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Nr 30 30. Januar 1844 Dienstag Uebe-blick. Deutschland. *ÄUS Norddcutschland. Die Limes und der griechische Verfassungsentwurf. * München. Die Presse- Baron v. Frayß. Bruck bräu. Griechenland, ch München. Die Schrift von Thiersch. Der Schäff lertanz. Die Subskription für Jahn.— Der eimbeckcr HandelSstand — Ocffcntliche Gerichtssitzung in Ellwangen. — Gustav-Adolf-Verein in Marburg. — Sammlung für Jahn in Darmstadt. ch Sondershausen. Die Ablösung der an die Kammerkaffe zu leistenden Zahlung. Preußen. Die Königin. S Äus Preussen- Der Schwancnordcn- N Ber lin. Eine Replik. Kefkerreich. **IVicn- Die Bestattung der Erzherzogin Marie, chtllien Der Herzog von Angoulemc. Der Großherzvg von Mecklenburg. Hudson Lowe- Großbritannien. Die Civilliste. Der Proccß O'Connell, s London. Das Proletariat. Frankreich. Deputirtenkammcr: Adrcßdebatte. Tod des Grafen Bastard. ** Paris. DaS Ministerium. ThicrS' Rede. Italien, ff Kam. Der Carneval. Hohe Gäste. Mnßlanb UN- Polen. Bevölkerungsstatistik von Moskau. Griechenland. Der Vcrfaffungßentwurf- HÄthcn. Project, eine Stadt auf dem Isthmus von Korinth zu erbauen- Moldau und Walachei, HBukarescht. Der Fürst Bibesco- Partci- geist. Der russische Einfluß. Ritter Daschkoff. Fürst Stourdza. Personalnachrichten. Wissenschaft und ^unst. *Berlin.Schclling's Geburtstagfeier. *Mün- chen. Der Bildhauer E- Mayer stirbt. Schwanthaler- Schrift über Baiern. Handel und Industrie. * Karlsruhe. Der Eisenbahnbau. — Leipzig- Dresdner Bahnfrequcnz- — Berlin- Leipzig- Neueste Nachrichten. London. Sir Francis Burdett. Paris. Adreß- debatte. Preßproceß. Ankündigungen. Civil- und Militairämtern zu ernennen. Daß er durch faktische Verhält nisse gcnöthigt ist, seine Minister nach Maßgabe der parlamentarischen Stimmungen zu wählen, und daß er durch seine Minister wieder genö- thigt wird,,bei allen solchen Ernennungen unterer Beamten, bei denen sic es für nöthig halteü, nicht seinem, sondern ihrem Willen zu folgen, ist eben ein faktischer Umstand in England, der durch die Fiction mit dem Staatsreclste versöhnt wird, daß auch Das, dessen Grund im Parlament oder im Ministerium zu suchen ist, dem Könige zugcschrieben wird. Wer sagt nun zuvörderst der Times, daß Lord Aberdeen und Hr. Guizot et was Anderes gemeint, daß sie unter dem Souvcrain hier etwas Anderes verstanden haben als den König mit den sowol ihm als der National versammlung verantwortlichen Ministern und der nichts ohne deren Mit- Deutfchland. * Aus Horddeutschlcmd, 26. Jan. In dem neulich in der Deut schen Allgemeinen Zeitung (Nr. 19) mitgetheiltcn Artikel der Times über Lie griechische Verfassung zeigt sich zuvörderst die den Engländern bei Beurthcilung der Verhältnisse anderer Staaten gewöhnliche Einseitig keit und Befangenheit, dieses Beurtheilcn aller Verhältnisse nach den grade in England zu geschichtlicher Geltung gelangten Principien, wobei inan dann die in England so ganz besonders zahlreichen Gegengewichte und Mäßigungen und incinandergrcifenden Momente ganz außer Acht läßt und sich gar nicht darum kümmert, ob sich dieselben in dem frem den Lande eben so finden, ob folglich die Institute, die in England unter jenen Bedingungen gehen, anderwärts ohne jene Bedingungen auch gehen ivürden. Es zeigt sich in jenem Artikel aber auch eine Oberflächlichkeit, ein Mangel an Logik, ein Verwechseln und Vermischen der Begriffe, wie man sie bei englischen Publicisten nur dann zu sinken gewohnt ist, wenn sie das Feld, auf dem sie so groß sind, das Feld der concrcten, heimischen Fragen verlassen, um sich in das Gebiet abstracter Principfragcn und staatsphilosophischcr Probleme zu begeben. Die Engländer wissen sich innerhalb ihrer Verfassung, die ihnen heilig ist, an deren Grundlagen zu rütteln, deren Principien zu bezweifeln ihnen nicht beifällt, die ihnen we niger etwas klar Bewußtes und Durchdachtes, als etwas Angeborenes, Vertrautes und Natürliches ist, mit Sicherheit und Kraft zu bewegen. Ganz anders aber stellt sich die Sache, wo die Verfassung erst gebildet werden soll, oder wo, wie in festländischen Händeln leider so oft der Fall ist, die Grundprincipe der Verfassungen selbst in Frage gestellt und, nach der Absicht der Parteien, mit andern vertauscht werden sollen, wo es sich nicht um die freie Bewegung und Fortbildung auf den Grund der be stehenden Ordnungen, sondern um deren Grundlagen selbst handelt. Da sühlcn sic sich auf «»heimischem Boden und wissen keinen Nath als ober flächliche, bruchstücksweise Nachbildung ihrer eignen, nicht immer in gan zer Tiefe durchdachten Formen. Die Times nimmt Anstoß daran, daß der griechische Souvcrain „nicht blos alle Eivil- und Militairbeamte zu ernennen, sondern auch Gesetze vorzuschlagen und bei deren Abfassung mitzuwirken haben soll". Trennen wir zuvörderst diese beiden Punkte, die in der That einer ver schiedenen Beurthcilung unterliegen, und betrachten wir heute nur den ersten. Was nun diesen anlangt, so scheint die Times, wenn sie behaup tet,, „eine solche Bestimmung müsse entweder das Volk von der Krone abhängig machen, oder die Krone der Willkür ihrer Minister prcisgebcn", ganz vergessen zu haben, daß dasselbe Bcfugniß, wie in allen constitutioncllen Monarchien, so auch in England selbst, der Theorie und dem Buchstaben des Staalsrechks nach dem königlichen Souvcrain zustcht. Auch dem Könige von England schreiben Gesetz und Verfassung das Recht zu, zu allen Wirkung thun kann? Allerdings aber glauben wir, daß Das, was für England seine Ari stokratie ist: das Princip der Erhaltung, des Maßes, der politischen Um sicht, der Bewahrung des großen Staatsgcdankenß im Conflict mit den Interessen und Begierden des Augenblicks, daß Das für Griechenland das Königthum sein oder werden müsse. Wir halten dafür, daß das Ma chen der Minister nach Kammermajoritätcn in jedem andern Land außer in England, wo die Aristokratie das Verlangen nach Staatsämtcrn mä ßigt und die allgemeinen Einrichtungen des Staatslcbens die Bedeutung der Verwaltung mindern, nur dazu führen kann, daß die Verwaltung gehindert wird, ihre Pflicht zu thun, und daß die Volksvertretung theils durch den Ehrgeiz, der sich in die Maske des Freisinns hüllt, theils durch die Maßregeln der Minister, die sich im Amte behaupten wollen, dcpravirt wird. Das Princip dieser Verfassung ist das: Geh ou weg und laß mich her. Das zeigt Frankreich, das zeigt Spanien, das zeigt das gefeierte Nordamerika. Wir halten dafür, daß, wie der Staat selbst, so auch seine Negierung ein lebendiger, selbstthätiger Organismus sein soll, der auf seinem eignen Grunde ruht, auf das Staatswirken gestellt ist, aus Gesetz und Verfassung, und, wo diese schweigen, aus seinen eig nen auf Kcnntniß und Erfahrung gestützten Ucberzcugungcn seine Richt schnuren holt, den Staat und seine Interessen zum eignen Lebcnsintcrcsse macht und mit andern Organismen, die ihn überwachen und mäßigen, zu dem großen Gesammtzweckc, dem Gemeinwohl, zusammenwirkt. Jede andere Gestaltung scheint uns nur den einen Absolutismus, die eine Ein seitigkeit mit Anderm, selbst Gefährlichem zu vertauschen, und würde cs auch in England thun, wenn nicht dort die aristokratische Orga nisation des ganzen Volks- und Staatswesens, das große Gewicht des Geschichtlichen und der conservativc und praktische, im Allgemeinen auch mehr auf die Freiheit als auf die Herrschaft gerichtete Änn des Volks als Gegengewichte dienten. Wir meinen, zwischen der Einrichtung, wo die Minister sich eben blos um die Gunst des Königs zu kümmern haben, so lange sic diese besitzen, lediglich nach Willkür verfahren kön nen, sich an Gesetz und Verfassung nicht zu kehren brauchen, nur dem König als Menschen und nicht dem Land um des Königs und Volks wil len dienen: zwischen dieser Einrichtung und der andern, wo der König die Minister nehmen muß, die ihm die Kammern verschreiben, auch wenn er überzeugt ist, daß sic ihn und das Land ins Verderben führen, daß sie zunächst die Rechte der Krone dem Interesse einer Partei opfern wer den— und hat nicht Ludwig XVI. solche Erfahrungen gemachte— zwi schen diesen Einrichtungen liegt noch die in der Mitte, wo der König nach seiner Ueberzeugung und seinem Vertrauen Minister wählt, die sich ihm in den Staatsgcschäften als begabte, einsichtsvolle und pflichtgetreue Männer erwiesen haben, wo diesen, so lange sie auf der Bahn des Ge setzes und Rechts verharren und mit Einsicht und Treue ihre Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen thun, Niemand etwas anhabcn kann, wo sic aber durch den ganzen Charakter des Staatslcbens angehalten sind, lediglich das wahre Beste des Staats zu ihrem Zielpunkte zu machen, ihre Ansicht davon mit den auf andern Standpunkten gewonnenen, eben so redlichen und berechtigten möglichst zu verständigen und zu vermitteln, wo sie nichts durchführen können wider -Verfassung und Recht und die Stimme der parlamentarischen Gewalten, wo sie auch auf der lehtcrn Wünsche sorgliche Rücksicht zu nehmen veranlaßt sind, ohne fie als unbedingte Machtgcbotc befolgen zu müssen, wo sie bei geseh- und verfassungswidri gen Schritten auch von dem Parlamente vor unabhängigen Gerichten belangt und, wenn sie schuldig befunden werden, zum Ällgange genö- thigt werden können, wo auch dem befangenen oder in Einseitigkeit ver strickten, dem unbrauchbaren Minister durch das Parlament das Leben in Wahrheit so schwer gemacht werden kann, daß er abgehcn muß und jedenfalls nichts Durchgreifendes mehr wirken kann. Aber wir finden auf keiner Seite Untrüglichkeit, weder auf der der Regierung noch auf der des Volks. Man muß im Leben froh sein, wenn man das Schlechte ver hindert, und nur darauf ist ein Zwangsrccht zu richten. Die Gewalt, der man das Zwangsrecht zum Guten auf Diskretion gibt, hat es auch zum Schlechten. Die Times mag im Ernste glauben, was immer in England Dentsche Allgemeine Zeitung. >ML «Wahrheit und Recht, Freiheit und Geseh!»