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Blatt Amts und des Stadtrathes des Aömgl. Amtsgerichts ^ulsnrh A b o n ne »i e n t s - Preis: S ierteljährl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu ¬ sendung. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Kdnigsbrück, E. S. Kraniche, Kamenz, Carl Daberkow,Groß röhrsdorf. Ann oncen-Bureaus von.Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Moste und G. L. Daube L Comp. Inserate sind bis Dienstag und Freilag Vorm. 9 Uhr aufzugeben Preis für die einspaltige Cor- puszeile loder deren Raum) 10 Pfennige. Als Beiblätter: 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. tandwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. tschenL// ^fürPulsuih, Königsbrück, Nadederg, Nadeburg, Moritzburg und Umgegend D.-uundWxbenuudvirrzigSev Jahrgang. Sonnabend. Mx. 22. l«. März 188». Die Weltlage. Binnen wenig Monden wird an den Gestaden Schles wig-Holsteins jenes imposante internationale Flottenschau spiel in Scene gehen, dessen Veranlassung die feierliche Eröffnung d:s Nordostsee - Canales bildet. Wenn alle seefahrenden Nationen Europas, selbst Frankreich nicht ausgenommen, sich im kommenden Juli Rendezvous in der Kieler Bucht auf die Einladung des deutschen Kaisers hin geben, so liegt hierin gewiß ein außerordentlich beru higendes Anzeichen für die Fortdauer der in der hohrn Politik unseres Welttheiles nun schon so lange vorherr schenden Friedensströmung. In der That gewährt die allgemeine Lage nach wie vor ein so befriedigendes Bild, daß es selbst ausgesprochenen politischen Schwarzsehern hart ankommen müßte, die berühmten „dunkeln Punkte" in den internationalen Beziehungen zu entdecken. Aller dings schienen gerade in der letzten Zeit speziell im „euro päischen Wetterwinkel" auf der Balkanhalbinsel, wieder bedenkliche Wölkchen aufzusteigen, aber es schien nur so. In Bulgarien wie in Serbien sollten allerhand merkwür dige Dinge vor sich gehen, dort sollte eine Revolution gegen den Fürsten Ferdinand vor der Thür stehen, hier eine weitverzweigte Verschwörung gegen die Dynastie Obrenowitsch in die Wege geleitet sein. Offenbar ist in dessen hierbei gewaltig übertrieben worden, jedenfalls herrscht in beiden Balkanländern fortdauernd Ruhe, so wenig freilich auch eine zuverlässige Bürgschaft für eine ruhige Weiterentwickelung der bulgarischen und serbischen Angelegenheiten vorhanden ist. Sehr wesentlich wird die fast überall gehegte Anschau ung von de n Fortbestände der europäischen Friedenspolitik durch die Wahrnehmung verstärkt, daß in dem bekannten gegenseitigen Verhältnisse der maßgebenden Mächte Euro pas keinerlei bedenkliche Veränderung zu bemerken ist. Auf der einen Seite besteht der Dreibund und mit ihm daS eigentliche Bollwerk des europäischen Friedens uner schütterlich fort, die jüngsten wieder aufgetauchten Gerüchte von angeblichen Verstimmungen zwischen den Dreibunds mächten haben sich als höchst überflüssiges Gewäsch her ausgestellt. Auf der anderen Seite ist noch immer die französisch-russische „Entente", dieses Gegengewicht zur Tripelallianz, da, aus verschiedenen Anzeichen erhellt, daß der in Rußland eingetretene Regierungswechsel äußerlich wenigstens an den bestehend.n französisch-russischen Bezie hungen nichts geändert hat. Ja, wenn man den Chauvi nisten an der Seine glauben dürfte, so wären die herannahenden Kieler Festtage bestimmt, durch gewisse gemeinsame Züge im Auftreten des russischen und franzö sischen Geschwaders erneut die Existenz des ungeschriebenen „Zweibundes" zum Ausdruck zu bringen — aber weder in den Petersburger noch in den Pariser Regierungskreisen denkt man wohl im Ernste daran, gerade in Kiel eine französisch-russische Verbrüderungsdemonstration zu insce- niren! Im Uebrigen bekundet die erfolgte Ernennung eines so gemäßigten 'und vorsichtigen Politikers, wie es Fürst Lobanoff ist, zum Minister der auswärtigen Ange legenheiten Rußlands, daß man in Petersburg auch ferner hin nicht daran denkt, auf auswärtigem Gebiete eine herausfordernde, vom Verlangen nach kriegerischen Aben teuern getragene Politik einzuschlagen. Recht still ist es von den centralasiatischen Händeln geworden, der perfect gewordene Vertrag zwischen Rußland und England wegen des Pamirgebietes scheint wirklich bestimmt zu sein, die Gefahr eines kriegerischen Zusammen stoßes beider Mächte in Centralasien nochmals hinauszu- ' schieben. Etwas mehr hat neuerdings die egyptische Frage von sich reden gemacht, vor Allem, weil Meldungen von englischer Seite wiederum verschiedene Schauermärchen von A"" heimlichen Verschwörung gegen die Fremden im Pharaonenlande, von einem ihnen drohenden Blutbade verbreiten wußten, bis jetzt glaubt nur Niemand ernstlich an diese behauptete fremdenfeindliche Gährung im Volke. Wenn überhaupt gegenwärtig eine volmsche Angelegenheit von allgemeinerem Interesse unklar - in ihrem Ausgange und einigermaßen bedrohlich für die Harmonie unter den Großmächten ist, so gilt dieS wohl von den ostastatischen Wirren. Angesichts der glänzenden Waffenerfolge der Japaner in der Mandschurei wird sich < China jetzt vermuthlich ohne Hintergedanken bereit finden taffen, mit seinem siegreichen Gegner Frieden zu schließen. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Vulsnitz. Die vorigen Sonntag von der Ver sammlung in der hiesigen Bezirksgruppe des Bundes der Landwirthe einstimmig angenommene Resolution hat fol genden Wortlaut: An den 1. Vorsitzenden des Bundes der Landwirthe, Herrn von Plötz-Döllingen, Hochwohl geboren. Die heute hier versammelten Landwirthe, Hand werker, Kaufleute, Beamte u. s. w., über 100 an der Zahl, erachten die Bestrebungen der obersten Leitung des Bundes der Landwirthe als die allein richtigen zur Er haltung der Landwirthschaft und aller mit ihr in Wechsel beziehung stehenden Mittelstände. Sie wünschen unbeirrtes Fortschreiten auf dem betretenen Pfade, erbitten aber auch, im Reichstage auf Annahme des Antrages Kamtz und Wiedereinführung der internationalen Doppelwährung bestehen zu wollen. Die Ortsgruppe Pulsnitz in Sachsen. Pulsnitz, 10. März 1895. Pulsnitz. Der Zauberkünstler, Herr Steinhausen, Inhaber des Eoen-Theaters, wird nächsten Sonntag und Dienstag im Saale des Gasthofes zu Pulsnitz M. S. Vorstellungen geben. In auswärtigen Zeitungen liest man über dieselben: „Auf der Bühne des Eden-Theaters gehen fast übernatürliche Dinge vor sich. Der orientalische Zauberer und Schlangen - eschwörer Kadivar Si Benda schritt über dieselbe und griff aus der Luft, was er gerade brauchte, flammende Becher, Kugeln u. dergl. Sein Weißes, faltenreiches Gewand hob sich von dem in tiefes Schwarz verschwindenden Hintergrund der Bühne wirkungsvoll ab; in poetischer Sprache ries er Geister herbei, groteske Er- schemungen, die sich frei in der Luft bewegten und ließ ste wieder m Nichts verschwinden. Er wurde darin zeit weise von Damen abgelöst, die es an gleicher Kunstfertigkeit nicht fehlen ließen. Die gesammte Vorstellung sprach recht sehr an und bot viel Neues. Alles in neuester Form und niit geschmackvoller Ausstattung. Radeberg. In geradezu erschreckender Weise hat der diesjährige Winter auch in unserer Gegend unter dem Wild auf geräumt. Fast kein Tag vergeht, wo nicht verendete oder ganz marode Hasen aufgefunden werde. Zum Theil bleiben derartige Kranke bei Annäherung des Menschen ruhig sitzen und lassen sich ergreifen. Auch mehrere todte Rehe wurden schon in der Heide gefunden. Am besten scheinen noch die Hühner durch den Winter gekommen zu sein, da man derartige Völkchen noch ziemlich ost und in ganz hübscher Anzahl sehen kann. Schlecht ist es infolge des hohen Schnees auch den jungen Obstbäumen ergangen, man kann bisweilen solche sehen, die fast bis zur Hälfte des Stammes abgenagt sind, sogar die mit Stacheln ver sehenen Akaziensprößlinge sind nicht verschont geblieben. Bautzen, 8. März. Sonntag vor acht Tagen erhielten im Kloster Marieustern die sechs Candidatinnen, welche voriges Ostern am hiesigen kathol. Seminar ihre Lehramtscandidatenprüfung ablegten, das geistliche Kleid. Eine Novize legte im Beisein des Klostervogtes, Henn Georg von Posern und seines Begleiters des Archivraths Herrn Or. Ermisch und der Klostergeistlichkeit die Ordens gelübde ab. (B. N.) — Der conservative Verein Bautzen hat sich be treffs der Landtagswahl im 5. bäuerlichen Wahlbezirke dem Bund der Landwirthe angeschlossen, um gemeinsam für die Wahl des Herrn Gutsbesitzer Mütterlein in Cob- lenz einzutreten. — Aus Dresden wird geschrieben: Wohl keine Classe der Gewerblreibenden hat dieses Jahr unter der langandauernden Kälte so zu leiden, wie die der Gärtner. Alle die Gärten, welche wie ein Kranz Dresden so ziem lich umschließen und sowohl Zier-, als wie auch Nutz gärten die Augenweide der Stadtbewohner bilden, liegen jetzt noch tief im Schnee, oft bis zu einem Meter tief, begraben. Wo sonst andere Jahre um die Zeit bereits mit den Anlegen von Frühbeeten und anderen Arbeiten begonnen wurde, ist Heuer noch nicht daran zu denken gewesen. Auch die mit schwerer Arbeit im Vorjahre dem Boden abgerungenen, durch den Winter sorgsam in Kellern u. s. w. aufbewahrten Produkte erfrieren oder werden unscheinbar dein, Transport nach den Verkaufsstellen, sowie auch beim Feilhalten selbst. Diese Verhältnisse sind auch in unserem Kreise vorhanden. Hoffentlich bringt ein gutes Frühjahr und ein ertragsreichec Sommer den ge schädigten Leuten reichen Ersatz für den jetzigen Verlust. — In einer Mitte Januar d. I. abgehaltenen Ver sammlung des Gewerbvereins zu Waldheim wurde festgestellt, daß fast alle dasigen Fleischer und Bäcker auf Grund getroffenen Uebereinkommens ihre Waaren an die Mitglieder der hierorts bestehenden beiden Consumvereine mit einem Rabatt von erst 6 und später 7 Prozent ver kauften. Es kam damals folgende Resolution zur ein stimmigen Annahme: „Die mit dem Rabattwesen verbun- denen Uebelstände werden allgemein anerkannt und es wird vor weiterem Vorgehen des Gewerbevereins den bctheiligten Innungen dringend anewpfohlen, binnen kürzester Frist Wandel zu schaffen in der Weise, daß entweder eine der artige beschränkte Rabattgewährung beseitigt werde oder aber eine allgemein angemessene Verbilligung der Preise für Fleisch- und Backwaaren bei Baarzahlung eintrete." In der letzten Sitzung des dasigen Gewerbvereins konnte nun der Vorsitzende berichten, daß die Mitglieder der Fleischerinnung beschlossen haben, ihre Waaren nicht mehr gegen Marken zu verkaufen und auch keinen Rabatt zu geben. Die Bäckerinnung habe erklärt, daß die Bäcker den Verkauf ihrer Waaren gegen Marken nur dann einstellen könnten, wenn auf die von auswärts eingeführten Bäcker« waaren eine Steuer gelegt werde. In einer von den Mitgliedern der Bäckerinnung mit einer Abordnung des Gewerbvereins gemeinschaftlich abgehaltenen Sitzung sei beschlossen worden, bei einigen Städten anzufragen, wie ihre Bemühungen um die Einführung einer solchen Steuer verlaufen seien. Schöneck, im Vogtlande. Unsere tiefverschneiten Jagdreviere bergen viel Hochwild. Wer z. B. auf dem königl. Forstreviere Tanneuhaus, (allen vogtländischen Touristen ist diese Waldschänke bekannt) jetzt dem Wild- fütterungsplatze unweit der Bahnlinie Schöneck-Muldenburg zur Zeit sich nähert, kann leicht 20 bis 40 Stück Roth- wild sehen und darunter recht stattliche Hirsche. Schützt man doch den Rothwildbestand dieses Reviers auf gegen 100 Stück. Sie werden mit Heu und Rüben gefüttert. Rehe sind etwas weniger und die Hasen gehen gern tn solchen Wintern zu Thale. Das Birkwild kommt auf dem Schil- bacher Revier in Ketten von 25 Stück vor. Auch dies wird jetzt gefüttert nach dem thiersreundlichen Spruche: Waldmänmsch jagt, wie sich's gehört, den Schöpfer in: Geschöpfe ehrt! Daß auch das Raubzeug, Marder, Iltis und Habichte, sich mehr als sonst rührt, ist erklärlich. Schoß doch neulich in Elsterberg Sonnabend Nachmittag ein Stößer am Kirchplatze mitten in einen Flug Tauben. Der heißhungrige Räuber trug trotz vieler Leute seinen warmen Raub nur bis zu einer vorstehenden Ecke des Kirchthurmes und verspeiste sofort seine Beute. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 12. März. Die Sitzung der engeren Versammlung des Staatsrathes ist heute Vor mittag 10 Uhr vom Kaiser im Saale des Bundesrathes im Reichsamt des Innern mit folgender Ansprache er öffnet worden: „Meine Herren, die andauernde ungünstige Lage der Landwirthschaft macht es, wie Ich es wiederholt ausgesprochen habe, Miiner Regierung zur unabweislichen Pflicht, Mittel und Wege zu suchen, die den Ertrag der Bodenbewirthschaftung zu heben und damit die Gefahren abzuwenden geeignet sind, denen die Lanvbau treibende Bevölkerung zur Zeit ausgesetzt ist. . Je lebhafter die Frage der Abwehr des Nothstandes in immer weiteren Kreisen erörtert wird, je zahlreicher und einschneidender die Vorschläge sind, welche dieser Abwehr dienen soll », um so gründlicher und sorgfältiger wird ihre Prüfung werden müssen. In dieser Erwägung habe Ich beschlossen, die gutachtliche Aeußerung des Staatsraths zu erfordern, dessen engere Versammlung durch eine Anzahl von Männern verstärkt worden ist, von deren praktischer oder wissen schaftlicher Thätigkeit ein sachgemäßes Urtheil über die zur Erörterung stehenden Fragen erwartet werden darf. Ich drücke Ihnen Meinen Dank für die Bereitwilligkeit aus, mit welcher Sie Meiner Berufung gefolgt sind. Von den Berathungen dieser Versammlung ve> spreche Ich Mir den Erfolg, daß die Weit auseinandergehenden Auffassungen über das auf dem vorliegenden Gebiet Mögliche und Er reichbare berichtigt und der Verständigung näher geführt