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Dienstag. Nr. 81. 18. Oktober- 1870. Weißeritz-Ieitmrg Amts- uud Meige-Klatt der Königlichen Genchts-Iemter and Atadträthc z» Kippoldismalde and /raoenstcin. Preis ,pw Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-ZeÜa SPfg. Erscheint Lienstagsund Freitags. Zu beziehen vurch alle Postanstalten. Nermtworilichrr Ledacteur: Lari Fehnr in Dippoldiswalde. Tagesgeschiehte. Dippoldiswalde, den 17. Oct. Der letzte (10.) Patriotische Unterhaltungsabend, der leider sehr beengt in der großen Saalstube abgehalten werden mußte, da der Saal nicht zu erlangen gewesen, war nichtsdestoweniger mannichfach erfreulich. Herr Cantor Hellriegel gab eine sehr ausführliche und interessante Schilderung des Straßburger Münsters, zunächst seiner Geschichte, sodann seiner Einrichtung, wobei auch der in Europa als Unicum dastehenden, vielfach zusammen gesetzten berühmten Uhr, der Orgel und der Glocken gedacht wurde. — Feldpostbriefe, aus denen als wahre Schmerzensschreie der Ruf nach „Cigarren" und immer- wieder „Cigarren" erscholl, erfreuten vielfach, so auch die meist vom gemischten Chore vorgekragenen Gesänge. Die Blumenlese aus Zeitungen kann jetzt selbstver ständlich nur kurz sein, da den Zeitungsschreibern, wenn sie nicht französische Lügen fabriciren wollen, nach und nach der Stoff ausgeht. Hoffentlich kommt bald die große Nachricht von der Einnahme von Paris und bringt wieder Leben in die eingetretene Pause. — Im Laufe des gestrigen Vormittags trafen ganz unerwartet etwa 40 Dresdner und HainS- berger Feuerwehrmänner hier ein, um sich die hiesigen Löschanstalten genauer anzusehen. Zunächst marschirten sie nach dem Bassin unserS Wasserwerkes und waren am Nachmittage bei der Revision der Feuerlöschgeräthe und der Thätigkeit der städtischen Löschmannschaften anwesend. Man hatte als Brand objekt den Gasthof zum „rochen Hirsch" am Oberthor- platze gewählt, wo sich denn auch die städtischen Lösch mannschaften entwickelten, während die freiwillige Feuer wehr die Schmiedegasse und Umgebung deckte. Im Saale des Schießhauses fand sodann, nachdem die fremden Gäste an dem Steigerhause unserer Feuer wehr mehrere Hebungen vorgenommen, noch eine ge sellige Vereinigung der fremden Feuerwehr mit der unsrigen statt, bei welcher zum Besten des Inter nationalen Hilfsvereins eine Sammlung veranstaltet wurpe, die 3 Thlr. 15 Ngr. 1 Pf. einbrachte. Dank den fröhlichen Gebern! Dresden. Im hiesigen ersten Lazarethe lagen am 15. Octbr. 908, im zweiten 520, im dritten 325 Patienten, darunter 700 Franzosen und von dem Rest zwei Drittheile Preußen und ein Drittheil Sachsen. — Zwei aus Wien ««gekommene Lazaristen halten in fran zösischer Sprache den Gottesdienst für die Franzosen; dies geschieht allsonntäglich in der mit den Protestanten gemeinschaftlich und abwechselnd benutzten Kapelle. Berlin. Während Deutschlandmit ungebrochener Kraft und Freudigkeit, aber freilich auch mit schwerem Herzen, den opfervollen Kampf gegen Frankreich fortsetzt, hören wir hier eine Kunde, die jedes deutsche Herz mit Jubel füllt und uns die Bürgschaft giebt, daß wir diesen Kampf nicht vergebens gekämpft haben werden, daß er einen köstlichen Preis uns eintragen wird, ja schon eingetragen hat, für den wir gern unser Bestes opfern, an dem die spätesten Geschlechter der deutschen Nation noch zehren werden. Die Verhandlungen, die über die Grundlagen einer Einigung Deutschlands unter den Regierungen stattfinden, sind — Dank dem ernsten patriotischen Geiste, der sie alle erfüllt — einen befrie digenden Abschluß nahe. Dieselbe wird im Wege eines Zutritts der Südstaaten zum norddeutschen Bunde vor sich gehen. Also keine vorherige Auflösung des in Krieg und Frieden als so kraftvoll und lebens fähig bewährten Bundes, keine Unterbrechung in dem schon so weit vorgerückten Ausbau seiner Verfassung, keine Rückkehr in das Chaos des Jahres 1848, aber auch keine Separatbündnisse mehr, wie sie Süddeutschland bisher nur locker an den Nordbund fesselten und den auf unsere Zersplitterung lauernden Erbfeind zum Ueber- falle reizten, sondern Ausdehnung des nationalen Bundes auf alle Mittel- und Kleinstaaten mit gemeinsamer Centralgewalt, Heeresleitung und Vertretung, und viel leicht ebenso gleichmäßige Einschränkung seiner Competenz in Angelegenheiten, die mehr dem Innenleben der ein zelnen Staaten angehören. Wie gern wird der Reichstag (der möglicherweise im kommenden Monat wieder zu sammentreten soll) noch weitere Opfer für etwaige Fortsetzung des Kriegs bewilligen, wenn ihm zugleich eröffnet wird, daß dies seine letzte Sitzung sei und daß er demnächst aufgehen werde in ein Parlament, daß die Vertreter der gesammten deutschen Nation umschließt! Der Berliner Börsen-Courier schreibt: „Nach einer uns aus guter Quelle zugdhenden Mittheilung hat am 15. Octbr. das Bombardement nicht nur vor Paris, sondern auch vor Metz begonnen. Es dürfte nun mit jener Energie vorgegangen werden, welche die preußische Kriegführung, wie in den früheren Kriegen, so auch erneut während deS gegenwärtigen Kriegs in so hohem Grade auSzeichnet, und wir hoffen, daß es keiner allzu langen Fäst bedürfen wird, die letzten entscheidenden Schläge dieses blutigen Kampfes zu führen, Paris uud Metz zu Falle zu bringen. Nur durch schnelle Entscheidung ist dem entsetzlichen Elend dieses Kriegs ein Ende zu machen, diesem Elend, unter welchem freilich Frankreich so ungleich mehr zu leiden