Volltext Seite (XML)
Großenhainer Anterhaltungs- und AmeiAeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke kn Großenhain. II. Mittwoch, dm 9. Februar 1853. Tagesnachrichten. Sachsen. Die vielgenannte Schrift von Ger- vinus „Einleitung in die Geschichte des 19. Jahr- hunderts" ist nun auch in Leipzig provisorisch mit Beschlag belegt worden, da der Absatz immer be deutender ward. Uebrigens ist sie immer noch in den meisten deutschen Landern, selbst in Oesterreich, nicht verboten. — Es existircn falsche herzoglich sächsisch-altcnburgische Casscnbillets; sie tragen alle die Nr. 70,149, Serie I. und die Rückseite ist oufgeklebt. — Der Stadtrath in Zschopau hat „ in Erwägung, daß von vielen Seiten der Wunsch rege geworden, das jetzt von auswärts in ansehn lichen Mengen importirte Pferdefleisch im Orte er langen zu können", dem dortigen Scharfrichter die Eoncession zur Pferdeschlächterei versuchsweise ge geben. — Am 1. Februar ward einem Mädchen in der Tuchfabrik zu Geiersdorf bei Annaberg die ganze Kopfhaut mit den Haaren durch den Wolf abgerissen, welchem cs während der Frühstückszcit beim Ordnen der Haare zu nahe kam. Die Kranke giebl Hoffnung zur Genesung. — Die Super intendenten vr. Schumann in Annaberg und Vv. Francke in Schneeberg haben sich bemüht, das Stellen von mehr als drei Taufzeugen, welches nach dem Gesetz vom 25. Mai 1850 erlaubt ist, wieder zu beschranken und mit einer Abgabe zu be legen. Ein dießfallsiger Antrag ist bereits an das Cultministerium abgegangcn. Die Stadt Schnee berg hat auch bereits seit dem 13. Januar beschlos sen , den vierten und fünften Pathen mit je 2 Tha lern, jeden darüber mit 3 Thalern ü Person zu besteuern. — Dem Ortsrichter zu Bockwa ging dieser Tage durch die Post aus Dresden ein Schrift- chen anonym zu: „Der protestantische Bund von F. W. H. Schreiber", mit der Bitte, es in der Gemeinde weiter zu verbreiten. Dasselbe war bei genauerer Besichtigung ein Angriff auf den Pro testantismus und seine Stifter zu Gunsten der katholischen Kirche und ward auf eigenthümliche Art vernichtet. Preussen. Die Ermordung des altlutherischen Pastors Haver hat sich als eine reine Privatsache ohne religiöse Beimischung herausgestcllt. Der Mörder ist geständig. Oesterreich. Die Ankunft des Königs von Preußen in Wien wird in sechs bis acht Wochen erwartet. — Einige Regimenter sind an die türkische Grenze vorgerückt, um Gebiets-Berletzungen in Folge des montenegrinischen Krieges zu verhüten. Baden. Eine Klostergcschichtc hat hier allge meine Sensation gemacht. Mehrere Bürger Frei burgs hatten am 23. Januar durch ein Hinter- Pförtchen zwei verrufene Frauenzimmer in das dortige Franciscanerkloster cintreten sehen; es ent stand ein Auflauf, die Polizei mußte einschreiten und fand auck die Damen im Kloster, welche aus gesagt haben sollen, daß sie schon öfters im Kloster gewesen, während der Pater Guardian veröffentlicht hat, daß sic nur bei dem Klosterkoch einen Besuch abgestattet hätten. Dknemark. Nachrichten aus Kopenhagen stel len den König als bedenklich krank, die Lage des Ministeriums als sehr kritisch und die Stimmung der Parteien gegen einander als sehr gereizt dar. Frankreich. Nach dem „Morning Advcrtiser" herrscht am französischen Hofe große Bestürzung über ein aus den Gemächern des Kaisers verschwun denes großes Briefpacket, durch welches viele hoch- gestellte Männer schwer compromittirt werden. Auf die Wiedererlangung sind 200,000 Fr. Belohnung gefetzt, doch sollen die Briefe bereits zu London in den Händen der Orleans sein. — Um sich bei den ärmeren Classen zu insinuircn, hat der Kaiser die Zinsen der Sparcasscn auf 4 Proc. erhöhen lassen. — Nach einer jüngst in Leipzig erschienenen Schrift steht Frankreich, ohne das Land gänzlich von Mi litär zu entblößen, folgendes Kriegsherr zu Gebote: 295,000 Mann Infanterie, 61,300 Mann Reiterei, 1200 Geschütze mit 40,000 Mann und 41,900 Pferden, 1500 Pontoniere, 7000 Mann Genie- Truppcn mit 800 Pferden, ein Trainpark von 5000 Mann und 7600 Pferden, also in Summe ungefähr 410,000 Mann mit 109,300 Pferden und 1200 bespannten Geschützen. Die Organisation der Armee ist in jeder Hinsicht trefflich und zweckmäßig, die Mannschaft in Afrika an den Kriegsdienst ge wöhnt, einig und ohne Unterschied der Parteien begeistert für Frankreichs Ruhm und Ehre. "Türkei. Die Türken sind in Montenegro bis zu dem Kloster Lstrog, einem der höchsten Punkte des Zetathales, vorgedrungen, haben cs genommcn, verloren und wieder genommen. Vier Bezirke von Montenegro haben sich in Folge dessen Omer Pascha unterworfen, der eine Proclamation erließ. Die