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Dienst««, r. okteber l»28 «.SM««» «r. 4« Aben-Ausva-r »ra»t«s»rlft: N«»r>»ten Lretdkn Fernlvrecher-Lamm«lnumm«r: »»Bl Nur lür Nachtgelprilckl«: Str !0Ml Lch0ftl«ftung u. H»uv«cirlck>!>ftrllrN«: Lr«1den-A. >, Marlenstrabe r«/4S Gegründet 1S6S «e»u«»,tda»r »»« 1. B» l». VNo»«, »»»» Ie> ttzlt» »«rtmaltgrr gusteNuna «rrl v-u« >.7« «k. Boftb«»ua«prei» sür Monat vtlober »,«0 MI. ohne Postzustellungigebühr. Einzelnummer >0 Piq. TInzeigenpreile: Dir Anzeigen werden nach Soldmarl berechne«: die einipaltige 30 mm breite Ijeile Sb Big., für aulwbrt» «v Big. Kamilienanieigen und Stellcngeluche ohne Rabatt 15 Pia., außer halb rb Pfg., die bi» mm breite ReNamezeile roo Big., ankierhalb S51 Big. Ossertengebühr 30 Big, Bniwärlige Austriige gegen, BorauSbczahlung Druck n. «erlag: Lievick ck Reichard», Dresden. Postuheck-Kio. Ivk« Dresden Nachdruck nur mit deull.Quelleoanpabe lDreddn. Rachr.i zultiiig. llnverlangle Schriftstücke werden nicht ausbewahr: Kurswechsel -es Zeppelins Der Nus nach Berlin aufgegeben - Das Luftschiff nimmt Kurs nach Holland Der Start FriedrichShasen, 2. Okt. Es ist heute wie eine große Probe zur Amcrtkafahrt,- über dem Sec und den Bergen liegt noch herbstliches Dämmerlicht. FriedrichShasen ist lebendig. Autos rasen durch die Stadt zur Werst, Arbeiter strömen hinaus. Um A7 Uhr schon wird daS Luftschiff klar gemacht, sollen Be satzung und Gäste an Bord sein. Alles scheint heute ein bißchen nervös wegen der ersten groben Fahrt, die der „Gras Zeppelin" antritt. An Bord befinden sich die gestern bereits gemeldeten Gäste, mit Ausnahme des Retchstagsabgeordnelcn Dr. v. Karborfs, der durch seinen Sohn und seine Gattin ver treten ist. Mit Besatzung und Werstangehörigcn nehmen etwa 70 Personen an der Fahrt teil. Beim Auswicgrn zeigt sich, das, das Schiss noch etwa« zu schwer ist. Eine Bordlukc össnet sich, und unter dem Gelächter der Umstehenden be kommt einer von den Haltemannschaften eine kalte Dusche, daß er nab ist wie ein Pudel. Ein Kommando — Luftschiff marsch! — und langsam gleitet es aus der Halle hinaus. Wenige Minuten später beginnen die Propeller zu rattern, und langsam und sicher hebt sich der silberne Riese in die Luft. Aus seinen groben Flächen liegt die herbstliche Morgensonne. Langsam entschwindet er gegen Norden den Blicken. Zwischen 7,56 und 8M,Uhr überflog „Graf Zeppelin", aus südwestlicher Richtung kommend, die Münstcrstadt. Er nahm seinen Weg in etwa lM Meter Höhe an den Mltnstcrtürmen vorbei in dem Augenblick, als es vom Miinsterturm gerade 8 Uhr schlug. Da „Graf Z^»pclin" sehr niedrig floss, konnten die Leute, die auf dem Münsteriurm Ausschau nach ihm hielte», von oben auf ihn herabsehen. Von Ulm aus flog das Luftschiff in nordwestlicher Richtung aus Hei de »hetm. Crailsheim und auf Nürnberg zu. Ter Münstcrplatz war gefüllt von Menschen, die dem Luft schiff begeistert zujwbelten. Rürnver- grüßt -en „Graf Seppelin" Um 9,10 Uhr überflog „Graf Zeppelin" in einer Höhe von etwa 260 Meter Nürnberg in mäßiger Fahrt. Während des NebcrsliegenS der Stadt funkte der Nürnberger Oberbürger meister Dr. Luppe durch Vermittlung des Nürnberger Rund funksenders folgenden drahtlosen Grub an das Luftschiff: „Die Stabt Nürnberg, deren preisgekröntes Sta» dion zur Erinnerung an die erste Zeppelinlandung den Namen „Zeppeliufeld" trägt, ruft dem Führer und Lchöoser deS neuen Meisterwerkes ein «»eralichcS Gk"^b sür alle weiteren Fahrten z«. Luppe, Oberbürgermeister." Eine Antwort konnte vom Luftschiff aus nicht gegeben werden, da die Funkanlage ständig durch den Wetterdienst in Anspruch genommen wirb. Während des Erscheinens deS Luftricscn über der Stadt war zu dessen Begrüßung ein Flug zeug aufgestiegen. Der Besuch des „Graf Zeppelin" wurde non der Nürnberger Bevölkerung, die sich massenhaft auf den Straßen und Plätzen aufgestellt hatte, mit grübter Anteil- nähme verfolgt. Nachdem das Luftschiff über Nürnberg und dessen Burg gekreuzt hatte, setzte es seine Fahrt in nordöstlicher Richtung auf Bayreuth zu fort. Um l0,02 Uhr erschien das Luftschiff über Bamberg, zag eine Schleife und nahm sodann ganz überraschend SnrS nach Westen in Richtung Habburg—Würzburg. „Graf Zeppelin" wurde um I1Z0 Uhr. aus östlicher Rich- tung kommend, über Werthetm am Main gesehen. Er flog weiter den Main enUang nach Nordwesten und befand sich um 12,80 Uhr über Frankfurt am Main. Lieber Frankfurt am Main Für den größten Teil der Bevölkerung ganz über raschen- erschien heute in den Mittagsstunden das Luftschiff über der Main-Metropole. Die Zeitungen hatten durch Extrablätter ungefähr eine halbe Stunde vor dem Erscheinen des Schiffes aus die Wahrscheinlichkeit aufmerksam gemacht, das, das Luftschiff Frankfurt passiere» könnte. Infolgedessen waren die Dächer der Häuser, die Türme und die Haupt- l'crkchrsstrabe» non einer ziemlich bedeutende,, Menschen menge besetzt, die das Riescnlustschisi mit Tücherschwcnken und begeisterten Hurrarufen begrüßten. Das Schiff, von der gerade durchkommeirden Mittagssonne beschienen, schwebte majestätisch über der Stabt tu mittlerer Höhe und nahm Kurs nach dem Flugplatz und von dort aus weiter »ach dem Rhein. Zur großen Uebcrraschung der Einivohncrschast vo» Koblenz uud des Mittclrhetngebieles überflog „Gras Zeppcltn" aus seiner Fahrt die Stadt. Das Lustschiss kam um l.65 Uhr ans seinem Fluge über de» Taunus in Koblenz tu Sicht, kreuzte über der Stadl und fuhr ln nordwestlicher Richtung, ossenbar nach Köln, weiter. Die Aenderung »es AstigpsaneS Rach Meldungen, die kurz nach l»,«0 Uhr in Berlin ein- lrasru. wirb das Lustschiss „Gras Zeppelin" cntgeaen den bis herigen Erwartunaen nicht Uber Berlin stiegen. Die Wetter lage i» Norddentschland hat an'-«" —nt> den .^übee^ de«» L »st« schiiles. Dr. Sckcner. bewogen, den bisherigen Knrö nach Norden nicht weiter zu steuern. Rach einer Funkmeldung Dr. Eckeners wird das Lust, lchlss »oraussichtlich hcnte abend In Holland eintressen und falls nichts Unvorhergesehenes eiutritt, morgen früh sich über Berlin befinde». Eine spätere Mitteilung der Flugleitung besagt: Wir nehme« den Weg von Frankfurt in der Richtung Rotterdam. ' ts über Nordsee und England. Mittwoch über Helgoland und Hamburg nach Berlin. Eine endgültige Entscheidung über diesen wahrscheinlichen Kurs wird später erfolgen. Enttäuschung in Berlin Gtn Fluozeug-Ehrenoeleit sollte Den „Gras Zeppelin" empfangen «Drahtmeldung unserer Berliner Schrlftleitung) Berlin, 2. Okt. Die Neichshauptstabt, die das letzte Mal am 26. September 1024 den Besuch eines Luftschiffes empfangen konnte, nämlich des „2. N. HI", der auf Nimmerwiedersehen nach Amerika entschwunden ist, ist heute vormittag schwer enttäuscht worden, da der „Graf Zeppelin", das erste deutsche Verkehrsluftschisf, den beabsichtigten Besuch in Berlin infolge der schlechten Wetterlage ausgeben muhte. Alle Vorbereitungen waren getroffen, um die Berliner rechtzeitig von dem Ein treffen des Luftriesen zu unterrichten. Die „Berliner Funk stunde" hatte aus dem Dache ihres Gebäudes eine besondere Beobachtungsstelle eingerichtet, von der aus den Rundfunk- Hörern sofort bl« ersten Sichtmeldungen übermittelt werden sollten. Nachdem die Meldung vorlag. dah „Graf Zeppelin" am heutigen Bormittag nicht mehr in Berlin eintressen wird, versuchte die Berliner Funkstunde mit dem Luftschiff in Ver bindung zu treten, was auch gelang. Dr. Eckener teilte mit. dah er nähere Einzelheiten über die Fahrt nicht machen könne, da zwei grohe Berlagsunternehmen das Monopol für die Berichterstattung erworben hätten. Am Abend soll die Bordmusik des „Zeppcltn" auf den Berliner Sender über tragen werden. Die Hoffnung der Berliner, „Graf Zeppelin" werde doch noch nach der Reichshauptstadt fliegen, ist auch unsere Hoff nung in Dresden. Wenn nämlich das Luftschiff den Flug nach Berlin ermöglichen kann, so darf wohl angenommen werden, daß eS noch Zeit finden wirtz, den Rückweg, wie ge plant. über unsere Stadt anzutrcte». Der 81. Geburtstag HindenburgS Zahlreiche Glückwunschtelegramme etngetroffen «Drahtmeldung unserer Berliner Schristleitungi Berlin, 2. Oktober. Der Reichspräsident von Hiudcnburg ist. wie bereits kurz gemeldet, heute nicht in Berlin an wesend. sondern hat sich, um allen Festlichkeiten zu entgehen, in sein Jagdrevier in der Schorshcide zurückgezogen. AuS diesem Grunde ging es im Ncichopräsidcntcnpalais am heutigen Bormittag vcrhältnismähig still zu und nur eine grohe Anzahl von Glückwunschtelegrammen und Adressen ging ein, während vo« Empfängen abgesehen wurde. Besinn -er Lanöerkonferenz «Drahtmeldung unserer Berliner Schrift leitun gl Berlin, 2. Okt. Entgegen der ersten Einladung begann die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder bereits heute 1l Uhr vormittags im Kongrehsaal der Reichskanzlei. Das 'RcichSkabinett war vertreten durch den Reichskanzler Hermann Müller, durch die Ncichsminister Curtius, Gröner, Kvch, Schätze!, von GuSrard und Hil- ferding. Die Ministerpräsidenten der deutschen Länder waren vollzählig vertreten. Auhcrdem nehmen an den Be ratungen teil die Mitglieder der Delegativn, die an den Genfer Völkerbundsverhandlungen teilgenommen hat. Zur Stunde sind die Beratungen der Konferenz noch nicht abge schlossen. Man nimmt an, dah nach Beendigung ein Kvmmn- ntqus ausgegeben werden wird. Hilfsmittel -es Parlamentarismus Berlin, 2. Okt. Fm Preußischen Landtag, der heute mit seiner Wintersession beginnt, versucht man gegen unver besserliche Schreier mit den neuesten Mitteln der Technik vorzugehen. Die Pause in den Plenarberatungcn ist dazu benutzt morden, eine Reihe von Lautsprechern aus zuprobieren, die bei allzu stürmischen Sitzungen in Tätigkeit treten sollen. Zunächst hat man den Präsidenten des Hauses mit einem Mikrophon bedacht, das er jederzeit einschalten kann, um seinen Anordnungen den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Ein weiteres Mikrophon befindet sich am Rednerpult. Es wird gleichfalls vom Präsidenten eingeschaltet. Redner bei allzu grohem Lärm mit seiner Stimme auf jeden wenn sich dies« Maßnahme erforderlich macht, damit der Fall durchdringen kan». Auch die Minister hat man nicht vergessen. Man darf also dem Verlauf der Wintcrtagung des Preußischen Landtags mit Ruhe cntgegensehen. Der Laut sprecher wird jedes Oppositionsgebrüll »verschreien können. Armmm NttkMtel mit SwlMrlm Die RetchStagSfrakttorl erklärt -ie Zugehörigkeit -um Stahlhelm für unmöglich Berlin, r. Okt. Di« Nationalliberale Korrespondenz, der parteiamtliche Pressedienst der Dentschen BolkSpartei, meldet: „Der Vorstand der Reichstagssraktion der Deutschen BolkSpartei hat stch in Anwesenheit von Mit gliedern der Fraktion, die auch dem Stahl, Helm an ge hören, eingehend mit den letzte« Vorgängen im Stahlhelm, mtd insbosvndere seinen letzten Kundge-nngen, beschäftigt. Die Anwesenden sind einstimmig z« folgender Ansfassnng gelangt: „Die Deutsch« BolkSpartei hat die überparteilich«« Bestrebungen des Stahlhelms mit Sympathie verfolgt und cs begrübt, dah auch ihre Mitglieder sich an diesen Bestrebungen beteiligten. Mit de« neuerlichen Borgängen hat stch dsr Stahlhelm indes aas das Gebiet einer von seiner früheren Zielsetztrng abweichenden politischen Be tätigung begeben. Mit Rücksicht ans die sich hieran- mit Notwendigkeit ergebenden Konflikte zwischen Partei» und Stahlhelm- zugehörig k eit hält es der Vorstand sür politisch nichtmehr möglich, bah Mitglieder der Fraktion weiterhin dem Stahlhelm an gehören." Der Km-deutsche Orden gegen das Stahlhelm-BolkSdegehren Berlin, 1. Okt. Die Führer .des Jungdeutschen Ordens ans dem ganzen Reiche haben einen.Brief-.an den Reichs» p rast d e n t e.n v. H i n denburg gerichtet, in dem es heißt: „In Dankbarkeit und in aufrichtiger Verehrung bringen wir.zum Ausdruck, daß wir durchaus den tiefen Sinn der politischen Sendnna verstehen, die stch mit Ihrer Reichs» vräsidentciischasi geschichtlich verbindet. Wir sind uns der Pflicht bewußt, die Zeit Ihrer Führung zur geistige» Nen- derung der Kr ordniing und zn einer gesunde» Neu der.Kräfte z» - . , ,»n.... ... . .. verwende». Wir gelobe», Ihrem Beispiel getreu, unsere Kraft In de» Dienst der Bejahung nnd des Ausbaues z» stelle». Wir erkennen Ken Frevel/ de» ein alles verneinender Extremismus am deutschen Volke begeht. Die jüngsten An griffe, die von der extremistischen Rechten gegen Sie gerichtet sind, haben unseren Willen gestärkt, den Kampf auch gegen diese Zerstörer und Verneiner auszunchmcn. Dem Worte: „Wir hassen den Staat" setzen wir unser jungbcutsches Bekenntnis des Dienstes am Volke entgegen. In Ihrer Haltung, Herr Reichspräsident, sehen wir ein Vorbild staatsbürgerlicher Pflichterfüllung ohne jede Rück sicht auf die jeweils herrschende Parteirtclitung. Wir Jung- deutschen werde« niemals «tue« deutschen Staat Haffe», nur «eil seine Orduyng ««seren Wünschen nicht ent spricht. Wir können erst recht einen Staat nicht Haffe«, dessen höchstes Amt ein Hindcnbnrg bekleidet. Mit diesem grundsätzlichen Bekenntnis der Treue zu Staat und Volk verbinden wir den schärfsten Ausdruck unserer sachlichen Opposition. In dieser Haltung kämpfen wir für die Fortentwicklung der dentschen Republik zum wahren Bolksftaat. Wir kämpfen für -ie Selbstverwaltung eines organisch ge gliederten Volkes. Wir bekämpfen den beherrschen»«:» Ein fluß. den anonyme und getarnte Minderheiten nnd Geld- gemalten aus den Staat ausüben. Wir wollen die politische Gleichheit aller Staatsbürger »nd wirtschasilichc Gerechtig keit sür alle." Ferner hat das am 30. September in Berlin zusammcn- getretene Hochkapttel dös Jungdeutsche» Ordens eine Erklärung abgegeben, die u. a. besagt: Obschon zwischen dem Stahlhelm einerseits, dem Jungdeutschen Orden sowie den übrigen Bünden anderseits Verhandlungen darüber schweben, wie der Kamps der nationalen Bewegung um die Neugestaltung des Staates gemeinsam geführt werde» kan», hat der Stahlhelm die Einleitung eiükS Volksbegehrens aus Abänderung der Verfassung von stch ans angckündlgt. Er hat dabei, ohne beauftragt zu sein, sich zum Wortsiihrer der nationalen Be wegung aufgeworfen. Der Jungdeutsche Orden erklärt, daß er jede» Kamps »m dir Neugrstaltniig des Staates tm Sinne des Bvlksstaates zurzeit unterstützen wird, der znm mindesten ivlgende G r n » d f o r d c r n » g e n enthält: 1. Die politische Gleichheit aller Staatsbürger «ud die ge rechte Bchandlnng aller in kultureller nnd wirtschaftlicher Hinsicht muß gewährleistet sein.