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Anerkennung erwarben, vor allem die Geiger immer wieder zur Auseinander setzung reizen. Das Violinkonzert Nr. 2 d-Moll op. 22 komponierte Wieniawski auf dem Höhepunkt seiner Schöpferkraft. Entwürfe dazu erstrecken sich über mehrere Jahre. Seine endgültige Gestalt erhielt das Werk 1870. Dem frühen fis-Moll-Konzert gegenüber zeigt es einen deutlichen Zuwachs an musikalischer Substanz. Es ist darum bis heute bei den Geigern das beliebtere geblieben. Technisch stellt es hohe Ansprüche. Der erste Satz (Allegro moderato) ist von sin fonischem Schwung erfüllt. Das erste Thema erklingt in stetem Wechsel zwischen Solo-Violine und Orchester, häufig begegnen sich beide Partner auch imitierend. Ihm wird in idyllischer Einfachheit das zweite Thema gegenübergestellt. Kunst volle Figurationen und technische Effekte bestimmen das Gesicht des Satzes, erscheinen aber nie als Selbstzweck. Der Komponist konnte dank seiner vollkom menen Kenntnis des Instruments die Violine im höchsten Grade virtuos einsetzen und ihr gleichzeitig ein Maximum an Ausdrucksfähigkeit geben. Der zweite Satz, eine Romanze (Andante non troppo) voller lyrischer Stimmungen, ist im Charakter den Chopinschen Nocturnos verwandt. Ein stürmisches, in eine kurze Kadenz mündendes Zwischenspiel (Allegro con fuoco) leitet zum Finale (Allegro mode rato, ä la Zingara) über. Das virtuose Anfangsthema, ausdrucksreiche melodische Episoden, temperament- und effektvolle tänzerische Partien geben dem Solisten Gelegenheit, sein ganzes technisches Können, vor allem seine Kunst des Spiccato- und Flageolettspiels, zu beweisen. Nachdem Sergej Prokofjew im Jahre 1944 die Arbeit an seiner 5. Sin fonie abgeschlossen hatte, „entstanden bereits die Skizzen zu einem neuen sin fonischen Werk" — heißt es in der Prokofjew-Biograohie Friedbert Streiters (Leip zig 1960). „Während der Komposition der ,Ode auf das Ende des Krieges' op. 105 lagen sie unberührt, wurden aber durch die Thematik dieses Werkes wieder le bendig. Der zeitliche Abstand — man schrieb das Jahr 1946 — ließ die Kriegsjahre und den Sieg in einem anderen Licht erscheinen: .... Nun freuen wir uns über einen großen Sieg, doch in jedem von uns sind geheime Wunden: dem einen ka men nahe Angehörige um, der andere verlor die Gesundheit . . . das darf man nicht vergessen', bekannte Prokofjew in einem Gespräch. Dieses persönliche Er leben — der Lärm des Krieges, die nie versiegende Trauer um verlorene Men schen, der patriotische Geist der Kämpfer, der schließlich errungene Sieg sind in dieser Sinfonie gestaltet — ein Sieg durch Kampf und Tod: .... das darf man nicht vergessen!' Das Werk ist eine Zusammenfassung früherer Schaffenselemente Prokofjews. Die durch die Härte der Kriegsjahre erzwungene Schärfe der Ausdrucksmittel steht im Gegensatz zur Klarheit und Logik der .klassizistischen' Werke und dem Gefühls reichtum der .epischen' Kompositionen. Wie schon in den letzten Klaviersonaten sind die Gegensätze hier äußerst verschärft und führen zur Ausbildung zweier feindlicher Elemente. Prokofjew schreibt dazu: .... In einigen meiner Werke der letzten Jahre trifft man einzelne atonale Momente. Ohne besondere Sympathie verwandte ich dennoch solche Mittel, hauptsächlich als Kontrast und deshalb, da mit sich die tonalen Stellen besser hervorheben . . . ' So entstand die 6. Sinfo nie in es-Moll (Es-Dur) mit der Opuszahl 111. (Diese Zahl wählte der Komponist im Gedenken an Ludwig van Beethoven, dessen berühmte letzte Kla viersonate op. 111 ihm durch seine Klavierstudien teuer geworden war). Prokofjew beabsichtigte in der Sinfonie den Stil des späten Beethoven mit Prokofjewscher Originalität zu treffen. So verbindet das Werk Ausdrucksstärke mit breiter epi scher Erzählung von Krieg und Trauer. Bereits der erste Satz — Allegro moderato — ,von unruhigem Charakter, teils lyrisch, teils hart und brutal’, wie Prokofjew selbst angibt, ist ganz von diesem Ideengehalt bestimmt. Zwei Themen (erstes und zweites Thema der Sonatenform), trotz epischer Breite von Bewegung erfüllt, ergänzen sich wechselseitig zu einem lyrischen, unbeschwerten Bild des Friedens. Erst die Durchführung bringt drama tische Akzente durch langsam sich steigernde Intensität und Bewegung des im Klang sich füllenden Orchesters. Begonnen mit einer düsteren Trauermarsch episode - Andante molto — endet das großangelegte Crescendo mit dem Einsatz des ersten Themas, bedrängt von harten Klangkomplexen und ostinaten Rhyth men von Blechbläsern, Klavier und Schlagzeug, die an Krieg und Vernichtung erinnern. Der weitere Verlauf wird bestimmt durch die Auseinandersetzung des zweiten Themas mit dem Thema der Trauermarschepisode, bis der Satz schließlich mit unheimlichem Gemurmel der Klavierbässe und Kontrabässe mit Motiven des ersten Themas düster verklingt. Der dreiteilige zweite Satz — Largo — ist .heller und sanglicher 1 , zwar nicht ohne dramatische Auseinandersetzungen, aber bestimmt von einem hoffnungsfreudi- aen Marsch, von breiter melodischer Entwicklung. Der dritte Satz - Vivace - .ist schnell, in Dur, im Charakter ähnlich meiner 5. Sinfonie'; ein Rondo mit drei Themen (zum Teil im Charakter eines Geschwind marsches), die gegen Ende eile kontrapunktisch miteinander verknüpft werden und so den natürlichen Höhepunkt des Satzes schaffen, dem sich, die Spannung lösend, das zweite Thema des ersten Satzes anschließt Ich wollte nicht, daß das Finale aufgefaßt wird als fröhlicher Ausklang . . .* erklärt Prokofjew dieses Zitat — eine Erinnerung an die Bilder des Krieges: .... das darf man nicht vergessen . . . '" Die Uraufführung des Werkes fand am 15. Dezember 1947 in Moskau statt. VORANKÜNDIGUNGEN: Sonnabend, den 25. Dezember 1976, 20.00 Uhr, Freiverkauf Sonntag, den 26. Dezember 1976, 20.00 Uhr, AK (J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Johannes Winkler Solist: Dr. Jiri Reinberger. CSSR, Orgel Werke von Joh. Chr. Bach, Haydn, Fr. X. Brixi und J. S. Bach Sonnabend, den 15. Januar 1977, 20.00 Uhr, Anrecht A 2 Sonntag, den 16. Januar 1977, 20.00 Uhr, Anrecht A 1 Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig 5. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Hartmut Haenchen, Schwerin Solistin: Jela Spitkovä, CSSR, Violine Chor: Philharmonischer Chor Dresden Werke von Mozart, Suk und Ives Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1976/77 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in H. Wieniawskis Violinkonzert Nr. 2 schrieb Zofia Lissa (Konzertbuch III, Leipzig 1974, DVfM) Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-72-76 ® reselner ehiharmonie 4. PHILHARMONISCHES KONZERT 1976/77