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werden gleichermaßen in das musikalische Geschehen einbezogen, wobei die große sin fonische Einheit des Werkes auch durch motivische Verästelungen und Reminiszenzen zwischen den einzelnen Sätzen zum Ausdruck kommt. Der Charakter des ersten Satzes wird im wesentlichen durch sein energisches, zündendes Hauptthema bestimmt; die marschartige Thematik entspricht der zu dieser Zeit sehr beliebten, von Mozart auch in einigen anderen Klavierkonzerten aufgegriffenen Form des sogenannten „Militärkonzertes“. Jedoch werden dem gegenüber auch kontrastierende, lyrisch-innige Episoden wirksam, und ein Nebenthema erinnert sogar stark an das Hauptthema der dunklen g-Moll-Sinfonie KV 550. „Eine von allen Rücksichten auf die Menschenstimme befreite ideale Aria“ nannte der Musikforscher Alfred Einstein den folgenden Satz, ein anmutsvolles Andante. Er be steht aus einer fortlaufenden, weitgeschwungenen Kantilene des Soloinstrumentes, vom Orchester zart durch Bläser und sordiniertc Streicher umspielt, mit Trioien und Pizzicato- Begleitung. - Ungetrübte, geschliffene Heiterkeit herrscht schließlich im liebenswürdig temperamentvollen, in freier Sonatenform angelegten Finale, dessen tänzerisches Thema in vielseitiger, geistvoll-witziger Weise verarbeitet wird. Wie Ludwig van Beethoven in der Reihe seiner Sinfonien zwischen Werken kraftvoll männlichen und anderen mehr lyrisch-weiblichen Charakters abwechselte, steht auch sein 4. Klavierkonzert G-dur op. 58 ein wenig träumerisch zwischen dem heroischen c-Moli- und dem grandiosen Es-Dur-Konzert. Erstmalig auf geführt wurde dieses Werk, von Beethoven selbst gespielt, im März 1807 bei einer seiner Akademien im Palais Lobkowitz in Wien. Der bekannte Liederkomponist und Musikschriftsteller Johann Friedrich Reichardt, der das Konzert bei einer Wiederholung im Dezember des folgenden Jahres mit zahlreichen anderen Kompositionen Beethovens hörte, berichtete darüber: „Das achte Stück war ein Pianofortekonzert von ungeheurer Schwierigkeit, welches Beethoven zum Erstaunen brav in den allerschnellsten Tempi ausführte. Das Adagio, ein Meister satz von schönem durchgeführten Gesang, sang er wahrhaft auf seinem Instrumente mit tiefem melancholischen Gefühl, das auch mich dabei durchströmte.“ - In der Tat ist iin G-Dur-Konzert die Form des Solokonzertes mit Orchester in ganz idealer Weise gemei stert. Der Solist, dessen virtuos-pianistische Forderungen nie außer acht gelassen, aber geistvoll als organischer Bestandteil des Werkes eingesetzt werden, und das Orchester sind hier durchaus selbständige und doch motivisch-thematisch aufs genialste miteinander verknüpfte Partner. Sie dienen gemeinsam der sinfonischen Idee, die die drei kontrastie renden Sätze des Werkes zu einer entwicklungsmäßigen Einheit verbindet, so daß man hier, wie auch beim Es-Dur-Konzert, mit vollem Recht von einer „Klaviersinfonie“ sprechen kann. Als Kernstück des Konzertes, in dessen Grundhaltung die lyrisch-idyl lischen Züge dominieren, ist der dialogisierende Mittelsatz mit seinem poetischen Gegen spiel von Klavier und Orchester anzusehen. Der erste Satz (Allegro moderato) bringt zu Beginn, solistisch vorgetragen, das zarte, weiche G-Dur-Hauptthema, auf dessen motivische Beziehung zu dem berühmten „Schick salsmotiv“ der 5. Sinfonie häufig aufmerksam gemacht wurde. Auf der Dominante endend, erfährt das Thema durch einen plötzlichen Wechsel nach H-Dur eine neue Beleuchtung. Nach einer Weiterentwicklung im Tutti erklingt zuerst in den Violinen das stolze, signalartige zweite Thema. Mit diesen Hauptgedanken, die jedoch durch mannig fache neue Seitengedanken bereichert, vom Klavier in ausdrucksvollen Akkordfigura tionen umspielt und immer wieder abgewandelt werden, entsteht nun ein wundervolles, von größtem Empfindungsreichtum zeugendes Zusammenwirken von Soloinstrument und Orchester, das nach der großen Kadenz rauschend-schwungvoll beendet wird. - Höchste poetische Wirkungen erreicht der ergreifende langsame Satz (Andante con moto), der die Romantiker verständlicherweise ganz besonders begeisterte. Einer Überlieferung zufolge soll er von der Orpheus-Sage inspiriert sein und die Bezwingung der finsteren Mächte der Unterwelt durch die Macht seelcnvollen Gesanges zum Inhalt haben. In leidenschaftlichem Dialog zwischen Klavier und Orchester erfolgt, charakterisiert durch zwei äußerst gegensätzliche Themen, ein düster-drohendes und ein innig-flehendes, diese entscheidende Auseinandersetzung zweier Prinzipien. - Der sich unmittelbar anschlie ßende Schlußsatz, ein Rondo, zeigt danach nun in seiner Gestaltung stürmische Lebens freude, heitere Glücksempfindungen. Phantasievollc Kombinationen des tänzerischen Rondo-Themas und eines lyrischen, schwärmerischen Seitenthemas münden in einen glanzvollen Abschluß des Konzertes. VORANKÜNDIGUNG: 4. und 5. Dezember 1965, 19.30 Uhr 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Thomas Sanderling, Berlin Solistin: Natalia Schachowskaja, Sowjetunion, Violoncello Werke von Beethoven, Haydn und Chatschaturjan 25. und 26. Dezember 1965,19.30 Uhr 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Horst Förster Solist: Heinz Schunk, Berlin, Violine Werke von Brahms, Tschaikowski und Wagner 31. Dezember 1965, 19 Uhr 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Fröhlicher Jahreswechsel Freier Kartenverkauf Freier Kartenverkauf Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster - Spielzeit 1965/66 Redaktion: Dr. Dieter Hartwig Satz: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft, Zentrale Lehrwerkstatt, Dresden 9408 ItG 009 68 65 Druck: PGH Elbtaldruck, Dresden-Cossebaude 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1965/66