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ist leicht verständlich und klar in der Form. Sie fängt in verhaltener Pentatonik die Zartheit und den Stimmungsreichtum der japanischen Gedichte ein. Die Texte der einzelnen Lieder sind folgende: Leis senkt sich Schnee auf uns herab, und dennoch weht lauer Windhauch zart an unsre Stirnen. Geschah ein Wunder denn ? O welch ein Schnee, des Heimat nie der Himmel war 1 Es ist ja der holde duftgeborene Frühlingsschnee der Kirschenblüten. Nimm diesen Blütenzweig! In jedem Blatte der zarten Blüten schlummert hundertfach ein Liebeswort aus unruhvoller Brust. O weise meine Liebe nicht zurück! Ich will den Frühlingswind, o Nachtigall, mit weichen Blumendüften zu dir senden, damit sie dir den Weg herüberweisen in unsre Flur, wir warten schon so lang. Mein Ärmel duftet köstlich, da ich Blüten vom Pflaumenbaume pflückte. Dicht bei mir hebt plötzlich eine Nachtigall melodisch zu singen an, vom Duft herbeigelockt, die Holde meint, es sei ein Baum erblüht. Ich lehne mich an deine Brust, Geliebter, und das Vertrauen, das ich in dich setze, ist so, als ob ich einem großen Schiff mich an vertraute. Lang und immer länger denk ich an dich, so wie die Efeuranken hinkriechen an der Mauer lang und länger. O wären wir vor Unheil stets bewahrt! Ich schlinge meine Ärmel um die Schultern und stelle fromme Weihgefäße auf und flehe zu den Göttern, die im Himmel und auf der Erde walten, daß sie dir und mir und unsrer Liebe gnädig seien. Noch einmal laß mich, o Geliebter, bevor ich diese Welt verlasse, dein liebes Antlitz wiedersehn, daß ich es tief in meine Seele einpräge und es mit mir nehme ins dunkle Land der Ewigkeit! Dmitri Schostakowitsch ist heute unbestreitbar der bedeutendste und eigen willigste sowjetische Komponist. Darüber hinaus zählt er zu den profiliertesten führenden Persönlichkeiten der internationalen Gegenwartsmusik. Von dem großen Meister der Sinfonie liegen bis jetzt 11 Belege aus diesem Schaffensgebiet vor, über ragende Dokumente zeitgenössischer Sinfonik (die 12. Sinfonie wird zum diesjährigen Prager Frühling ihre Welturaufführung erleben!) daneben Beiträge zu fast jeder musi kalischen Gattung. Eine ganz eigene Stellung nimmt im sinfonischen Schaffen Schosta- kowitschs seine 9. Sinfonie, op. 70, ein, die in relativ kurzer Zeit, nämlich im Monat August des Jahres 1944 geschrieben und 1945 von dem bedeutenden sowjetischen Dirigenten Mrawinski in Moskau uraufgeführt wurde. Hinsichtlich Form, Instrumen tation und musikalischer Aussage hat man dieses unbeschwert-unproblematische Werk zu Recht Schostakowitschs ,,Klassische Sinfonie“ (in Haydnschem Geiste) oder auch — im Hinblick auf Tschaikowski — seine „Mozartiana“ genannt. In der Tat stellt die ,,Neunte“, verglichen mit der sonstigen dialektisch gespannten, konfliktreichen, monumental-tragischen Sinfonik des sowjetischen Meisters, ein Intermezzo dar. Von relativ kurzer Dauer, besitzen drei der fünf Sätze (der erste, dritte und fünfte) Scherzocharakter. Es ist ein Werk der Lebensfreude, der Fröhlichkeit, der Grazie, ja des Humors und eines feinen, geistvoll-ironischen Witzes. Im transparenten ersten Satz (Allegro), einem knappen Sonatenhauptsatz, kann der Hörer klassische Form strenge und Dichte bewundern, eine Leichtigkeit des Satzes und Stiles, wie sie uns von Haydn vertraut ist, obwohl sich Schostakowitsch in keiner Note verleugnet. Das unvermittelt einsetzende Hauptthema ist ungezwungen fröhlich, dabei graziös und geistvoll. Die tänzerische Gelöstheit dieser Musik hat fast etwas Strawinskihaftes. Völlig anders, übermütig keck ist der Charakter des Seitenthemas, das die Pikkoloflöte über einer schlichten Streicher(pizzicato)- und Schlagzeuggrundierung bringt und später vom Blech wiederholt wird. Nach der Wiederholung der Exposition beginnt die phantasievolle musikantische Durchführung des thematischen Materials. Fortis simo wird die Reprise eröffnet und mit einer Coda des Seitenthemas beschlossen. Den zweiten Satz (Moderato) trägt ein romanzenartiges Thema (zuerst in der Klarinette). Das romantisch-lyrische, melodiöse Geschehen unterbrechen in einem Mittelteil chromatisch auf- und absteigende Gänge der Streicher und Hörner. Spielerische Brillanz kennzeichnet den dritten Satz, ein stürmisch dahineilendes Presto-Scherzo mit einem unbekümmerten Tanzthema. Im Mittelteil fällt ein etwas theatralisch anmutendes Trompetensolo mit Streicherbegleitung auf. Die Fröhlichkeit des Satzes wirkt gegen Ende leicht überschattet. Unmittelbar schließt der vierte Satz an, ein kurzes Largo mit einem expressiven Fagottrezitativ über ausgehaltenen Akkorden der tiefen Streicher. Drohende Posaunen- und Trompeten-Unisoni folgen. Die rezitati- vischen und düsteren Perioden wechseln einander ab und gehen unvermittelt über in das geistreich-witzige, fröhliche Finale (Allegretto). Dieser fünfte Satz, dem formal wieder die Sonatenform zugrunde liegt, ist ein effektvoll zündender, farbig-musikan- tischer und übermütiger Ausklang, ja der eigentliche Höhepunkt der gesamten Sinfonie. Eine virtuose Coda (Allegro) beschließt dieses Werk, das sich durch eine geradezu volkstümliche Sinnfälligkeit des Ausdrucks auszeichnet. Dieter Härtwig LITERATURHINWEISE Martinow: Dmitri Schostakowitsch, Berlin 1947 Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR, Berlin 1959 Vorankündigung: Dienstag / Mittwoch, 2./3- Mai 1961, jeweils 19.30 Uhr 16. Außerordentliches Konzert PEER GYNT Aus der dramatischen Dichtung von H. Ibsen — Musik von E. Grieg Freier Kartenverkauf! 15. Außerordentliches Konzert 6106 Ra III-9-5 461 0,8 It-G 009/35/61