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Merger Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträche zu Freiberg u. Brand. 15. Erscheint i. Freiberg jcd. Wochent. Ab. k II. für den and. Tag. Jnscr. werden bis V. l l U. für nächste Nr. angen. Sonnabend, den 20. Januar Preis Vierteljahr!. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 8 Pf. berechnet. 1872. Tagesgcschichlc. Berlin, 18. Januar. AuS P iris vom 16. d. M. wird mit- getheilt, daß bei der an demselben Tage erfolgten Zahlung der 84 Millionen der Finanzminister Pouyer-Quertier dem Grasen Arnim den Vorschlag machte, noch vor dem 25. Januar die 650 Millionen, welche bis Mai gefällig sind, voll zu entrichten, falls die sofortige Räumung weiterer zwei Departements zugestanden werde. Graf Arnim nahm den Vorschlag zur Berichterstattung entgegen. — Bei Gelegenheit des Bankets, welches sich heute an die am 18. Januar statutenmäßig stattfindende Sitzung deS Capitel des schwarzen AdlerordenS anschloß, haben Se. Majestät der Kaiser und König nachstehenden Toast ausgebracht: „Wir begehen heute eine doppelte Feier der wichtigsten Ereignisse der preußischen Ge schichte. Vor 171 Jahren ward der erste König von Preußen ge krönt; vor einem Jahre wurde die Annahme der Mir, von allen Fürsten und freien Städten Deutschlands einstimmig angetragenen deutschen Kaiserkrone proclamirt. Im Bewußtsein der hohen von Mir übernommenen Verpflichtungen spreche Ich an dem ersten Jahrestage dieses großen Ereignisses den erhabenen Darbringern Meiner neuen Stellung, Meinen tiefempfundenen Dank, im Bei sein der Vertreter derselben, von neuem aus, hoffend, daß eS unseren gemeinschaftlichen Bemühungen gelingen wird, die gerechten Hoff nungen Deutschlands zu erfüllen." Der kgl. bayerische Gesandte Freiherr von Perglas brachte darauf im Namen sr. Majestät deS König« von Bayern und der erhabenen Bundesgenossen im Reich auf da« Wohl deS deutschen Kaisers, Wilhelm deS Siegreichen, ein Hoch aus. — Die „Nationalzeitung" schreibt: Der König hat gestern Abend die Entlassung deS CultuSministerS v. Mühler vollzogen. Der König behält sich vor, von den Diensten des Ministers später noch Gebrauch zu machen. Die Ernennung deS Nachfolgers steht noch auS. Die „Kreuzzeitung" bezeichnet den Grafen Kayserlingk als nicht für den Ministerposten, wohl aber für eine andere mit dem CultuSressort zusammenhängende Stellung in Betracht kommend. — Der „M. Z." wird von Berlin gemeldet: Obgleich eine amtliche Bestätigung noch nicht vorliegt, so gilt doch in Abgeordnetcn- kreisen für ganz unzweifelhaft, daß Dr. Falk gestern Nachmittag zum CultuSmiuister ernannt worden ist. Die Verzögerung der Er nennung entsprang schwierigen Vorverhandlungen über die von Falt gestellten Bedingungen. Er will z. B. nicht mit den sämmtlichen Räthen arbeiten, welche Raumer und Mühler gedient haben. Die Verzögerung hat ferner ihren Grund in den Erwägungen, welche in Betreff der Lostrennung der CultuSabtheilung von dem Unter richtsministerium stattfinden. - Unter der Ueberschrift: „Die Stellung der StaatSregierung zur Frage der Unfehlbarkeit des PapsteS", veröffentlicht die ministerielle „Prov.-Correspondenz" Folgendes: In dem Allerhöchsten Erlasse vom 18. October v. I. auf die bekannte Vorstellung der preußischen Bischöfe vom 7. September v. I. hatte der Kaiser ausgesprochen, daß eine eingehende Würdigung der von den Bischöfen erhobenen Vorwürfe Seitens der Regierung erfolgen werde. Im Anschluffe an diese Allerhöchste Willenseröffnung ist der folgende Erlaß deS Minister- der geistlichen rc. Angelegen heiten an den Erzbischof von Köln ergangen: Berlin, den 25. November 1871. Nach dem Bescheide, welchen deS Kaisers Majestät am 18. v. M. Ew. Erzbischöflichen Gnaden auf die Eingabe vom 7. Sep tember d. I. zu ertheilen geruht haben, liegt mir ob, die von Ihnen gegen die StaatSregierung erhobenen Vorwürfe noch näher zu würdigen. ES ist bereits in jenem Allerhöchsten Bescheide hervorgehoben, daß die Vorstellung vom 7. September kein Gesetz anführt, welche- bei den angegriffenen Verfügungen der StaatSregierung unbeachtet geblieben wäre. Ebensowenig aber enthält die Vorstellung den Be weis, daß diejenigen Gesetze, auf welche die erwähnten Verfügungen sich gründen, unrichtig angewendet seien. Erweisen sich hiernach die in der Eingabe vom 7. September v. IS. erhobenen Angriffe als grundlos, und wird die Behauptung, daß bei der Definition des Dogmas von der Unfehlbarkeit deS PapsteS jede Beziehung auf das staatliche Gebiet vollständig ausgeschlossen sei, durch die Thatsache widerlegt, daß die entstandenen Conflicte sich sämmtlich auf staatlichem Gebiete entwickelt haben, so bleibt mir nur übrig, einige Bemerkungen hinzuzufügen über den Inhalt der Denkschrift, mit welcher Ew. Erzbischöfliche Gnaden die Vorstellung vom 7. Sep tember begleitet haben Dieselbe geht von der Unfehlbarkeit deS kirchlichen Lehramt« auS und bezeichnet als die Träger diese« unfehlbaren Lehramt- nach uralter katholischer Glaubenslehre die Nachfolger der Apostel, den mit dem Papste verbundenen EpiScopat, welcher jene Lehr gewalt auf dem ordentlichen Wege der fortwährenden Verkündigung des Glaubens, zuweilen auch auf dem außerordentlichen der Ent scheidung durch conciliarischen Beschluß auSübe. Sie führt weiter aus, daß die Entscheidungen allgemeiner Kirchsnversammlungen den Katholiken keine neuen Glaubenslehren, sondern nur eine endgiltige Feststellung bestrittener oder verdunkelter Glaubenswahrheiten brin gen, daß es in diesem Sinne auch eine Entwickelung des Glauben- in der katholischen Kirche gebe, und daß eine solche Entscheidung am 18. Juli 1870 erfolgt sei, welcher sich zu unterwerfen, jeder Katholik verpflichtet sei, wenn anders er Katholik bleiben wolle. Die Richtigkeit dieser Ausführung nach ihrer dogmatischen Seite zu prüfen, liegt außerhalb meines Berufes. Aber über ihre logische Begründung darf ich urtheilen. Und von diesem Stand punkte aus muß ich darauf Hinweisen, daß sie einen logischen Wider spruch enthält. Denn wenn einerseits, wie Ew. Erzbischöfliche Gnaden sagen, nach uralter katholischer Lehre der mit dem Papste verbundene EpiScopat (die Gesammtheit der Bischöfe) der Träger des unfehlbaren Lehramtes ist, andererseits die am 18. Juli 1870 bekundete Constitution die Cathevral-Definitionen (die feierlichen Erklärungen) deS PapsteS als er sese, non autem sx coossnou ecdesias ii-rokormabiles (an sich selbst und nicht erst durch Zu stimmung der Kirche unfehlbar) erklärt, so folgt mit logischer Noth wendigkeit, daß die Constitution vom 18. Juli 1870 die Person des Träger« des kirchlichen Lehramtes geändert, mithin eine neue Lehrentscheidung getroffen hat, welche mit der von Ew. Erzbischöf lichen Gnaden und den übrigen Unterzeichnern der Eingabe vom 7. September bezeugten uralten katholischen Glaubenslehre in Wider spruch steht. Es ist demnach nicht, wie die Denkschrift sich auS« drückt, ein Spiel mit Worten, sondern eine nicht abzulehnende Fol gerung aus den eigenen Erklärungen der berufenen Organe der katholischen Kirche, wenn behauptet wird, ein Katholik, welcher vor dem 18. Juli 1870 die an diesem Tage entschiedene Glaubenslehre nicht geglaubt habe, sei, wenn er auch nach diesem Tage dieselbe nicht glaube, noch Katholik, da er dasselbe glaube, wa» vor diesem Tage hinreichte, um katholisch zu sein. Was die Denkschrift von der Pflicht deS einzelnen Katholiken sagt, mit der Lehre seiner Kirche in Uebereinstimmung zu bleiben, hat eine Berechtigung nur insoweit, als die Lehre der Kirche un verändert bleibt. Tritt hierin eine Aenderung ein, wie es durch die Constitution vom 18. Juli 1870 geschehen ist, so ist der Staat weder verpflichtet, noch auch nur berechtigt, die Anhänger der alte« Lehre in ihrem Verhältniß zum Staat als Abtrünnige zu behan deln. Sie find ihre- Anspruchs auf den Schutz deS StaateS nicht dadurch verlustig gegangen, daß die Kirche den Inhalt ihrer Lehre