Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrSnumerntionS-Preis 22j Silbergr. lj T!>Ir.) vierieliäbriich. Z Zhlr. für da» ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Lkeilen der PreniiisiNen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder .Buchhandlung (in Berlin bei Veit ». Como., Iägttstraße Ri. 25), so wie von allen König!. Poü > Acmtern, angenommen. Literatur des Auslandes. 132. Berlin, Mittwoch den 20. Dezember 1843. Schweiz. lieber die Kommunisten, ihre Lehre, Pinne und Mittel. (Nach der üikliotl»eljue Universelle «le <»eueve.) Zwar reichen die bis jetzt gemachten Entdeckungen der französischen und schweizer Polizei noch nicht hin, um die Systeme und Absichten der Kommu nisten vollständig zu entwickeln, doch lassen sic wenigstens die Grundzüge und die leitenden Ideen mit ziemlicher Sicherheit erkennen. Wir beschränken uns in dem Folgenden auf einige Bemerkungen über den Kommunismus als soziale Erscheinung, das heißt als Wirkung gewisser Ursachen und Symptom eines gewissen krankhaften und regelwidrigen Zustandes der Gesellschaft, so wie über die Mittel und Aussichten, welche die nahe Zukunft sowohl dieser Bewegung als ihren Gegnern gewähren zu wollen scheint. Bekennen wir zuvörderst, daß die Erscheinung des Kommunismus und seine verschiedenen Aeußcrungen eigentlich Niemanden hätten überraschen sollen. Schon längst haben Staats-Oekouomcn und Philanthropen ihre Befürchtungen über die Folgen geäußert, welche sich aus der Entwickelung der modernen Industrie ergeben könnten. Man hat dem Publikum die gegenwärtig herr schenden Grundsätze über das Recht des Besitzes dargethan; man hat ihm ge zeigt, welche Ausdehnung diese Grundsätze erlangt, welche Folgen sie herbei geführt haben, namentlich die stets wachsende Ungleichheit in der Verthcilung der Güter; man hat ihm bewiesen, daß die Gesellschaft dadurch auf einen Weg des sogenannten Fortschrittes gerathen ist, dessen Ausgang sehr zweifel haft ist; aber das Publikum fand für gut, sich zu täuschcn und jene War nungen, jene Wahrheiten mit Entrüstung zurückzuweisen. Nichtsdestoweniger bleiben die Wahrheiten wahr, und trotz aller üblen Laune wird die Lage der Dinge nicht anders, als sie einmal ist. Wenn die Fortschritte des Fourierismus und des Kommunismus jene Behauptungen bestätigt haben, so werden weder diejenigen, welche sie auS- sprachen, noch diejenigen, welche sie begriffen und billigten, darin einen Triumph ihrer Eigenliebe oder selbst der Wissenschaft finden wollen; denn es handelt sich um ganz andere Interessen. Die gegenwärtige Gesellschaft ist von den Kommunisten nicht nur in ihrem bestehenden Rechte, in ihren politischen und bürgerlichen Einrichtungen, sondern auch in ihren Sitten, ihrem Glauben, in all dem, was das Wesen und den Grund der gesellschaftlichen Ordnung bildet, angegriffen. Nun können die Glieder einer zahlreichen Familie zwar über die Lebensweise, über die Verwaltung dcS Hauswesens, über die Sub ordination, über die Vertheilung der Untcrhaltsmittel und des Vergnügens unter einander uneins seyn; wenn aber die Räuber die Thür des Hauses er brechen und Leitern an die Fenster legen, dann schweigt jeder Streit, und die Kinder schaaren sich um den Familienvater, um den Angriff abzuschlagen, der Alle zugleich bedroht. Der gewaltige Jrrthum der Kommunisten sowohl als der Fourieristen und der modernen Sozialisten im Allgemeinen besteht darin, daß sie den sozialen Menschen mit seinen Begriffen von Recht und Moral als das Er gebniß der Formen der Gesellschaft betrachten. Sie nehmen die Wirkung für die Ursache, und umgekehrt. Sie thun, als wäre der soziale Zustand etwas Zufälliges und Willkürliches, dem der Mensch nicht den Stempel seiner Natur aufgedrückt, in dem er nicht die Befriedigung seiner Bedürfnisse gesucht habe, welche dieselbe Natur ihm anweist; gleich als wäre der soziale Zustand nicht, mit einem Worte, das Produkt des Menschen, der ihn geschaffen hat und der vor aller sozialen Vereinigung bestand. Dieser Jrrthum der Sozialisten ist so grob, so handgreiflich, daß man fast zweifeln möchte, ob die einsichtsvollsten unter ihnen es redlich meinen, ob ein Weitling zum Beispiel jeden Glauben, alle moralische Begriffe, alle philosophische Systeme, welche den Beifall der vorzüglichsten Geister erlangt, welche den Völkern seit so vielen Jahrhunderten als Führer gedient haben, im Ernst nur als Erfindungen betrachtet, welche dazu bestimmt seyen, die privilegirten Klassen zu schützen, die Arbeiter aber und die Armen in dem von jenen ihnen bereiteten Zustande zu erhalten; oder auch als einen Haufen von Vorurtheilen, die aus der äußeren Stellung der verschiedenen Stände ent sprungen seyen und durch andere eben so äußerliche Beziehungen wieder in Nichts versinken könnten. Die Fouricristen haben diesen Jrrthum gefühlt. Deshalb beginnen sie auch damit, den Menschen aufs neue zu konstruircn, oder vielmehr aus eine gewisse Weise konstruirt zu setzen; und von dieser hypothetischen Natur des Menschen ausgehend, gelangen sie zu einer Umwandlung der sozialen Organi sation. Die Kommunisten geben sich nicht so viel Mühe, das SophiSma zu verstecken, auf dem ihr Gebäude ruht. Sie beschränken sich darauf, im Menschen Begierden und Befriedigungsmittel zu finden, und setzen das höchste Gut in das Gleichgewicht dieser Begierden und Befriedigungsmittel. Die Moralisten haben ebenfalls zu allen Zeiten dieses Gleichgewicht als den Nor malzustand des menschlichen Wesens ausgestellt- Aber die Moral will, daß wir unsere Begierden beschränken, um sie in Harmonie mit den Befriedigungs mitteln zu bringen, während die Kommunisten die Befriedigungsmittel eines Jeden auf gleiche Linie mit seinen Begierden zu erheben beabsichtigen. Das Wohlscyn, welches aus dem moralischen Gleichgewichte hervorgcht, sehen sie für ein Uebel an; die Zufriedenheit einer Seele, welche ihre Leidenschaften beherrscht, ist in ihren Augen eine Feigheit, eine sklavische, deck freien Mannes unwürdige Gesinnung. Wir mußten vor allem Anderen diesen charakteristischen Jrrthum der kom munistischen Apostel hervorhcben, weil alle ihre leitenden Grundsätze, alle ihre Beschuldigungen gegen das Eigenthum, die Familie und die soziale Ungleich heit, alle ihre Organisationspläne von ihm ausgchcn, mehr oder minder logische Folgerungen aus ihm sind. Wenn die Hindernisse und Antriebe, welche die thätigcn Befriedigungsmittel des Menschen durch die allen be kannten Gesellschaften gemeinsamen Einrichtungen, die Familie, das Eigen thum, die natürlichen und conventioncllen Ungleichheiten erfahren, zu gleicher Zeit ein HülfSmittel nothwendiger Fortentwickelung und die Quelle eines Wohlseyns gewähren, welches demjenigen bei weitem überlegen ist, was aus der Befriedigung der Leidenschaften entspringt; wenn das menschliche Ge schlecht, von jenen Hindernissen befreit, dieser Antriebe beraubt, einen Theil seiner Perfektibilität verliert und durch die Gesammthcit dieser neuen Gestal tung seines Lebens sich einer niederen Wesenreihe nähert; wenn all dieses wahr, unumstößlich wahr und durch die Theorie wie durch die Erfahrung be wiesen ist, so ist der Kommunismus gerichtet; er ist in seinem Prinzip, in seinem Wesen vcrurtheilt, ohne daß man die Folgerungen, die er aus diesem Prinzipe herleitct, die Pläne einer sozialen Organisation, welche er vor schlägt, und die Mittel, welche er zu ihrer Verwirklichung angiebt, einer weiteren Untersuchung zu unterwerfen braucht. Wir haben uns mit Absicht auf einen ganz allgemeinen Gesichtspunkt ge stellt, wo sich die verschiedensten Ansichten über die Natur und die Bestimmung des Menschen begegnen können, indem wir von den Glaubensmcinungcn und philosophischen Systemen abstrahirten, in welchen die Ideen der Aufopferung, der Sclbstentsagung, des Kampfes gegen die natürlichen Triebe, fortschreitender Läuterung des Herzens vorherrschen, und sür welche solglich die Formen der Gesellschaft nie etwas Anderes waren, als Mittel der Vorsehung und dcS Zufalls, um die Weisheit oder Heiligkeit dcS Individuums zu beweisen. Diese religiösen und philosophischen Ideen sind noch heutiges Tages in der gebildeten Welt so verbreitet und so lebendig, daß die Verblendung der Sozialisten kaum begreiflich ist, wenn sie die Welt sür ihre Systeme vorbe reitet glauben. Wir haben schon früher den Fourieristen das Christenthum als einen Gegner bezeichnet, mit welchem sie sich nur aus einem Ucbermaß von Unbesonnenheit in Kampf einlaffen können. Wie viel mehr gilt dies von den Kommunisten, welche für die Zukunft und die Hoffnungen des Christen gar keine Hoffnung zu bieten Haden. Aber wäre der menschliche Geist selbst weit ärmer an Glauben, hätte er weit mehr christliche Ideen aufgcgeben, als in der That der Fall ist, so ent sprechen die Formen der gegenwärtigen Gesellschaft in ihren Grundzügcn den Bedürfnissen desselben zu sehr, sic bilden zu augenscheinlich die Bedingung sür die Fortbildung der Gattung wie des Einzelwesens, als daß die Nothwendig keit dieser Formen nicht eine allgemeine, mächtige und lebendige Idee seyn und bleiben, das Bedürfniß, sie aufrecht zu erhalten, sich nicht auch selbst bei jenen Klaffen, die den sozialistischen Lehren am meisten zugänglich sind, thätig offenbaren sollte. Wir wissen, daß die Sozialisten auch ihre Philosophen haben, welche vorgcben, die Grundsätze ihrer Sekte mit dem Christenthum zu vereinigen. Zu ihnen gehört jener deutsche, in Weitling s Korrespondenz erwähnte Meta- physikus, der, ungeachtet seines Wahlspruches: „Atheismus und Anarchie", seinen Atheismus durch Hegelschen Pantheismus und seine Anarchie durch brüder liche Vereinigung der Menschen erklärt. Wir können hier nicht in eine tiefe metaphysische Untersuchung eingehen, aber welches auch immer der innere Charakter jener vorgeblichen Vereinigung seyn mag, der äußere, vom sozialen Standpunkte betrachtet, ist der ciner überspannten, individuellen, verein zelten Meinung, welche nie einen populären Einfluß gewinnen, ein gemein-