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und Walienburzer Anzeiger Dienstag, -eu 12 Nsvemtzcr Nr. 264 1S18 dem Aufrufe heißt er: Alle Betriebe stehen still. Die über die Abdankung des Kaisers und *Waldenburg, 1l. November 1SI8 im Deutschen Reiche überstürzen sich. apolitische Rundschau, Deutsches Reich. König Ludwig hat in der Nacht zum Freitag mit seiner Familie und dem kleinen Erbprinzen Albrecht im Automobil München verlassen. . Er hat sich nach Schloß Wildenwardt begeben. Der Herzog von Braunschweig hat die ihm vom Arbeiter- und Soldatenrate »orgelegte Abdankungsurkunde unterzeichnet. l)r. Solf und l)r. Delbrück find am Sonnabend Vor mittag im Großen Hauptquartier eingetroffen. Vr. Solf will sich mit der Wassenstillstandsabordnung schnellstens in nähere Fühlung setzen. Der Oberkommandierende in den Marken Linsingen hat seinen Abschied genommen. Der preußische Kriegsminister hat'sich der neuen Re gierung zur Verfügung gestellt, um die weitere Ernährung des Heeres und die Dcmobilmachungsaufgabe ficherzuftellen. Auf dem Kaiser schlosse in Berlin weht seit Sonnabend die rote Fahne. In den Wachstuben und in den Korridoren notwendig» BersvMung der Bevölkerung wird aufrecht- erhalten. Ein gmßer Teil der Garnison hat in ge schlossenen Trupper.körpern mit Maschinengewehren und Geschützen sich dem Arbeiter- und Söldcuenrat zur Ver fügung gestellt Die Bewegung wird gemeinschaftlich ge leitet von der sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Unabhängigen sozialdemokratischen Partei Deutsch lands. Arbeiter und Soldaten sorgt, sür Aufrechterhal tung der Ruhe und Ordnung. Es lebe die soziale Republik!" Unterschieben ist: Der A bester- und Soldatenrat. Um S Uhr Nachmittags zog in Berlin von der König- grätzerstraße eine ungeheure Menschenmenge nach dem ReichStagsgebäudc, wo der Abg. Scheidemann von einem Balkon eine Ansprache an das Volk hielt und in der er die deutsche Republik auSrief. Das monarchische System sei zusammengebrochen, der Militarismus beseitigt, die Hohrnzollern hätten abgedankt. Er schloß mit dem Rufe: „Es leb» die deutsche Republik!" Scheidemann teilte ferner mit, daß Versüßungen der Regierung nur Gültig keit hätten mit Eberts Unterschrift, Verfügungen des Kriegsministers nur bei Gegenzeichnung eines sozial demokratischen Beigeordneten. Die Bildung der neuen Reichsregierung sollte bis Abends 6 Uhr vollendet sein Die Ruhe wurde nicht gestört. Der neue Reichskanzler Ebert ist am 2. April 1871 in Heidelberg geboren. Er besuchte daselbst die Volks schule bis 188b, lernte in Heidelberg als Sattler, wurde 1892 Redakteur der Bremer Bürgerzeitung, 1900 Ar- beitersekrctär in Bremen; 1905 wurde er zum Mitglied des Parteivorstandes der sozialdemokratischen Partei Deutschlands gewählt. Ec ist Vorsitzender der Zentral stelle für die arbeitende Jugend Deutschlands. Sein Wahlkreis ist Düsseldorf-Elberfeld-Barmen Im Lause des Tages kam es in der Jnvalidenstraße in Berlin an der Garde Füsilier-Kaserne zu großen Demon strationen Unter den Linden wogte eine große Menschen menge. Soldaten hielten Ansprachen. Das Haupttcle- graphenamt und da» Hauptpostamt sind vom Militär besetzt. Der Verkehr der Straßenbahn wurde unter bunden, die Leitungsdrähte sind teilweise durchschnitten. An der Maikäferkaserne kam c» zu einem Zusammenstoß zwischen der Menge und dem Militär. Drei Tote und ein Verwundeter sind zu beklagen. Die öffentlichen Ge bäude und Anstalten sind i« Besitz der Aufständischen, da das Militär zum Volke übergegangen war. Das Reichstagsgebäude ist von einer Roten Garde besetzt. Die provisorische Regierung ist im Reichstagsgebäude ver sammelt. Haase und Ledebour von den Unabhängigen sollen in die neue Regierung eintreten. Die revolutionäre Bewegung hat sich über das ganze Deutsche Reich ausgedehnt. In allen großen Städten: Hamburg, Frankfurt, Bremen, Danzig, Düsseldorf, Essen, Köln, Bremerhaven, Weimar, Magdeburg Halle, Augs burg, Mannheim und anderen Städten wurden Soldaten- und Arbeiterräte gebildet. Die Ruhe scheint aber nirgends gestört worden zu sein. Die revolutionäre Bewegung hat auch aus Sachsen übergegriffen. In Dresden bildete sich in der Nacht zum Sonnabend ein Soldaten- und Arbeiterrat. Beim Mili- Sonnabend durch Sonderblätter verbreitet. In Ber- wurde am Sonnabend Nacbmittag die deu'sche Re plik ausgerusen. Ebert wurde mit der Bildung einer "tuen Reichsregierung beauftragt. Er hat noch im Laufe Sonnabend eine Kundgebung an die deutschen Bürger ^richtet, die folgenden Wortlaut Hot: Mitbürger! Der bisherige Reichskanzler Prinz Max von Boden hat mi» unter Zustimmung sämtlicher Staatssekretäre die Wahrnehmung der Geschäft» de» Reichskanzlers übertragen. Ich bin im Begriff, die neue Regierung im Einvernehmen mit den Parteien zu bilden, und werde über da» Ergebnis der Oeffent- lichkeit in Kürze berichten. Die neue Regierung wird eine Volksregierung sein Ihr Bestreben wird sein müssen, dem deutschen Volk« den Frieden schnellstens zu bringen und dis Freiheit, die es errungen hat, zu befestigen. Mitbürger! Ich bitte euch alle um Unterstützung bei der schweren Arbeit, die unser harrt. Ihr wißt, wie schwer der Krieg die Ernährung der Volke», die erste Voraussetzung des politischen Lebens, bedroht. Die politische Umwälzung darf die Ernährung der Be völkerung nicht stören. Es muß die erste Pflicht aller m Stadt und Land bleiben, die Produktion von Nah 8wische» Schelde und Maa» wurden unser» Linien ^iter zurückgedrängt. Ter Feind ist gefolgt. ssn den «aashöhe« wurden Vorstösse der Amerikaner gewiesen. Der Kaiser ist in Holland angekommen. Der König von Sachsen und -er »robhergog Oldenburg sind abgesetzt. Der Herzog von Braunschweig hat abgedankt. König Ludwig hat Miinchen verlassen. Die Waffenstillstastdsverhandlungc« find be- ^unt gegeben. Die bürgerlichen Mehrheitsparteien sprachen sich eten- für Abdankung des Kaisers und Kronprinzen aus. Das Kaiserschlotzs in Berlin wurde zum Rationalcigen- b»n erklärt. Der Reichsschatzsekretär Gras v. Rödern ist z»rückge- >"ten. Der Abg. Ebert wurde zu« Reichtkanzler ernannt. Die Entente will mit eine« bolschewistischen Deutsch- ^«d nicht verhandeln. Der preussische Kriegsminister hatistch der^nenen Re- iitrung zur Verfügung gestellt. Der sächsische Landtag ist aufgelöst. Frankfurt öffnet die Pforten der Paulskirche für die ätsche Nationalversammlung. Die Teutsch-Oesttrreicher beschlosst« den Anschluss au "utschland. In Marseille und Le^Havre solle» «ariueräte gekil lt worden sein. Die englische Flotte ist in Konstantinopel «ingetroffen. Amerika protestiert gegen die angebliche Zerstörung "r belgischen Bergwerke durch die Deutschen. Lei den Wahlen in Amerika erlitten die Demokraten Niederlage. rungSmitteln und ihre Zufuhr in die Städte nicht zu hindern, sondern zu fördern. Nahrungsmittelnot be-. deutet Plünderung und Raub mit Elend für alle. Die' Aermsten würden am schwersten leiden, de Industrie-! arbeiler am bittersten betroffen werden. Wrr stzch an! KmtsblsN für das Königlicke KmtsgeriäN und den Stsdtrat zu Waldenburg. stgltich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, BräunSdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- «deryain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Gchlagwitz, Schwaben, Wolkenburg nud Ziegelheim. ssint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und tagen. Annahme von Inseraten bis Vormittag 10 des Ausgabetages. Bezugspreis vierteljährlich 2.85 monatlich 95 Pf«. Einzelne Nummer 10 Pfg. latenpreis 1 Zeile 20 Pfg., von auswärts 25 Pfg-, Kmezeilenpreis 40 Pfg., die dreigespaltene Zelle im kchen Telle 40 Pfg. Nachlaß nach festem Tarif. Filialen: in Altstadt Waldenburg bei Herrn Otto För ster; in Callenberg bei Herrn Strumpfwirler Friedr. Hermann Richter; in Langenchursdors bei Frau Emma verw. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler; in Wolkenburg bei Herrn Linus Friedemann und in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. f«i-7Upr,u>«i- fr». — pomu>u«lsf«ct, fNi-, ». Thronverzicht des Kaisers und Kronprinzen Die Waffenruhe ist heute Mittag eingetreten. Lebensmittel- und Juwelicrgeschäfte. Auch Kaffees waren geschloffen. Größere Fabrtkbetriebe feierten. Die Mit glieder des Arbeiter- und Soldatenrates, die sür Ruhe und Ordnung sorgten, trugen rote Binden Nachmittags i/s6 Uhr fand auf dem Theaterplatz eine Volksversamm lung statt. Als Redner trat Redakteur Groitzsch aus. Er verlangte auch für Sachsen die Republik, aber eine Volksabstimmung sollte darüber entscheiden. In der Zentralhalle hielten die Unabhängigen zu gleicher Zeit eine Versammlung ab, um einen Arbeiter- und Soldaten rat zu gründen. Die neue Wache in der Neustadt soll demoliert worden sein. Inzwischen ist der König abge- setz:, die Kammer aufgelöst worden. In L-ipfig und Chemnitz bilde!en sich ebenfalls Arbeiter und Soldalenräte, die sich mit Aufrufen an die Bevöl kerung wandten. Der Rat in Leipzig beschloß, alles zu tun, um im Einvernehmen mit dem Arbeiter- und Sol datenrat die Ruhe und Ordnung aufrecht za erhalten und die Ernährung der Bevölkerung zu regeln. Die Theater sind geschlossen, der Babnvertehr beschränkt. Die gleichen Vorgänge werden aus Plauen, Zwickau, Bautzen, Glauchau, Crimmitschau, Werdau usw gemeldet. Auch hier wurde die Ruhe nrgends gestört. Der Kaiser und der Kronprinz haben auf den deutschen und preußischen Thron verzichtet Eine deutsche National versammlung soll über die künftige StaatSsorm beschließe«. Da» Reichstagsgebüude ist sür die neue Volksregierung reklamiert. Die sozialdemokratischen Führer berieten mit de» Vertretern der Mehrheitsparteien und mit Dele gierten der Arbeiter und Soldaten über die Bildung einer neuen Rrgierung, die bis zum gestrigen Sonntag gebildet sei» sollte. Der Reichstag wird am Mittwoch zusam mentreten, um die Einberufung einer verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung vorzubereiten. Es soll ein demokratischer Einheitsstaat aller Deutschen angestrebt werden. Die Regentschastsfcage gilt bereits als erledigt. Die größte Sorge ist die Aufrechterhaltung der Ordnung; von ihr chängt die geregelte Volksernährung ab. In zwischen sind die Waffenstillstandsbedingungen upserer Feinde bekannt geworden; sie enthalten das Schmach vollste, was je einem Volke, das nicht besiegt ist, ange sonnen worden ist. Die deutsche Regierung hat die Bedingungen angenommen, um den schleunigen Frieden herbeizusühren, sich aber gleichzeitig an den Präsidenten Wilson mit der Bitte gewandt, für eine Milderung der harten Bedingungen hinzuwirken. Das große deutsche Volk hat nunmehr seine Geschicke in die eigene Hand genommen; möge es sich der großen Ausgabe gewachsen zeigen. Die Ereignisse ^ie Nachrichten — — „ -- W Kronprinzen und die Ernennung des sofialdemokra- ^chen Abgeordneten Ebert zuni Reichskanzler haben wir mitteln vergreift, versündigt sich aufs schwerste an der Gesamtheit. Mitbürger! Ich bitte euch alle dringend, verlaßt die Straße! Sorgt sür Ruhe und Ordnung! Berlin, den 9. November IS18. Der Reichskanzler Ebert. In Berlin bildete sich am Sonnabend e-n Arbeiter und Soldatenrat, der den Generalstreik beschloß. In ^..j iär wurden Kokarden und Achselklappen entfernt, den Nahrungsmitteln oder sonst-gen Bedm ssg-gemtän'ien j Offizieren wurden die Degen und Abzeichen abgenommen. »der an den für di» Verteilung benötigten Verkehr»- j Viele Geschäfte hatten geschloffen, besonder» KonfektionS-, Witterungsbericht, ausgenommen am 11. November, Mittag 1 Uhr. Mmometerstand -s- 10,»° L (Morgens 8 Uhr -s- 6° L. Tiefste Nachttemperatur -s- 2,,° L) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lamprechts Pslymeter 54°/o. raupuntt -s- 1,»°. 'itöerschlagSmenge in den letzten 48 Stunden bis früh 7 Uhr: 2,« mm. Daher Witterungsausstchten für den 12. Rpvember: Wechselnde Bewölkung bis halbheiter.