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Nachr.. »ulckgig llnvertangt» Gchrtltltücke werde» nicht ausbewahrt Zentrum und Sozialdemokratie Die Auseinandersetzung aus dem preußischen ZentrumSparteitag Berlin, 11. Mat. Das preußische Zentrum trat heute im ehemaligen Herrenhaus zum vierten preußischen Parteitag zusammen, zu dem nahezu ti»ll Delegierte aus dem ganzen Lande erschienen waren. Unter den Ehrengästen sah man Reichskanzler Dr. Brüning, Reichsverkehrömintster v. Gusrard und Netchsarbeitsmtnister Dr. St eg er- wald, außerdem die preußischen Zentrumsintutster Dr. Htertsteser, Dr. Steiger und Dr. Schmidt. Als Vertreter der Zentrumsfraktion des Reichstages war Vize präsident Esser erschienen, als Vertreter der deutschen Zentrumspartet der Abg. Ivos. Der bisherige Vorsitzende, Geheimrat Dr. Porsch, der nunmehr tm 78. Lebensjahre steht, teilte in seiner Be grüßungsansprache mit, daß er die Biirde dieses Amtes nun mehr ntedcrlegen müsse. Im Einvernehmen mit dem Partet- vorstand schlug unter stürmischem Beifall Dr. Porsch den Führer der Landtagsfraktion, Dr. Heß, zu seinem Nach folger vor. Einstimmig wurde Dr. Heß gewählt. Dr. Porsch und Herold wurden zu Ehrenvorsitzenden ernannt. Der neue Vorsitzende, Dr. Heß, gelobte unter dem Beifall des Parteitages, gute Zcntrumspoltttk zu treiben. Der neue Vorstand setzt sich zusammen aus 12 Arbettervcrtretern einschließlich der aus dem Arbeiterstaud hervorgegangenen Staatsbeamten, g Frauen, S Landwirten, 8 Mtttclständlern, 8 Angehörigen der freien Berufe, 4 Vertretern der Jugendlichen, 1» Beamten ausschließlich der bet den Vertretern der Arbeiterschaft ge nannten, ferner 3 geistlichen Mitgliedern und 2 Partct- beamten. Zu stellvertretenden Vorsitzenden der Partei wurden gewählt Justizrat Mönntg (Köln), Ober präsident Gronowskt (Münsters, Frau Abg. Heß- berger (Berlin) und Kanonikus Dr. Otte (Liegnttz). Nach einer Begrüßung des Parteitages durch Dr. Pfeifer (München), der die Grüße der Bayrischen Volks partei Uberbrachte, erstattete Dr. Heh als Vorsitzender der Landlagsfraktion den Bericht über die politische Lage in Preußen und im Reich. Er erinnerte an den letzten Preußentag, der hauptsächlich dem Problem der Retchsreform gewidmet war. Dte so genannte Länderkonserenz habe Klarheit darüber geschaffen, daß für eine Neuaufteilung des Reiches und Zerschlagung Preußens etne parlamentarische Mehrheit nirgends zu haben tst. Die Zentrumsfraktton des Landtags bleibe bet ihrer Ueberzeugung. daß es für Deutschland kein Segen wäre, wenn man versuchen wollte, an seiner Struktur etwas Wesentliches zu ändern. Sic halte es vielmehr für eine der dringendsten Aufgaben dcö Reiches, bas Eigenleben feiner Länder energischer zu schützen und zu stärken als bisher. — Der Redner bespricht dann zu nächst dte Entwicklung der preußischen Politik seit 1928. Der staatspoltttsche Aufbau der jungen preußischen Republik habe sich ruhig und stetig vollzogen. Den Begriff der politischen Krise habe es seit langen Jahren nicht mehr gegeben. Man möge sich, so erklärt der Redner, rechts wie links darüber klar werden, baß die deutsche Zentrumspartet ihre Landtagssrak- ttonen nicht etwa lediglich als Annexe der Reichstagssraktion ausgcfaßt wissen will. Die preußische Zentrnmöfraktion muß ihre politische Linie selbst bestimmen. Sie orientiert sich grundsätzlich an den Verhältnissen in Preußen selbst. Ander seits möchte ich allerdings auch keinen Zweifel darüber lassen, daß die Orientierung unserer Politik in Preußen ebensogut durch andere Umstände beeinflußt werden kann. In weiten Kreisen der Zentrumspartet wird z. B. augenblicklich die Frage erörtert, wie die preußische Zcntrumsfraktivn sich zu der Opposition der Sozialdemokratie tm Reich gegen das Kabinett Brüning zu stellen gedenke. Wir stehen mit unserer Reichstagssraktion unter dem pein lichen Eindruck, daß die Sozialdemokratie im Reich eifrig nach einer Hintertür gespäht hat, um sich den innerpolitischen Konsequenzen des Boung- plans zu entziehen. Wenn die größte Partei des Reichstags sich jetzt zum soundso vielten Male in kritischen Augenblicken aus offenbar rein agitatorischen Gründen der Verantwortung entzieht, so sollte sie sich endlich darüber klar werden, daß das eine ganz unabsehbare Schädigung siir die Idee der deutschen Demokratie bedeutet. ES wirb wohl nicht verkannt werben können, bah sowohl der Mangel an Verantwortungsgefühl bet der Sozial demokratie tm Reiche als auch die rücksichtslose Form der Opposition, die seit Wochen in der ganzen sozial demokratischen Presse beliebt wird, für das staatSpolttische Zusammenarbeiten der jetzigen Koalition in Preußen zum mindesten nicht förderlich ist. Es muß durchaus anerkannt werden, daß der preußische Ministerpräsident für die von uns erhobenen Beschwerden alsbald volles Verständnis bekundet hat. Ob seine Einflußnahme nach dem Reich hin von Erfolg begleitet sein wird, bleibt abzuwarten. Der Redner wendet sich nun der .Koalitionspolitik in Prenßcn z». ES sei das Wesen der parlamentarischen Koali tion, daß jeder ihrer Teilhaber gelegentlich nachgcben müsse. Der große Erfolg des Zentrums war das Konkordat. Das Konkordat ist ein historisches Ereignis von welt, geschichtlicher Bedeutung. Der Zcntr»mspartct ist es hier z»m ersten Male in ihrer stolze» Geschichte vergönnt gewesen, eine große parlamen tarische Aktion in unmittelbarer Verbindung und in engster Gemeinsamkeit mit dem Heiligen Stuhl durchzukämpfen. Der sozialdemokratische Kultusminister in Preußen dagegen ist ein unbequemes Minus, wenn dies auch gegen das überragende Plus des Konkordats in den Hintergrund zu treten hat. Ein Sozialdemokrat als Kultusminister löst bei der Wählerschaft des Zentrums besonders unbehagliche Gefühle aus. Die große Emanzipation, dte uns Katholiken mit der Demokratie erstanden ist, hat dem Zentrum mit einem Schlage ganz andere Auswirkungsmöglichkeitcn verschafft. Daraus resultiert auch die ganz veränderte Arbeitsweise unserer Zentrumsfraktton. Darüber müssen wir uns aller dings klar sein, daß der liberal-materialistische Zeitgeist vo« Dag z« Dag ernster zu nehme« ist. Im Liberalismus sucht man angestrengt nach der Formel, auf die sich die parteipolitisch getrennten Flügel ver ständigen können. Daneben steht dte ausgesprochene Feind schaft der breiten sozialistischen Massen gegen Mballänterklimvs Seullchlanb-Englan» z:Z Ueber Sü öüü Zuschauer waren Zeuge eines gigantische« Kampfes im Deutschen Stadion Berlin. Der Dresdner Hos- mann schießt die drei Tore. «Aussiihrltcher Bericht im Sportteil.) Christentum und Kirche. Beide Strömungen sind zwar graduell unter sich verschieden: sic entspringen aber letzten Endes derselben Wurzel: der Feindschaft gegen baS positive Christentum. Wen« das Zentrum trotzdem mit Liberalismus und Sozialismus zusammenarbcitet, bann tut es bas unter dem Zwang der politischen Umstände und aus der Erfahrung heraus, daß es durch positive politische Einflußnahme seiner weltanschaulichen Einstellung am besten Geltung verschaffen kann. Dem Zeitgeist selbst aber müssen wir größte Aufmerksamkeit znwendcn, um so mehr, da als letzte und wildeste Ausgeburt des antichristlichen Freidenker- tums seit kurzem der Kulturbolschewismns in Rußland vor uns steht, der seine Tendenzen auch nach Deutschland zu tragen bemüht tst." Der Redner weist dann daraus hin, baß dte jetzige preußische Regierung bekanntlich in einem Kampf gegen dte Volkspartct entstanden sei. Dte Bolkspartei habe cs sich selbst zuzuschretbcn, wenn dte bestehende Koalition förmlich znsammengeschwetßt wurde gegen etne ziffernmäßig fast gleich starke Opposition. Zu stürzen sei sie nicht, es sei denn durch sie selbst. Anderseits könne sic auch nicht als ein voll befriedigender Zustand angcsprochen werden. So, wie die politischen Machtverhältnisse in Deutschland gelagert sind, wäre tm allgemeinen die Form der Großen Koalition das Vernünftigste. „Dte Weiterentwicklung müssen wir abwarten. Mag eine zukünftige Regierung in Preußen aussehen, wie sie will: Legt sie Wert darauf, baß das Zentrum an ihr beteiligt tst, so muß ihre demokratische Ein stellung und ihre Verfassungstreue unzweideutig feststehenl" Daran schloß sich etne Aussprache, dte in den Mittag, stunden abgeschlossen wurde. Als Vertreter der Ncichspartei sprach deren stellvertretender Vorsitzender, Joos, der dem Parteitag die Grüße des Parteivorsitzcnden Dr. KaaS und der gesamten Partei überbrachte und der LandtagSsraktion den Dank für ihr Wirken aussprach. An der Treue der preußischen Zentrumsfraktion zu der bestehenden Reichs- koalttton dürfe nicht gezwetfelt werden, aber eS gehe auch nicht an, daß ein Koalitionspartner auf Kosten dieser Treue des Zentrums sündigen könne. — Für dte Reichstagssraktion des Zentrums sprach Abgeordneter Esser, der feststellte, daß die Reichstagssraktion. wenn cs zum äußersten komme, aus die Treue der Landtagsfraktion fest rechnen könne. Dr. Scheel- maun, Saarbrücken, versicherte den Parteitag der Treue der Forst, 11. Mai. Am Sonnabendabend sprach Reichsfinanz minister Dr. Moldenhauer in einer Versammlung der Deutschen Vvlköpartei tm Wahlkreis Frankfurt a. O. über dte finanzielle Lage des Reiches. Er führte u. a. auS: Das erste Ziel der Finanzpolitik müsse sein, die Steuerlasten zu senken. Die Vorbedingung dafür sei etne geordnete .Kassenlage des Reiches. Er habe daher die bei der Uebernahme seines Amtes völlig zerrüttete« Reichssinanzen zunächst ia Ordnung bringen und eine« i« sich ausgeglichene« Haushaltplan ausstelle» müssen. DaS sei nur möglich gewesen durch neue Steuern. Er habe die erforderlichen Mittel durch Erhöhung der indirekten Steuer» beschafft, da die alte, von der SPD. lange Jahre ver fochtene Theorie von der unsozialen Wirkung indirekter Steuern heute überlebt sei. saarländischen Bevölkerung. Der 2. Vorsitzende der Rhetnt» schen Zentrumspartet, Kaiser, Köln, betonte tm Gegensatz zu den Ausführungen des Vorsitzenden, daß die Retchsreform im Sinne einer wetteren Fortentwicklung des Reiches voran- gctrtcbcn werde. Professor Brauer (Köln) hielt etne Rebe über „Wirtschastspolitische Probleme der Gegen wart". Das Verhältnis zwischen den einzelnen Teilen der Wirtschaft sei ungesund, daher die Unmöglichkeit des Aus gleichs von Angebot und Nachfrage, daher Stockungen, Arbeitslosigkeit usw Das Aufkommen der vielen „nationalen Industrien" und das industrielle Erwachen an vielen Stellen der Welt erfordere zweierlei: den Schutz der nationalen Arbeit und die Anbahnung des richtigen Verhältnisses zwischen Industrie und Landwirtschaft. Die Sicherung der Erträglichkeit der Landwirtschaft sei in erster Linie Ergebnis der Krastanstrengung der Landwirtschaft selber. Vorüber gehend sei dte Einrichtung von Schutzzöllen not wendig. Deutschland brauche ein elastisches Zollsystem, das fast gleichstarke Opposition. Zu stürzen sei sie nicht, es sei der Landwirtschaft bringen müsse. Auch die Verbraucher» bewegung verd»ene pflegliche Behandlung. Von grundlegen der Wichtigkeit sei die Herbeiführung einer gemeinsame« Front der beiderseitigen Genossenschaften. An der Aussprache über das wirtschastspolitische Referat Brauers beteiligten sich unter anderen auch die preußischen Minister Dr. Steiger und Dr. Htertsteser und der Retchsarbeitsminister Dr. Stegerwald. Dieser stellte fest, daß dte gesamten öffentlichen Ausgaben sich auf rund 28 Milliarden belaufen und erklärte, aus dieser grobe« Summe ergebe sich schon, daß die Steuerpolitik der nächste« Jahre nicht sozial eingestellt sein könne. In seinem Schlußwort erklärte der Parteivorsitzende, Dr. Heß: Der Appell des preußischen Ministerpräsidenten Braun habe bei der sozialdemokratischen Presse leider ein Echo gefunden, von dem man annehmen müsse, daß der Ministerpräsident keineswegs damit zufrieden sein könne. Dt« Gutmütigkeit des Zentrums habe seine Grenzen. Wenn es der sozialdemokratische« Leitung nicht gelinge, ihr« Presse ans eine wirklich ftaatspolitische Einstellung z« führe«, da«n werde das Zentrum auf den Punkt gerate«, wo eS nicht mehr mitmache« könne. ES gewinne fast den Anschein, als wolle die sozialdemo kratische Presse bas Zentrum auf einen kritischen Punkt der inneren Politik htnbrängen. Einstimmig nahm der Parteitag eine Entschließung an, in der die Erwartung ausgesprochen wird, baß die Pariser Verhandlungen zur restlosen Wiedervereinigung des Saar- gebieteS mit dem Reiche führen. Von der bevorstehenden Tagung des Völkerbundsratcs wird die Abberufung deS französisch-belgischen Bahnschutzes tm Saargcbtet und eine Aufforderung an dte Negierungskommission erwartet, den französischen Plänen, deutsche Kinder in französische Schulen zu zwingen, wirksam entgegenzutreten. Ferner wird schärfste Verwahrung gegen die Absichten der RegterungS- kommission und der französischen Grubenverwaltung ein gelegt, den Arbeitern aus dem angrenzenden Reichsgebiet ihre Verdienstmögltchkctten zu nehmen. Schließlich werden Reich und Länder aufgefordert, schon jetzt alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um der deutschen Saarbevöl kerung bet ihrem Wiedereintritt in die deutsche Gesamt wirtschaft unnötigen Schaden zu ersparen. * Hierzu drahtet unsere Berliner Schriftleitung: Das Ergebnis des preußischen Zentrumspartettages ent- spricht den skeptischen Erwartungen, die man tu politischen Rechtskretsen schon längst vorausgeschen hatte. Die preußische Zentrumspartet hat zwar etwas Theaterdonner vom Stapel gelassen, jedoch ängstlich vermieden, Andeutungen in der Richtung zu machen, als sei eine Lösung der Preußen- koalition in absehbarer Zeit denkbar. Damit erweist sich aber auch, baß das Wortgefecht zwischen dem Zentrum und dem preußischen Ministerpräsidenten Braun im Landtag, baS vielfach falsch bewertet wurde, nicht geeignet war, auf ernste Komplikationen htnzudeuten. Es bleibt also in Preußen alles beim alten: Sozialdemokratie und Zentrum wer den weiterhin Seite an Seite marschieren, und das Kabinett Brüning wird sehen müssen, ob cs bei einer solchen Lage überhaupt fruchtbare Arbeit wirb leisten können. Im nächsten Jahre könne eine Senkung der Steuer« um etwa 690 Millionen Mark durchgeführt werden, falls di« Regierung Brüning im Amte bleibe. Im nächsten Jahre drohe allerdings Gefahr von -er völlig unberechenbaren Belastung des Haushalts durch die Erwerbslosenfürsorge. Deswegen müsse Hand in and mit den Steuersenkungsmaßnahmen eine vernünftige ozialpolitik gehen, dte zwar alle berechtigten Forderungen erfülle, aber Ueberspannungen und Auswüchse des Systems beseitige. Dte Erwerbslosigkeit müsse nicht an ihren Symptomen kuriert werben, sondern müsse an derWurzel angefaßt werden, und zwar dadurch, daß man dte Wirt- schaft belebe und Arbeit schaffe. Eine solche Maßnahme stelle das von der SPD. als reaktionär bekämpfte Ost programm bar, baS von der Regierung verabschiedet worben sei und am Mittwoch dem Reichstag und ReichSrat zugehen werde. Auch über dte Hebnng de» Rogae»- MMnbauer über Ausgaben brr NnauMltltk Senkung -er Steuerlasten - Rationalisierung -er Verwaltung