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Der Kciegsminister erwirbt sich ein wahres Verdienst dadurch, daß er sich der Mühe unterzieht, den Behauptungen Bebels über Soldatenwißhandlungen und sonstige Vorgänge in der Armee genauer nachzugehen. Was er vorgestern darüber bei- bcachte, war für Bebel geradezu vernichtend. Die beiden so- zialdemokratischen Parteigrößen Liebknecht und Bebel konnten sich am Schlüsse der vorgestrigen Reichstagsfitzung die Hände reichen in dem Bewußtsein sich und ihre Partei nach Kräften — um mit Liebknecht zu reden — „an den Pranger gestellt" zu haben. Das Jubiläum des Reichstags ruft die Erinnerung an eine Erzählung wach, die Fürst Bismarck einst zum Besten gab, um die Schwierigkeiten zu schildern, die es ihm bereitet, der neuen Körperschaft für ihre Sitzungen ein Heim zu schaffen. Bekanntlich war die zum Heim der deutschen Volksvertretung ausersehene Stätte das Gebäude der königl. Porzellanmanufaktur. Bismarck erzählt nun: „Der Tag des Zusammentritts des Reichstages war festgesetzt, aber mit der Fertigstellung der Räume sah es noch sehr bedenklich aus. Besonders war das Haus noch mit großen Porzellanvorräthcn angefüllt und man gab mir zu verstehen, daß deren Fortschaffung sich nicht in so kurzer Zeit werde bewerkstelligen lassen. Da ließ ich der Manu faktur sagen, daß, wenn sie nicht innerhalb von zweimal vier undzwanzig Stunden das Haus geräumt hätte, ich die Berliner Feuerwehr rufen und das gcsammte Porzellan auf die Straße werfen lassen würde. Das zog: das Haus ward geräumt und der Reichstag konnte zum festgesetzten Termin seine Sitzungen beginnen." Berlin. Der Generalstreik der Schuhmacher ist am 22. März für beendet erklärt worden. Die geforderte neun stündige Arbeitszeit ist fast in sämmtlichen mechanischen Schuh fabriken Berlins durchgeführt. Es streiken nur noch achtund- oierzig Arbeiter und Arbeiterinnen in zwei Fabriken, doch handelt es sich hierbei um Lohndifferenzen, den N-unstundentag sind auch diese Arbeitgeber zu bewilligen bereit. — Neber tausend Tabaksarbeiter und Arbeiterinnen waren am Sonntag in Nieft'S Salon versammelt, um über den Eintritt in eine Lohnbewegung zu berathen. Sämmtliche Redner sprachen sich für eine Lohn bewegung aus, von anarchistischer Seite wurde sogar ein General streik der Tabaksarbeiter Deutschlands in Anregung gebracht. In einer einhellig angenommenen Resolution erklärten die Ver sammelten das Eintreten der Tabaksarbeiter Berlins in eine Lohnbewegung für «ine unabweisbare Nothwendigkeit und be auftragten die bestehende Agitationskommission, die vorbereitenden Schritte zu thun. In der Sitzung des italienischen Senats am 25. März ist es zu bedeutsamen Erörterungen über die Politik der ita lienischen Regierung in Abessynien, namentlich aber auch über das Verhältniß Italiens zu Großbritannien, gekommen. Es geht daraus hervor, daß aller Wahrscheinlichkeit nach ein Bünd- niß zwischen beiden Staaten besteht, welches ein Bindeglied peM ft« Getreide» überall da, r Schad« zerst leicht ganz au» ignisie vo« gern t» RäusefcM ick 25 Ml! Mk., 100 daß vo" maten «eit iegennah^l sowie jt : Hermais d (Patent rl. Senkins sowohl dk ), nachdes t ist, ei" mng diese! :r teilweist welches d>t t'et. 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Druck und Perlno non Martin Berarr m Wilsdruff — Pernntnw.-tlick, iür die Redaktion H A Brrger daselbst. No. 38. i Sonnabend, den 28. März 1896. Bekanntmachung. Da durch den Kirchenneubau der Kirchplatz in seiner ganzen Ausdehnung in Anspruch genommen werden muß, so werden zugleich in Rücksichtnahme auf den ungestörten Fort gang der Bauarbeiten und in Nachachtung der diesbezüglichen baupolizeilichen Vorschriften Frücht nur der Kirchplatz selbst, sondern auch die an der Pfarre und bei dem Schloßgarten ein mündenden Zugänge für Wagen- und Fußverkehr bis auf weiteres gesperrt. Wilsdruff, den 27. März 1896. Der Bürgermeister. Ficker. Bekanntmachung. Wegen Vierteljahresabschlusses sind die noch rückständigen Kranken-, Jnvaliditäts- und Altersversicherungsbeiträge nunmehr bis spätestens 11. April dieses Jahres bei Vermeidung Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens anher zu bezahlen. Wilsdruff, am 27. März 1896. Die Gemeindekrankenkasse. Brgmstr. Submission. Für den Neubau der 8t. Xt«»I»1!»1»«I»v ru sollen die Tischler« und Schlssserarbeiten in je «inem oder mehreren Loosen vergeben werden. Die schriftlichen Unterlagen und die Zeichnungen liegen vom 29.—31. März Vormittags 9—12 Uhr in der Wohnung des Herrn Kirchrechnungsführers Dinndsrf zur ge fälligen Einsicht auS; am I. April Vorm. 9—12 Uhr wird Herr Architekt Kandler im hiesigen Gasthof zum Adler anwesend sein, um über die daselbst ausgestellten Zeichnungen pp. nähere Auskunft zu ertheilen. Die schriftlichen Unterlagen können auch von Herrn Dinndorf gegen Erstattung der Copialgebühren von 2 Mk. 50 Pf. bezogen werden. Angebote mit der Aufschrift: Tischler- oder Schlvsserarbeiten, sind bis zum 11. April d. I. Abends 6 Uhr an den unterz. Kirchenvorstand in verschlossenem Couvert einzureichen. Wilsdruff, den 27. März 1896. Der K i r ch e n v o r st a n d. G. Ficke»', Pfarrer, Vors. Tagesgeschichte. Das deutsche Kaiserpaar traf mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Eitel Friedrich am Dienstag Nachmittag gegen 8 Uhr im besten Wohlsein in Genua ein. Eine große Menschenmenge erwartete in der Nähe des prächtig geschmückten Bahnhofes Santa Limbania die Ankunft Ler kaiserlichen Herr schäften, während im Wartesaale der Herzog von G.nua, die Spitzen der Behörden und die Mitglieder oer deutschen Cotome versammelt waren. Nach herzlicher gegenseitiger Begrüßung der Majestäten mit dem Herzog von Genua erfolgten die üb lichen Vorstellungen, worauf sich das Kaiserpaar unter den fort gesetzten lebhaften Huldigungen der Volksmenge mit den kaiserlichen Prinzen und dem Gefolge an Bord der „Hohenzollern" begaben, geleitet vom Herzog von Genua der Generalität und deuVer- iretcrn der Behörden. Um 7',2 Uhr Abends ging die „Hohen- i°llern" nach Neapel ab; alle Schiffs im Hafen von Genua trugen festlichen Flaggenschmuck, die dort ankernden deutschen Dampfer brannten außerdem bengalische Feuer ab, überall er lang seitens der Sch>ffskapellen die deutsche Nationalhymne, Artill.-riesalven ertönten von den Hafenforts als Abschiedsgruß für die erlauchten Reffenden. Als die „Hohenzollern" am Quai kntlang fuhr, ereignite sich ein bemerkenswerther Zwischenfall, hoch oben auf der Commandobrücke seines Schiffes stehend, der Kaiser laut: „Viva N Us!" („Es lebe der König!") Worauf die auf dem Quai versammelte Volksmenge mit dem ^geisterten Rufe: „Viva I' Imperators!" („Es lebe der Kaiser!") antwortete. Zahlreiche Barken begleiteten die Jacht zum Hafenausgange und neue Artilleriesaloen ertönten, als „Hohenzollern" ins offene Meer hinausfuhr. Am 16. April tritt das Reichsparlamcnt zu dernach- Oterlichcn Sessionsperiode wieder zusammen. Dec Reichstag uhrte in seiner letzten Sitzung vor den Ferien die dr'tte Etais- "sung zu Enoe, die noch restirenden Spezialetats meist nach vur kurzer Diskussion genehmigend; längere Auseinandersetzungen Entspannen sich nur noch beim Postetat und beim Etat der ^eichsbank. Bei der alsdann erfolgenden Abstimmung über ^n Etat im Ganzen wurde derselbe lediglich gegen die Stimmen Sozialdemokraten endgültig angenommen. Weiter wurden 'e zum Etat eingebrachten Resolutionen fast sämmtlich ge- "Eymigt, darunter der Antrag Gröber betreffs der warmen ^bendkost für die Soldaten. Zum Schluß fanden auch das ^atsgesitz und das dem Reichstage Hals über Kopf aus dem ^undesrathe zugegangene Schuldentilgungsgesetz, welches im roßen und Ganzen den im Antrag Lieber wegen der Tilgung R ^'chvschuld niedergelegten finanzpolitischen Wünschen des "chstages entspricht, definitiv Annahme. — Der Reichstag uv Verabschiedung des Etats jetzt zum ersten Male «eb gegenwärtigen Session beschäftigenden gesetz- b<si^> " Aufgaben vollständig gelöst, die anderen Vorlagen Vek noch verschiedenen Stadien der parlamentarischen Handlung. Von ihnen ist am meisten vorgeschritten die Novelle zur Gewerbeordnung, welche nur noch der dritten Lesung harrt. F rtiggestellt zur Spezialberathung im Plenum sind die Novellen zu den Reichsjustizgesetzm und zum W rthschafts- genossenschaftSgesetz, die Börsenceform-Voclage, das neu- Mar garinegesetz und dec Entwurf über den unlauteren Wettbewerb, letzt e Vorlage gelangt nach Ostern zunächst zur Berathung. Ja den betreffenden Commissionen befinden sich noch der Ent wurf des Bürgerlichen Gesetzbuches, die Zuckersteuer-Vorlage uno der Gesetzentwurf über die Errichtung von Handwerker kammern; der Ausschuß zur Vorberathung der letztgenannten Vorlage paufirt aber schon seit längerer Zeit, da er auf die Einbringung des verheißenen Gesetzes über die Organisation des Handwerks im Reichstage wartet. Dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe ging ein Schreiben des Fürsten Bismarck zu, in welchem letzterer dem Fürsten Hohenlohe für die „wohlwollende ritterliche Kundgebung", durch welche er bei der jüngsten Reichstagsfeier (Lismarck's) gedacht habe, verbindlichsten Dank ausspricht. Die Sozialdemokratie hat am Dienstag im Reichstage eine schwere moralische Niederlage erlitten. Der Kciegsminister vollendete nicht nur die von dem Oberstaatsanwalt Drescher in der Gerichtsverhandlung über den Diebstahl des Militärver- orduungsblattes mit dem kaiserlichen Gnadenerlaß vom 18. Januar begonnene Aufgabe, den „Vorwärts" des Nimbus der geheimen Beziehungen zu höheren Kreisen zu entkleiden und als den — Begünstigten von Dieben zu charakteristren, sondern er übte auch an der Wahrheitsliebe des Führers Bebel eine so erbarmungslose Kritik, daß die „Genossen" an dieser Abfertigung auf eine Weile genug haben dürften. Der ganze grenzenlose Aerger des Herrn Liebknecht über die Aufdeckung der Mittel und Wege, durch welche der „Vorwärts" jenen Nimbus um sich verbreitete, kam in der Vertheidigung zum Durchbruch, die dieser sonst so strenge Sittenrichter den Ehrenmännern angedeihen ließ, die nach ihm einen „ganz harmlosen Vertrauensbruch" be gingen, als sie auf raffinirte Weise den „Vorwärts" in den Besitz der gestohlenen Nummer des Armeeoerordnungsblattes setzten. Eine verlegenere Ausrede als der von den Abgg-Lieb knecht und Bebel versuchte Hinweis auf frühere Veröffentlichungen sekreter Dinge in der bürgerlichen Presse und gar auf die Ver wendung der geheimen Fonds von feiten der Regierung ist nicht denkbar. Geradezu gioteSk war die Behauptung Liebknechts, die Veröffentlichung geheimer Aktenstücke im „Vorwärts" erfolge „im Interesse der öffentlichen Moral". Nun diese „Moral" des „Vorwärts" ist vom Kciegsminister mit den richtigen Worten als gewerbsmäßige „Hehlerei" und Begünstigung des gemeinen Diebstahl« charakterisier worden. In Verbindung mit der in zahlreichen Fällen zur Evidenz nachgewiesenen Unwahrhaftigkeit der „Methode Bebel" ermöglicht das Plaidoyer des Herrn Lieb knecht eine Vorstellung von dem sozialdemokratischen Sittenkoder, wie er für eine Partei, die mit allem zur Zut Bestehenden und Hochgehaltenen brechen w'll, allerdings nicht Übel paßt.