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Rr. 13«. Elster Jahr«. Erscheint: LSglich früh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: bis Abrndstt,Sonn tags bis Mittags 1L Uhr: Marienstraße 18. Rlnzeig. in dies. Blatte finden eine erfolgreich» Berbreitung. Auflage: 13,000 Exemplar«. Sonnabend, IS. Mai 188S. Tageblatt für Unterhaltnng uud Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor probisch. Föonnement: vierteljährlich 20 «gr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'S Hau«. Durch die Königl. P«ß vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Inseratenpreise: ^ stiir den Raum einer gespaltenen Zeile: I Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Druck und Eigenlhum der Herausgeber: klitpslh Relchardt. — Verantwortlicher Redacteur: ÄutlUS Rkichardt. Dresden, den 12 Mai. — Se. Königl. Majestät hat dem Anstaltsaufseher Karl Gottlieb Brückner zu Zwickau die zum Verdienstorden gehörige silberne Meoa'lle verliehen. — Se. Maj. der König hat beschlossen, mit Rücksicht auf die eingetretenen politischen Verhältnisse m Gemäßheit von tz 115 der Verfassungsurkunde einen außerordentlichen Landtag auf den 23. Mai d. I. in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lasten. — Das DreSdn. Journal bringt Folgendes: Mit welcher Unverschämtheit ein Theil der preußischen Presse fortfährt zu lügen, wenn es gilt, Sachsen zu verleumden, davon liefert die neueste Nummer der Berliner osficiösen „Nordd. Allg. Ztg." wieder einen eklatanten Beweis, indem sie die Stirn hat, in einem Artikel über die Zustände in Sachsen u A. Folgendes zu schreiben: „Um die gebildeten und gewerblichen Kreise der Bevölkerung, welche die Politik des Freiherrn v. Beust ver- urtheilen und einen Krieg gegen Preußen für ein Unglück des Landes halten, einzuschüchtern, wird von besonderen Agitatoren die Arbeiterbevölkerung aufgehetzt und zu Resolutionen gegen das Capital und die „Preußenfreunde" veranlaßt. In den Bierhäusern benutzen diese Demagogen jede sich darbietende Ge legenheit, um die Politik des Freiherrn v. Beust zu vertheidi gm und gegen Preußen zu schmähen. Man fürchtet in Dres den Aufläufe gegen die besitzenden Klassen, weshalb infolge der Besorgniß fremde Familien Dresden verlosten." Wir haben solcher Gemeinheit gegmüber nur eine Erwiderung, und diese läßt sich in einem einzigen Worte zusammenfassen: Verachtung! — Vom königl. Ministerium des Innern ist nachstehende Verordnung an die königl. KreiSdirection zu Leipzig ergangen: „Die hier in Urschrift anliegende Vorstellung des Stadtraths zu Leipzig ist mittelst Beschlusses des Gesammtministeriums, an welches dieselbe gerichtet ist, an das Ministerium des Innern abgegeben worden, und letzteres sieht sich veranlaßt, infolge dessen der KreiSdirection zu Leipzig Nachstehendes zu eröffnen. Die allgemeine Städteordnung bezeichnet 8 178 flg. genau den, dm Stadträthen zuständigen Wirkungskreis, und die Hinwei sung darauf genügt, um zu zeigen, daß der Stadtrath zu Leip zig sich von dem Gesetze, aus welches er sich am Schluffe sei ner Vorstellung beruft, entfernt hat. Der Stadtrath hat sich jedoch nicht darauf beschränkt, eine über die Grenzm der städ tischen Interessen hinausgreifende Vorstellung an die Regier ungsbehörde zu richten, sondern er hat auch diese Vorstellung, ehe sie noch in derm Händen sein konnte, den Stadtverordne ten zugefert'gt und denselben, entgegen den Bestimmungen 8 115 der allgemeinen Städteordnung, zu einer Berathung und Beschlußfassung darüber Anlaß gegeben. Es unterliegt aber diests Verfahren um so mehr gerechter Ausstellung, als in ei ner von dem Stadtraty selbst a s folgenschwer bezeichneten An gelegenheit derselbe sein Urtheil auf Grund einer offiziellen Correspondenz, die, seiner eigmen Angabe zufolge, ihm nur bruchstückweise bekannt war, in vorschneller Weise sestgestellt hat, ohne die in Aussicht gestellte Veröffentlichung dieser Corre spondenz abzuwarten oder sich sonst über deren wahren Inhalt Ge wißheit zu verschaffen. Die Regierung glaubt mehr als einmal bewiesen zu haben, wie sehr ihr die Interessen der Stadt Leip zig am Herzen liegm Sie darf mit Zuversicht die Frage aus- werfen, ob diese Interessen je durch die von ihr befolgte Poli tik geschädigt wurden, ja sie darf daran erinnern, daß Beun ruhigungen, d e sich zuweilm kund gaben, durch dm schließli ch«, Verlauf der Dinge sich jedesmal als eitel herausstellten. Sie kann das Vertrauen, worauf sie Anspruch machen zu kön nen glaubt, nicht gebieten. Wenn aber der Stadtrath zu Leip zig, angesichts einer in empfindlicher Weise gegen Sachsen er hobenen Drohung, keinen andern Wunsch hegt, als jegliche Maßregel, die als Kriegsmstung gedeutet werden könnte, einge stellt zu sehen, so legt er damit eine Gesinnung an cen Tag, welche im Namen der Stadt Leipzig kundzugeben seiner Ver antwortung überlassen bleiben möge, die er aber nicht berechtigt ist, wie er es thut, im Namen des sächsischen Volkes, zu wel chem die Regierung ein besseres Vertrauen hat, laut werdm zu lassen. Hiernach allenthalben wolle die KreiSdirection den Stadtrath zu Leipzig bescheiden." — Am Himmelfahrtstage fand die Eröffnung des „Volks- gartens" (früher Lincke'sches Bad) statt. Trotz des launischen und ziemlich kühlen Wetters hatte sich doch ein zahlreiches Publikum eingefunden. Man hat für das Entree von 21 Ngr. Abends einen feenhaft erleuchteten Garten, gediegenes Conccrt und die fesselnden Vorträge der „Liederhallc" oder amusirt sich im prachtvollen Saale an dem Tanze der Jugend. Ebenso wie der große Saal aufs Glänzende hergerichtet worden, hat auch der schöne Garten eine totale Umwandlung erlitten, nicht nur daß das Orchester mit Gasblumen e, leuchtet ist, auch in den . Rondels sind dergleichen angebracht, die ihr Licht auf die plät- I schernde Fontaine und glänzenden Glaskugeln werfen. Dem 1 . Orchester gegenüber ist eine Sommerbühne für die „Liederhalle" I angebracht, auf welcher sich täglich die Mitglieder des Herrn Director NergeS hören lassen. — In Betreff einer in Nr. 119 d. Bl. mthaltenm Mit theilung über den sogenanntm Poetenweg bei Berggieshübel schreibt man uns von dort: Der fragliche Weg berührt die Territorien zweier Besitzer, nämlich des Ritterguts Giesenstein und des Gutes Friedrichsthal. Der Besitzer des Letzteren hat allerdings auf seinem Tracr die alten Bäume, um sie nicht durch Ueberständigkeit werthlos werden zu lassen, nach und nach weggeschlagen, dafür aber sofort wieder andere anpflanzen lassen, und wenn nicht durch ruchlose Hände der jungen An pflanzung zu viel Schaden zugekügt worden wäre, so würde solche -- nämlich zur Zeit wenn Laubbäume Laub haben — schon einen recht leidlichen Schatten gewähren. Was dagegen den Tract des Rittergutes Giesenstein betrifft, so stehen hier die alten ehrwürdigen Bäume noch unversehrt, obgleich es im Interesse des Herrn Besitzers läge, dieselben ebenfalls wegzu schlagen, da sie von Jahr zu Jahr an Werthe verlieren und es ist daher nur dessen Coulanz zuzuschreiben, daß solche dem Publikum bs jetzt erhalten worden sind, was auch Seitens desselben, wenigstens in hiesiger Gegend, dankbar anerkannt wird. — An die auswärtigen Leser dieses Blattes richten wir gleichsam als Collectiv-Büüetin über das Befinden ihrer zum Militär einberufenen Gatten. Väter, Söhne, Brüder, Bräuti gams und Geliebten an alle Soldatens-Frauen, Kinder, Eltern, Geschwister, Bräute und Herzensfreundinnen nachstehende Zeilen: Das herrliche in der vollsten Frühlingsglorie prangende Dres den ist ein modernes „Wallenstein's Lager", gutes Muths sind die Einberufenen eingezogen, das Herz voll Soldatenlust um schließt wieter der ehrenreiche Kriegerrock, Artillerietrain rollt die Straßen auf und nieder, „Georg'sche" mit schwarzen Auf schlägen, „Albertiner" mit „rochen" strömen den Stellungsplä tzen zu, sammeln sich wie Bienen, zerstreuen sich wieder, „Garde reiter" treten gemessenen Paradeschritts dazwischen und „Leib brigade" bewegt sich mit geübtem Residenzaplomb durch die neugierigen Feiertagsgesichter, unter denen die Schooßkinder der Altstädler Christel» und Jettchen, die adretten Jäger, gar manche gute Bekannte köiieris tdminini mit galantem Ho neure und Händedruck begrüßen. Alle loben die vortreffliche, herzliche Aufnahme in den Familien, das kräftige Mittagsessen, die saubere Schlafstätte. Seid unbesorgt ihr bange schlagenden Herzen da draußen, wohin nur der Zeitung Knegsgeschrei dringt, schlaft ruhig; über Euren Lieben, die auf des Königs Ruf zu den Fahnen pflichtgetreu geeilt, waltet die Fürsehung, die wird di? Euren leiten wie uns Alle, die wir täglich ausrufen: Dein Wille geschehe! — Auf dem Dampfschiff „Aussig" wurde vorgestern Morgen gegen 4 Uhr, während es um diese Zeit am Meißner Landungsplatz neben Hotel de Bellevue lag, ein Rauch wahr- genommen, der bald zu der unliebsamen, aber noch rechtzeitigen Entdeckung führte, daß in zwei Cajüten aus bisher unbekanntem Grunde die Decken und die Rückwand leicht angebrannt warm. Das Feuer ivurde sehr bald gedämpft. — Ein Handarbeiter von hier hatte vorgestern das Un glück, auf der Mittelgaffe auszugleiten und so zu fallen, daß er einen Beinbruch erlitt. Es erfolgte seine Aufnahme im Krankenhaus. — Seit einigen Tagen vermißt man in der Stadt einen Handwerkslehrling, der aus unbekannten Gründen die in der Wilsdruffer Vorstadt gelegene Wohnung seines Lehrmeisters verlassen hat und dahin weder zurückgekehrt ist, noch sonst über sein Benehmen und seinen dermaligen Aufenthalt Nachricht ge geben hat. — Vergangenen Montag wurde der Böttchergesell Schlegel aus Buchholz auf dem Wege von Kleinrückerswalde nach der Katzenmühle in etwas angetrunkenem Zustande von den Krämpfen befallen und gab derselbe auf dem Rücktransport nach Klein- rückerswalde seinen Geist auf. — In der Nacht des 10. d. M. entstand in dem mit Strohdachung versehenen Schade'schen Wohnhause in Nieder reichmau Feuer, in Folge dessen dasselbe gänzlich ausbrannte. Die thätige Hilfe der neu eingerichteten Feuerwehr von bei läufig 90 Mann verhinderte eine Weitervcrbrcitung der Flammen. — Am 9. d. M. Nachmittags sind in Croste bei Mittel 3 Gartennahrungen, 1 Bauernut, 2 Häuslernahrungen, eine Scheune und das Gemeindehaus tctal niedergebrannt. — I. Maj. die Königin-Wittwe wurde in voriger Nacht hier erwartet und dürfte dann sofort ihre Villa auf dem Wein berg zu Wach witz beziehen. — Vor einigen Tagen ist der kgl. schwedische Gesandte zu Berlin, v. Hochphildt nebst Gemahlin, hier eingetroffen, um auf kurze Zeit hier Aufenthalt zu nehmm. — Die Landbewohner aus der Umgegmd Dresdens sind ganz erpicht, sich mit Salz zu verproviantiren, denn auf dem Zeughof, wo sich bekanntlich die Salzniederlage befindet, war i die Anzahl der daselbst behufs Abholung größerer Quantität» von Salz aufgefahrenen ein- und zweispännigen Geschirre fr groß, daß sich bisweilen eine förmliche Wagenburg bis an die Frauenkirche erstreckte. — Der Mensch soll nicht stolz sein! mochte vorgestern si Nachmittag ein etwas angeheiterter Infanterist denken, der sechs ) seiner Kameraden mittels Zweispänner die Bautzner Straß« Hinausrutschen sah. Um ebenfalls per Achse an seinen Bestim- ( mungsort zu gelangen, bestieg er nach kurzem Handel die zwei- , räderige Karre eines rothen Dimstmanns und ließ sich von .> diesem über die Brücke hinüber fahren. Obschon ein großer ' Theil der einberufmen Beurlaubten und Kriegsreseroisten von ,, den lieben Seinigen und dem gewöhnten friedlichen Geschäfte getrennt wordm ist, so findet man bei denselben doch fast durch- >) gängig heiteren Muth. „Wir sind einmal noch Soldaten, und , der Crawall kann doch nicht ewig dauern, darum: entweder ^ oder!" hörten wir viele unter sich trösten. , — Am Mittwoch reisten auf der Thüringer Bahn vo« ^ Leipzig circa 300 preußische Landwehrmänner nach Merseburg. ^ Diese zum Theil verheiratheten Leute, welche in Leipzig und ,i Umgegmd ihren Wohnsitz haben, sprachen ihren Mißmuth ganz 'i unverhohlen und in gerade nicht schmeichelhaften Ausdrücke» i über die Urheber der Störung ihres Familienlebm« aus. , — Auf der Meißnergasse trug vorgestern ein dort drei Treppen hoch wohnhafter Herr aus seinem Logis etwas in de» '?> Hof herunter. Er hatte hinter sich die Vorsaalthüre offen ge» lassen. Auf der ersten Treppe begegnete ihm ein Mann, da ihn zwar grüßte, aber durch sein Benehmen und sein Aeußerr» , doch so stutzig machte, daß er seine Verrichtung im Hofe mög- > lichst beeilte und schnell wieder in sein Logis hinauf ging. Nw» türlich aber erschrak er nicht wenig, als er jenen Mann dort ^ an seinem geöffneten Secretär stehen sah und sich auch alß» bald davon überzeugte, daß dieser die Schiebekästen darin schon untersucht und auch bereits einm goldenen Ring annectirt hatte. Der Dieb, der sofort festgenommen wurde, soll ein Ke» - reits bestrafter Schuhmacher von hier sein. , — In Zeiten politischer Bewegung gerathen die Theater» Unternehmungen auf einen Standpunkt, welcher die DirettioneN zu Mitteln greifen läßt, die Halbweg eine Perspective bieten, , die bedrohte Kaffe zu füllen. In diesem Fall befindet sich Herr Nesmüller, dem es gelungen, dm bcrühmtm Trapezkünstler und Acrobatm Julien auf einige Vorstellungen für sein Sommer» , theater im königlichen großen Garten zu gewinnen. Wie man hört, übertrifft solcher den bekannten Leotard in Paris. Laut , dem heutigm Theaterzettel wird Obgenannter den furchtlosen Rücknärtssprung von 20 Fuß ausführen und nebst anderen , Sachen den Flug durchs Theater, von der Königsloge bis auf die Bühne unternehmen. Das ist ein Raum von 36 Ellen. ^ Wir wünschen der Direktion eine rege Betheiligung von Seit« des Publikums, denn Niemand schaut wohl mehr mit Furcht und Bangen in die Zukunft, als eine Schauspielergesellschaft, die auf Unterstützung des Publikums angewiesen ist, zumal die Meisten der Darsteller eine Familie zu ernähren haben. — > ^ ^ Tagesgeschichte. Oesterreich. In Wien coursiren auch viele Gerüchte von ^ Verpfändung der Kirchengüter, auch sollen 40 Millionen Gulden Scheidemünze auegegeben werden. Die deutschen Bewohner eine» großen Theils des Böhmer-Waldes übersendeten dem Kaiser angesichts der dem Reiche drohmdm Gefahren eine ihre Opfer» Willigkeit betonende Loyalitätsadresse. — In Folge der Gereizt» , heit der preußischen Joumale gegen Sachsen macht man in den Wiener Zeitungen darauf aufmerksam, daß Preußen seit langer Zeit jeden Antrag am Bunde als eine Feindseligkeit gegen fich , aufgefaßt hat. Und zwar trotz der vielberühmten und aus» posaunten Einheit der preußischen und deutschen Interessen. Preußen. Nachdem ein an dm König zum Frieden mah» nendes Schreiben des Kaisers von Rußland, welches der Gener» Richter überbrachte, bis jetzt erfolglos war, hat nun vorgestern der Rittmeister Montevorde einen zweiten Brief des Kaisers in ' Berlin abgegebm. — Die„Prov-Corresp." sagt, indem sie die Mobilmachung aller neun Armeecoips bestätigt, die Regierung könne keinen Zweifel darüber bestehen lassen, daß sie, wenn eß sein muß, die preußischen Interessen auch mit den Waffen in der Hand aufs allerkrästigste zu vertreten entschlossen und im Stande ist. — Die Festung Cosel wird nun auch mit lebende« ^ Schlachtvieh verproviantirt. Für die Armee tritt den 20 Mai die Kriegsverpflegung ein, und müssen von diesem Tage an di« Landlieferungm beginnen. — Am Sonntag soll der König zu den Offizieren des 1. GarderegimmtS zu Fuß gesagt haben: , Die Aufgabe der Diplomatie sei erschöpft, der Augenblick ge kommen, wo dem Schwerte die Entscheidung zufalle, und Er, der König, werde an der Spitze der Armee ihre Gefahren thei» lm. — Die Jägerbataillone haben eiligst neue Büchse,: erhalt«^ mit denen sie sich nun noch einübm müssen. Man vermuthy jetzt, daß der König sein Hauptquartier in Glogau, der Prin^