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Die „Weißeritz.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfq. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ttalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz-MllU Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei da bedeutenden Auflage des LlatteS eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. dix Spaltenzeile oder vartl Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für di- Königliche Umtshauplmannschafi, das Königliche 'Amtsgericht und den Ktadtrath zu Aippoldiswald«. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten UuterhaltungSblatt".Mit land- und haaSwirthschastlicher LltonatSbeilagr. Nr. 130. Dienstag, den 10. November 1896. 62. Jahrgang. -Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde. Bei Eintritt der rauhen Jahres zeit werden in vielen Wohnungen die Fenster geschloffen und womöglich während des Winters nicht mehr ge öffnet, und wer ein solch ungelüstetes Zimmer betritt, dem düstet eine Lust entgegen, die ihn geradezu an widert und ihm den Athem benimmt. Wie unwissend und unpraktisch find solche Leute, die glauben, bei ge schloffenen Fenstern eine wärmere Stube zu haben und AN Heizung zu sparen! Nicht unreine, sondern «ine reine Lust wärmt am meisten und ist am leich testen zu erwärmen. Wo in Räumen grobe Menschen mengen zusammengedrängt sind, da möge man während der nun kommenden Zeit nach jeder Stunde die Fenster fünf Minuten lang öffnen; jede Wohnung werde täg lich zu wiederholten Malen gelüftet. Niemand darf sich fürchten, bei offenem Fenster zu schlafen; um frische Lust ins Zimmer zu bringen, genügt im Winter ost eine kleine Spalte. Nur reine, frische Luft schützt ihn vor allerlei Krankheiten! — Zur Beachtung für Arbeitgeber bezüglich der Melvungen zur Krankenkaffe möge der folgende Fall dienen. Vor Kurzem verstarb ein Handlungs commis und die Ortskrankenkasse zahlte den Hinter bliebenen das Sterbegeld mit 100 Mk. anstandslos aus. Hierbei stellte sich jedoch heraus, daß der Prin zipal den Verstorbenen wohl s. Z. zur Krankenkaffe angemeldet hatte, allein dieser war damals noch Lehr ling und hätte als solcher bei den niedrigen Beiträgen nur 32 Mk. Sterbegeld erhalten. Die erfolgte Be förderung zum Commis hatte der Prinzipal anzuzeigen unterlassen, weshalb er aus Zahlung der Differenz von 68 Mk. von der Ortskrankenkaffe verklagt und auch in allen Instanzen verurtheilt wurde. Das hier Gesagte gilt selbstredend auch bei jedem anderen Lehr ling, Gesellen oder Arbeiter rc., wenn derselbe in eine höhere Lohnstufe tritt, denn er hat dann höhere Bei träge zu zahlen und erhält dann mehr Kranken- resp. Sterbegeld. Gerade diese Meldungen werden aber am häufigsten vergessen. — Zwölf Jahre werden es am 1. Dezember d. I., daß das Krankenoersicherungsgesetz als erstes der sozialpolitischen Gesetze in Wirksamkeit trat. Es hat sich in dieser Zeit die wohlthätige Wirkung des Gesetzes in den durch dasselbe gezogenen Grenzen und davon betroffenen Kreisen gewiß überall bemerkbar gemacht, und es genießt, nachdem eS durch die Novelle dazu vom 10. April 1892 den mittlerweile an den Tag getretenen Bedürfnissen entsprechend geändert worden ist, unter den bisher bestehenden Arbeiter- versicherungsgesetzen unbestritten die größte An erkennung. — Im Zeichen des Gänsebratens steht jetzt ein »guter Theil des zivilistrten Europa. Der fette Mar> tinSoogel hängt nackt und bloß und erloschenen Auges im Schaufenster deS Geflügel- und Wildprethändlers und präsentirt sich bei den Gänsehändlern und Gänse- chändlerinnen aus dem Wochenmarkte. Verstummt ist das sonst nimmer rastende Geschnatter deS Schnabels, Todesstarre bannt die sprichwörtlich gewordene Beweg lichkeit des fröhlichen Hintertheils. Nur eine Eigen schaft, durch welche das kapitolinische Federvieh sein Leben hervorragend zu verschönern weiß, verleugnet es auch im Tode nicht: die Geselligkeit. Wie das federprangende Gänsevieh sein heiteres Leben schaaren- weise in geschwätziger Eintracht dahinlebt, so harrt es auch der Bratpfanne in geselliger Gemeinsamkeit beim Händler entgegen und bietet die kalte, mit einer Gänse haut überzogene Brust dem scharfen, prüfenden Blick der Hausfrauen nur sozusagen haufenweise dar. Die Gans ist ein Gesellschastsoogel und wird eS in de: gegenwärtigen Zeit in doppelter Hinsicht, einmal nach den Lebensgewohnheiten, das andere Mal nach den Gewohnheiten der Konsumenten. Ein Vogel der aller ersten Gesellschaftsklassen, wie etwa der Fasan, ist die Gans zwar nicht, aber in gut bürgerlichen Kreisen be hauptet sie uw diese Zeit doch ihr Geflügelrecht auch bei „Gesellschaften." Zander und Gänsebraten sind zwei ebenso ständige Programmpunkte auf der Speise karte solcher Gelegenheiten, wie in der folgenden Peri ode Lachs und Putenbraten. ES giebt Menschen, die durch gesellschaftliche Pflichten gezwungen sind, sich wochenlang von Zander und Gans respektive von Lachs und Pute zu nähren. Daß man allenfalls dabei be stehen kann, wird Niemand bezweifeln; aber auch hier gilt das Sprichwort: „Allzuviel ist ungesund" — und selbst die Gans soll sich schon Mancher zuwider ge gessen haben. Ja die Gans! Sie ist einer unserer nützlichsten Vögel! Man müßte nachträglich das Wort vom Huhn im Topfe dahin korrigiren, daß an dessen Stelle die GanS in der Pfanne tritt, denn diese ist eins der lohnendsten Familiengerichte, weil fast Alles verbraucht werden kann. Abgesehen von den Federn, welche der Selbstzüchter ja gleichfalls benutzt, sehe man sich einmal das direkt Genießbare an. Der Rumpf in der Pfanne knusperig gebraten, ist bekanntlich „eine gute Gabe Gottes"; also verlieren wir über ihn kein Wort, aber nun Herz und Leber apart in Butter zu bereitet, welch' ein leckeres zweites Frühstück; Keulen, Flügel, Magen u. s. w. in Gelse, Hals, Kops, Füße und Zunge als Weiß- oder Schwarz-Sauer verspeist, und von dem ganzen Waffervogel bleibt nichts übrig als der Schnabel, Darm und Zehennägel. Selbst das Schaf, welches sich des Ruhmes erfreut, für den Ver zehr von ausgiebigem Nutzen zu sein, wird nur knapp mit der Gans koncurriren können, und damit ist das Geheimniß ihres Maffenbegehrs gelöst. Ihre Nützlich keit ist ihr Verderben. Dir aber, sparsame Familien mutter, der die Sorge umS Auskommen mit dem Wirthschaftsgelde über sonstige Sentimentalitäten geht, guten Appetit zu dem zeitgemäßen Gericht, das keine Verschwendung, sondern ein relativ billiges Sonntags essen genannt werden kann. — Zum Anschluß an den Mittwoch Abend 11 Uhr 40 Min. von Dresden abgehenden Personenzug ver kehrt auf der Linie Hainsberg-KipSdorf ein Theater sonderzug. Im Altstädter Hoftheater werden an diesem Abend die drei Stücke: „Runenzauber", „Kur märker und die Pikarde" und „Szilianische Bauern ehre" gegeben werden, nn Neustädter dagegen wird „Ein Schritt vom Wege" aufgesührt werden. Beginn der Vorstellungen in beiden Theatern H8 Uhr. AuS dem Erzgebirge. In den höher gelegenen Orten unseres Gebirgsgebietes ist der am 3. und 4. November gefallene Schnee liegen geblieben, so daß man z. B. zwischen Altenberg und Zinnwald, Dorf Sayda und böhmisch Mulda rc. mit leichteren Schlitten fahren kann. Die Straßen sind spiegelhart gefroren. Dresden. Die vom königlichen Ministerium des Innern unter dem 10. Oktober d. I. erlassene Ver ordnung zur Ausführung des Gesetzes vom 28. März 1896, die Wahlen für die Zweite Kammer der Ständeversammlung betreffend, ist zur Ausgabe gelangt. Gleichzeitig wird den betheiligten Behörden durch das königliche Ministerium des Innern Mitthei lung von der durch die letzte Volkszählung sestgestellten Seelenzahl der einzelnen Orte zugehen. Diese Bekannt gabe der Bevölkerungsziffern bezeichnet nach § 6 der gedachten Ausführungsverordnung den Zeitpunkt, von welchem an durch die nach Z 7 des neuen Wahlgesetzes zuständigen Behörden zur Abgrenzung der Wahlbezirke in Gemäßheit von § 3 des Gesetzes, d. h. also in Orten von weniger als 3499 Seelen, zu verschreiten ist. Diese Abgrenzung dec Wahlbezirke hat nunmehr in allen Wahlkreisen des Landes zu erfolgen, auch in denjenigen, die voraussichtlich im nächsten Jahre noch nicht zur Wahl eines Abgeordneten zu verschreiten haben werden. Nachdem die von der obersten Regie rungsbehörde hinsichtlich der Ausführung des Wahl gesetzes noch zu ertheilenden Direktiven nunmehr vor liegen, ist für die sächsischen Behörden, denen die umfangreiche, eine sorgfältige Borbereitung erfordernde und für das staatliche Leben unseres Vaterlandes zweifellos bedeutungsvolle Aufgabe zusällt, di« Be stimmungen des neuen Wahlgesetzes in die Praxis überzuleiten und in richtiger Weise zu handhaben, eine weitere Veranlassung gegeben, sich ein möglichst genaues Bild der von ihnen bei Ausführung des Wahlgesetzes zu entfaltenden Thätigkeit zu machen. Das .Journal" knüpft an diese Mitteilung einen längeren Artikel, der den Zweck hat, bei diesem Be» streben eine Beihilfe zu gewähren. — Die Bogenkonstruktionen zur Wartehalle der Personenhaltestelle an der Wettinerstraße sind bis auf die letzte in diesen Tagen aufgerichtet worden und rascher als bei der annähernd 120 Meter langen Halle zu erwarten war, ist der Bau vorwärts ge schritten. Mit der Zinkoerdachung sind gleichfalls gute Fortschritte gemacht worden und etwa die Hälfte der gegen 46 Meter Breite und "0 Meter Scheitelhöhe fastenden Halle überdacht worden, sodaß bei einiger maßen günstiger Witterung die Hauptarbeiten noch vor Jahresschluß zu Ende geführt werden dürften, Freiberg. An der hiesigen königlichen Berg akademie betrug nach vorläufiger Feststellung die Zahl der Studirenden und Hospitanten am 1. Nov. dieses Jahres 190, gegenüber 176 Besuchern zu dem selben Zeitpunkte im vergangenen Jahre. ES Hal also erfreulicher Weise wieder eine erhebliche Zunahme der Frequenz stattgefunden. Pirna. Der Wasserstand der Elbe ist zur Zeit ein so niedriger, wie er noch nie im gegenwärtigen Jahre beobachtet worden ist. Schon ein Blick auf den Strom läßt dies mit Leichtigkeit erkennen. Ueberall an den Usern treten sandige oder steinige Stellen zu Tage, welche sonst dem Auge ganz verborgen waren, und das bei normalem Wafferstande überschwemmte Vorland tritt jetzt weithin vor. Infolge dieses niedrigen Standes ist am hiesigen Elbpegel eine Reparatur vor genommen worden, die bei höherem Wasserspiegel nicht ausgeführt werden kann. Meißen. Eine von 88 Jnnungs- und Nicht innungsmeistern besuchte außerordentliche Versammlung der Bäckerinnung der Stadt und des Amtsbezirk- Meißen beschloß die Verweigerung der Sonntag-- und Weihnachtszugaben bei hoher Konventionalstrafe. Der anwesende Stadtrath Freyer wird eine Zusammen stellung der sich aus der BundesrathSverordnung vom 4. März d. I., das Bäcker- und Konkitorgewerbe be treffend, ergebenden Bedenken an die maßgebenden Be hörden abgehen lassen. Strehla. Am 3. d. M. wurden bei einer Jagd 778 Hasen, das sind 500 Stück weniger als im vorigen Jahre, erlegt. Am Tage vorder wurden in Borna (Dorf zwischen Oschatz und Strehla) 258 Fasanenhähne, 53 Fasanenhühner und 28 Hasen erbeutet. Radeberg. Einen interessanten Fund machte im benachbarten Fischbach der Knecht des Oberförster- Franke. Er sand beim Ackern einen Topf voll Silber münzen im Gewicht von reichlich 3 Pfund. Von diesen Münzen stammen die ältesten, soweit eS sich erkennen läßt, aus dem Jahre 1624. Sehr gut erhalten waren eine Anzahl Speciesthaler. Viele der kleineren Silbsrmünzen hatten sich in Folge von Oxidation zum Klumpen geballt. Der ungefähre Werth sämmtlicher Münzen dürfte 3—400 Mk. betragen. Der Fund soll zur Begutachtung zunächst in die Dresdner Münze gebracht werden. Döbeln. Der hies. Luther-Denkmalsonds, welcher im Jahre 1883 bereits gegründet worden ist, beträgt jetzt 1481,tO Mk. Hoffentlich fließen diesem Fonds bald neue Beiträge zu, damit da« Denkmal Hierselbst in nicht zu ferner Zeit auSgeführt werden kann.