Volltext Seite (XML)
Tageblatt. Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgericht« zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtSämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. F 136. Erscheint jedtn Wochentag früh 9 U. Inserate «erden b!« Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Freitag, dm 16. Juni. Pret» »lerteljrhrl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeil« oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. 1865 Tagesgeschichte. Berlin, 13. Juni. In der heutigen Sitzung der Abgeordne ten kam auch der Bericht der Commission des Staatshaushaltsetats über die Nachweisung des Vermögens des Staatsschatzes in den Jahren 1863 und 1864 und über die Rechnungen der Rendantur des Staatsschatzes per 1860, 1861 und 1862 zur Verhandlung. Die Commission stellt zwei Anträge, nämlich: I. Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen zu erklären: „Die geschehene Entnahme von Geldmitteln aus dem Staatsschätze ohne gesetzliche Ermächtigung durch die Landesvertretung ist verfas sungswidrig, und das Staatsministerium bleibt für die so entnom menen Beträge verantwortlich." II. Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: „Die von der königl. Staatsregierung fortgesetzt verweigerte Vorlegung der speciellen Nachweisung der Aclivbestände bei der Rendantur des Staatsschatzes init den verfassungsmäßigen Rechten der Landesvertretung als unvereinbar zu erklären ; 2. bis zur Vorlegung der ultimo 1862 bei dem Staatsschatz verbliebenen Activforderungen die Ertheilung der Entlastung rücksichtlich der Rechnung der Rendantur des Staatsschatzes für die Jahre 1860, 1861 und 1862 vorzuenthalten. Die Debatte dreht sich wesentlich um den Punkt, daß die Staatsregierung keine Gelder ohne vorherige Genehmigung Seitens der Landesvertretung aus dem Staatsschatz entnehmen dürfe. Die Anträge der Commission werden mit großer Majorität angenommen. — Am Sonntag Vormittags 11 Uhr überreichte der Vorstand des Berliner Bezirksvereins Alt-Cölln dem Abg. Professor Virchow eine auf die bekannte Duellangelegenheit bezügliche Anerkennungs adresse, welche im Laufe des Sonnabends Seitens der Bürgerschaft des betreffenden StadttheilS mit ungefähr 700 Unterschriften bedeckt worden war. Auf eine Ansprache des Hrn. A. Salomon erwiderte Prof. Virchow, daß ihm diese Zustimmung zu seinem Verhalten eine aufrichtige Befriedigung gewähre. Zwar habe eS nicht in sei ner Absicht gelegen, diese Angelegenheit so auf den offenen Markt zu tragen; nachdem dies jedoch geschehen, könne er sich nur freuen, das richtige Verständniß für sie im Volke zu finden. Er fühle sich jedoch verpflichtet, auszusprechen, daß, wenn er auch nicht in seiner dem Volke verantwortlichen Stellung als Abgeordneter sich befun den hätte, er doch niemals auf ein Duell eingegangen sein würde, weil er es endlich an der Zeit halte, daß Jedermann sich verflichtet finde, zur Unterdrückung dieses alten Vorurtheils bejzutragen. Wenn nun durch derartige massenhafte Zustimmungen aus dem Volke selbst Kundgebungen in gleichem Sinne zu Tage träten, so sei er überzeugt, daß damit ein wesentlicher Schritt auf dem Wege der Emancipation von jenem Borurtheil gethan sei, und deshalb begrüße er dieselbe mit doppelter Freude. Die Bürgerschaft dürfe aber hiernach vertrauen, daß er von diesem Standpunkt nicht weichen werde. Im Uebrigen wiederhole er, daß die betreffende Angelegen heit für ihn jetzt erledigt sei. Am Fuße der Wartburg in Eisenach hat der deutsche Protestantenverein in der Pfingstwoche seine erste Versammlung ab gehalten. ES kamen über 400 Männer zusammen, die sich in Mit glieder mit weißen und in Gäste mit grünen Schleifen theilten. Die Versammlung wurde mit einem Gottesdienst in der Nikolai- kirche eröffnet, wobei der Generalsuperintendent vr Meher aus Coburg die Festpredigt über Joh. 16, 12—13 in geistvoller Weise hielt, die auf alle Zuhörer einen tiefen Eindruck gemacht haben soll. Die Verhandlungen leitete der Geh. Rath Bluntschli aus Heidel berg mit großer Umsicht und Gewandtheit. Die Vereinsstatuten, die in weiterm Kreise noch nicht recht bekannt zu sein scheinen, wurden einstimmig von der Versammlung angenommen. Hierauf hielt Geh. Kirchenrath vr. Rothe aus Heidelberg einen Vortrag über das zeitgemäße Thema: wie können die der Kirche entfremdeten Glieder ihr wieder gewonnen werden? So Wohl durchdacht und gut gemeint die dort angegebenen Mittel auch sein mögen, so werden doch zuvor noch manche schwere Hindernisse zu beseitigen sein, ehe sie in Anwendung gebracht werden können. Am meisten werden sich die sogenannten Gebildeten in der Gemeinde, die oft am wenigsten > von dem Geiste des Christenthums durchdrungen sind, dagegen sträuben, so wenig man das glauben sollte. Am zweiten Tage hielt Oberhofprediger Schwarz aus Gotha einen sehr interessanten Vor trag über die Lehrfreiheit. Auch dabei entspannen sich lebhafte Debatten. Die Thesen des Professor v. Holtzendorf aus Berlin über die gemischten Ehen fanden ebenfalls Anklang, weniger der Vortrag des Professor Ewald aus Göttingen über die Mecklen burgische Kirchennoth. Die Zustände dort sind allerdings sehr traurig; ob sie aber nicht doch zu schwarz aufgetragen werden, lassen wir dahin gestellt. Hadertzleben, 7. Juni. (H. N.) Die Schulcommission des St. Marienkirchspiels macht bekannt, daß die durch Entlassung der dänischen Lehrer vacant gewordenen vier Lehrerstellen an den dortigen Bürgerschulen nunmehr wieder besetzt werden sollen, und fordert Bewerber um diese Stellen zur Einreichung ihrer Gesuche mit dem Bemerken auf, daß die deutsche Sprache wiederum als Unterrichts sprache eingeführt werden wird. Die Bewerber haben Zeugnisse darüber beizubringen, daß sie sowohl der deutschen, als der dänischen Sprache mächtig sind. In Pari« circulirt jetzt ein Schreiben des Prinzen Napoleon an Marquis Pepoli. Es heißt darin: „Ihre Unterhandlungen mit Rom werden die Ursache von Unglücksfällen sein. WaS mich be trifft, so sind meine Principien zu tief eingewurzelt, als daß ich nicht auf alle Verfolgungen vorbereitet sein sollte." — Der Si'ecle greift Hrn. v. Bismarck in der Virchow'schen Angelegenheit hart an. „Zum Glück", sagte er, „lassen die Ver treter der Nation sich nicht einschüchtern. Sie haben den Armee reorganisationsplan der Regierung zurückgewiesen. Was wird gegen über dieser neuen Niederlage nunmehr Herr von Bismarck thun? Wird er zum dritten Mal das Parlament auflösen und an das Volk appelliren, das bereits zum zweiten Mal dieselben Deputirten ernannt hat, oder wird er die Kammer ganz beiseitewerfen?" — Die „Pattie" erfährt aus La-Plata, daß die Regierung von Montevideo beschlossen hat, den Kaiser Maximilian anzuerkennen. Man glaubt, BuenoS-ÄyreS werde bald diesem Beispiel folgen. — Aus Paris vom 12. Juni schreibt man der „Köln. Ztg.": „Schon vor einiger Zeit schrieb ich Ihnen, daß nach den Seehäfen Befehl abgegangen sei, Alles in Bereitschaft zu setzen, um sofort 40—50000 Mann Truppen einschiffen zu können. Man beschleunigt jetzt diese Einschiffung, da die Lage der Dinge in Mexico sich derart gestaltet hat, daß schnell Verstärkungen dorthin geworfen werden müssen." In einem andern Pariser Schreiben wird der „Köln. Ztg." berichtet: „Schon die nächsten Wochen werden lehren, was der Kaiser über die amerikanische Zukunft denkt. Bazaine verlangt als Minimum 25000 Mann Verstärkung; wenn man Algerien bis auf die Küstenstriche den Arabern preiSgiebt, kann man sehr wohl 50000 Mann kriegsgeübter Leute an Mexico abgeben: mit emem solchen französischen Expeditionscorps wird man dann hoffentlich in Ainerika schneller als in Afrika fertig werden, wo man 1830 anfing und 1865 damit aufhörte, was man klüger sogleich am Anfänge gethan hätte. Doch für Algerien ist das Kaiserthum der französischen Nation nur theilweise, für Mexico dagegen vollständig verantwortlich.".