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ZlhimbuM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. and Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mr. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Kolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf Inserate pro Zeile IO Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für de» Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 8. Juli 157. 1884. Auf Anordnung der Königlichen Kreishauptmannschaft zu Zwickau wird hierdurch veröffentlicht, daß Seiten dieser Oberbehörde nach dem Reichsgesetze, die Krankenversicherung der Arbeiter betr., vom 15. Juni vorigen Jahres das ortsübliche Tagelohn gewöhnlicher Tagearbeiter, welches der Berechnung sowohl der bezüglichen Versicherungsbeiträge und des Krankengeldes bei der Gemeinde-Krankenversicherung, als des Sterbe geldes bei den Orts- und Betriebs-(Fabrik-)Kranken-Kassen zu Grunde zu legen ist, bis auf Weiteres Festsetzung erfahren hat, wie folgt, für: erwachsene (d. i. über 16 Jahre) jugendliche (d. i. unter 16 Jahre, darunter Lehrlinge) männliche, weibliche, männliche, weibliche Tagearbeiter 1,50 1,00 1,00 0,60 Waldenburg, den 7. Juli 1884. Der Stadtrath. Helbig. Es wird hiermit besonders darauf hingewiesen, daß die Unsitte des sogen. Polterns bei Hochzeiten unter § 360,n des Reichs-Straf-Gesetz-Buchs fällt und danach zu bestrafen ist. Waldenburg, den 7. Juli 1884. Der Stadtrath. Helbig. Auf Antrag wird bekannt gemacht, daß der Gasthofsbesitzer Herr Fried rich Ernst Pohlers in Dürrengerbisdorf wegen Geisteskrankheit ent mündigt und für ihn der Gutsbesitzer Herr Johann Friedrich Nagel daselbst als Zustandsvormund hier bestellt worden ist. Vor Creditgewährung an Pohlers wird deshalb gewarnt. Penig, am 5. Juli 1884. Königliches Amtsgericht. Heinzmann. -Waldenburg, 7. Juli 1884. Ein russisches Sprichwort sagt: „Auf eine Lüge, die entdeckt, setze eine zweite größere; Du wirst sicher Gläubige finden und schließlich glaubst Du es selbst!" Diesem Grundsätze gemäß scheinen die Redacteure des sogenannten „Reichsfreund", die Herren Eugen Richler, Hermes und Parisius, zu handeln. Trotzdem die Beschuldigungen Bambergers in der letzten Sitzung der Budgetcommission des Reichstages, daß die Dampfersubventionsvorlage nur zur Förderung überseeischen Gründungsschwindels erfolgt sei, als Verleumdungen nachgewiesen sind, fährt das bezeichnete Blatt, welches allerdings schon durch die in seinem Namen liegende Unwahrheit hierzu besonders qualificirt erscheint, fort, dieses Thema in verstärktem Maße zu behandeln, nur mit dem durch das Strafgesetz bedingten Unterschiede, welches bekanntlich der Presse das parlamentarische Privile gium der Beleidigungsfreiheit nicht gewährt, daß die Beschuldigungen sich gegen Ungenannte richten. ,Jrgend etwas besonderes muß doch dahinter stecken" (hinter der Dampfervorlage nämlich), sagt da« Blatt in seiner jüngsten Nummer in der Manier jener boshaften Klatschbase, welche sich von dem süßen Zweifel nicht lossagen kann, daß alle die hübschen bösen Gerüchte über die liebe Nachbarin unwahr sein sollten; „Wahlmanöver allein konnten dieses hitzige Vorgehen für eine phantastisch» Colonialpolitik doch nicht rechtfertigen . . . ." heißt es sodann und nun geht dem würdigen Kleeblatt ein strahlendes Licht auf: „Eine neue Art von Gründungen steckt dahinter. Gründungsschwindel der allergefährlichsten Art kann daraus erwachsen. Ueberseeische Gründun gen, das ist eine ganz neue in Deutschland seit Menschengedenken nicht erprobte Spielart von Grün dungen! Darum, Ihr Bürger: Haltet die Taschen zu!" Am besten schützen sich diese angedrohten, braven Bürger natürlich dadurch, daß sie Leute von der „freisinnigen Partei wählen; diese Herren, und an ihrer Spitze Herr Bamberger, wissen allerdings mit den Gründungen genau Bescheid und wie schlimm es dabei dem armen kleinen Kapitalisten ergeht. Darum klingt es, so meint die „Staatsb.-Ztg.", fast wie Hohn, wenn der „Reichsfreund" am Schluffe seines Artikels Hrn. Bamberger's „Verdienste" in folgender Weise feiert: „Herr Lasker hat seinerzeit die öffentliche Kritik Segen die Gründungen wachgerufen. Damals aber war schon viel Geld verloren. Das Veroienst des Herrn Bamberger ist e«, rechtzeitig auf die Gefahr einer neuen Mißleitung des deutschen Unterneh mungsgeistes auf überseeische Gründungen aufmerk- S-macht haben." w Hr- Bamberger al»Schutzengel gegen schwindelhafte Endungen! Lasker übertroffen durch Bamberger! schj^r Gedanke, der der erheiternden Wirkung den weitesten Kreisen sicher sein kann. Derartige Leistungen sind eines Blattes, dessen geistiger Leiter Eugen Richter ist, ganz würdig. Dieser Mann scheint wirklich die geschichtliche Mission zu haben, alles, was er erstrebt, zu discreditiren. In den Bemühungen um ein Mandal und in der Sorge, dies Mandat nicht bei dem nächsten Wahlgange einzubüßen, in dem unablässigen Bestreben, Unzu friedenheit und Mißtrauen zu verbreiten, jede positive Arbeit zu stören, die Regierung zu verdächtigen und zu beschimpfen, möge sie thun, was sie will — darin besteht der Inhalt seines Lebens. Vergebens späen wir, heißt es in einem Artikel des „Grenz boten" mit Recht, nach irgend einem schöpferischen Gedanken. Zu dem Ja des Reichskanzlers Nein sagen, das ist das ganze Programm des Politikers, durch dreiste Behauptungen verblüffen, sich nie durch Gründe und Beweise beirren lassen, das zehnmal Widerlegte zum elften Male ungescheut vorbringen, zanken, ärgern, reizen, beleidigen, das ist seine Taktik. Skandal machen, um gewählt zu weisen, und ge wählt werden, um Skandal zu machen. Richter und seine Leute sind die Repräsentanten einer absterbenden Generation. Meint man nicht in Herrn Bamberger's Worten über die Dampfer vorlage die Auslassungen eines jener verschollenen Weisen zu hören, welche einst genau berechneten, daß Eisenbahnen sich nie rentiren könnten uno nur dazu dienen würden, das ehrsame Gewerbe der Frachtfuhrleute zu ruiniren, oder jenes mythischen Scholasttkos, der nicht baden wollte, bevor er schwim men gelernt habe? Diese Leute finden keinen Widerhall mehr im deutschen Volke. -Waldenburg, 7. Juli 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Den getroffenen Dispositionen gemäß wollte Kaiser Wilhelm am Sonntag Abend von Ems in Kob lenz eintreffen und daselbst bis zum 9. d. M. ver weilen, um dann nach der Insel Mainau zu reisen. Die Ankunft in Wildbad Gastein erfolgt am 15. Juli. Am 9. August findet die Zusammenkunft mit dem Kaiser Franz Joseph in Ischl statt. Wie in der letzten Sitzung der Kölner Stadtverordnetenver sammlung mitgetheilt ist, wird der Kaiser während der Herbstmanöver auch der Stadt Köln einen Be such abstatten, um die Stadterweiterung und den Dom ohne Baugerüst zu sehen. Eine Festlichkeit ist indeß verbeten. Der Bundesrath hielt am Sonnabend unter dem Vorsitz des Staatssekretärs von Bötticher eine Sitzung ab, in der nur Zoll- und Verwaltung«- angelegenheilen erledigt wurden. Die letzte Sitzung vor den Ferien wird am Mittwoch statthaben und namentlich der Errichtung de« Reichsversicherungs amtes gewidmet sein. Der Zollanschluß von Bremen, die Anträge Windthorst und Ackermann werden also erst im Herbst zur Erledigung kommen. Ein Antrag auf Verhängung des kleinen Belagerungszustandes über Elberfeld und Barmen, der angekündigt war, ist dem Bundesrath ebenfalls noch nicht zugegangen. Die „Nordd. Allg. Ztg." beschäftigt sich in einem leitenden Artikel mit der Frage des künftigen Reichskanzlers. Sie führt aus, die deutschfrei sinnige Partei habe ein Reichsministerium nach Art des englischen, mit Herrn von Stosch an der Spitze geplant und schließ! mit folgenden Sätzen: „Wenn die Freisinnigen heute sich dagegen verwahren, daß sie jemals an einen Reichskanzler von Stosch gedacht haben, so ist das wohl verständlich, aber hübsch ist es nicht, daß sie nun, nachdem sie ihren Candidaten für politisch todt halten, ihn als einen Conservativen und daher für die Stellung eines Reichskanzlers un fähigen General hinstellen. Auch wird ihnen eine solche Verdunkelung der Thatsachen schwerlich ge lingen. Daß Herr von Stosch ihr Candidat war, ist eine zu gut beglaubigte Thatsache und die Be hauptung, der genannte General sei die Hoffnung der Conservativen gewesen, ist mit besonderem Un geschick erfunden." Zur Colonialfrage liegen wieder eine Reihe der verschiedensten Meldungen vor. Nachdem zu nächst die Mitglieder des Consortiums, welches die Samoa-Actien erworben, erklärt, dies Geschäft sei nicht mit Rücksicht auf die Dampfer-Subventions vorlage abgeschlossen, antwortet der Abg. Bamberger, der die betr. Behauptung in der Budgetcommission des Reichstages indirect aufgestellt, er habe Niemand persönlich verletzen, sondern nur Aufklärung schaffen wollen. Ein letztes Urtheil über den Zusammen hang des Actienerwerbes mit der Dampfersubvention werde man sich erst allmählich bilden können. — Weiter kommt aus Hamburg die Nachricht, die Mit- theilung, es solle eine deutsche überseeische Bank nach dem Muster der Reichsbank ins Leben gerufen wer den, sei zum mindesten sehr verfrüht. Die einleiten den Berathungen hierüber würden erst zum Herbst beginnen. — Endlich bestreitet die Nordd. Allg. Ztg. noch eine Meldung aus Rom, in Syrien sollten deutsche Colonisationsbestrebungen unternommen werden. Die Berliner Innungen haben jetzt einen Jnnung«- ausschuß gebildet, und damit einen Berliner Jnnungsbund. Ferner soll noch die Errichtung eines Centralbureaus sämmtlicher deutscher Jnnungs- verbände in Berlin angestrebl werden. Zum amerikanischen Gesandten in Berlin ist da« Congreßmitglied John Kasson ernannt und vom Senat der Vereinigten Staaten von Nordamerika bestätigt worden. Frankreich. In Saint-Cye fand am Sonnabend eine kleine