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MOrufferTageblalt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und V« WUsdrufscr Tagedl-It- eNchnnI on a»kn Wrrdlogen nachmittag « Uhr. Br»usiprei» monatlich 2,— SiM. Kei Haus, dri Postbcfttllung I.8U SiM. zuzüglich Bellrllgeid. Einzelnunuarrn la «vis- «lle Poftanftatten and Poft. -m. Wochenblatt für Wilsdruff u. llmgegend Fän-^öhrrer »mwalt.Kri«g»».sonstiger Betried-ftörungen besteht fta-m Anspruch aus Lieierung »er Zeitung oder «Lrzung des Bejugspreileu, «Ltttteudunq eingel-ndter Echriststicke erfolgt nur, wenn Siüchporro beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer BezlrK Anzeigen-reil» laut aufliegenvem Tarif Nr. 4. — Nachrvelfuogs-GebüyEl V Erfcheinungsrage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit berülkfit^ig». bis vormittags 10 Uhr. durch Fernruf übermit- men wir keine Gewähr. erlischt wenn der Betrag durch Klag» erngezogen werden muh ov« de» «erat. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsyauptmannschast Meißen, des Sia-W rats zu Wilsdruff, -es Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 283 — 93. Jahrgang Telegi.-Adr.: „Tageblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 5. Dezember 1934 „Hellerer Horizont." Wenn man Wert und Bedeutung des soeben in Rom getroffenen Saarabkommens betrachten will, so muß man sich vor allem drei Momente klarmachen: erstens ist die Tatsache, daß es überhaupt durch die verständnis volle Zusammenarbeit der drei Verhandlungspartner, nämlich dos Dreierausschusses unter Vorsitz Baron Aloisis, ferner der deutschen und der französischen Dele gierten, überhaupt zu einem Abkommen kam, wichtiger und für zukünftige Verständigungsmöglichkeiten zwischen Deutschland und Frankreich bedeutsamer als alle Einzel heiten des Abkommens selbst. Zweitens — und das ist das für Deutschland Wesentlich st ei — wird durch dieses Abkommen und seinen Inhalt die endgültige Rückkehr des Saargebietes zum Mutterlande als eine Selbstverständlichkeit auch von unseren Ver handlungspartnern in Rom vorweggenommen. Und drittens bestätigt der Abschluß des Abkommens gerade in Rom erneut die Richtigkeit der deutschen Außenpolitik hinsichtlich ihrer Abkehr von Genf, das sich wie in allen übrigen ihm vorgelegten Problemen so auch in der Saar- srage als völlig unfähig zu produktiver Arbeit er wiesen hat. Wenn auch das Ergebnis nicht in allen Einzelheiten restlos befriedigen kann, so müssen wir doch die loyale Arbeit des italienischen Barons Aloisi anerkennen, der, unbeirrt durch die wiederholt angesetzten Völkerbuuds- tagungen, dieses für die Befriedigung Europas mitent- scherdende Problem zu lösen bemüht war. Ebenso darf man nichr verkennen, daß auch die französische Abordnung überaus schwierigen und heiklen Einzelfragen Verswndms gezeigt hat. . Bei der Betrachtung dieser Einzelfragen wird sich Vielleicht mancher, der die rechtliche Grundlage der vielen Saarprobleme nicht genau kennt, versucht fühlen, so etwas Wie einen französischen Erfolg herauszulesen, etwa wenn er an die Bestimmungen über dieGruben des Warndt oder über die Garantien für die Nichtabsttmmungs- berechtigten denkt. Aber gerade in diesen beiden Punkten sind außerordentlich Wichtige deutsche Erfolge zu Verzeichnen. Zunächst muß man sich daran erinnern, daß durch das Versailler Diktat die Gruben des Saargebietes in das Eigentum Frankreichs übergingen mit der Bestimmung, daß Deutschland diese Gruben nach der Rückkehr des Saargebietes zurückkaufen müsse. Nun sind die Gruben dcs ganzen Saargebietes seinerzeit von der berüchtigten Repa rationskommission in ihrem Gesamtwert mit vollen 300 Mil lionen beziffert worden. In Rom wurde von den deut schen Unterhändlern erreicht, daß nur die Hälfte dieser Summe als Rückkaufswert angesetzt wurde Dabei ist zu bedenken, daß in dieser Summe von 150 Millionen Reichs mark oder 900 Millionen Franc miteinbegriffen sind die drei Eisenbahnlinien, die von Elsaß-Lothringen in das Saargebiet an die Hauptstrecke von Saarbrücken nach Trier laufen und die der Elsaß-Lothringischen fran zösischen Bahnverwaltung gehören: ferner sind in dieser Summe miteinbegriffen die G r e n z b a h n h ö f e, dic teilweise Frankreich seit 1919 erbaut hat und die mit der Rückgliederung des Saargcbietes in den Besitz Deutsch lands übergehen. Das Abkommen besagt ausdrücklich, daß durch die Zahlung jener Summe keine Verschlechte rung der deutschen Devisenlage eintreten darf; und das diese Klausel mit aller Genauigkeit eingehalten wird, das wollen wir vertrauensvoll die Sorge der zuständigen Reichsministerien sein lassen. Was die Ausbeutung der Bodenschätze desWarndi betrifft, so ist diese zeitlich auf fünf Jahre und mengen mäßig auf 2,2 Millionen Tonnen durchschnittlich beschränkt. Überdies handelt es sich lediglich um zwei Schächte, die aus französischem Gebiet liegen und von dort aus den Abbau betreiben, und zwar um die Zeche Stierung - W e n d e l südlich von Saarbrücken und um die Zeche Merlen bach an der Südgrenze des Saargebietes. Aber auch diese beiden Zechen müssen nach fünf Jahren die Aus beutung einstcllen. Zweifellos handelt es sich in diesem Punkt der Warndt-Schächte um ein weitgehendes Ent gegenkommen Deutschlands, das jedoch gegenüber dem Gesamtergebnis und dem großen Ziel der Rückgewinnung des Saargebietes nicht ins Gewicht fällt. Auch in der Frage der Garantien für die Nicht- obstiznmungsberechtigten, genauer gesagt für die Partei gänger Frankreichs, ist es wesentlich anders gekommen, als man sich das in Paris noch im Herbstbeginn gedacht hat. Nach seinen ursprünglichen Plänen wollte Frankreich nämlich zum Schutz seiner Anhängergruppe im Saar- gebict, also auf reichsdeutschem Boden, eine besondere französische Behörde zurücklassen, die nicht weniger als f ü n f z e h n I a h r e auf unserem Grund und Boden die schützende Hand über die Freunde Frankreichs aller Schattierungen zu halten gehabt hätte. Davon kann jetzt keine Rede mehr sein. Es sind lediglich Übergangs maßnahmen festgclegt worden für solche Leute, die inner halb einesJahres answandern wollen; und auch die Übcrgangsfrist von einem Jahr hinsichtlich der Diskrimi nierungen bedeutet ein weitgehendes Nachgeben Frank reichs. Es ist selbstverständlich, daß irgendwelche An- Neile MrtsWs- Md NmzMe. Beschlüsse -es Reichstabinetts Neue Gesetze wirtschaftlicher und finanzieller Art Das Reichskabinett verabschiedete in seiner Sitzunc am Dienstag eine Reihe von Gesetzen wirtschaftlicher unk finanzieller Art. Das umfangreichste Gesetzeswerk ist das vom Reichs Wirtschaftsminister vorgelegte Reichsgesetz über das Kreditwesen. Durch dieses Gesetz wird das Kreditgewerbe aus dei Sphäre einer privatwirtschaftlichen Jnteressenbetätigunk herausgehoben. Das Gesetz schafft eine scharfe Trennung in der Behandlung des Geldmarktes und des Kapital marktes. Es sieht die Errichtung eines Reichsaufsichts amtes vor. Genehmigt wurde ferner ein Gesetz über die Gewinnverteilung bei Kapitalgesellschaften (Anleihestockgesetz), das eine Ergänzung zu dem an 29. März d. I. erlassenen Kapitalanlagegesetz darstellt Auf Grund des neuen Gesetzes wird der Kreis der Ge sellschaften, die einen Anleihestock zu bilden haben, erheb lich weiter gezogen, indem auch solche Gesellschaften er faßt werden, die in früheren Jahren hohe Dividenden gezahlt haben. Es darf in Zukunft in bar nur noch der Gewinn bis zu einem Höchstsatz von 6 Prozent und, wenn die Gesellschaft bereits im Vorjahr einen höheren Gewinn erzielt hatte, ein Gewinn von höchstens 8 Prozent ausgeschüttet werden. Der Mehrbetrag des den Gesellschaftern zur Verfügung gestellten Gewinnes muß als Anleihestock zur Verfügung gestellt werden, und darf erst nach vier Jahren unter die Gesellschafter aus geteilt werden. Den für den Anleihestock bereitzustellen den Betrag darf die Gesellschaft nicht mehr selbst anlegen, sie hat ihn der Deutschen Golddiskontbank zu überweisen, die ihn für die Gesellschaft nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzulegcn hat. Der Anleihestock gehört nichi mehr zum Vermögen der Gesellschaft. Ein Gesetz zur Aenderung des Gesetzes über den Wertpapierhandel schafft die Voraussetzung für die notwendig gewordene Vereinfachung des Dörsen- wesens. Das Gesetz über die Durchforschung des Reichsgebietes nach nutzbaren Lagerstätten (Lager stättengesetz) ermächtigt den Reichswirtschaftsminister zur Durchforschung nach nutzbaren Lagerstätten, mit deren Unterfuchung sowie der Sammlung und Bearbeitung ihrer Ergebnisse die Preußische Geologische Landesanstalt und die mit ihr zu vereinigenden geologischen Anstalten der übrigen Länder beauftragt werden. Das Reichskabinett verabschiedete ein Gesetz über die Un terkunft bei Bauten, durch das Vorsorge für eine ange messene Unterkunft der Arbeiter bei Außenarbciten und zur Beseitigung gesundheits schädlicher Einflüsse getroffen wird. Das Gesetz über die Erweiterung der Befugnisse des Reichskommissars für Preisüberwachung dehnt dessen Befugnisse über den Kreis der täglichen Bedarfs deckung hinaus aus gewerbliche Leistungen und Lieferungen überhaupt aus. Das Gdsetz zur Verlängerung der Schutz fristen im Urheberrecht bringt eine Ausdehnung des Schutzes von der gegenwärtigen 30jährigen Dauer auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Angenommen wurde ein Gesetz zur Verhütung miß bräuchlicher Ausnutzung von Voll st reckungs möglich leiten, ferner ein Gesetz zur Aenderung des Tabak st euergesetzes, das die Steuerkredit'e be seitigt, sowie ein Gesetz über die Beförderung von Per- fonen zu Lande, durch das der Straßenbahnverkehr und der Kraftfahrzeugverkehr sowie der Fuhrwerksverkehr ge regelt werden. Schließlich wurde ein Gesetz betreffend die Ehe schließung und Beurkundung des Personenstandes von Reichsdeutschen im Ausland genehmigt, durch das nicht mehr zeitgemäße Vorschriften auf diesem Gebiet durch neue Bestimmungen ersetzt werden. In der der Kabinettssitzung vorausgegangenen Ministerbesprechung berichteten der Reichsaußenminister und der Neichsbankpräsident als Reichswirtschaftsminister über die in Rom zum Abschluß gebrachten Verhand lungen wegen der Rückgliederung des Saarge bietes. forbscd /?05!b^ 8 Sz-ss/cf?' '< NM L/nSs/z SW H's/rk/v/cH '-cke/n Hz-) Die Kohlenflöze im Warndt. — (Aus: Unsere Saar, Verlag Ed. Runge, Berlin-Tempelh.) sprüche derart, wie sie Frankreich mit der obengenannten fünfzehnjährigen Frist verbinden wollte, mit der deutschen Souveränität im Saargebiet in keiner Weise zu vereinen gewesen wären. Ferner ist in diese Garantirbestimmungen eine wichtige Ausnahmeklausel eingebaut worden, die dem deutschen Standpunkt hinsichtlich der Emigranten usw. gerecht wird: der Garantieschutz bezieht sich nur aus solche Personen, die mindestens schon drei Jahre im Saar- gebiet ansässig sind; Emigranten, Separatisten und ähnliches Gelichter werden gut tun, ihre Vor bereitungen für die baldige Abreise zu treffen. Die Genfer Entscheidung über das römische Abkom men darf man als eine mehr oder weniger formelle Angelegenheit ansehen, zumal ja der Chef der Firma Völkerbund, Frankreich, sich bereits endgültig entschieden hat. Abschließend darf man feststellen, daß das Ergebnis einen ganz erheblichen und für uns Deutsche sehr er freulicher Unterschied etwa zu dem von dem früheren französischen Außenminister Barthou in Gens überreichten Saarmemorandum darstellt, ferner daß der Zeitraum zwischen der Hauptabstimmung und dem Ein tritt des endgültigen Zustandes an der Saar ganz wesentlich verkürzt ist und schließlich daß dieses Ab kommen für alle landfremden Schmarotzer an der Saar nicht nur eine schwere Enttäuschung, sondern auch die Notifizierung ihres absolut sicheren Hinauswurfes be deutet. Es ist kein Wunder, wenn in der Presse aller Länder die große Genugtuung darüber zum Aus druck kommt, daß die schwierigste Frage des Saar problems, nämlich die wirtschaftliche, bereinigt wird und damit die Vorbedingung für eine allgemeine deutsch- französische Verständigung geschaffen scheint. „Hellerer Horizont' liest man etwa als Überschrift über dem Leit artikel einer amerikanischen Zeitung zu dem Abkommen von Rom, und ebenso recht hat zweifellos die „Saar brücker Landeszeitung", wenn sie zu dem Abkommen schreibt: „Der Weg nach Deutschland ist also, so hoffen wir, kürzer und freier geworden." P. A. R.