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Sächsische Elbzeitung usw. berechtigt 68. ^ahrg Bad Schandau, Donnerstag, den 9. Oktober sM Nr. 237 Wortlaut der Richtlinien 3. Bei der L astenverteilung in Ausführung der bezeichneten Gesetze soll die Maßgabe der Wirtschaft^ Sächsische Schweiz fördcrnng und der sozialen Gerechtigkeit angewcndet werden. Die bestehenden Finanzgcsetzc sollen nach diesen Gesichtspunkten durchgcarbcitet werden. 4. Als eine der wichtigsten Ausgaben der Negierung wird eü betrachtet, die sozialen Leistungen dem Bedürfnis entsprechend zu steigern, sobald die finanzielle Lage des Reiches eS irgendwie zuläßt. 5. Wirtschaftspolitisch wird möglichste Steige- rung der Produktion und deS NutzungögradeS der Arbeit angcstrcbt werden, »m die internationale Kredit- und Wett bewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zn sichern, wie sie insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Rcpara- tionöbelastung unerläßlich ist. Ausgehend vom Grund- satz der wirtschaftlichen -Freiheit werden staatliche Eingriffe nur insoweit in Betracht kommen, als sie notwendig erscheinen, um eine wirtschaftSschädlichc Unterdrückung der Wirtschaftöfreiheit von anderer Seite Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Kleinhenners dorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postelwitz, Proffen, Rathmannsdorf, Reinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendisch fähre, sowie für das Gesamtgebiet der Sächsisch - Böhmischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke — Vcrantworllichr K. Nohrlapper Anzeigenpreis lin Goldmark): die 7gcspallcne 35 mm breite Petttzeilc 15 Pfg., für aus wärtige Auftraggeber 20 Pfg., 85 mm breite Reklame,eile 80 Pfg. Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen den Bezieher nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung weit die Gemeinden mit einer A u f w e r t u n g ü st e u e r belegt werden können, um Mittel für die Ncichsanleihe« Aufwertung zu beschaffen, und wieweit die Industrie im Wege der Freiwilligkeit ihre Obligationen über den Auf wertungssatz von 15 Prozent hinaus bisher zurttckgezahlt hat. Gleichzeitig liegen die Leitsätze des Zcntrumsab- geordncten Fleischer vor, welche bei der Negierung erwogen lind dann im Ausschuß beraten werden sollen. Die Leisätze schlagen vor, von den 60 Milliarden aus stehenden Anleihen des Reichs 30 Milliarden zu treuen Händen einzuzichen und die im Publikum verbleibenden weiteren 30 Milliarden mit 0,5 zuverzinsen. Da der Zinsfuß am I.Juli 1924 beginnen soll und die Zinsen erstmalig am 1. Januar 1925 bezahlt werde«, ist hierfür ciu Betrag von 75 Millionen Goldmark erforderlich. Die Zinsen sollen durch eine einmalige Wertzuwachs- steuer aufgebracht werden. Die Wcrtznwachsstcuer ist auf Grund des Vermögens der Anleihcbcsitzer zu staffeln. Einer besonderen Besteuerung sollen die Anleihcbcsitzer unterworfen werden, die im Jahre 1923 in ihrer Ver- mögensstcuererklärung keinen Besitz an Ncichsanleihe a«f- zuwcisen hatten. Auf diese Weise würde das Reich in die Lage versetzt, den Zinsendicust in Höhe von 0,5 A mindestens sechs Jahre lang bestreite.n und weitere Mittel für die soziale Fürsorge zugunsten bedürftiger Anleibe- besitzer bcreitstcllcn zu können, ohne den Ncichshaushalt durch neue Steuern zu belasten?" - -- Ter Kanzler verlangt präzise Antwort. Berlin, 8. Oktober. Wie man erfährt, hat der Reichs kanzler den Fraktionen sagen lasten, daß er Wert daraus lcgt, onß sich die Antworten, die er erbat, nicht nur auf die Frage der Zustimmung zn den Richtlinien beziehen, svndcrn daß ec auch Klarheit über die Stellungnahme zn dem Gedanken der Regierung der Volksgemeinschaft haben müsse. Die sozialdemokratische RcichötngSfraklivn für Auslösung. Berlin, 8. Oktober. Gegen Mittag versammelte sich im Reichstag der Vorstand der sozialdemokratischen Fraktion, um die Fraktionssitzung vorznbcrciten. Der Vorstand billigte das Verhalten der Unterhändler bei ihren Besprechungen mit dem Reichskanzler Marx nnd beschloß, der Fraktionssitzung vorzu- schlagcn, daß die von den Unterhändlern cingcschlagcne Taktik auch weiter verfolgt werden solle. Die Fraktion tritt, falls die Volksgemeinschaft nicht zustande kommt, für Auslösung des Reichstages ein nnd bekämpft auf das energischste die Bildung eines Bürgerblocks. sogar einzelne Geschäfte ab, — mit dem Erfolg, daß der Konzern im Augenblick des Jnflationscndcs bei weitem nicht so fcstgclcgt war, als es sonst der Fall gewesen wäre. Aber derartige Zufälle kommen, wie die Erfahrung der letzten Jahre beweist, den Jnflationsgcwinncrn und ihren Erben nicht eben häufig zugute. Meist heißt es bei ihnen noch mehr als bei den Lottericgcwinnern: „Wie ge wonnen so zerronen", wie ja jeder Börscn-„Ge- Winner" der letzten Jahre aus eigener Erfahrung be stätigen kann. „ sich im wirtschaftliche» Leben die Vernunft stets früher oder später durch, aber von der Gerechtigkeit kann man das nicht immer behaupten, sonst wären ja auch Marrcnschutzgcsetze, Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb usw. niemals notwendig geworden Aber beim JnflaUonsgewinner werden in der Mehrzahl der Fälle ausnahmsweise einmal wirtschaftliche Vernunft und Gerechtigkeit zusanunentt und es ist kaum anzunehmen, r viele Dynastien von solchen, sagen wir einmal bis ms zweite Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts, sich werden erhalten können. Grundlage die gellende Verfassung. Berlin, 8. Oktober. Die vom Reichskanzler den Fraktionen des Reichs, tages übermittelten Richtlinien für die Entscheidung über den Eintritt in die Volksgemeinschaft lauten: 1. Die Verfassung vom II. August 1919 wird als rechtsverbindliche Grundlage deö staatlichen Lebens ancr- kannt. Jeder Versuch, ihre Abänderung auf ungesetzliche, insbesondere gewaltsame Weise herbcizuführen, wird dem gemäß alö Hochverra 1 zu verfolgen und zu be- Znflationsgewmner. Von sachkundiger volkswirtschaftlicher Seite wkrk ""ö Kriegsgewinner ist bereits ein alter Typ in der Geschichte, er taucht gelegentlich sogar schon bei der. römischen Satirikern auf. Die Entwicklung des Iw flationsgcwinnertums iu großem Stil ist ein Ereignic- erst dos letzten Jahrzehnts. Trotzdem steht im Bewußtsein des Volkes — und mit Recht — der Inflat i o n s« ge wtnner auf der gleichen Stufe wie der Kriegs- gcwinner, und es gönnt eigentlich beiden Schichten den, wie es instinktiv fühlt, gegen die wesentlichen Grundsätze geschäftlicher Moral erworbenen Reichtum nicht auf die Dauer. Nun zeigt sich das eigentümliche Bild, daß die Geschichte aller Länder Kriegsgewinnerdynastien — ge- wattige und bescheidenere — in großer Menge anfweist, während von den Namen, die in den Inflationszeiten Österreichs, Ungarns und Deutschlands am häufigsten genannt wurden, ein großer Teil bereits wieder von der vorübergehend erreichten Höhe ins Nichts oder fast ins Nichts hcrabgcsunken ist. Besonders nachdenklich wird nach dieser Richtung der Fall Castiglioni stimmen, den man gern den österreichischen Stinnes nannte, eine Bezeichnung, die aber nur mit den aller größten Einschränkungen zutrifft. Demi wenn auch Castiglioni auf der fallenden Krone, wie Stinnes auf der fallenden Mark, gewaltige reale Werte an sich zu ziehen verstanden hat, so war doch die ganze Wesensart des Tricstiners eine ganz andere als jene des nüchternen, fast nur als Arbcitsmaschine anzuschendcn Westfale«. Aber die Unterschiede zwischen beiden beschränken sich nicht aus jene im Wesen, sie gehe« vielmehr ins Grundsätz liche insofern, als Hugo Stiuues auch in starkem Maße Kriegsgewinner war. Und der Kriegsgewinner hat vor dem Jnflationsgcwinner eines voraus, was für seine Zukunft schlechthin entscheidend werden kann: angesichts der verdältnismäßigcn Stetigkeit der Währung, mit der er rechnen kann, weiß er, was er verdient, und ist vor allen Dingen in der Lage, große Teile seines wachsenden Ver mögens so flüssig zu halten, wie es im Hinblick auf kom mende Krisen möglich sein mag. Hier liegt der Grund, warum der Kriegsgewinner im allgemeinen, ein Durch- schnittsmaß geschäftlicher Voraussicht angenommen, in der Lage sein wird, mit seinem Besitz zu Jahren zu kommen. Wäre das nicht der Fall, so hätte ja auch der Armeeliese- rant nicht in fast allen Ländern sprichwörtlich werden können. Die Voraussage, die man dem Jnflationsgcwinner stellen muß, ist bei weitem nicht so günstig. Selbst wenn er im Anfang seiner Kometenbahn das nötige Augenmaß be- sitzt, uni abwägen zu können, welche Teile seines Gewinnes er zu Neuanlagcn in „Sachwerten" verwenden und welche er flüssig halten soll — das kann er, da er gegen seine eigene Währung spekuliert, stets nur iu Fremdwährungen, also Devisen —, so zeigen doch alle Erfahrungen des letzten Jahrzehnts, daß ihm dieses Augenmaß im Tanze der Millionen früher oder später abhanden kommt und daß er vor allen Dingen fast immer den Augenblick versäumt in dem die Inflation zum Stehen kommt; welche Folgen das für Geldmarkt, Börse und Gcsamtwirtschaft hat, ist zu bekannt, als daß es hier noch eingehend auscinandcr- gcsetzt zu werden brauchte; für den Jnflationsgewinner aber bedeutet es fast immer eine weitgehende Jmmobili- sierung, den Zwang, große Kredite aufzunehmen und, da wese in solchen Zeiten ungeheure Zinsen kosten, eine scharfe, sich rasch steigernde Verringerung mindestens des rasch verfügbaren Vermögens. So ist Castiglioni zu grunde gegangen, und wer weiß, ob die Krankheit oder der Tod von Hugo Stinnes, so bedauerlich sie unter anderen Gesichtspunkten sein mögen, für das Vermögen der Familie nicht gerade nn rechten Augenblick kam. Als er noch mehr Wohl kurz nach seinem Tode, als sich d e Erben in den verwickelten Bau des Konzerns genauer /!^"^^''teten, war es natürlich unangebracht, um nicht zu sagen ausgeschlossen, neue große Geschäfte zu be- «innen. Man hielt sich zurück, wickelte viellE l,ie und da abzuwchren. Bei Lösung der bevorstehende« anßcnhandclö- politischen Aufgaben wird mit der Stärkung der inlnndi- schcn Produktion gleichzeitig auf die möglichste Förderung der Ausfuhr auf dem Boden von Gegenseitigkeit nnd Meist begünstigung nnd die tunlichste Schonung deö Vcrbranchö hingcarbcitet werden. Heute traten alle in Betracht kommenden Neichstags- fraktioncn zusammen, um Eutschlüssc zu den Richtlinien und zu der Regierungsumbildung zu fassen. Der Reichs kanzler hatte die Fraktionen wissen lassen, daß er bis heute abend 8 Uhr ihre Entscheidungen zu erfahren Der französische Botschafter beim Außenminister. Berlin, 8. Oktober. NcichSnußenministcr Dr. Strese mann hat den französischen Botschafter de Mnrgcric zu einer Besprechung empfangen. ES ist anznnchmcn, daß die Untcr- rcdnilg vor allem den mit dem deutschen VülkcrvnndSmcmo- randilm nnd der französischen Antwort zusammenhängenden Franc» aalt. Pläne zur Aufwerfung. Einmalige Wcrtznwachsstcuer. Im Aufwertungs - Unterausschuß des Reichstages wurden die Fragen behandelt, inwieweit eine Er. ho hu na des Umwertungssatzes von 15 Pro- zont bei den Vermögensanlagen der dritten Steucrnot- verordnung möglich sei. Auch die Fragen wurden berührt, eine Rückwirkung der Aufwertungsvorschriften möglich sei und was zu geschehen habe, um im Gegensätze zu den Bestimmungen der dritten Steuernotverordnung eine gleichartige Behandlung aller Gläubiger herbeizu- »Ä . Avvenommen wurde ein Antrag Hergt, worin die Negierung um Äußerung darüber gebeten wird, inwie- Tageblatt für die B-d N,. W - Elb, «!°d «°u d-NnE-M-, I». d-, Wb-, »ud m«,<,!«»-» -llU->n<- >»!«>«, SlxlI. «Mlxmm«, Wünsche. Es ist aber fraglich, ob diesem Wunsche Genüge geleistet werden kann, da die Fraktionen am vorgerückte» Nachmittag ihre Beratungen zum großen Teil noch forl- sctztcn. Die D c n t s ch n a t i o n a l e n sollen dem Ver nehmen nach an der Anfstcllnng von Mindestforde- rn «gen arbeiten, die mit den Richtlinien des Reichs kanzlers vereinbar sind, die aber eine baldige praktische Entscheidung über die künftige Ncichspolitik crmöglichcn und erzwingen sollen. Es soll die Absicht bestehen, diese Mindestforderungen den jetzigen Koalitionsparteien zu Übermitteln und die Verhandlungen als gescheitert abzu- brechen, falls diese sich nicht auf ihren Boden stellen sollten. Beschlußfassung des Zentrums. Nur die schon früh an ihre Besprechung gegangene Fraktion des Zentrums kam zu einem einmütigen Be schluß, der allerdings noch keine endgültige Klärung bringt. Er lautet: „Die Zentrumsfraktion des Reichstages ist der Überzeu gung, daß nur ein in innerer Einigkeit gestärktes Volk Dcutsch- land reiten, der durch die Annahme des Londoner Abkommens geschaffenen gesamlpolttischcu Lage gerecht werden nnd die nnS anfcrlcgten schweren Lasten unter tätiger Mitwirkung aller schassenden Kräfte der Arbeit und der Wirtschaft tragen könne. Auch das ersehnte Ziel der baldigen völligen Befreiung der besetzten Gebiete ist ans diesem Wege am besten zu erreichen. Die Zentrumspartci unterstützt daher nachdrücklich die aus dieser Grundanschauung beruhenden Bemühungen des Reichskanzlers, die bestehende Koalition dnrch Hinzuziehung aller zn ausbauender Mitwirkung bereiten Parteien von rechts und links zu verbreitern und durch eine starke und gesicherte Negierung zu schassen. Die Zcntrumöpattci er- wartet von der vaterländischen Gesinnung und der Staatsvcrant- wortung aller zur Mitwirkung berufenen Parteien bestimmt, daß sic sich unter Zurückstellung sämtlicher Parteiintcressen der dem Volksganzcn dienenden Arbeitsgemeinschaft zum Wieder aufbau des Vaterlandes anschlicßcn." strafen sein. .... 2. Die Richtung der Außenpolitik wird in erster Linie durch die Londoner Abmachungen bestimntt. Die auf Grund derselben erlassenen Neichögcsetze sind loyal aus- zuführen, ebenso wie wir die loyale Durchführung deS Ab- kommens von unseren BcrtragSgegncrn erwarten. Die Regierung wird eS sich angelegen sein lassen, die AuSwir- knng der übernommenen Verpflichtungen aufS sorgfältigste zu überwachen und die sich alö notwendig erweisenden Ab- änderungcn zu erreichen. Die Ausnahme in den Völkerbund soll entsprechend der im deutschen Memo- randum ntedcrgelcgten Auffassung erstrebt werden. Für eilige Leser. * Den über die Regierungsumbildung beratenden Reichs. tagSsraktionen sind die Richtlinien des Kanzlers zugcstcllt worden. Die Richtlinien verlangen Anerkennung der geltenden Verfassung und deS Dawes-Vcrtrageö. * Der Stand der Vorarbeiten für die deutsche 800-MilliE Anleihe wird als äußerlt günstig bezeichnet. Die Auslegung soll am 14. Oktober erfolgen. I * Zwischen Deutschland und Japan ist ein Abkommen zu- Pande gekommen, das die Rückgabe des größeren Teils des veschlagnahmten deutschen Eigentums Vorsicht. * Der König von England hat Macdonald telegraphisch seine Zustimmung zur Parlamentsauslösung erteilt, wenn die Ne gierung im Unterhause eine Niederlage erleidet. » Die Beziehungen zwischen England und der Türkei sind infolge der arabischen Wirren gespannt. Es soll bereits zu Zusammenstößen der beiderseitigen Truppen gekommen sein.