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Dienstag. Ur. 4. Januar 1869. Weißerih-Zeitung. M Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Aemter nad Itadträthe zu Dippoldiswalde and /rauensteiu. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Verantwortlicher Redakteur: Lari Fehne in Dippoldiswalde. Das neue Wahlgesetz zu unseren Ständekammern liegt nun vor. Als Fortschritt desselben ist anzuerkennen, daß die Staats angehörigen jeder Confession nun gleiche bürgerliche und staats bürgerliche Rechte genießen, also auch die Juden, die bekanntlich gerade in Sachsen ungemein beengt waren, mit den Christen politisch gleichgestellt sind. Ansässigkeit und christliches Glaubensbekenntniß sind nicht mehr erforderlich zur Stimmberechtigung: der Wähler muß nur das 25. Lebensjahr inne haben und sächsischer Staats angehöriger sein, und zur Wählbarkeit ist das 30jährige Lebensalter und ein 3jähriger Besitz der Staatsangehörigkeit nothwendig. Für die Annahme der Wahl zum Abgeordneten findet ferner kein Zwang mehr statt, der Abgeordnete kann auf sein Mandat verzichten, während des Landtages jedoch nur mit Beistimmung der Kammern. In der Zusammenstellung der Kammern selbst werden Veränderungen eintreten und zwar für die Erste Kammer: 1) Wir haben keine 12 auf Lebenszeit gewählte Abgeordneten der Rittergutsbesitzer mehr, sondern „12 auf Lebenszeit ge wählte Abgeordnete der Besitzer von Rittergütern und anderen größeren ländlichen Gütern." Stimmberechtigt für diese Wahlen sind alle Besitzer solcher Güter, die 3000 Steuer einheiten, wählbar alle diejenigen, deren Güter 4000 Steuer einheiten haben. Die „zehn vom König nach freier Wahl auf Lebenszeit ernannten Rittergutsbesitzer" werden künftig nicht mehr unbe dingt „nach freier Wahl" ernannt, sondern der König ist dabei gebunden an die Besitzer von größeren Rittergütern zu mindestens 4000 Steuereinheiten. Der König ernennt jedoch noch fünf Mitglieder auf Lebenszeit nach völlig freier Wahl, gleichviel ob Angesessene oder nicht. Minister im activen Dienst und besoldete Hof- beamte können nicht ernannt werden. Für die Zweite Kammer fällt die ständische Glie derung (nach Ritterschaft, Städten, Bauern) weg; es bleibt jedoch die Trennung von Stadt und Land. Die Kammer besteht aus 45 Abgeordneten des platten Landes, 35 der Städte. Das platte Land wird daher in 45 Wahlkreise ge- theilt; von den städtischen Abgeordneten fallen aus Dresden 5, Leipzig 3 , Chemnitz 2, Zwickau 1, die übrigen werden in 24 Wahlkreisen gewählt, in welche die sämmtlichen übrigen Städte zusammengeschlagen sind. Die theilweise Erneuerung der Zweiten Kämmer — jedesmal zu einem Drittel — ist beibehalten; die Landtags perioden sind zweijährige (statt der bisherigen dreijährigen), folglich die Wahlperioden sechsjährige (statt der bisherigen neunjährigen). Die beschlußfähige Zahl, welche bisher für die Zweite Kammer zwei Drittel war, ist auf die Hälfte herabgesetzt. Das Stimmrecht für die Zweite Kammer steht allen im übrigen dazu befähigten Ortseinwohnern (nicht blos den Bürgern) zu, welche entweder Eigenthümer eines mit Wohnsitz versehenen Grundstücks im Orte sind oder von einem anderen ihnen eigenthümlich gehörigen Grundstücke 1 Thlr. Grundsteuern, oder 1 Thlr. directe Personalabgaben, oder an Grundsteuern und Personalabgaben zusammen 1 Thlr. jährlich entrichten. Zur Wählbarkeit gehört (außer den allgemeinen Bedin gungen) ein Steuersatz von 10 Thlr. entweder aus Grund steuern oder aus direkten Personalabgaben oder aus beiden zusammen. Das Wahlverfahren ist direct und geheim. Als gewählt ist zu betrachten, wer in einem Wahlkreise die meisten der abgegebenen gültigen Stimmen, mindestens aber ein Drittel derselben erhalten hat (also relative, nicht absolute Mehrheit). Wenn keiner der Kandidaten mindestens ein Drittel erlangt hat, findet eine engere Wahl zwischen den beiden statt, welche die meisten Stimmen hatten. Die Anmeldung der Militärpflichtigen zur Einschreibung in die Stammrollen. Die Militär - Ersatz - Instruction für den Norddeutschen Bund vom 26. März 1868 schreibt in ihrem tz. 59 die Anmeldung der Militärpflichtigen zur Einschreibung in die Stammrolle vor. Es haben sich daher alle Militärpflichtige, welche in diesem Jahre das 20. Lebensjahr vollenden, behufs Eintragung ihrer Namen in die Stammrolle innerhalb der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar bei den mit Führung der gedachten Stammrollen beauftragten Behörden und zwar in den Städten bei den Stadträthen und auf dem platten Lande, also auf den Dörfern, bei den Gemeinde por ständen unter Vorzeigung ihrer Geburtsscheine, welche von den Pfarrämtern unentgeldlich auszustellen sind, an zumelden, und zwar bei 10 Thlr. Geldstrafe, welche bei et waigem Unvermögen der sich Nichtmeldenden in Gefängniß- strafe zu verwandeln ist. Es haben sich zu melden u) Diejenigen, welche sich am Orte ihres gesetzlichen Do- micils oder in dem Musterungs- (Aushebungs-) Bezirke aufhalten, zu welchem derselbe gehört, an diesem; h) Studenten, Schüler, Haus- und Wirthschaftsbeamte, Handlungsdiener und Lehrlinge, Handwerks-Gesellen, Dienstboten, Fabrikarbeiter und andere in ähnlichen Verhältnissen lebende Militärpflichtige an dem Orte, wo sich die Lehranstalt befindet, beziehendlich wo sie in Arbeit oder Dienst stehen u. s. w., sofern dieser Ort nicht zu demselben Musterungsbezirk gehört, wie ihr Aufenthalts - Ort.