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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 02.02.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050202021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905020202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905020202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-02
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
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Im Reichstage, der sehr gut besetzt war. brachte heute Reichskanzler Gras Bülow bald nach Eröffnung der Ätzung die sieben Handelsverträge ein, und Zährte etwa folgendes aus: Daß Sie diesen Handelsverträgen Ihre Zustimmung erteilen und damit ein Werk, das sür Deutschlands Wirtschafts leben von fundamentaler Bedeutung ist, zum Abschluss bringen, hoffe ich. Wer zurückdenkt. wird sich dem nicht verschließen ton nen. daN Deutschland wirtschaftlich in den letzten Jahrzehnten sich stark gehoben lm!. Unter den Anfang der neunziger Jahre abgeichlossencn Handelsverträgen haben Deutschlands Handel und Industrie einen Aufschwung genommen, der bis in die Milte des Jahres I960 andauerte, und nach einer damals cingctrctcncn Äbschwachung auch setzt noch anoauert. Dagegen ist die Lage der Landwirtschaft immer noch eine ungünstige. Ich habe es immer gejagt: Deutschland sit nicht allein Agrarstaat, nicht allein Industriestaat, londern es ist Industrie- und Agrarstacu. Ich betrachte die Landwirtschaft als einen der Industrie völlig gleichberechtigten Faktor und die Erhaltung eines seßhaften Bauernstandes als im staatlichen Interesse liegend. lBeisall rechts.s Die Regierungen glaubten, an dem bisherigen Snstem der Handelsverträge feschalten zu sollen. Um aacr neue, brauch bare Handelsverträge ans gedeihlicher Basis -- und nur aus gedeihlicher Basis konnten und wollten nur sic abschlicßen — abschließen zu können, brauchten wir einen neuen Zolltarif. Wir Hoden mit alle dem an die Bismarckschen Traditionen an geknüpft. Wir hielten es sür angemessen, unserer Landwiri- schaft einen erhöhten Zollschutz zu gewähren, denn die Land wirtschaft war cs, die bei den letzten Handelsverträgen zu kurz gekommen war. (Sehr richtig! rechis.! Bon eminenter Bedeu tung sür die Landwirtschaft ist die Höhe der Getreidepreiie. Bei der wachsenden Konkurrenz des billiger produzierenden Auslandes und bei den billiger gewordenen Transporten findet der Niedergang der Gctreidepreise seine Erklärung. Andererseits durfte mit der Erhöhung der landwirtschaftlichen Zölle nur so weit gegangen werden, dah der Abschluß langfristiger Handels verträge noch möglich blieo, und andere gewerbliche Kreise nickt geschädigt wurden. Ich verrate keine Geheimnisse, wenn ich tage, da» cs unS nur mit Mühe gelungen ist, namentlich in den Verhandlungen mit Rußland und Oesterreich-Ungarn, die von Ihnen beschlossenen Minimal-Zollsätze für landwirttchastliche Produkte durchzusetzen. Mehr zu erlangen, ist uns uiunöglick. gewesen. Die Befürchtung, das; durch die erhöhten Zölle die Lebenshaltung der Massen werde herabgcdrückt werden, ist un berechtigt. (Lachen links.! Es werde ia wohl auch niemand sich dem verichlicßen wollen, daß sich in den letzten Jahrzehnten die ganze Lebenshaltung der breiten Massen überall gehoben habe. Der Kanzler verweist dann aus Frankreich, wo ein An trag auf Herabsetzung der Getreidezölle unlängst abgelehnt, dagegen ein Antrag auf Erhöhung der Viehzöllc angenommen wurde. Diese Republikaner seien alsv doch augenscheinlich der Ansicht, daß böhere Getreide- und überhaupt höhere landwirt- ickastlichen Zölle die Arbeiter nicht schädigen. Solche schiefe Auffassung überlassen die praktischen französischen Radikalen ihren doktrinären deutschen Gesinnungsgenossen. lHcilerkeit.I Sehr gewundert habe er sich, als er nach dem Abschlüsse des Vertrags mit Rußland ldcr Kanzler wendet sich hier nach rechts! lesen bekommen habe, er hätte unseren Bicbbestand jeder Verseuchung von seiten Rußlands vreisgegcbcn. Davon konnte keine Rede sein. Angesichts der Milliarden, welche unser Vieh bestand repräsentiert, verstände cs sich von selbst, daß wir gegen über Rußland an unserem vollen Sperrrecht sestbielten. Auch gegenüber Oesterreich-Ungarn bleibt unser Viehbestand gegen Verseuchung geschützt. Einige Zugeständnisse in bezug aus Schlachtvieh sind zwar Oesterreich-Unaarn gemacht worden, aber bei richtiger Handhabung — und da verlasse ich mich ans meinen Freund, den Herrn Laiidwirl'ckastsmimstcr — sgroße Heiterkeit), bin ich überzeugt, daß auch gegenüber Oesterreich Ungarn iede Gefahr einer Lerienckung unseres Viehbestandes ausgeschlossen bleibt. Weiter hebt der Reichskanzler die starke Erhöhung des Pscrdczolles hervor, die anck sür unsere Wehr krast von Bedeutung sei, ebenso die Erhöhung der Zölle aus Schlachtvieh, ans Butter mW andere landlvirlschastlici'c Pro dukte. Zollermäßigungen ans laiidwirlichasiliche Produkte seien nur da, z. B. aus Erchen, Eier, Raps, Rübieu, Graupen, zuge- slanden, wo oas zu Kompeniationszwecken rötlich ericheinl, und wo es möglich war obne zu große Gefährdung unserer land- wirischaltlichen Interessen, "Auch bei I.'.ttergerste sei der Zoll herabgesetzt worden. Dem siehe aber gegenüber die Erhöhung des Maiszolles. Dieses werde die Nachfrage nach Fultergersle reger gestalte» und für dieie einen zu großen Preisdruck ver hindern. Auch Robholz sei im Zoll ermäßigt worden. Andcren- ialls wäre ein Vertragsabschluß mit Rußland und mit Oester- rcich-Ungarn unmöglich gewesen. Ueberdies aber habe sich Ruß- land pcrpslicktct, Rohholz und Sägeholz nicht mit einem Aus fuhrzoll zu belegen. An Rußland sei ferner zugestonden wor den eine Erhöhung des Sckweine-Eimuhr-Kornngents. Der Reichskanzler geht dann noch weiter aus Details ein, so auf die in vermehrtem Umfange zuaelassene Schweine-Einsiihr auch nach Oesterreich. Alles in allem, fuhr er fort, tragen die Handelsverträge einen landwirtschaftlich freundlichen Charakter, da kann kein Zweifel sein. Ader auch die Interessen unserer Industrie haben wir gewahrt. Gegenüber Italien »ud Bel gien war dies leicht: dagegen halten Rußland, Oeslerrcich- Ungarn, Rumänien und die Schweiz erheblich höhere Zölle gegenüber unsere» Indnstrieprodukte» ausgcslellt. namentlich Rußland. Das hat schon Fürst Bismarck voronsgesclien, denn als ihm gegenüber einmal GicrS über unsere Agrarzölle klagte, antwortete der Kanzler: .Weinen Sic nicht, denn unsere» Agrar zöllen werden Sie einmal eine russische Industrie zu verdanken haben." lHeiterteil.! Aus jeden Fall ist es keine unbillige Forderung der Landwirtschaft, daß sie, zu deren Nachteil durch die Verträge von Anfang der neunziger Jahre die landwirt- ichasilichen Hölle herabgesetzt wurden, letzt wieder höhere Zölle erhalle. Tie neuen Handelsverträge sollen zum 15. Februar 1906 in Krast treten. Handel und Industrie können sich diese Verträge um so eher gefallen lassen, als namentlich auch Ruß land sich zu einigen allgemeinen Zugeständnissen an unseren Handel verstanden hat, so bezüglich oer jüdischen Handelsreisen den und einiger anderer Punkte. Er wolle nicht näher aus Einzelheiten eingchen lLachen links!, nur Ueoertreibungen müsse er noch entgegenircten, so der Uebcrtreibiing, als ob die In- dnsiriezölle Rußlands Prohibitivzölle seien. Aus einzelne rus sische Zölle möae das ja zutrelsen, aber im allgemeinen sei unsere industrielle Ausfuhr nach Rußland nicht abgcschniiten. In der Presse las ich noch gestern, cs hätte von unserer Seite mehr erreicht werden können, namentlich von Rußland. Da bedauerte ich, daß ich den Herren, die das geschrieben haben, nicht die Verhandlungen mit Rußland oder Rumänien über tragen haben. HHeitcrucit.) Wir haben gerade so viel erreicht, als nach Lage der Dinge möglich war. Hätten wir uns dainik nickt zufrieden gegeben, was wäre dann die Fache gewesen'? Zollkriege! Und diese Zollkrieae hätten voraussichtlich doch immer wieder nur neue Verhandlungen nach sich ziehen müssen, in denen wir wahrscheinlich auch nur gerade das erreicht hätten, was wir jetzt erreicht haben. Die verbündeten Regierungen glau ben iedcnsälls, mit dielen Verträgen die richtige mittlere Linie zwischen landwirtichastlicken und industriellen Interessen gesunden zu haben. Zollkriege batten unter Umständen vielleicht auch zu einer wirt'chostlichen Koalition der anderen Staaten gegen »ns gesiihrt. Wenn uns jemand zu einem frischen fröhlichen Zoll krieg aiissordert. so kommt mir das vor. ols wolle jemand zu der Kuppel des Reichstags von außen an dem Blitzableiter binaus- klettern. s.Hcilerkeil.s Das kann aelingen, ober man kann auch damit den Hals brechen. Wir zieben es vor, ruhig die Trespe binaiiszugeben und einen wirtschaftlichen Ausgleich mit den For derungen der anderen Staaten zu finden. DaS lvar ebenso schwierig, wie der neue Zolltarif: ober schließlich ist doch auch dieser Ausgleich gelungen. Die neuen Verträge bilden ein einheit liches Ganzes und können nur im ganzen angenommen oder ab- oelebnt werden. Eine gereckte Beurteilung muß zu der Aner kennung sükrcn, daß die neuen Verträge aus der Basis eines Ausgleichs der Interessen beruhen. Der Bundesrat bat gestern diese Verträge einstimmig angenommen und hofft, daß auch Sie sie annehmcn werden uu Interesse der inneren »nd äußeren Wohlfahrt des Reiches. lLebhaster Beifall rechtS.s Nach dieser 1' ,stnndigcn Rede des Reichskanzlers tritt das Haus in die Tagesordnung ein und setzt die Beratung des Nachtragsetats für Südwesiasrita fort. Haus und Tribüne,>, die sehr stark bejetzt sind, beginnen sich zu leeren. Neueste TriWmeld,innen vom 1. Februar. Viraarbeitcrausstand. K ö ln. Wie die ..Köln. Ztg " erfährt, wird der emeEntwui! der Novelle zum Bergge > etz in alleuiüchster Zeit den »ach B>'>lin beulfeiik» slr-ns preußsichen Berahauvtleulen zur Begul- achlung vorgelegt werden: aber auch bei der giößten Beschleu nigung aller noch erforderlichen Verhandlungen wstd es doch vor aussichtlich noch ett«s Zeitiaumes von einigen Wochen bis zur Elnbriiignng im Ab>vord»ete»hause bedürfen. Breslau. Dje „Schlei. Ztg." meldet: Die Arbeits einstellung auf der staatlichen Königin Luise-Grube in Zabrze Hai weiteren Zintona angenommen. Während von der gestrigen Nachtschicht 1416 Mann nickt einsuhren, fehlten heute früh zur Tagesschich» auf Sit- und Westield 2387 von 3000 Arbeitern. Ans Srw'cld fuhren heule 200 Wagenstößer und -Schlepper nicht ein. Zu d>c» Unruhe« ln Nusiland. Petersburg. Für heute ist der Empfang einer A r - bciterabordnung durch den Kaiser in Zarslojk Sselv angcsetzt. Petersburg. Ter Minister des Innern ist wegen ieiner zerrütteten (Wundheit seinem Anträge gemäß aus seinem Amt entlassen inorden. Warschau. Die Stadt ist ruhig. Der Ausstand der Arbeiter Lauert fort. Die Läden.und Äomptorrs sind nu, zum Test geöffnet. Tie Zeitungen sind, mit Ausnahme des „Warschawsky Dnchvnik" und der Polizeizcitung, nicht erschienen. Die Stimmung ist noch erregt. Warschau. Der A usstaud breitet sich ans alle Fabrik betriebe der Stakt aus. Tie Güterzüge der LublrnLohn sind eingestellt. Heute- versuchten die Ausständigen, die Eisenbahn beamten in den Airsstand hineinzuziehen. Rowno. Der Autzst and ist beendet. ES wird in allen industriellen Unternehmungen wieder gearbeitet. Paris. Die Protesterklärung gegen die Verhaftung Mazim Gorkis weist bereits die Unterschriften von mehr als 100 Schriftstellern und Schriftstellerinnen aus. Es wird berichtet, daß Govki. sowie die anderen vertrösteten Schriftsteller vor ein Kriegsgericht gestellt werden sollen unter der Anllogc. daß sie durch eine Verschwörung die Unruhen am 22- Januar heroorgerusen batten. Paris. Unter dem Vorsitz des Akademikers Anatole France sollte beute in einer Bierbnlle ein a n t i r u s i i > ch es Protest- Meeting abgehalten werden, doch veranlaßte die Polizei im letzten Augenblick den Wirk, den Veranstaltern den Saal zn ver sauen. Infolgedessen wird die Verlammlnng im Saale der Frei maurerloge „Grand Orient" abgehalten werden. Lus,iscl,-japanischer Krieg. London. „Daily Telegraph' meldet aus Tokio von gestern : ynrovatklnh Flankenbewegung bat mit überwältigen dem FeblschI« ge abgeschlossen. Kiirovattin wurde gezwungen, alle Stellungen im Umkreise von ungefähr 9 Meilen von Hcikotni austuaeven. Imrolgc des aestorenen Erdbodens ist cs zur Zelt tatsächlich unmöglich, neue Befestigungen anmlegen. Tie russischen Verluste in dcm Gerechten vom 25- bis 29. Januar weiden auf 36000 bis 42 MO. die der Javaner aus rund 7000 geschätzt. — Der Prinz von H o h c n z o l l r rn ist am 24. Januar von Port Arthur noch Liaujang zurückgekchrt. London. „Standard" meldet: A>s Antwort aus einen B'ies an eine: hohe olsirielle Persönlichkeit in Rußland erhielt William Fop. der große Verfechter des Schiedsgerich'sgedarikens, folgenden Brust vom Privalsekretär des Zaren aus Zarskoje Sielo vom 23 Iairnwr. worin es beißt: „Ich muß Ihne» sagen, daß. odaleich der Gedanke an Frieden natürlich jedermann lehr symvathisch i!t. meiner Meinung nach der Augenblick sür Rußland noch nicht czckvmmen ist. an Frieden unter irgend einer Bcdin gnng zu denken, geschweige davon zn sprechen." Kunst und Wissenschaft. f* Konzert. Herr Gerhard von Kenßler. ein junger kur- ländrscker Künstler, gab im Vercinsbansc ein Konzert, in den, er ausschließlich eigene Kompositionen zur Aufführung brachte. Es war ern Abend, gra» in grau, farblos in den Wirkungen, die aus der Musik und der Dichtung hervorginaen. wie in den ans den Hörer üvertragenen Stimmungen. Man stand meist unter dem Eindrücke von etwas Unfertigem. Un ausgegorenem zweifellos aber vor einer hohen Intelligenz und nicht gewöhnlichem Talent. Mit solch hervorragender Begabung sucht Herr v. Keuhler seinen eigenen Weg zu gehen, einen Weg. aus dem man ihm vorläufig ohne Protest nicht rolgcn kann. Denn was er uns als Komponist und Dichter-Komponist bören und fühlen läßt, ist in manchem wohl geeignet, ihm die Anerkennung für ein ernstes, hohes Streben zuzusvrcchen: die Hauptsache aber, den Beweis der Krast schöpferischer Begabung, die stark genug ist, den Hörer unmittelbar in den Bann zu ziehen und fest zuhalten, ist er vorläufig noch schuldig geblieben. Wir stehen vor einem Werdevrozeß, vor einem noch stark in der Entwick lung begriffenen Talent, vor Wandlungen, deren Ausgang noch unbestimmt ist. Zielt hierauf der Komponist vielleicht selbst ab, indem er unS zwei Fragmente seiner „dramatisierten (?> Smfonie „Wandlungen" als .Hauptstücke des Programms vorführte, zwei Stücke mit unterlegtem Programm, erfüllt von snmbolismeni und allegorischem Inhalt, eine poetisch philo- rophierenoe Musik, Io dehnbar in ihren Begriffen, dan sie sich leider auch aus alles andere hindcuten läßt, als auf die an- geführte dichtcrstche Grundlage. Um ein Beispiel der von Keußlcr angestrebten Richtungzu geben, mag hier das Programm zum Borspiel dieser „Wandlungen seinen Platz finden: .... Nicht wußte ich. wo ich lag, als ich erwachte. Es war finster um mich, frostig und stumm. Nur den Atem der Erde spürte ich hauchen; ich lauschte und er raunte Rätseltöne. Doch auch er war frostig, und mich schauerte. Da barst der Sand- sels vor dem Hauch. Leuchtende Dämpfe entzrschten der Kluft. Ich loh meinen Wandcrstab daliegen: ich sah die dunklcn Berge ragen: ich sah bas glitzernde Eis an ihrem Nordhana, — und wollte neben. Doch wieder ward es nnstcr, und die Erde stöhnte. — Alsvaid wehten koiende Düste nächtiger Lockung und Wollust empor. Ich nahm de» Stab, binavzulteigen in die Klust: da brach er, und ich strauchelte. — Der Liebessang wurde leiier. und als er verstummte, hörte ich sterbende Stimmen aus dem Grab der Erde zu mir drinaen: schwellen hörte ich sie in bebenden Tönen und dann versinken zum Frieden der Tiefe. — Sie sangen von meinem Ende: sie sangen von mir, der ich wache, um zu ent schlafen, und sangen von den ewigen Gesetzen aller Erde. Da wollte ich in das Gcgrüfte binunterglciten, die Sterbenden zn trauen nach den Wege», die sie zum Tod gesunden batten. Doch sinster war es noch immer, und mein Stab lag nutzlos und ver schmäht. Ich wandte mich gen Osten und wartete knieend aus die Sonne . . Unklar, verschwommen, wie diele Dichtung, ist die Musik. Wir hören, wie gesaat. ein starkes Talent aus ihr heransklingeii. öfter eine echte, musikalische Saite, und nicht zu verkennen ist ein reiches, in ernstem Studium, mittelst kraftvoller Intelligenz erworbenes Wissen, leider aber hat das Einzelne, wie das Ganze weder Rückarat, noch Pbysionnomie: unbestimmt, schwankend, gleichsam ohne Rhythmus, zerfallen in der Form, zieht es a» dem Ohre vorüber, oh»§ dem Herzen etwas von Belang gesagt zu haben. Aebnlich. wie dieses Vorspiel, ist der Liebcs- gesanader Priestcrin aus den ,.Wandlnnye n", eine gnt gearbeitete, innerlich aber nicht anmutende, dem Verständnis nicht leicht zugängliche Gesangsszene »nd noch unbestimmter ein Fresko: „Auferstehung und Jüngstes Gericht", für großes Orchester und Rezitation, dessen Programm lautet: „Schlummer der Toten. Erste Anzeichen einer Unruhe in de» Gräbern. Weckrufe der Wärter. Tie Fackeln werden a»- gezündet. 'Die Gräber tun sich aus. Die Erwachten entsteigen den Gräbern. Dankgesang der Auserstandenen- Lästerungen uno Lader der Zwieträchtigen. Red« der Friedfertigen. Rede der Sanftmütigen. Prahlereien der Hofsärtiaen. Ruse der Wärter zum Gericht. Zug der nahenden Richter. Jubel im Volk. Ansprache der Richter. Rede der Mübieligen und Beladenen. Wechselreden. Antwort der Reuigen. Ihre Verspottung durch die Vachmütigen und Beginn des Gerichts. Bange Erwartung »nd Unruh-: im Volk. Verkündigung des Urteils. Sturz der Verdammtem." Zur iMisikalischen Illustrativ» eines solchen Programms reicht v. Kcußlcrs Können und Wissen zur Zeit noch nicht aus. Es genügt nicht, hier mit dem Orchester zu säuseln und seufzen, zu blitzen und donnern und mittelst Becken und Pauken. Trompete« und Posaunen die Verdammten in den Abgrund eines mnsika'iickicn Chaos zu stürzen — wir verlangen sür einen solchen Vorwurf mehr, als bloßes Geräusch, wir verlange» musikalische» Inhalt, keine Moiaik, vielmehr ein festgefügtes, aus großer. machtvoller Ernaebung heroorgehendes Ganze. In gleichem Sinne z« beurteilen sind die Gelange „Rhapsodie", „Aussöhnung". ». Fossard sTcnorl und ganz hervorragend die Olsens che Gewerbehauskavelle — Eins hat Herr v. Keußler uii< dem gchtrigen Abend erreicht: er hat aufmerksam gemacht au> sich, am eine Begabung, deren weiterer Entwicklung inan mit nicht gewöhnlichem Interesse cntgegensehcn dar». L. St. ß* Der Witwe des Geh. Hosrats Mar Staegcinann ist im Austrage des K'aiiers folgendes Beileids telegramm zugcgrnoen: Se. Majestät der Kaiser und König haben von dem Hinichcidcn Ihres Gatten mit aufrichtiger Teil- nahn« Kenntnis genommen und mich zu beauftragen geruht. Ihngu und den Ihrigen den Ausdruck Allerhöchsten Beileids -» übermitteln. Gcncralintcndoiit v. Hülsen. Die Rückfahrkarte. Bei der sogenannten Personcntarifrcform, die, nachdem sie jahrelang in geheimen Aktenichränken ihr Dasein hingesristet battte. ohne leben oder sterben zu können, jetzt wieder auf die Tagesordnung aller Regierungen, Zeitungen und Stammtische gekommen ist, soll es vor allem der alten, guten Rückfahrkarte an2 Leben geben. „Fort mit der Rückfahrkarte!", das ist neuer dings der Kriegsrui besonders fortschrittlich gesinnter Männer geworden, und mit lauten Heilrusen wird die Absicht begrüßt.
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