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Nr. LSI. onutag den 5. Juli 7» Jahrgang. S«s«»»»»wttden d»e«g»N>„U. Vetttjrtte od. d»rrn Manm mU I»4 ,1 s» «... - ^ ... «eklnmkn mit SO 4 d«k ßkile berechn., br«D«i-derh. bedeut. Malm» v WI Il Il Il Il ll lll tl I tl t'Ii ^ ! I. '4 ! »r'>be>"i »«aNch «a^». >n,l «»»„abm, der »onn< und petita,«, «»chdrnckeeet «edakU»» »nd «eschüftSftelle, » .«dau I IÜI HlVt'MpN « » ,»v . » * > ^ ^ d ^ u Id I» 0e>' BtNu^tze, Et/a^e IS. — Fernsprecher Nr. IS64. 0 ^ r? »t ^ >>1 „ch:r Beta a ^"sllNitlnHen I Lettin,nsprel»Mte «r ^5». 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Man beachtet bei uns nur zu oft bloß die innere Politik und vergißt ganz, daß die aus wärtige Politik dem weiter des Reiches andere Sorgen macht: der Deutsche befaßt sich zu wenig mit den fragen der Weltpolitik, was wir sehr bedauern. Es ist zwar in den letzten Jahren unter dem Eindrnrk der Mißerfolge besser geworden: aber was uns noch fehlt, das ist die Er ziehung auf diesem Gebiete. Freilich geschieht auch von den maßgebenden Kreisen gar nichts, um die Masse über die großen Probleme anfzuklaren. Nur ab und zu, wenn das Wasser bis an den Hals geht, liest man eine Note in der offiziösen Presse, und dann soll das ganze Volk diese Ver lautbarung gutgläubig hinnehmen. Tie Erziehung in den Fragen der Anslandspolitik ist eine der »nichtigsten Aufgaben des Reichstages und der Negierung, »venu beide auf die volle Unterstützung der Massen in schwierigsten Momenten rechnen wollen. Das Zentrum hat durch seine Anträge ans die Herausgabe von Weißbüchern systematisch in dieser Richtung gearbeitet: aber es findet bei der Negierung zu wenig Unterstützung: hier glaubt man noch immer, man könne die Vorgänge ans diesem Gebiete als ein Privileg der Diplomatie anschen und dem Volke nur mit dunkel gehaltenen Orakelsprüchen kommen. Wir fordern in erster Linie volle Klarheit über unsere internationale Situation. Man höre einmal ans mit der Schönfärberei, an die man in den weitesten Kreisen doch nicht mehr glaubt, an die besonders jene Kreise selbst nicht glauben, die diese Rezepte verabreichen. Jahrelang hat man dem Volke den Himmel voller Rosen gemalt, derweil es sehr schwarz ansgesehen hat. Immer sprach man von den guten Beziehungen zu allen Völkern, »nährend es in Wirk lichkeit an politischen Spannungen gar nicht fehlte. Man wiegte sich in dem Wahne, daß es besser um uns stehe, wenn man den Kopf in den Sand stecke und die Feinde nicht sehen »volle. Erst als man mit dieser Methode vollständig Schiff- brach gelitten hatte, als man gar nicht mehr anders konnte, da hat man sich dazu bequeint, die nackte Wahrheit der Ver einsamung zuzngestehen. Diese Taktik hat uns im Aus lande gar nichts genützt: denn hier lachte man über den deutschen Michel, der immer noch nicht gesehen, welche Stunde geschlagen habe: im Jnlande aber gab man sich der gefährlichen Täuschung hin. daß alles unser Freund sei, während wir in Wirklichkeit gar keinen hatten. Wir be grüßen es daher, daß man in den letzten Wochen von dieser falschen Taktik abgekommen ist und nun sagt, wie es aus sieht. Ter Artikel „Zur Lage" in der „Nordd. Allgem. Ztg." hat erkennen, lassen, daß man mit dem System der Vertuschung brechen will, selbst auf die Gefahr hin, daß Unangenehmes gesagt werden muß. Man kann daraus auch wohl den Rückschluß ziehen, daß in den leitenden Krei sen der ernstliche Wille vorhanden ist, nicht mehr unter allen Umständen nachzugeben und immer zurückznweichen. Nichts hat uns mehr geschadet, als das anfängliche forsche Auftreten und der schnelle Rückzug, der bei der ersten Schwierigkeit einsetzte. Dadurch ging so viel von unserem Ansehen verloren. Man rechnete den starken Willen zum Frieden uns als Schwäche an und glaubte, wir seien nicht mehr in der Lage, unser gutes Recht zu verteidigen. Wie aber die Rede des Kaisers in Töberitz bekannt wurde (die Offiziösen haben wieder alles getan, um den vorzüglichen Eindruck derselben im Anslande zu verlvischcn), wie der Artikel in der „Nordd. Allgem. Ztg." erschien, da schlug der Wind um. Aus Frankreich kam der Ruf, weshalb man sich denn im Reiche aufrege, kein Men'ch denke an einen Krieg oder auch nur an eine Einkreisung Deutschlands: der fran zösische Berichterstatter über das Heer brachte sogar wenige Tage nach diesen Vorkommnissen einen ernsthaften Vor- schlag zu einer Verständigung Mischen beiden Ländern: der Abgeordnete Erzberger, der deutsche Berichterstatter für das Heer, antwortete sofort freundlich im ..Matin", dem Or gan der Pariser Regierung. In demselben Maße, in dem man mit Entschiedenheit in Deutschland auftrat, in dem selben Maße kamen zu uns aus Frankreich die Versiche rungen des Friedens herüber. Das sollte doch zu denken geben: denn man kann nicht sagen, daß alle diese Beteuerungen nur eitel Lug und Trug seien. Im Gegenteil: wir wissen aus beste'- Quelle, daß man in Frankreich bestrebt ist, den Frieden mit uns zu er halten und zwar aus verschiedenen Gründen. Einmal hat dort die Republik tiefe Wurzeln geschlagen und die Nepu- blikaner sind für den Frieden, »veil sie wissen, daß der Krieg gar leicht die Monarchie wieder bringen kann. Daun tritt hinzu, daß man in den einsichtigen Kreisen des franzö- »cheu Volkes dem Gedanken der Revanche längst den Ab- Ichied gegeben hat, daß man hier anerkennt, daß die Reichs- lnnder selbst keine Sehnsucht mehr nach Frankreich haben und daß Deutschland um keinen Preis mehr diese Gebiete herausgibt. Es gibt weit mehr Franzosen, die mit dieser Tatsache rechnen, als man anninimt: viele nur »vollen dies nicht offen zugeben. Endlich ist nicht zu vergessen, daß man »n Frankreich sehr Wohl weiß, wie stark unser Laudheer iß: es ist eigentlich ein schlimmes Zeichen, daß uns erst die Furcht der Franzosen vor unseren Bajonetten sagen muß, daß »vir ruhig in die Zukunft schauen könne». Mau ist sich in Frankreich darüber vollständig klar, daß man in einen, Kriege die Kosten bezahle» muß und daß mau in Deutschland nicht eher nachgeben wird, bis man dieses Ziel erreicht hat. Diese Strömungen sorgen für eine weitverbreitetc Friedensstiiiiuiung. Man war in den letzten Jahren bei uns viel zu nervös und hat vergessen, daß innere Soldaten in der Lage sind, im Ernstfälle alles »nieder gut zu machen, was die Diplomaten in zehn Jahren verdorben haben. Daher schauen »vir auch gar nicht so pessimistisch in die Zukunft: gewiß steht eine ernste Verwickelung nicht außer- halb eines jeden Bereiches der Möglichkeit: »vir wollen , einen ehrenhaften Frieden, aber nicht den Frieden um jeden Preis: »nenn es aber einmal zum Kriege kommen müßte, dann wäre unsere Stellung nicht schlecht, denn »vir können ganz unvermutet Bundesgenossen erhalten, beson ders sobald wegen Mazedonien der Krieg ausbrcchen würde. Tie Austeilung der Türkei würde in der Praxis nicht so leicht abgehen, wie es in manchen Kabinetten angenommen wird. Ter Türke »vor noch in jedem Kriege kein zu ver achtender Freund oder Gegner. England hat zu befürchten, daß ihm die Mohammedaner in Aegypten und Indien große Sorgen bereiten können und um diesen Besitz bangt das Britenreich mehr, als es in der Oeffentlichkeit zugibt. In einem ernsten Zusammenstoß können alle papiernen Abmachungen »nie Spreu vor dem Winde zerstäuben: da treten oft ganz andere Konstellationen ein, als die Weis heit aller Staatsmänner sich hat träumen lassen. Wir wissen das eine bestimmt, daß es für und im Kriege nicht schlimmer wird als jetzt, wo alles sich gegen uns zu ver binden scheint. Es ist daher nur ein Gebot der Selbst achtung und des berechtigten Vertrauens, wenn »vir sagen: man lasse sich nicht aus der kalten Ruhe des guten Ge wissens. aufscheuchen und nicht bange machen. Tie Lage mag ernst erscheinen, aber sie ist nicht so, daß wir mutlos werden müssen: der Deutsche hat sich noch inimer seiner Haut gewehrt, wenn man ihm das Leben unterbinden wollte. Der Kampf für „Deutschtum und evangelisches «hrisienium". Dresden, den 4. FuN tanh. Graf Paul von Hoensbroech sprach am Mittwoch im Sommerfest des Evangelischen Bundes un Waldlchlößchen- saale über „Ultramontanismus und Kultur". Wenn er wirklich das gesagt haben soll, was die Dresdner Nach- richten in Nr. 182 berichten, dann drücken wir ihm uns-.r lebhaftes Bedauern aus. In allen seinen Vorträgen legt er sich zunächst den Begriff .,Ultramontanismus" zurecht und zieht daraus die Folgerungen für Politik und Kultur, um dann dagegen Stellung nehmen zu können. Aber dieser Feind existiert nicht: Der „UltramontaniSmuS", d. h. das Papsttum, hat die deutsche Kultur vor Luther nicht in Fesseln gelegt, wie der Redner behauvtete. Luther konnte also das „Dornröschen" nicht befreien. Der Ultramon- taniSmu«, d. i. das Papsttum, stemmt sich nicht g->geu jede freie Forschung auf jedem wissenschaftliche» Gebiete, wie der Redner weiter meinte. Die Kirche stellt die Glaubens normen auf -, sie verlangt, daß jedes ihrer Mitglieder diese für wahr hält; sie schließt jeden, der daS Gegenteil lehrt, aus ihrer Gemeinschaft ebenso aus. wie das ein Verein tut. dessen Mitglied sich gegen die Statuten vergeht. Die Kirche hemmt nicht die freie Forschung, wie Hoensbroech dozierte, denn die wissenschaftliche Forschung kann schließlich und endlich nur zur Wahrheit, also nie gegen die von Gott geoffenbarten Glaubenslehren führen. Sollte Graf Hoensbroech wirklich alle diese Grund sätze vergessen haben? Gerade die ruhige Art seines Vor trages erweckt in unS den Glauben, daß .r durch seine Sophisterei sich selbst erst zu den Schlüssen führen will, von deren Unrichtigkeit er km Innern noch immer über- zeugt ist. Durch daS Unterlegen falscher Begriffe, auf die er seine Deduktionen aufbaut, entsteht ein Gebäude, das zusammenstürzt. »venu mau die Definition de« llnteisatze« richtig stellt. So zündet denn auch Graf Hoensbroech durch seine Vorträge nicht, weil er einem Lehrer gleicht, der selbst von dem Gesagten nicht überzeugt ist. Wie schon so oft, mußte er sich auch diesmal sage» lassen, daß er jene ..enttäuschte" die. wie oie Mitglieder de« Eoangetßche r Bundes, ein geharnischtes ..Losdouneru gegen Rom und Papsttum" erwartet hatten; so drücken sich die Dresdner Nachnchtcu selbst aus. Da ist Herr Pastor iüa. IX Kühn ein ganz anderer Kämpe. In iemer Begrüßungtza»sprache schmeiterte er die „Trompetenstöße" nur so heraus, um die „ Säumige, ans- zurüttel»". Und wie gewaltig klaugcu die Brusttöne, at« >r tn alle vier Weltrichtuiige» hiunusries: „der Bund stehe im Kampfe für Deutschtum und evangelisches Christen'»»,". Es füll den gläubigen Zuhörern gar nicht aus, daß die Sympathie» des Evaug. Bundes für de» da» Deutichtnm hassende» Hussitismus denn doch kein Eintreten für das Deiilschtini'. ist. und daß für „evangelisches Christentum" i» der monistische,i Lehre HäckelS und in der Positiven StöckerS nicht zugleich gekämpft werden kann. W>e gut machen sich aber sulche Phrase»! Und wem, daun der Redner vom „Faultichlag" spricht, mit dem der Ultra- uwiitciuismus die deutsche .Kultur bedroht, dann erwacht ei» Lntherzvr». den ein Hoensbroech mit seinen gelehrte,» Sophismen nicht zu errege» vermag, besonders wenn er über Luther, de», „Heiligen Gotte«" sagt: „über ihn könne mau denken, was mau wolle". Hoensbroech sucht zwar auch die Regierung scharf zu machen, aber l). Kühn ist kühner, indem er den Fürsten vvrwirft, daß sie aus Rück sicht auf die kath. Kirche Friedensliebe betätigen, statt daß sie Rückgrat zeigen und den Kampf des Evaug. Brmdeö gegen den „Ultraiuouti.uiSniuS" im Sinne Luthers, des „ersten VorlämvserS gegen das Papsttum", führen. Aber in einem Gedanken sind Hoensbroech und Kühn einig: Befreiung der Katholiken Uv» demWörtchen „römisch", dann wären sie sofort „deutsch", besäßen „evangelisches Christentum", und würden in, Evaug. Bund al« Ausbund aller Kulturträger aus den Schild erhoben. Nur ei» Ge danke sei »och hier angeführt. An anderer Stelle der heutigen Nnmmer geben wir eine Zusammenstellung der immer mehr zunehmeudcu Austritte aus den Landeskirchen. So sind in Sachsen allein 1105» Personen in» Jahre !!>07 nutzgetreteu. Freilich hat die Landeskirche einen Zuwachs von 1207 Seelen bekommen. Es tröstet gewiß den Herrn Kirchenrat l). Meyer in Zwickau, daß nach den Angaben des ev.-lnth. Konsistoriums 1082 an« der kathol. Kirche anStraten. Danach ist der Austritt aus der Landeskirche um 108 größer als der Zuwachs. Hier hätte der Ev. Bund ein weite« Feld, um für „Deutschtum und evaugelilche« Ehristentum" zu kämpfe», besonders, da 2-10 konfesstousloS gewordeu sind. Die katholische» Geistlichen und die katho lischen Vereine betrachten es als ihre erste Pflicht, die Katho liken in ihrem Glauben zu erhalten. Der Evangelische Bund aber erachtet es als seine erste Pflicht, die Katho liken Rom z» ..entwinden". Alle geistlichen Kräfte kon zentrieren sich bei den Katholiken in der "Ehest, den Glauben in der eigenen Gemeinde lebendig zu ^halten; kein kath. Bischof würde die Geistliche» außerhalb der eigenen Diözese aus EroberuugSzüge auSschickeu, wem, solche Gefahren seiner Herde drohen. Herr Kirchenrat l). Meyer sucht fortgesetzt besonders die augehendeu Pastoren für den Ei- oberuugSkrieg in Oesterrich auzuwerbeu. Er möchte die Verluste in Deutschland durch die Gewiune in Oesterreich »vettmacheu. Aber in Oesterreich geht es nicht vorwärts und tn Deutschland in erschreckenden, Maße abwärts. Hat denn die Parole des „reine» Evangeliums": „Für Deutsch tum und evangelisches Christentum" die Werbekraft ver loren? In Oesterreich hat das nationale Mäntelchen so manchen politischen Hitzkopf aus der angeblich tschechen- freuudlicheu Romkirche entführt. Aber in Deutschland schreibt Hoensbroech auf die Fahne: „Kampf gegen Rom zur Erhaltung der oeutscheu Kultur!" Dem Monismus ist daS positive Ehristentu u der Feind, der bekämpft wird; seine Parole geht gegen R»m und Wittenberg. Daher erfolgten in Kiel vor einigen Tagen anläßlich von Vorträgen über MautSmuS 78 Austritte aus der Landeskirche. Hier hätte der Evangelische Bund ein g'vßeü Arbeitsfeld zum Kampfe für das „evangelische Christentum". „ES sieht schlimm autz um die Landeskirche!" Diese« Wort sprach der Wirkt. Oberkonsistorialrat und Geueral- superiuteudent a. D. I). Nebe in Eisenach in der Flug schrift „Die evangelische Landeskirche und die rel-.givje Krisis der Gegenwart"; eS schreibt dort: „Es ist wahr, die Landeskirche kann eS ertragen, daß viele ihrer Glieder ihre Glaubenssätze abweiscn, aber sie muß doch darauf halten, daß ihre Diener, die durch frei willigen Entschluß das Predigtamt übernahmen, die feter« lich gelobten, keine andere Lehre zu verkünden als die iq