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Nr. 17 — 92. Jahrgang Telezr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Freitag den 20. Januar 1933 Postscheck: Dresden 2640 Die Sitzung des Aeltestenrates in Kraft tretenden Verordnung eine Reihe von Zolländerungen verfügt. So werden u a. frische Kartoffeln in der Zeit bis zum 14. Februar mit 4 (Obenaris 6). vom 15. Februar bis 31. März mit 20 (40) und vom 1. April bis 31. August niit 6 (8) Mark je Doppelzentner, Weißkohl mit 6 (42). Rotkobl, Wirsingkohl mit 4 (12) Mark je Doppelzemner, Nadelholz, nicht über 7 Meter lang und nicht über 22 Zentimeter am schwächeren Ende stark mit 0,80 (1) Mark je Doppelzentner bzw. 4,80 (6) Mark je Festmeter, Sardellen, Lachse, Meer- und Seeforellen mit 3 (7,50), andere Fische einfach zu- bereitet mit 9 (15) Mark je Doppelzentner verzollt. Bei den Tarifpositionen Eigelb, Eiweiß und Eiweißstofse wird die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln im Sinne der Zollbestimmung nicht als gewerblicher Zweck angesehen. Weiterhin wird der Zollsatz für Kasein auf 60 Mark erhöht. Käsestofs zu gewerblichen Zwecken denatu riert genießt den ermäßigten Zoll von 2 Mark, wobei gleich falls die Futtermittelherstellung nicht als gewerblicher Zweck angesehen wird. Schließlich werden die Zollsätze für Tafelglas und Schrauben neu festgesetzt. nicht zuletzt von den Nationalsozialisten ab; denn nur mit ihrer Zustimmung wäre es möglich, ein solches Ermächti gungsgesetz durchzubringcn und damit den Reichstag für längere Zeit anszuschalten. Jedenfalls findet, wie man sicht, der Ältestenrat eine völlig ungeklärte Lage vor, und es wird für ihn nicht leicht sein, die vielen Fäden, die um Reichsrcgicrung und Reichstag von hüben und drüben gesponnen worden sind, zu entwirren. * Um die Entscheidung des Aeltestenrates. Berlin, 20. Januar. Die Berliner Blatter stellen über die Möglichkeiten, die sich bei den heutigen Verhandlungen des Aeltestenrates ergeben werden, Betrachtungen an. Dabei hebt die D.A.Z. hervor, daß die heutige Erklärung des Staats sekretärs Planck vor dem Aeltestcnrat darauf abgestellt sein werde, den Parteien die sofortige Entscheidung nahezulegen. Der Lokalanzeiger berichtet, der Reichspräsident habe entgegen Gerüchten, die von einer bevorstehenden Verkündung des Staatsnotzustandes wissen wollen, noch keinerlei Entschei dung getroffen. Es seien ihm auch noch keine Vorschläge unter breitet. Die Entscheidung des Reichspräsidenten sei so offen, daß man auch noch am Donnerstagabend in der Wilhelm- straße betont habe, daß sich der Reichspräsident in der Frage der Auslösung des Reichstages noch nicht gebunden habe. * BreNscheid über einen früheren Empfang beim Reichskanzler von Schleicher. Berlin, 20. Januar. In einer Vertrelerversammlung der S.P.D. im Bezirk Friedrichshain sprach, wie der „Vor wärts" berichtet, am Donnerstag der Vorsitzende der sozial demokratischen Reichstagsfraktion Dr. Breitscheid über rie Lage. Dabei habe Breitscheid auch die Gerüchte behandelt, die davon sprachen, daß das Reichskabinett von Schleicher den Reichstag auflöscn wolle, ohne Neuwahlen zum verfassungs mäßigen Termin auzuschreiben. „Dieser Plan", so sagte Breit scheid, „würde mir vollkommen ob urd erscheinen, wenn mir nicht der General von Schleicher, als ich vor seiner Berufung zum Reichskanzler im Auftrage der Partei bei ihm war, die Frage vorgelcgt hätte: Würde die Sozialdemokratie, wenn oer Reichstag wegen Arbeitsunfähigkeit aufgelöst und die Frist der Einberufung von Neuwahlen nicht eingehalten würde, des halb auf die Barrikaden gehen." Ich antworctct ihm: „Auf die Barrikaden will ich mich nicht festlegen; aber für die gesamte Arbeiterschaft wäre eine solche Handlung Veranlassung, mit allen ihr zur Verfügung stehenden gesetzlichen Mitteln gegen einen solchen Verfasfungsbruch vorzugcbcn. Eine solche Provokation der Arbeiterklasse wird ohne Zweifel die stärksten Stürme Hervorrufen." Lite »reue Zollverordnung. 2" Verfolg der vom Reichskanzler 'n seiner Rund- lunkrede^auf Grund der zurückgewonnenen handelspoli- Freiheu angekündiglen Zollmaßnaymen haben -strschssinanzminister, Reichsernährungsminister und Reichswirtschastsminister in einer am 1. Februar d. I. Verworrene Fäden. Der Ältestenrat des Reichstages tritt zusammen ... Der für Freitag anberaumtcn Sitzung des Ältesten rates des Reichstages wird in politischen Kreisen nach wie vor mit größter Spannung entgegengesehen, da die innenpolitischen Verhältnisse trotz vieler Besprechungen und Verhandlungen bisher auch weiterhin undurch sichtig geblieben sind. In die Besprechungen mit den Parteiführern sind vom Reichskanzler jetzt auch als Ver treter des Christlichsozialen Volksdienstes der Abgeord nete Simpfendörffer und der Fraktionsvorsitzcnde der Bayerischen Volkspartei, Prälat Leicht, mitein bezogen worden. Weiterhin ist bekanntgeworden, daß der frühere Reichskanzler von Papen am Donnerstag dem Reichspräsidenten über seine letzte Aussprache mit Hitler Bericht erstattet hat und im Anschluß daran vom Reichskanzler von Schleicher empfangen worden ist. Da gegen ist eine Zusammenkunft zwischen Schleicher und Hitler nicht zustande gekommen, trotzdem sich mehrere Politiker um eine solche bemüht hatten. Für die Neichsregierung wird Staatssekretär Planck an der Sitzung des Ältestenrates tcilnehmen. Er wird dabei den Standpunkt der Regierung dahin um reisten, dast sie einen Bcschlust, den Zusammentritt des Reichstages hinauszuschieben, als klare Tolerierung der Negierungspolitik auslegen und demgemäß volle Handlungsfreiheit für sich selbst in Anspruch nehmen werde. Falls der Reichstag einberufen und die Behand lung von Mißtrauensvoten beschlossen werden soll, werde die Regierung zur Auflösung schreiten müssen. In politischen Kreisen ist darauf hingewicsen worden, daß der Reichskanzler sich noch nicht im Besitz deS Auf- löfungsdekrets befinde, daß vielmehr der Reichspräsident sich alle Möglichkeiten offengclasscn habe. Im Zusammen hang mit diesen Gerüchten war auch die Nachricht ver breitet, dast die Stellung des Reichskanzlers erschüttert fei. Doch wollen sonst gut unterrichtete Kreise wissen, daß diese Nachrichten fehlgchen und dast von einer Erschütterung der Negierung Schleicher leine Rede sein könne. Schleicher sei sicher, das Auflösungsdclrct vom Reichspräsidenten zu erhalten, falls dicS notwendig sein sollte. Die Bemühungen, den Zusammentritt des Reichs tages am 24. Januar hinauszuschieben, sind auch in den letzten Tagen fortgesetzt worden. In Zentrums kreisen soll man nach wie vor bemüht sein, für die Regierung Schleicher ein Ermächtigungsgesetz durchzubringen, und zwar „für einen Zeitraum, der groß genug wäre, um der Negierung die Turchfühung eines um fassenden Sanierungswcrkes zu ermöglichen". Ob das Zentrum mit diesen Wünschen Erfolg haben wird, hänat sitzende, Dr. Schrader-Altlandsberg, die zahlreichen Vertreter der Behörden und die Ehrengäste und erklärte, daß die märki schen Bauern Mann für Mann hinter der Leitung desReichslandbundesstehen. Seine Ansprache klang in die Feststellung ans, daß der deutsche Bauer eine starke Hand in der Negierung fordere und zum Kampfe auf Leben und Tod entschlossen sei, nm seine ererbte Scholle zu erhalten. Ter Parteihader müsse aus dem Landbund verschwinden. Graf Kalckreuth, der stürmisch begrüßt wurde, bemerkte einleitend, daß der Reichslandbund kein Wort von der scharfen Entschließung zurücknehme, die ein so erfreulich scharfes Echo gefunden habe. Unter sehr scharfen Angriffen gegen die Politik der Reichsbank und besonders des Reichswirtschastsministcrs wandte er sich gegen den „Exportfanatismus", der auf Kosten der deutschen Landwirtschaft und des deutschen Arbeitsmarktes betrieben wird. Die Zahl der deutschen Arbeiter, die mit der Herstellung der exportierten Waren ins gesamt beschäftigt werden, beträgt nur etwa die Hälfte derer, Vie durch den Import russischen Holzes arbeitslos geworden sind. Der Redner unterzog besonders die Preise der Export industrie einer scharfen Kritik, wobei er es als unverant wortlich bezeichnete, daß dieselben Erzeugnisse zum Teil im Auslande zu einem Drittel des Preises verkauft werden, welche man den deutschen Volksgenossen abfordert. Im einzelnen fordert der Reichslandbund: 1. Autonome Gestaltung der Zölle; 2. Kontingentierung der Einfuhr derjenigen landwirtschaft lichen Produkte, deren Zölle in Handelsverträgen noch gebunden bleiben; 3. möglichst schleunige Lösung der Verträge, die noch un erträgliche Bindungen enthalten. Gras Kalckreuth betonte, daß die Landwirtschaft eine weitere Belastung der Verbraucher nicht fordere, sondern auf dem Standpunkt stehe, daß der Landwirtschaft geholfen werden könne, ohne daß der Verbraucher auch nur einen Pfennig mehr zu zahlen habe. Die Landwirtschaft werde mit allen einigermaßen mit Legalität vereinbaren Mitteln für ihre Er- Aeichslandbund gegen Reichsivirischastsminister. Das Recht der deutschen Scholle. Da wegen der Notlage der Landwirtschaft der Reichsland bund in diesem Jahre auf seine große Berliner Hauptversamm lung verzichten muß, so bekam die Hauptversammlung des Niederbarnimer Landbundes ein besonderes Gewicht, über tausend Landmänner und Landfrauen — die Teilnahme der letzteren war auffallend stark — waren im Kriegervereinshause in Berlin ausmarschiert, um dem ge schäftsführenden Präsidenten, dem Grafen Kalckreuth, eine stürmische Kundgebung des Einverständnisses für seine Haltung in dem bekannten Konflikt mit der Neichsregierung darzubrin gen. Nachdem unter den Klängen des Fridericusmarsches die Fahnenabordnungen des Junglandbundes und der Rciter- vereine aus den ländlichen Vorortbahnbezirken der Reichshaupt stadt Aufstellung genommen hattet:, begrüßte der Kreisvor- Getreideflut. National wirtschaftliches Ziel mußte es namentlich nach den bitteren Erfahrungen des Weltkrieges vor allem für Deutschland sein, durch Steigerung der landwirtschaft lichen Erträge schließlich zu einer Selb st Versorgung Mindestens hinsichtlich der wichtigsten Lebensmittel zu ge langen. Nach der Unordnung der unmittelbaren Nach- lriegs- und der Inflationszeit hat auch tatsächlich eine fortdauernde Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeu gung eingesetzt, so daß der Durchschnittsertrag des ein heimischen Bodens heute um 25 Prozent größer ist als vor sieben Jahren. Nun aber ist im Jahre 1932 eine Ernte in die Scheuern gebracht worden, die beim Brot getreide noch weit über jenes Ziel der Selbstversorgung hinausgeschossen ist. Gewiß ist ebenso der Hektarertrag gesteigert und die Anbaufläche ausgedehnt worden, ge- ^iß konnte die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Roggenbrot allein durch die einheimische Erzeugung ge deckt werden, gewiß wäre eine Überproduktion von Brot getreide nicht erfolgt, wenn nämlich die Nachfrage ebenso groß geblieben oder ihr naturgemäßes Wachstum fortgesetzt hätte, aber — die Zeiten sind wirtschaftlich anormal geworden! Die Überproduktion trat ein, weil die Nachfrage, der Verbrauch von Brotgetreide infolge der Wirtschaftskrise erheblich gesunken ist. Die Kaufkraft der Bevölkerung schrumpfte infolge der Arbeitslosigkeit ein und damit kreuzte sich sozusagen der Ertrag einer guten Ernte mit dem Bedarf. Wenn die Getreidepreise jetzt tiefer stehen als selbst m der Vorkriegszeit, fo ist dies deswegen der Fall, ^eil eine einheimische Überversorgung tatsächlicher Art einen fortgesetzten Druck auf die Preise ausübt. Bekannt lich versucht dkd Regierung durch Weiterführung der Ge - lreidestützungsaktion das Überangebot am ^etreidemarkt zu mildern, soweit dies in ihren — be schränkten — Mitteln steht. Aber einen wirklich durch schlagenden Erfolg im Sinne einer Preisstabilisierung "der gar Preiserhöhung haben derartige Versuche einer »Marktregulierung" doch nur sehr bedingt, namentlich dann, wenn jenem Überangebot eine nur sehr zögernde Nachfrage gegenübersteht, die jetzt um vieles geringer ge- lvorden ist als noch im Vorjahre. Wir haben 1932 eine beträchtlich größere Weizen- ernte gehabt als 1931; im letzten Wirtschaftsjahr Mußten noch 600 000 Tonnen Weizen aus dem Ausland eingeführt werden, um den Bedarf zu decken. Jetzt stehen die Dinge aber ganz anders. Selbst wenn jener frühere Einfuhroedarf restlos durch die einheimische Erzeugung ersetzt wird, bleibt immer noch ein beträchtlicher Vorrat übrig, — wenn sich eben nicht die Kaufkraft der Verbrauchermassen hebt. Geschieht das Gegenteil — was Mir alle nicht hoffen —, dann würde der Überschuß aus der letzten Weizenernte noch größer werden. 1932 hat die Weizeneinfuhr uns noch 106 Millionen Mark gekostet, die Mir an das Ausland bezahlen mußten. Jetzt drückt das einheimische Überangebot dauernd auf den Preis. Beim Roggen ist die Sache deswegen noch viel schlimmer, weil hier der Mehrertrag der Ernte 1932 über zwei Millionen Tonnen beträgt, diese also etwa 25 Prozent größer ist als im Jahre 1931. Hier ist das Überangebot noch umfangreicher, die Abnahme noch zögernder, und es besteht hier nicht wie beim Weizen ein Ventil darin, daß früher eine beträchtliche Einfuhr zur vollen Befriedigung des Bedarfs nötig gewesen wäre und jetzt durch ein heimische .Mehrerzeugung ersetzt werden könnte. Auch hier über läßt dke Regierung erklären, sie wolle jene Getreide mengen aus dem Markte nehrnen, die deswegen keinen Absatz finden können, weil die Kaufkraft der Verbraucher infolge der großen Arbeitslosigkeit so stark gesunken ist. Toch auch hier muß natürlich die Einschränkung gemacht werden: soweit die Mittel dazu reichen! übrigens zeigt das soeben veröffentlichte Gesamt- Ergebnis unserer Ein- und Ausfuhr im Jahre 1 9 3 2 eine recht interessante, aber im volkswirtschaftlichen ^mne recht unerfreuliche Tatsache auf: Am Weltmarkt sind Me Lebensmittelpreise im Durchschnitt des Jahres 1932 "m 25 Prozent gefallen. Nun sank zwar dem Werte "ach die deutsche Lebensmitteleinfuhr 1932 um 476 Mil- nonen auf 1,490 Milliarden. Das sind 24 Prozent — Mohlgemerkt: dem Werte nach! Da aber der Durch- ichnittspreis um 25 Prozent zurückging, ergibt sich schon hieraus — und das wird durch die amtliche Außen handelsbilanz bestätigt —, daß der Menge nach unsere ^cbensmitteleinfuhr im Jahre 1932 tatsächlich gestiegen ist. W>r haben also im Vorjahr mehr Lebens- und Genuß- mutel eingeführt als im Jahre 1931. Und das ist im Gesamtinteresse unserer Volkswirtschaft 'eine erfreuliche Tatsache! isMusserTageblatt Tageblatt ist das zur Veröffentlichung -er amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Naumzeile 20 Npfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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