Volltext Seite (XML)
„WeiSeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmh-AitW. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 1V Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnc in Dippoldiswalde. Nr. 41. Sonnabend, den 10. April 1886. 52. Jahrgang. - i, i nr-—, --»» 7« Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Im Reichstage hat endlich die Spezialberathung über denjenigen Gesetzentwurf be gonnen, in welchem die Sozialreform ihre weitere Fortsetzung findet — den Entwurf über die Aus dehnung der Unfallversicherung auf die in den land- und forstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Ar beiter. Der Gesetzentwurf gehört zu denjenigen Vor lagen, welche mit am längsten in den Kommissionen gewesen sind, denn er ist der betreffenden Kommission noch vor den Weihnachtsferien überwiesen worden und daß er aus derselben erst jetzt an das Plenum zurück gelangt ist, beweist, welche Schwierigkeiten in der Vor- berathung zu überwinden waren. Was die Ergebnisse der Kommissionsverhandlungen anbelangt, so ist haupt sächlich hervorzuheben, daß dieselben in den drei ersten Paragraphen (Umfang der Versicherung) den Landes gesetzgebungen erheblich weitergehende Befugnisse ein räumen — namentlich hinsichtlich der Organisation dieser Versicherung — als solche die Vorlage der Re gierung enthält und als sie auch in dem Jndustrie- Unfallgesetz gegeben sind. — Das Aussehen des Reichstages wird immer lückenhafter und es war daher hohe Zeit, daß der Seniorenkonvent zusammentrat und sich am Montag über das vom Reichstage noch zu erledigende Arbeitspensum schlüssig machte. Entgegen den ursprünglichen Meldungen, wonach der Senioren konvent die Verlängerung der Neichstagssession bis über Ostern in Aussicht genommen habe, wird aber nachträglich gemeldet, daß ein bestimmter Beschluß hierüber noch nicht gefaßt worden ist, daß aber oie Vertreter aller Parteien es im Seniorenkonvent als wünschenswerth bezeichneten, die Regierung möge in dieser Session auf die Berathung der neuen Brannt weinsteuerentwürfe verzichten. Falls sich die Negierung hierzu noch verstehen könnte, würde sich der Schluß der Session — und nicht die Vertagung — an diesen« Sonnabend vielleicht doch ermöglichen lassen. — Seit voriger Woche beschäftigt die Spezialberathung der Polenvorlagen das preußische Abgeordnetenhaus vor wiegend und werden die hauptsächlichsten derselben noch in dieser Woche ihre definitive Erledigung finden, soweit dies nicht schon zur Stunde geschehen ist. Am Dienstag wurde zunächst die am vorigen Sonnabend begonnene Spezialdiskussion über das Gesetz, betreffend die Bestrafung der Schulversäumnifse in der Provinz Preußen, in Schlesien und der Grafschaft Glatz, zu Ende geführt und das Gesetz unter Ablehnung eines Centrumsantrages, für die Provinz Preußen in dieser Beziehung besondere Bestimmungen zu erlassen, nach den Kommissions-Anträgen in zweiter Lesung ange nommen. Definitiv genehmigte das Haus hierauf die Sekundärbahn-Vorlage und begann alsdann die dritte Lesung der Kolonisations-Vorlage. Daß sowohl deren schließliche Annahme, als auch diejenige der übrige«« Polenvorlagen erfolgt, ist trotz des fortgesetzten Wider spruches der Freisinnigen und des Centrums nicht im Mindesten zu bezweifeln. — Die kirchenpolitische Situation wird vorläufig durch die Erklärungen be herrscht, welche Kultusminister v. Goßler in der Mon- lagssitzung der kirchenpolitischen Kommission des preu ßischen Herrenhauses abgegeben hat. Aus demselben geht hervor, daß die Kurie sich in Betreff der Anzeige pflicht noch zu gar nichts Bestimmtem verpflichtet hat und daß dem gegenüber die Negierung zu dem Ent schlüsse gekommen ist, erst die Kundgebungen der beiden Häuser des Landtages über die kirchenpolitische Vorlage abzuwarten, ehe sie sich zu einer weiteren Aeußerung entschließt. Im Uebrigen heißt es jetzt, daß das Herrenhaus sich in seiner nächsten Plenar sitzung am Montag nur mit kleineren Vorlagen be schäftigen und daß die Kirchenvorlage daher erst am Dienstag zur Spezialberathung gelangen werde. — Von der deutschen Flottenstation an der westafrika nischen Küste kommt eine allarmirende Nachricht. Der Kommandant des Kanonenbootes „Cyclop", Kapitän lieutenant Stubenrauch, meldet telegraphisch, daß er Money-Bimbia beschoffen, Mannschaften gelandet und die Stadt zerstört habe. Von« „Cyclop" sei Niemand verwundet; der Gouverneur von Kamerun sei an wesend. — Die Nachricht von diesen aufregenden Vor gängen wirkt um so überraschender, als bis jetzt noch nicht das Geringste darüber verlautete, daß die Stimmung unter den eingeborenen Stämmen an der Kamerun-Küste aufs Neue eine sehr erregte gegen die Deutschen sei. Die Depesche des Kommandanten des „Cyclop" giebt in ihrer lakonischen Ausdrucksweise nicht den mindesten Anhalt darüber, was den Anlaß zu diesem abermaligen ernsten Konflikt der deutschen Macht in Westafrika mit der dortigen Negerbevölke rung gegeben hat und ist jedenfalls eine baldige Auf klärung über die Vorfälle in Money-Bimbia dringend geboten. Frankreich. In Frankreich steht man fortdauernd unter dem Eindrücke der beunruhigenden Nachrichten aus Decazeville, wo der Arbeiterstreik jeden Tag zu einem gewaltsamen Ausbruche der erregten Leiden schaften der systematisch aufgehetzten Menge führen kann. Decazeville ist förmlich zu einem Tummelplätze der sozialistischen Agitatoren geworden, zu denen die Vertreter der sozialistischen und kommunistischen Pariser Blätter ein bedeutendes Kontingent stellen. Nament lich unverschämt trieben es die Mitredakteure des Rochefort'schen „Jntransigeant", Roche und Ducquercy, deren Verhaftung denn auch bekanntlich vor einigen Tagest erfolgt ist. Gegen diesen „Gewaltakt" der Regierung protestiren nun die Pariser Radikalen in ihrer Presse und auf Versammlungen in maßlosen Ausdrücken und war außerdem von dieser Seite für die Donnerstagssitzung der Deputirtenkammer eine Interpellation über die Vorgänge und die Lage in Decazeville angekündigt. Hoffentlich läßt sich die fran zösische Regierung durch dieses Treiben in ihren Maß regeln zur Verhütung von Ausschreitungen seitens der streikenden Arbeiter nicht beeinflussen. Balkanhalbinsel. Die Konstantinopeler Bot schafter-Konferenz ist in einer einzigen kurzen Sitzung über die Forderungen des Fürsten von Bulgarien in der rumelischen Frage zur Tagesordnung überge gangen. Die Konferenz hat einfach die unveränderte Akte über die bulgarisch - ostrumelische Angelegenheit unterzeichnet; was aber nun werden soll — das wissen die Götter! — Der 6. April, der Jahrestag der Un abhängigkeitserklärung Griechenlands, ist vorüberge gangen, ohne daß es in Athen zu einer bedenklichen antitürkischen Demonstration gekommen wäre. Er wurde zwar unter großer Theilnahme der Bevölkerung gefeiert, aber der Chauvinismus der Hellenen scheint sich hierbei nicht weiter breit gemacht zu haben; ob das als ein Zeichen beginnender Einsicht unter dem Griechenvolke zu betrachten ist, muß freilich noch ab gewartet werden. (Eine Athener Depesche meldet aber inzwischen, daß an« Montag Nachmittag eine zahlreiche Volksversammlung in Athen stattfand, deren Theil- nehmer durch die Hauptstraßen zogen. Auf den größeren Plätzen milrden kriegerische Reden gehalten, welche die Herstellung der „alten ehrwürdigen Stellung" Griechenlands verlangen.) England. Aus London kommt die überraschende Kunde, daß Gladstone in einein am Dienstage statt gefundenen Kabinetsrathe eingewilligt hat, seine irischen Neformpläne wesentlich abzuändern. Nur hierdurch ist es dein Premier gelungen, den Austritt noch weiterer Kabinetsmitglieder zu verhindern; schwer genug mag es Gladstone freilich geworden sein, dieses Zugeständnis« zu machen. Ueber den Umfang dieser Abänderungen verlautet jedoch noch nichts Näheres. Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, 9. April. In nächster Woche finden, wie aus dem Inserat in heutiger Nummer unsres Blattes hervorgeht, an unserer Stadtschule die Osterprüfungen, sowie die Entlassung der ab gehenden Schüler statt. Es sind dies zwei wichtige Akte im Schulleben, die wohl werth sind, daß ihnen auch seitens der Erwachsenen Beachtung und Theil nahme geschenkt werde. Zwar sind, wie alle Jahre, so auch in diesem, in verschiedenen Blättern wieder vielfache Stimmen gegen die öffentlichen Prüfungen laut geworden, und wir können den vorgebrachten Gründen eine gewisse Berechtigung durchaus nicht ab sprechen, besonders wenn, wie dies ja hier und da vorkommen mag, die Prüfungen als einstudirte Paraden auftreten. Sobald aber durch eine Einrichtung, wie sie bei uns besteht und die, wie man uns versichert, streng gehandhabt wird, daß nämlich die betreffenden Herren Lehrer den zu behandelnden Gegenstand erst nach Schulschluß erfahren, jeder sogenannten Ein paukerei vorgebeugt wird, so gewinnen unsere Oster prüfungen eine erhöhte Bedeutung für Eltern, Lehrer und Schüler. Letztere wollen zeigen, wie sie das Schuljahr verwendet haben und freuen sich sicher zahl reicher Theilnahme seitens der Vorgesetzten und Eltern. Wenn auch weder Schüler noch Lehrer nach Beifall Haschen, so sind sie gegen theilnehmende Beachtung sicher nicht gleichgiltig, und ebenso wie ein allseitiger Besuch anregt, so kann Theilnahmlosigkeit nur er schlaffend wirken. Mögen also auch in diesem Jahre unsre Osterprüfungen sich einer recht zahlreichen Zu hörerschaft zu erfreuen haben, wie wir uns ja der Thatsache nur freuen können, daß es bei uns der Schule an theilnehmenden Freunden nicht fehlt. Die Einladungsschrift, wie sie alljährlich, nun bereits zum 17. Male erscheint, und welche Sonnabend zur Aus gabe gelangt, enthält einen von Herrn Lehrer Krüger geschriebenen Aufsatz „über die Theilnahme des Vaters an der Erziehung" und die Schulnachrichten, welche in der Stadtschule einen Schülerbestand von 308 Knaben und 338 Mädchen verzeichnen, während die Fortbildungsschule nur, einschließlich die „Erweiterte", 88 Schüler hat. Unter den Schülern befinden sich auch diesmal wieder eine Anzahl auswärtiger aus ' den Dörfern Berreuth, Elend, Malter, Reinholdshain und Ulberndorf. Mit den Prüfungen ist eine Aus stellung von Schülerarbeiten verbunden, die in der ersten, bez. zweiten Etage des Schulhauses vom 12. bis 16. April für Erwachsene, für Kinder aber nur in Begleitung der Angehörigen geöffnet ist. Zu den Turnprüfllngen, bez. zur Tribüne des Turnsaales, habe«« Kinder keinen Zutritt. Dippoldiswalde. Der Turngau „Sächs. Mittel elbe", welchem auch unser Turnverein angehört, hielt am 28. März seinen 6. Gautag in Dresden ab. Aus dein hierbei vom Gauvertreter erstatteten Bericht er wähnen wir zunächst, daß der Mittelelbgau der zweit größte Turngau Sachsens ist und im vorigen Jahre ' 41 Vereine umfaßte, welche sich in 37 Orten mit 133,672 Einwohnern befinden und 3425 Mitglieder zählen, wovon 2546 praktische Turner sind. Die Zahl der Zöglinge ist von 503 auf 628 gestiegen. Der Turnstundeiibesuch bezifferte sich auf 79,951 Per sonen, 9860 mehr als im Vorjahre. Zur Einwohner zahl verhielt sich die Zahl der Turnvereinsmitglieder 1885: 22/,o Proz., 1886: 2°/t0 Proz. Im Ganzen konstatirte der Bericht ein erfreuliches Gedeihen der Turnsache im Gau und sprach auch der Kreisvertreter, Turndirektor Bier-Dresden, seine volle Zufriedenheit über die Thätigkeit des Gaues aus. — Das letzte Gauturnfest wurde 1883 in Blasewitz abgehalten; angesichts der hohen Anforderungen zum 6. deutschen Turnfest wurde seitdem kein solches Fest wieder ver anstaltet; der Gautag war deshalb der Ansicht, daß nunmehr Heuer der Gau zu einem Feste zusammen trete, um zu zeigen, was der Gai« für sich zu leisten im Stande sei, und begrüßte daher mit Freuden den Antrag der beiden Vereine zu Meißen: Das dies jährige Gauturnen an« 27. Juni in Meißen abzp«