überragt der stolze Donon, dessen Gipfel ein Tem pel schmückt. Nach Westen zu seinen Füßen breitet sich die französische Ebene der Departements Vosges, Meurthe und Moselle aus, im Osten winkt das elsäs sische Flachland, das weithin sichtbare Münster von Straßburg und die Rheinebene, nach Nord und Süd reiht sich Berg an Berg im tiefdunkelen Vogesengrün. In den Jahrhunderte alten Wäldern stolzer Tannen wohnt der Edelhirsch. Der sorgsamsten Hege und Schonung der deutschen Forstveamten ist es gelungen, den verschwindend kleinen Wildstand wieder in die Höhe zu bringen und alljährlich kommen auf den Jagden des hirschgerechten Oberförsters Hehner Zwölfer, ja Vierzehnender zur Strecke. Es ist dies um so höher anzuschlagen, als sich die angrenzenden französischen Jagdherren an der Hege des Rothwildes fast aus- nahmlos nicht betheiligen und die Wilddiebe ihr Spiel in unverschämtester Weise betreiben. Gegen den Donon hin erstreckt sich das französische Gebiet wie ein langer Zipfel in das deutsche hinein. Der deutsche Wald umschließt beinahe den Bann der beiden französischen Dörfer Raon. Mächtige Berge fallen steil nach den französischen Fluren ab. Gegen die Grenze hin beginnt auf der französischen Seite niederer dünner Wald. Die beiden Dörfer Raon wa ren bis zum Jahre 1872 deutsch, wurden dann aber an Frankreich gegen Entschädigung an kostbarem Wald zurückgegeben. Nach Süden und Südwesten zieht die Grenze durch weite Tannenwälder. Vor Jahren schon wurden französische Wilderer diesseits der Grenze be merkt. Später kamen sie nicht mehr einzeln, sondern in Banden, und hielten förmliche Treibjagden ab. Die braven Förster schreckte die Anzahl nicht. Da began nen wüste Drohungen laut zu werden. Dem Förster A., dessen Hünengestalt und treues Pflichtgefühl den Bösewichtern ein besonderes Aergerniß war, sollten die Augen ausgerissen, einem anderen die Fingernägel herausgeschnitten werden. Förster L. ging eines Mor gens früh mit seinem zwölfjährigen Jungen in den Wald, um die Schlingen nach Krammetsvögeln zu revidiren. Er war ohne Waffe. Plötzlich sieht er in einer Lichtung eine Jagdgesellschaft, die Gewehre zum Theil an Bäume aufgehängt. Muthig schritt er auf sie zu und fragte, was sie da machten. Er wurde ge- vo" Einzelnen geschlagen, ein Anderer legte in der Nähe von etwa vier Schritt auf ihn an und hätte geschossen, wenn nicht ein Jüngerer den Gewehrlauf fortgeschlagen und sich für den wehrlosen Förster ver wendet hätte. Der arme Knabe mußte das widerliche Bild mit ansehen. Die Schuldigen wurden entdeckt und vom Gericht in St. Dis erhielt der Rädelsführer vierzehn Tage Gefängniß. Der französische Staats anwalt hielt es dabei für angezeigt, die Verdienste, die der Angeklagte sich während des letzten Krieges erwor ben habe, hervorzuheben. Immer lauter wurden die Drohungen. An einer Holzhütte wurde den Beamten in großer Schrift der Tod angekündigt. Unter diesen Umständen war die Unterstützung der vereinzelt wohnenden Förster durch Soldaten gegen Wilddiebsbanden gewiß nicht überflüs sig. Wie kühn aber selbst einzelne Wilddiebe waren, davon nur ein Beispiel. Am 23. November 1885, nachts gegen 2 Uhr, bemerkte der Förster Th. im District Croix-de-Fer ein Licht. Er ging darauf zu, und fand ein Feuer, an welchem der französische Wild dieb K. aus Raon schlief. Der Mann erwachte und der Förster entriß ihm nach heftigem Ringen das Ge wehr. Er verhaftete ihn, um ihm dem deutschen Ge richte zuzuführen. An einer Tannenpflanzung ange kommen, verschwindet K. plötzlich in derselben. Der Förster eilt ihm nach, erreicht ihn und hält ihn fest. Beide kommen zu Boden, der riesenstarke Wilddieb greift nach dem Hirschfänger des Försters, der stößt ihn zurück. Doch wieder und wieder hascht er nach der Waffe, um den Beamten zu tödten. Endlich nach viertelstündigem Ringen auf Leben und Tod bändigt ihn der Förster und über'ue'sert ihn dem Gerichte. In der Jagdtasche des Wilddiebes befanden sich Pirsch schuhe aus Filz, um das Wild anzuschleichen. Er soll in den letzten Jahren über 40 Stück Rothwild erlegt haben. Die Strafkammer zu Zabern verurtheilte ihn zu einem Jahr Gefängniß. Der blutige Zwischenfall an der Grenze ist auf's Tiefste zu bedauern. Das Vorstehende dürfte ihn ver ständlicher machen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Zum Besuche des Kaisers und der Kaiserin ist der bayerische Thronfolger Prinz Ludwig mit seinem ältesten Sohne, dem Prinzen Rupprecht, in Baden- Baden angekommen. Prinz Ludwig präsentirte sich dem Kaiser in der Uniform des deutschen Seebataillons, L In 8uiw dessen er vom Kaiser gestellt worden ist. Beide Prinzen waren zu dem Diner geladen, an dem auch die großherzoglich badischen Herrschaften theil nahmen. Prinz Heinrich von Preußen reist zum Ge- bnrtstag seines Vaters, des deutschen Kronprinzen, Mitte October nach Italien. Der Familie des ver storbenen Professors von Langenbeck sind vom Kaiser, der Kaiserin, dem Großherzog und der Großherzogin von Baden und zahlreichen anderen hochgestellten Per sonen Beileidstelegramme zugegangen. Der italienische Ministerpräsident Crispi ist direct mit der Gotthardtbahn nach Italien zurückgereist. Heute Mittwoch wird er in Monza bei Mailand dem König Humbert über seine Reise Bericht erstatten. Der Minister war auf derselben begleitet von seinen Privatsekretären, den Herren Pisani-Dossi und Mayer, zwei Sekretären des auswärtigen Amtes. Die vom Wolf'schen Telegraphenbureau verbreitete Nachricht, der junge Schnebele sei auf Grund der Begnadigung durch den Kaiser freigelassen, ist falsch. Das Gesuch um Begnadigung ist noch gar nicht be antwortet. Da diese aber als sicher angesehen wird, und vor Allem, weil bis zur instanzmäßigen Erledi gung des Gesuches Schnebele seine Strafe bereits ver büßt haben würde, so erfolgte die provisorische Frei lassung. Die Begnadigung steht noch aus. Im Befinden des an der Grenze verwundeten Avantageurs von Wangen war in diesen Tagen eine äußerst gefährliche Verschlechterung eingetreten. Etwas besser ist es jetzt, doch ist die Gefahr noch nicht ganz vorüber. Die türkischen Offiziere, welche vor zwei Jahren in die preußische Armee eintraten, haben jetzt ihre Ausbildung vollendet und sich dem Kaiser in Baden- Baden präsentirt. Sie kehren nunmehr in ihre Heimath zurück und werden als Jnstructoren verwen det werden. Die Mitte September zu Halle a. S. verstorbene Fürstin zu Isenburg und Büdingen ist, wie be kannt, die älteste Tochter des letzten Kurfürsten von Hessen und als solche Miterbin von dessen sehr bedeu tendem Vermögen gewesen. Allgemein überraschte es deshalb, daß der Nachlaß der Fürstin sich als ein verhältnißmäßig unbedeutender herausgestellt hat, so daß sehr große Summen abhanden gekommen zu sein scheinen. Ob Veruntreuungen oder andere Ursachen hier vorliegen, schreibt die „Kreuzztg.", wird die ge richtliche Untersuchung ergeben, die von einem der Miterben des Vermögens der verstorbenen Fürstin bereits eingeleitet sein soll. Im nächsten Fahre wird bekanntlich die Colonial regierung von Victoria zur Feier des dreihundert jährigen Jubiläums der ältesten Colonie Australiens Neu-Süd-Wales eine internationale Ausstellung in Melbourne abhalten. Der Reichskanzler hat jetzt beim Bundesrath mit Rücksicht darauf, daß in den gewerblichen Kreisen Deutschlands dieser Ausstellung großes Interesse entgegen gebracht wird, beim Bundes rath die Entsendung eines Reichscommissars beantragt. Die „Cape-Times" vom 1. September d. I. ent hält eine Anzeige des Kamaherero, Oberhäuptling der Herero's im Damaralande, worin dieser erklärt, daß er niemals mit der deutschen Regierung einen Schutzvertrag abgeschlossen habe und daß alle von ihm ausgehenden Urkunden ungiltig seien, wenn sie nicht die Gegenzeichnung seines Spezialcom- missars Robert Lewis trügen. Diese Erklärung wi derspricht offenbaren Thatsachen. Am 21. October 1885 haben zu Okahandja die deutschen Bevollmäch tigten, Or. Göhring und vr. Büttner, mit dem Ka maherero unter Zustimmung der Unterhäuptlinge und Räthe des Volkes den Schutzvertrag abgeschlossen. Die Anzeige in der „Cape-Times" ist nur ein Machwerk intriguanter Persönlichkeiten. Lewis ist ein geriebener britischer Händler. Dänemark. Der Finanzminister legte dem neueröffneten dänischen Reichstage das Budget vor. Die Einnahmen betragen 54, die Ausgaben 56 Millionen. Auch Dänemark wird ein Kunstbuttergesetz erhalten. Frankreich. Der französische Geschäftsträger Raindre in Berlin hat dem Grafen Herbert Bismarck den officiellen fran zösischen Bericht über den letzten Grenzconflict über reicht. Die Pariser Blätter beschäftigen sich jetzt nur noch wenig damit. Alle ihre Liebeswürdigkeiten be kommen jetzt die Italiener zu hören, weil Crispi nach Friedrichsruhe reiste. Die Angriffe sind wieder einmal ganz maßlos. Die Kamme rsession beginnt zum 25. October. Italien. In Rom hat eine Bankettrede des Bürgermeisters von Nizza bei Anwesenheit des französischen Kriegs ministers peinlichen Eindruck hervorgerufen. Der Bürgermeister erklärte ohne alle Veranlassung, die Be völkerung werde ihre Pflicht thun, wenn Frankreich von Italien angegriffen werde. Ebenso unangenehm