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Nummer 75 — 24. Jahrgang Smal wöchtl. Bezigzprkl»: für M«rz 2.8» rinläst. Bestellgeld. «nzeacnprriser Tt« laesp. Petit,«'!« S» Stellengesuche 20 Tt« Petit-ReNamezeil« Ä Millimeter breit. 1 ^ Offertengebühr für Selbst abholer 2V H, bet Uebersendnng durch dt« Post außerdem Portozu chlag. «iuzel-Nr. 10. SonntagS.Nr. 1» H'. «elchäftlicher Teil: Joses Foh mann, Dresden- Sücllssscke Dienstag, 31. März 1928 Im Falle höherer Gewalt erlischt ,ede Verpflichtung aus Lieferung sowie Erfülluna von Anzeigen-Aufträgen ul Leistung von Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernruf übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Verant- woriung. Unverlangt eingesandte und mit Rückporto nickt versehene Manuskript« werde» nicht aukbcwahrtz Sprechstunde der Re aklion d bis 6 Uhr nachmittag», Hauptschnfileiter: Dr. Josef Albert Dresden, tolrmann VUse,«> 8 Eine » v-rlölunafit» S alle «litte». » tragende » Nur vei Bohr » Dresden-A. S » Ovlilw. Anstalt » ^ Waisenhaus- F ... " .«< E» ,»», »Ad volrsrettüng NotiNstt ßtzüdel todsnnssstr. IS Ok-oröen «Srs»i>,«»stell« der SstSstsa e» Bolks»»it»»g und Lraik und Verlag i Saxonia-Buchdruckerei GmbH. Dresden-«»?». IS. Holbetnslrnk« ««. jemals 327». Postscheckkonto Dresden IS707. Für chrislliche PoltNK und Kultur Redaktion der Sächsische» Vo!ks,e,«»ng Dresden-Allst. 18. Holdem!»sitze ««. gernrnt 3/7N und 3A>St Der Stimmenverlust -er Parteien in Sachsen — Nur die Kan-i-akur Marx erringi einen bedeutenden Erfolg Die Entscheidung über den zukünftigen Präsi denten ist durch die gestrige Dahl noch nicht gefallen. Sie hätte nur dann eintreten können, wenn irgendeine grö ßere Gruppe, beispielsweise um Braun oder Iarres, ihre Wähler vollzählig aufgebracht, die übrigen Parteien da gegen sehr mäßig an der Wahl beteiligt gewesen wären. Dadurch hätte die größere Gruppe über die Hälfte der Ge samtstimmen ausbringen können, womit der Kandidat ge wählt gewesen wäre. Dieser Fall aber erschien von vorn herein ausgeschlossen, denn es war unbedingt mit einer verhältnismäßig hohen Wahlbeteiligung inallen Lagern zu rechnen. Das ist denn auch eingetreten, trotzdem im Berhältnis zum 7. Dezember immerhin ein Rückgang der Wahllust vielleicht um 7 bis 8 Prozent zu verzeichnen ist. Weil die Parteien ihre Kandidaten einzeln auf gestellt hatten, kann man bei der Beurteilung der gestri gen Wahl auch in erheblichem Maße von einem Zuwachs oder Verluste Vieser Parteien sprechen. Eins fällt auch bei dieser Wahl sofort wieder auf: Der überaus starke Zurückgang der extremen Richtungen. Die Kommunisten haben eine ganz gewaltige Einbuße zu ver zeichnen, oie auf das ganze Reich bezogen, ungefähr ein Drittel des Parteibestandes ausmacht. Die Nationalso zialisten sind sogar von rund 900 000 am 7. Dezember auf rund 210 000 zurückgegangen. Ein Teil der national sozialistischen Führer war bekanntlich für Iarres einge treten. Das bedeutet natürlich noch nicht, daß sie bei einer anderen, etwa Reichstagswahl, nicht ihre eigenen Wege weitergehen werden. Insofern ist also hier nur be dingungsweise von einem Rückgang zu sprechen, während bei den Kommunisten ein absoluter gewaltiger Ver lust feststeht. Bei der Betrachtung der übrigen Parteien hat die Iarresgruppe die höchste Stimmenzahl für ihren Kandida ten aufgebracht. Das könnte auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, als habe Iarres einen wirklichen Sieg bereits in dieser ersten Wahl errungen. Die Dinge liegen aber in Wirklichkeit ganz anders. Die Iarres gruppe setzt sich zunächst aus zwei großen Parteien, Ken Deutschnationalen und der Deutschen Bolkspartei, zusain- men. Außerdem treten noch hinzu die Wirtschaftspartei (in den meisten Gegenden vollzählig, in einigen wenigen nur teilweise), die Deutschsoziale Partei, der Reichsbund für Aufwertung, der größere Teil der Nationalsozialisten oder Völkischen und andere kleinere Gruppen. All diese Parteien und Gruppen haben zusammen (der soge nannte Rechtsblock) die Stimmen für Iarres aufgebracht. Alle übrigen Kandidaten aber hatten nur eine Partei hinter sich. An diesem Matzstab müssen die Dinge gemes sen werden. Die größere Zahl, die Iarres im Verhältnis zu den anderen Kandidaten erreichte, ist deshalb nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Sie erreicht aber nicht einmal d i e Höhe, die man unbedingt auf der Rechtsblockseite erwartet hatte. Die Endergebnisse der übrigen Parteien für das ganze Reich berechnet sind so, daß die Sozialdemokraten (Braun) auf Kosten der Kom munisten gewonnen haben, die Demokraten (Hellpach) nicht unerhebliche Verluste aufweisen und das Zentrum seinen alten Bestand bewahrte. Am interessantesten und für uns letzten Endes mit am bedeutungsvollsten sind die Ergebnisse in Sachsen. Es ist zunächst auffallend, daß die Kandidatur Braun un gefähr dieselbe Stimmenzahl aufweist, wie sie die sozial demokratische Liste am 7. Dezember hatte (Nur ein ge ringer Verlust von rund 3000 Stimmen ist vorhanden), daß aber die sächsischen Kommunisten rund 90 000 Wäh ler verloren haben. Die Sozialdemokraten hätten also in Wirklichkeit einen Zuwachs verzeichnen müssen, da die Kommunisten zu keiner anderen Partei abwandern kön nen. Da das aber nicht der Fall ist, kann dieser Ausfall nur durch eine ziemlich erhebliche Nichtbeteiligung der kommunistischen und zum Teil auch der sozialdemokra tischen Wähler erklärt werden. Und in der Tat ist ja auch diese Nichtbeteiligung im ganzen genommen für Sachsen ziemlich hoch. Allein in Dresden wählten im Vergleich zum 7. Dezember rund 24 000 Stimmberechtigte weniger. Diese Nichtwähler werden auch stark in den demokra tischen Reihemzu suchen sein, weil die demokratische Bar tei (Hellpach) m Sachsen rund 20 000 Stimmen einbüßte, trotzdem im Stadtbezirk Dresden ein Gewinn von 10 000 aufzuweisen ist. Einen überaus starken Verlust aber haben die im Rechtsblock vereinigten Parteien zu ner- «etchnen. Er beläuft sich im Vergleich zum 7. Dezember aufrund 100 000 Stimmen. Diese gewaltige Zahl Hann nicht mehr einzig und allein durch die Zahl der Nicht- «aähler erklärt werden. Man muß hier von einem a b« soluten Stimmenrückgang sprechen. Man muß es um somehr, wenn man berücksichtigt, daß in Sachsen auch die Nationalsozialisten für Iarres aufgefordert hatten, daß diese tatsächlich rund 45 000 Stimmen von denen des 7. Dezember abgegeben haben und trotzdem der hohe Verlust des Rechtsblock bestehen bleibt. Von all den anderen Aufforderungen und Aufrufen der sog. „vaterländischen Verbände", des „Evangelischen Bundes" usw. wollen wir hier garnicht reden. Sämtliche vorgenannten Parteien haben also in Sachsen Verluste erlitten. Die einen weniger, die anderen mehr. Braun, Hellpach. Iarres, Ludsndorff, Thälemann (der bayrische Ministerpräsident Held kann außer acht gelassen werden) haben also nicht den Erfolg gehabt, den sie ohne Zweifel erwarteten. Nur ein ein ziger unter den sieben Kandidaten hat einen über aus beachtenswerten Erfolg zu verzeichnen. Das ist Marx, der vom Zentrum ausgestellt war. Marx allein hat nicht nur keinen Verlust, sondern einen über 20p rozentigen Zuwachs an Stimmen erreicht. Während am 7. Dezember 25 902 Stimmen für ihn abgegeben wurden, ist fetzt die Zahl auf 31 360 gestie gen. Das bedeutet einen Gewinn von 5458 Stimme n. Selbst wenn in dieser Zahl ein großer Prozentsatz der wendischen Stimmen (am 7. Dezember insgesamt 4395 Stimmen) inbegriffen ist, so bleibt trotzdem noch ein wesentlicher Gewinn. Es ist nämlich noch etwas Wesentliches zu bemer ken: Bei der so großen Zahl der Nichtwähler, wie sie diesmal ganz allgemein zu verzeichnen sind, entfällt rein statistisch auch ein gewisser Prozentsatz davon auf das Zentrum. Unter diesem Gesichtspunkte gesehen, wäre an und für sich schon das ein Gewinn, wenn die Partei nur den alten Be st and gewahrt hätte. Da sie aber trotz der Nichtwähler und trotz des Abzugs der wendischen Stimmen darüber hinausgeht, so ist das ganz bedeutungs voll. Man kann natürlich auch annehmen, daß das Zen trum infolge seiner ausgezeichneten Diszipli niertheit nur sehr spärlich vonNichtwählerii durchsetzt ist. Das wäre natürlich ein neuer Vorzug gegenüber den anderen Parteien, die so wesentlich unter der Wahlmü digkeit gelitten haben. Mau. mag die Dinge cmsehen, wie man will: Das Endresultat ist in jedem Falle ungewöhn lich groß. Unter den größeren Städten hat Chemnitz einen Zu wachs von rund 57 Prozent an Stimmen für Marx zu verzeichnen (von 1301 am 7. Dezember auf 2050), Leipzig weist einen 18prozentigen Zuwachs auf (von 3416 auf 4019), Bautzen 4- 12 Prozent, Zittau und Schirgismalde sind ebenfalls in guter aussteigender Linie begriffen. In Dresden. Zwickau und Plauen hat sich die oben erwähnte Mahlmüdigkeit bemerkbar gemacht, wodurch die alte Stimmenzahl nicht ganz gehalten wurde. Diese Städte können sich deshalb ein Beispiel an dem Pflichtbewußtsein der übrigen tatkräftigen Wählerschaft des Landes neh men. Vei der zweiten Wahl am 26. April darf auch nicht ein einziger Wähler sich durch irgendeinen Umstand, am allerwenigsten durch das schlechte Wetter von der Wahl abhalten lassen. DieBedeutung der politischenMitte wächst von Mona tzu Monat. Sie wächst varallem inder Diaspora. In sämtlicken deutschen Diasporaoebietcn hat Marx gestern einen Sieg errungen. Ueberall ist di« Stimmenzahl vom 7. Dezember überschritten. Das ist ein Ruf zur Tat, zur Besinnung, zur Auswirkung aller Kräfte, die in unseren, Lande noch zur Verfügung stehen. Jetzt gilt es, in breiterer Front zu marschieren. Alle Erfolge der Kandidatur Marx sind ohne gro ßes Zutun von äußeren Veranstaltungen, von „großange- legten" Reden in Wahlversammlungen usw. zustande gekommen. Die Masse erkennt, daß nicht der Mann ein Politiker ist, der das Vaterland mit Warten zu retten ver meint, sondern derjenige, der in der Tat sich seinem Lande opfert. Das war und ist Niarx. I. A. Der erste Wahlgang unentschieden Berlin, den 30. März. Das vorläufige abschließende Ergebnis der Neichspräsidentenwahl zeigt folgende Stimmenzahlen: Insgesamt entfielen öOOOO Stimmen. Braun (Soz.) Held (BBP.) Hellpach (Dem.) Iarres (Rechtsp.) Ludendorff (Nats.) Marx (Zentrum) Thälmann (Komm.) ans die genannten Kandidaten 26291401, auf andere Kandidaten rund 7 912 OIL Stimmen 1005 318 1582 414 1V 389 870 210 968 3 910659 1885 778 ff ff Sie «Wir Mm eriW? Berliner Pressestimmen. Berlin. SV. März. In Sonderausgaben würdigen die Montagsmorgenbtiitter nur vereinzelt die Präsidentschasts- wahlen. Eine Stellung hierzu nimmt nur der „Vorwärts" ein, der zu dem Schluß kommt, daß di« Sozialdemokratie keine Aussicht hat, im zweiten Wahlgange soviel Wähler der Mitte mitzureißen, daß st« den Iarresblock schlagen kann. Dann müsse aber dieser notwendige Erfolg durch eine Republi. konische Sammelkandidatur erreicht werden. Der „Montagmorgen" erwartet von Marx eine große republikanische Einigungsrode, die den Sozialdemokraten den nicht ganz leichten Weg erleichtern solle. — In der „Welt am Montag" schreibt H. von Verlach „Die Gefahr Geßler": Die Rechtsparteien würden trotz aller entgegengesetzt lautenden Ver sicherungen im zweiten Mahlgang nicht an der Kandidatur Iarres fcslhalten, sondern Geßler als bürgerlichen Einheits kandidaten vorschlagen. Die Gefahr Geßler könne nur dadurch beschworen werden, daß die Sozialdemokratie, die durch Auf stellung ihrer Sondcrkandidatur eine schwere Schuld auf sich geladen habe, im zweiten Wahlgang zugunsten der Kandidatur Marx verzichtet. Die Berliner Rechtsblätter, so die „D. A. Z." und die „Zeit" suchen das Wahlergebnis für Iarres günstig zu deuten und wenden sich besorgt gegen die Möglichkeit (die heute eine Wahrscheinlichkeit ist. D. Red.), daß die Kandidatur Iarres für den zweiten Wahlgang nicht wieder aufgestellt werden könnte. Iarres für die Bayrische Voiksparlei unlragbar Bamberg, den 30. März. In einer Wahlversammlung der Bayrischen Bolkspartei teilte der Vorsitzende der Reichs- tagefraktion Domkapitular Dr. Leicht mit, daß die Bayrisch« Bolkspartei im 2. Wahlgang nicht für Iarres stimmen werde, doch würde sie für »inen anderen Sammelkandidaten sosort zu haben sein. Duisburg gegen seinen Oberbürgermeisler Duisburg, SV. Mürz. Das Endergebnis der gestrigen Reichs. Präsidentenwahl im Stadbezirke von Duisburg, dessen Ober- bürgermeister bekanntlich Dr. Iarres ist, lautet folgender- nmhen: Braun 27 987 <21 922). Held 21» (-). Hellpach 2332 (4814). Iarres 30 802 <S7 4«S). Ludendorff 775, Marx 31810 (80 813), Thülinann 10278 <14 581). Line sinn- unci xesLbrnaekvolle Ostergabe: kiläel- cles Leisters mit Verslein Mtdälis 8cllie8t! 8 kalkige unä mekr als 6» sekvvsrre V/lccIe»gaden ged. Preis 4.— S. SAlIM. LL VMlN-ii.. 8ckloll,tr. 32. pernrut 2V1S2