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Freitag. Nr. 15. 21. Februar 1873. Weißerih-Aeitung. Amts-Matt für die Kerichts-Aemter und Stadträtye zu Dippoldiswalde und Irauenstein. Verantwortlicher Redatteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. A Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Frauenstein. Die letzte, am vergangenen Sonntag ab gehaltene Sitzung unseres Gewerbevereins war von be sonderem Interesse, auch von Mitgliedern, Frauen und Gästen sehr zahlreich besucht, die von dem Vorsitzenden, Hrn. Cantor Haupt, begrüßt wurden, worauf Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten folgte. Es zeigte hierauf Hr. Tischlermstr. Dittrich einen von ihm gefertigten „Glasschneider" aus Stahl, womit er auch vaS stärkste Glas zu schneiden im Stande war. Der nun folgende Vortrag des Hrn. vr. Röber bildete die Einleitung zu den, für dieses Jahr dem Vereine gütigst zu gesagten „Vorträgen über deutsche Geschichte." Sodann gab Herr Maschinist Uhlich (der Sohn unseres Hrn. Rentamt mann) eine Beschreibung seiner, im vorigen Jahre unter nommenen Seereise von Hamburg aus nach China, und folgten die Anwesenden mit großem Interesse den lehrreichen Mit theilungen, die durch die, von dem Vortragenden von seiner Reise mitgebrachten und im Locale aufgestellten Gegenstände vervollständigt wurden. Durch den Vorsitzenden ward der Dank des Vereins den Herren Vortragenden ausgesprochen. Dresden. Im Landtage beschäftigte sich die 1. Kammer mit der Genehmigung mehrerer, im Staatsgute vorgenommener Veränderungen, Verkauf des Kalkwerkes Unter wiesenthal, der Weinberge zu Niederpoyritz, ferner mit Straßen bau-Petitionen, Beschwerden rc.; auch eine Petition des Fuhr manns Hegewald in Dippoldiswalde um Gewährung einer Entschädigung für die, während des Krieges erlittenen Ver luste ward berathen und beschlossen, dieselbe auf sich beruhen zu lassen. — Die 2. Kammer berieth über den Rest der Eisenbahnvorlagen; sie ersuchte auch die Regierung, dem nächsten Landtage eine Vorlage zum Staatsbahnbau der Linie Schwarzenberg-Johanngeorgenstadt zu machen, wenn sich bis 1. Octbr. d. Js. keine Gesellschaft !zum Bau dieser Bahn gefunden habe. — Der Landtag wird wohl Ende dieses Monats geschlossen werden; es sind noch zu erledigen die Steuerreform, die Forderungen für Justizgebäude, Eisenbahn vorlagen (von der 1. Kammer) rc. — Die Regierung soll fest entschlossen sein, das BolkS- schulgesetz zu publiciren und auch die Zustimmung des Königs dazu erlangt haben. — Aus Anlaß der glücklich erfolgten Genesung unserer Königin ist am Sonntag in der katholischen Hofkirche ein Pe Daum abgesungen worden. — Der diesjährige Ost er markt wird am Montag nach Lätare, also am 24. März, in Altstadt-Dresden abge halten werden. — Die am Sonntage im Hoftheater durch Brand Verletzte (s. vor. Nr. d. Bl.) ist eine 11jährige Tänzerin, die trotz der schnellen Hülfe und ärztlichen Beistandes mehrere Brandwunden erlitten hatte, die indeß nichts Schlimmes fürchten ließen; auch hatte die Generaldirection sofort reich liche Mittel zur Pflege und Cur verabreichen lassen. Leider ist aber, nachdem am Montag noch die beste Hoffnung auf Genesung war, das Mädchen an demselben Tage Abends gestorben! — In Stauchitz (bei Döbeln) hat am 14. Februar eine Handwerkersfrau zwei Knaben geboren, welche am Nabel durch einen ungewöhnlich starken Darm vereinigt sind. Die Knaben befinden sich zur Zeit wohl, sind in allen Theilen vollkommen entwickelt und können alle ihre Glieder normal gebrauchen, nur die Abzugsöffnungen für Exkremente fehlen beiden; dagegen aber ist in dem Verbindungsdarm, der beide Körper an einander fesselt, eine Oeffnung, die, wie eS den Anschein gewonnen hat, zur gemeinsamen Ausleerung beider Organismen bestimmt ist. Ein wunderlicher Fall! Da die Knaben Speise und Trank nicht verschmähen und munter, also auch völlig lebensfähig sind, so kann dieses unnatürliche Bindemittel hoffentlich durch geschickte Operation noch be seitigt werden. (Ist nicht mehr nöthig; nach neueren Nach richten ist der eine Knabe am Sonntag, der andere Montag gestorben. Beide wurden beerdigt und nicht zur Section an die Anatomie abgeliefert.) — Am 15. Februar feierte in Lichtenstein der Haus besitzer Lange und seine Frau das 75jährige Ehejubiläum. Der Ehegatte hat das Alter von 103, die Ehegattin daS Alter von 98 Jahren, beide haben also ein Alter von 201 Jahren und leben in der besten Gesundheit. Leipzig. Der Carneval hat bereits am letzten Sonntag seine Thätigkeit begonnen, d. h. die auf offener Straße, in dem am Vormittag die Einholung des Prinzen und Nach mittags eine „Kappenfahrt" stattfand, die aus mehr als 70 Fahrzeugen, oft mit je 6 Rossen bespannt und mit allen Farben und Wahrzeichen der Narrheit geschmückt, bestand. Vom 24. Febr. an werden nun die eigentlichen „Festtage" beginnen. (Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn veranstaltet am Montag, 24. Febr. (zum Hauptfestzuge) einen Extrazug, der früh 5 Uhr in Dresden abgeht.) Berlin. Die Militärc onventionen zwischen Preußen und den beiden Mecklenburg sind in den letzten Tagen ratificirt worden. — Die Stempelsteuer auf ausländische Zeitungen (3 Pf. pr. Kreuzband) soll vom 1. April an in Wegfall kommen. — Die königl. Botschaft hat überall die größte Be friedigung hervorgerufen, und auch das Auftreten des Grafen Roon in der Lasker-Wagener'schen Eisenbahn-Concesfions-An- gelegenheit findet die allgemeinste Anerkennung.