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MsdrufferÄMM Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. kfrei Haus, bei Posibestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten, Post boten und unsere Aus- träger und Geschäftsstellen Nehmen zu jederzeit Be- 6rk sÜV 397l9vkU^ U. stellungen entgegen, fzm ^Falle höherer Gewalt, " Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anipruct aus L-elerung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Burgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter L«!E «»" W«-d-ub Rr. « «««Z durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Aabattanipruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage erngezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 56 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 7. März 1933 Genfer Verlegenheiten. Auf Kosten des armen Völkerbundes Witze zu machen, ist heute leichter und billiger als in all den bisherigen Zeiten seines Bestehens. Wir Deutsche haben wenigstens noch eine nnstreitbare Berechtigung dazu, über ihn Zn spotten; es ist überflüssig, über das Warum dieser Berech tigung nur ein Wort zu verlieren, denn das Memelland, Oberschlesien, deutsch-österreichische Zollunion, Minder heitenverfolgung und noch sonstige Geschehnisse sprechen darüber schon laut genug. Wir Deutsche sind auch durch aus der ebenso berechtigten Meinung, daß die Kette solcher Geschehnisse durchaus noch nicht zu Ende ist, sondern daß ihr allein schon die Abrüstungskonferenz ein paar neue groteske Glieder anhängen wird. Darüber hat die Rede Tardieus vor dem Auswärtigen Ausschuß der Franzö sischen Deputiertcnkammer eine so unzweideutige Klarheit gebracht, daß man wirklich nicht mehr Weitz, was aus der ganzen Konferenz nun eigentlich werden soll. Denn wenn aus der einen Seite Tardieu erklärt, eine Abrüstung oder selbst nur ein Abstoppen der Rüstungsverstärkung könne es nur dann geben, wenn der Völkerbund zum „Gendarmen" gemacht und dadurch eine unbedingte „Sicherheit" für Frankreich gewährleisten könne, andererseits aber das deutsche Verlangen feststeht, dem Völkerbundstatut gemätz müsse die Aufrechterhaltung des Friedens zu einer Herab setzung der Rüstungen auf ein Mindestmatz führen, — so hat hierbei schon Tardieu mit seiner Behauptung recht, datz sich „die deutsche und die französische These diametral gegenüber stehen"! Und wenn er außerdem die deutschen Abrüstungs- Vorschläge einfach und ohne weiteres als eine ganze Reihe von Nevisionsforderungen gegenüber den Versailler Bestimmungen bezeichnet und darin die Begründung für ihre Ablehnung sieht, so hat er damit zwar nicht recht, aber er hat die Macht dazu, auch hier wieder unverblümt das Gegenübcrstehen der deutschen und französischen „Thesen" zu unterstreichen. So datz es nur eine Schlutz- folgerung aus der gesamten Haltung Tardieus ist, wenn er nochmals bemerkt, Frankreich werde es auf keinen Fall zugeben, daß die Folgen der Konferenz sich für irgendeinen Staat in einer Aufrüstung ausdrücken könnte. Anderes hat ja wohl in Deutschland niemand erwartet. Und bei diesem Punkte vermögen wir allerdings keinerlei Spottlust aufzubringen. Es fehlt dem Völkerbund eben die innere Möglichkeit, das ihm vor dreizehn Jahren ge steckte Ziel der allgemeinen Abrüstung zu erreichen. Eben so wie ihm die äußere Möglichkeit fehlt, einem wehr kräftigen Friedensbrecher in den Arm zu fallen. Zu jenem mangelt es ihm an Willen, zu diesem an Macht. Aber trotzdem hat er nicht den offenen Hohn verdient, mit dem er sich vom japanischen Delegierten behandeln ließ. Was bisher der Konferenzsaal des Völkerbundes noch nicht hörte, ein Wort, das man hinsichtlich des japanisch-chine sischen „Konflikts" auszusprechen aufs ängstliche vermied, drang jetzt unbekümmert über die Lippen des Japaners in die Öffentlichkeit hinaus: das Wort „Krie g"! Und der Satz, in dem dieses Wort fiel, hat auch die bisherigen Ereignisse im Fernen Osten als „Krieg" bezeigst. Die Völkerbundversammlung quittierte darauf mit eiü^E leb haften Bewegung", aber diplomatisch unverseuchr^ Ge müter in aller Welt werden diese „Bewegung" kaum ver stehen, es sogar billigen, daß schwarz endlich einmal als schwarz bezeichnet wird. Ein „falscher Zungenschlag" des Japaners war jene Äußerung bestimmt nicht, sondern eher der Ausdruck einer inneren "Verachtung, die das „Reich der ausgehenden Sonne" gegenüber diesem Völkerbund der Weißen Rasse hegt, weil er ja nie einen entschlossenen Willen zur Tat aufgebracht hat, höchstens einen solchen gegen Wehrlose. Den blutigen Spott kann sich Japan denn auch leisten, weil es weiß, daß nur eine Entschließung in Genf die Antwort war und auch jetzt wieder ist. Ein zweiter Friede von Schimonoseki, wie ihn drei europäische Großmächte 1895 den gegen China siegreichen Japanern aufzwangcn und der dem Mikadoreich wesentliche Früchte dieses Sieges entrissen hat, wird den Japanern niemals wieder diktiert werden, zu allerletzt vom Völkerbund. Dieerste „kalte" Rache, die sie genommen haben, war auf Deutschland gerichtet, indem Tokio für das Ultimatum an uns im August 1914 den Wortlaut jenes anderen Ultimatums kopierte, das neunzehn Jahre zuvor jene Großmächte — unter ihnen leider auch Deutschland — den Japanern überreicht hatten. Von Rußland holten sie sich schon zehn Jahre nach Schimonoseki das damals wieder verlorene Port Arthur zurück, — und jetzt stehen sich an der nord- mandschurischen Grenze Russen und Japaner wieder schwerbewaffnet einander gegenüber! Schon sagt man sich ganz undiplomatisch allerhand „Wahrheiten". Es steht schlecht um den Weltfrieden, schlechter noch um oen Völkerbund! Der Donaubunöpkan. Endlich wird Berlin unterrichtet. Amtlich wird mitgeteilt: Der französische Botschafter gab dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Er- klärungen über die französischen Absichten betreffend Hilfsmaßnahmen für die Donauländer ab und überreichte »hrq eine Denkschrift, in der die Erwäaunacn der frml- grsener an IMer. Ein offener Iries des Reichsinnen ministers an Hitler. Ein offener Bries des Reichsinncnministers an Hitler. Reichsminister Dr. Groener hat an den Führer der Nationalsozialisten, Adolf Hitler, folgenden offenen Brief gerichtet: „Sehr geehrter Herr Hitler! Sie haben am Sonntag, dem 28. Februar 1932, Vertreter der ausländischen Presse empfangen, um ihnen den Inhalt eines Briefes an den Herrn Reichspräsidenten mitzuteilen, der erst mehrere Stunden nach diesem Empfang in die Hände des Adres saten gelangt ist. Die Würde des deutschen Staatsober hauptes gebietet, die persönliche Beantwortung eines Schreibens zu verweigern, das nur formell an seine Adresse gerichtet war, praktisch aber einer an das Aus land gerichteten Propaganda dienen sollte. Die Dinge, die Sie vorgebracht haben, ersordern aber eine öffentliche Antwort. Sie haben in dieser Kundgebung gegenüber der aus ländischen Presse einen Appell an den Reichspräsidenten gerichtet, in die Handhabung der Maßnahmen einzu greifen, die die Regierungen des Reiches und der Länder zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während des Wahlkampfes zu treffen haben. Sie er warten vom Generalfeldmarsck».ll von Hindenburg, daß er hierbei mit Rücksicht auf seine persönliche Kandidatur die ihm als Reichspräsidenten gegebenen Rechte zur An wendung bringen solle. Ihr Appell an die „Prin zipien der Ritterlichkeit", den Sie damit ver binden, veranlaßt mich zu der öffentlichen Klarstellung, daß der Versuch, einen Mann, der sieben Jahre lang ein bewunderungswürdiges Zeugnis seines Bemühens um objektive Amtsführung abgelegt hat, in Gewissenskonflikt zwischen Amtspflicht und persönlicher Loyalität zu bringen, meinem Empfinden von Ritterlichkeit wider spricht. Ich hätte jedenfalls erwartet, daß die persönliche Behandlung, die Ihnen noch vor wenigen Monaten durch den Herrn Reichspräsidenten zuteil geworden ist, an den Methoden Ihrer Wahlpropaganda nicht spurlos vorüber gehen würde. Zu einzelnen Ihrer Beschwerden habe ich folgendes zu bemerken: Als Reichsinnenminister bin ich für die Sicherung der Wahlfrciheit verantwortlich. Wahlfreiheit bedeutet die Sicherung der freien Wahlentschließung des einzelnen Staatsbürgers gegenüber Versuchen, durch Terror und Zwang eine Wahl- beeinslussung auszuüben. Wahlfreiheit bedeutet aber nicht einen Freibrief für alle Ausschreitungen im politischen Kampf. Ihr Hinweis auf eine angebliche Verfassungs widrigkeit der bestehenden Verordnungen während des Wahlkampfes geht an dem klaren Sinn des Artikels 125 der Reichsverfassung vorbei. Sie rufen den Schutz des Reichspräsidenten an gegen Teile des Wahlaufrufs der SPD., in denen die Befürchtung ausgesprochen wird, daß Ihre Wahl Krieg und Bürgerkrieg und die Vernichtung aller staatsbürgerlichen Freiheiten zur Folge haben könne. Vergleicht man diese dunklen Prophezeiungen mit den Ausrufen und Kundgebungen, die Ihre Partei seit Jahr und -i.ag über ihre Gegner in Deutschland verbreitet hat so kann die mit einem Male gezeigte Empfindlichkeit nur Verwunderung auslöfen. Ich bin zwar kein politischer Propagandist, aber ich möchte doch annehmen, daß es für Sie ein einfaches Mittel gäbe, sich selbst gegen die Ihnen unberechtigt erscheinenden Befürchtungen zu wehren, — nämlich endlich einmal die klare -Hervorhebung Ihrer positiven Ziele, um damit die ernste Sorge Millionen Deutscher um die Entwicklung unserer Außenpolitik und die in späterer Zukunft liegenden Gefahren einer bolsche wistischen Entwicklung zu zerstreuen. Sie nehmen mit Recht für sich in Anspruch, daß der Wahlkampf auch gegen Ihre Person ritterlich geführt werde. Ich zögere deshalb nicht, auf Grund der von Ihnen vor gelegten Bescheinigung der österreichischen Behörden in Linz die Behauptung, Sie seien österreichischer Deserteur gewesen, als unrichtig zu bezeichnen. Ich stelle auch mit Befriedigung fest, daß der Abgeordnete Dr. Goebbels in einem an mich gerichteten Briefe von der Absicht einer Beleidigung des Herrn Reichspräsidenten durch seine Äußerung im Reichstag weit abgerückt ist. Dies ändert nichts an der Tatsache, datz seine Worte in jener Reichs tagssitzung nicht anders verstanden werden konnten, als ich es getan habe. Ich bedauere, daß Dr. Goebbels nicht die erste Gelegenheit dazu benutzt hat, aus freiem Antrieb eine Erklärung abzugeben, die unter dem Ausdruck des Bedauerns seine Worte zurücknahm und die mich der Pflicht zu meiner Erklärung im Reichstage enthoben hätte. Abgesehen von diesem Einzelfall muß ich doch fest- stcllen, datz in der von Ihnen betriebenen Propaganda die unangreifbare Persönlichkeit des Reichs präsidenten von Hindenburg immer wieder durch eine völlig entstellte Darstellung der Träger seiner Kandidatur herabzusetzen versucht wird. Ich will den Fall nicht öffentlich auf greifen, der kürzlich zur Beschlagnahme einer von Ihnen herausgcgebenen illustrierten Zeitschrift führen mutzte. Aber ich bin es dem Mann, der mit seiner Kandidatur ein tief erschütterndes persönliches Opfer gebracht hat, schuldig, die Wahrheit festzustcllen: Hindenburg ist nicht „der Kandidat Crisp iens", ist nicht der Kan didat einer Partei, sondern er ist der Kandidat von Millionen deutschen Arbeitern genau so wie von Millionen Volksgenossen in anderen Ständen. Es widerspricht Ven Gepflogenheiten deutscher Tra dition, Männer, die ein langes Leben an der positiven Entwicklung der deutschen Geschicke mitgewirkt haben, deren positive Leistungen bereits der Geschichte angehören, ohne weiteres mit denen auf eine Stufe zu stellen, die den Beweis ihrer historischen Bedeutung erst erbringen wollen. Ich werde als Reichsinnenminister dafür sorgen, daß niemand in seiner freien Entschließung bei der Wahl gehindert wird. Aber ich betrachte es als meine Pflicht als Staatsdiener, mich schützend vor die Person des amtierenden Reichspräsidenten zu stellen, und als meine Ehrenpflicht als alter Soldat, über die Ehre und das Ansehen des Generalfeldmarschalls von Hindenburg zu wachen. In diesem Geiste werde ich die gesetzlichen Bestimmungen auch im Wahlkampf hand haben." zösifchen Negierung über die Möglichkeiten einer Über windung der im Südosten Europas bestehenden wirt schaftlichen Notlage nicdergclcgt sind. Dieselbe Niederschrift, die ebenso wie die deutschen Erwägungen von den Vorarbeiten des Finanzausschusses des Völkerbundes ausgeht, ist auch den anderen inter essierten Großmächten in diesen Tagen überreicht worden. Sie will nicht als ein fertiger Vorschlag angesehen werden, sondern als Betrachtungen über die einzuschlagenden Wege und über die gegebenen Möglichkeiten. Der französische Botschafter brachte den Wunsch feiner Regierung zum Ausdruck, datz Deutschland sich an den Arbeiten zur Herbeiführung einer besseren wirtschaftlichen Organisation für den Südosten Europas beteiligen möge. Oie Tschechoslowakei bekommt eine Anleihe. Die Französische Kammer hat sich mit der 600-Mil- lionen-Anleihe für die Tschechoslowakei beschäftigt und nach längerer Aussprache den am 3. März in Paris ab geschlossenen Vertrag zwischen der französischen und der tschechoslowakischen Regierung mit 325 gegen 20 Stimmen angenommen. Tardieu unterstrich, daß der Tschechoslowakische Staat seit seiner Gründung ein Muster der Finanzpolitik ge wesen sei. In letzter Zeit hätten sich die finanziellen Ver hältnisse allerdings verschlechtert, da die Tschechoslowakei wegen ihrer Haltung in der Anfchlutzfrage Zwangsmaß nahmen ausgesetzt gewesen sei. Es gebe wenige Länder, die Frankreich so zu schützen verpflichtet sei wie die Tschechoslowakei. Dieses Laud sei die treibende Kraft der Kleinen En tente und habe Frankreich in Genf stets unterstützt. Ebenso diene die Tschechoslowakei als Grundlage für eine bessere Organisation Zentraleuropas. Kein Einverständnis Englands. Von zuständiger englischer Stelle wird bestätigt, datz Tardieu England vorher unterrichtet hat, ehe er sich in Genf an die Vertreter Ungarns, Österreichs und der Kleinen Entente mit seinen Donaubnndpläneu gewandt habe. Die Tatsache, datz die englische Regierung von dieser Absicht Kenntnis genommen hat, sei aber noch keineswegs gleichbedeutend mit einem völligen Einver ständnis mit den Tardieu-Plänen in ihrer jetzigen Form. Mor-anschlag auf den Boischasisrai von Twardowski. Auf den Botschaftsrat bei der deutschen Botschaft in Moskau, von Twardowski, wurde auf der Straße ein Nevolvcranschlag verübt. Twardowski wurde durch einen Streifschuß am Halse und durch einen Steckschuß in die Hand verletzt. Im ganzen wurden auf den Botschaftsrat vier Schüsse abgegeben. Der Täter, ein sowjetruflischcr Staatsangehöriger, wurde verhaftet. Die Beweggründe für die Tat konnten noch nicht festgestcllt werden. Der Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten, Litwinow, sprach im Namen seiner Regierung den, deut schen Botschafter von Dircksen sein Bedauern aus und sicherte ktrenaste und schnellste Untersuchuna zu. Der rul-