Volltext Seite (XML)
Nummer 59 — 23. Iahrgang Evche»» .mal «oa>»ni:. «n den Mil»». c»r«ii»b»>u,«»n ,D>« Weil» an» ga, „n-ere »einen Leute' «,»>» »en reiidetlaaen »Tl. <t»nna.r>iat>' .Niiierdainins und Witten' .Dt» «»» der Fr» ,' «er«u,ckln dtaiaeber' Da» „ute V»»' .^Umrund» «da»'. Vtonaittckiek Ve,ua»«e«I» » «N. »InNVI. v»N»ll«»I-. M»iel»»n>mn >» s Eomiadend- u. K»nnta<,n»wm»> idtt H»>wtt«rt»tl»«ler! Dr. V. L»»«»»>. Dresden. Sonntag, -en 10. Mörz 1929 Ve»ta,»»e«i De»»»,, «»,eta»»»r't'«i Die l aetdalten» V»»t«,e«>» »« H KmnNtea. miieiaen ».S»eNenae«„i»» D«»<. Die rr>ttre>!ame,e»e V>n>» drei« I Ft !Sl>r «n,ei«en ansierbat» de» V»rbr«il»^A»«edtel»< »«»s dt,Petttr»Name»»tt»I.:saFt. Vrleiaeb.»««^ ImNall« ddderrr «rivail »rlilidl »de <>erv»lckiiUl,a aut Lteteruna Ertüllun-i ». sln,»iaen -»Ii»lrüae» ». Letltuna » TiLadeiierlatz, »«tcht>»t»»«r Dell Art», Lear. Dretden. V»»,»üs»»s>eN«. Drnttu.Peelaa, «nmiania >ür Vertag und Druckerei. idtttate Dresden.DreSde»-v- l. DatlerIiras,»N. .zenirii-Äwie. PowiveMonio Dresden -7>n Vaiitkonio Stadtban» Dresden Vi »NI« Für christltkfte Politik und Kuliur Stedattton »er SSNiNtaie» Bolk»,eitun Dresden.Aliiiad I Ponerstratzc !7. aeruru- und »loir. WS ?<NlI Der Gesetzentwurf -er süctzsisck'en Rest'erunq: Zusammenlegung von Behörden Zu.ammen'assung des Landesrechts, Ermächtigung für das Ge amlminjsterium Kirchenoeseke und Kirchenseinde „Es ist ein Elend, das; sich heute, im elften Jahre der deutschen Republik, ein deutscher Landtag noch mit so etwas beschäftigen mutz, wie derAbfindungmitder Kirche. Die Revolution konnte lesider zwischen Staat und Kirche nicht reinen Tisch machen." Das ist das Echo, das die erste Beratung der Verträge zwisäzen dem sächsi schen Staat und der Evangelisch-Lutherischen Kirche und mit dem Bistum Meißen, sowie des Gesetzent- Wurfes über die öffentlich-rechtlichen Relipionsgesellschaf- ten im sächsischen Landtag in der sozialdemokratischen Presse Sachsens iveckt (vergl. Dresdner Volkszeitung v. 6. März 1929). Das ist auch eine recht deutliche Uebersetzung des berühmten Mortes „Religion ist Privatsache" aus dem sozialistischen Parteiprogramm. Die sozialdemokratische» Debatteredner in der letzten Landtagssihung hatten docb wenigstens noch den Versuch gemacht, mit vermeintlich rechtlichen oder gar sachlichen Argumenten gegen einzelne Bestimmungen der Kirchengesetze— mit denen wir uns keineswegs restlos identifizieren, die aber doch ein loya les Verhältnis zwischen Staat und Kirölse zu schaffen ver- sucl>en — ann,rennen. Die Dresdner Valkszeitung aber Nr. 53) streift auch dieses Mäntelchen kühn von sich und ätzt in folgenden Sätzen ihrer ureigensten Stimmung freien Lauf: „Noch dem Stande der Rcichsgesehgebunq und der Rechtsprechung des Reichsgerichts ist ez vorläufig leider dem sächsischen Staate nicht möglich, von den Leistungen für die Kirche völlig frelzukmmnen. Aber trotzdem denkt die sozialdemokra.ische Fraktion nicht daran, die gegenwärtig im Landtage vorliegenden Entwürfe anzunchmcn. ES »inst vielmehr alles versucht werden, diese Vorlagen zu Fall zu bringen. Wenn die Mündung der Kirche so kostspielig ist, so ist cs nicht so eilig danrit. Die Zelten ändern sich, und vielleicht ist es recht bald möglich, eine Lösung des Z>vangSvcr- hältnisses zwischen Staat und Kirche so bcrbeizusühren, daß die Kirche kein so gutes Geschäft macht und der Staat lhr nicht so große Summe,, in den Rachen zu werfen braucht, di« für die Unterstütz»»« der vielen Notleidenden viel bester verwendet werden könnte». Mö gen die Frommen im Lande gefälligst die Gelder selber aufbringen, die gebraucht werden, um die Einrichtungen der Kirche zu nnler- haltcn " Wir in Sachsen glauben diese Ausdrucksweise sehr gut zu kennen. Wenn die Reichsgesekgebung. das Reicks- innenministerinm und dos Reichsgericht — das ungiück- lickerweise auch noch auf sächsischem Grund und Boden steht — nicht gewesen wären, dann würde von Religion und Kirche in Sachsen wohl nicht v'el 'ibrig geblieben sein. Wir erinnern nur an die Abschaffung des Reli gionsunterrichtes durch dos Ueberaangsschuiaesetz von 1919, die erst auf Eingreifen des Reichsgerichtes wider Willen der damaligen sächsischen Machthaber rückgängig pemackt werden mutzte. Wenn die evangelisch-lutherische Religionsgesellsä-aft sich mit ihren Ansprüchen nicht an den Staatsgerichtshof gewandt hätte, dann wäre viel leicht auch heute an eine einigermaßen befriedigende Aus einandrsetzung noch nicht zu denken. Bezeichnend ist insbesondere das eine, daß bei der Dandtoasdebatte versackt werden mußte, alle Fragen möglichst auf rein vechtl'ches beziehungsweise finanziel les Gebiet hinüberzuschieben. Mit der Stellung zur Re ligion an sich habe das alles nichts zu tun, so meint man Für den „modernen Kulf"rstaat" beziehungsweise für eine liberal-sozialistische Mehrheit dieses Staates spielt offenbar die grundlegende Frage der kulturellen Wech- elbeziehungen zwischen Staat und Kirche iberbaupt keine Rolle mehr, von vielen werden diese Wechselbeziehungen überhaupt geleugnet. An der zu künftigen Entwicklung dieser christlichen Kirchen haben weite liberal-sozialistische Kreise überhauvt kein Inter esse. So verstehen sie Religion als „Prioatsache". Für die Kulturwerte, die dem Staate und dem Volke aus Reli gion und Kirche in den vergangenen Jahrhunderten zu geflossen sind und noch gegenwärtig zuflicßen, fehlt diesen materialistisch orientierten Kreisen jedes Verständnis. Selbst die heidnischen Staaten der Antike hal>en in die ser Hinsicht anders gedacht und gehandelt, während das Keule: Di« Welt (Illustrierte Wochenbeilage) Unterhaltung und Wissen Turnen. Sport und Spiel Filmrundschau Dresden, S. März, Dem Landtage ist am Sonnabend der anqekündigle Ge. sehentwurs über die Vereinfachung und Verbilli. kinng der öffentlichen Verwaltung (Verwaltungs- reformzeseh) znye gangen, in dem es u, heißt: Die Amtsgerichte Attenberg. Bernstadt, Hartenstein, JSh- stadt, Lößnitz, Obcrwicscnthal, Schöneck, Tauckm, Waldenfcts und Höblitz stutz aufzuhebe». DaS Justizministerium hat die Ge- richtstzczirk« unter de» benachbarte,, -lmtsgerichtrn anfzutetlcn und den Zeitpunkt bekauntzugebc», mit dem dir Wirlsauüeit der ausge» hobeucn Amtsgerichte endigt. Unbeschadet der haushaltmäßige» Regelung ist de, technische Anstcndicnst des Finanzministerinms (Straßen- und Masterban, Hochbau) in Staatsbauämtern z u s a m m e n z u f a ss r ». Dir Leistungsfähigkeit der Gewerbeaiifsiclstüämtcr und die Verwend barkeit ihrer Beamten ist dadiwch gu steigern, daß die Ekwcrbeanf. sicht in acht Aemtcrn vereinigt wirk Ferner wird das LandeS- verstckirrnngSamt aufgehoben n»d die Erledigung sei ner Geschäfte dem NcichSverstckwruiigSamte überlasten. Die Durchführung der Aufgabe», die »ach dem Gesetze ülir die Beschäftigung Schweckiegsbeschädigter den Fürsorge, und H n n P t s ü r s o r g cst e l l e n obliegt, ist auf die Arbeitsämter und vag Landesarbettsamt übcrzulcitcn. Bei der Vereinigung oder der Teilung von Ge meinde» nnd Bezirksverbändcn kann das Ministerium °-eS Innern während der Dauer des gegenwärtigen Landtages das Verfahren nnd die Auseinandersetzung, abweichend von de, Ge- „leindcordiiniig regeln und alle Anordnungen treffe», die zur Durch führung dieser Maßnahme erforderlich st„d. DaS Grsamtmlnisterin», hat dnS Landesrecht ans der Zeit vor de», 1. Juli 1867, das nicht durch späteres Recht überholt oder entbehrlich geworden ist oder nicht offenbar ungültig ist, in ein Ber eich,,is aufznnchincn, daS im Sächsisckn:,, Gesetzblatt bekannt zu machen ist. Durch die Bekanntmachung wird das nicht in das Ver- cichnis anfgenonmiene Landesrecht ans der Zeit von vor dem 1. Juli 1867 anfgchobeiu Wohlerworbene Recht« werden hierdurch nicht berührt. Das Gr f a m tm i n i ste r i u m wird für die Dauer dcS gegen wärtigen Landtages ermächtigt, die Geschäfte, die durch Yiesetze ^>cn Ministerien zngewicsen sind, Mich auf Nachgeordnete Behörden zu übertragen; unbeschadet der Entschließung über daS Fortbestehen der Kreiöhanptmaniischasten Geschäfte, die ihnen durch Neuheidentum den Mutterboden aller europäischen Kul tur gerade in dem Zeitpunkt mit unglmcklicher Kühnheit verleugnen zu können meint, wo die abendländisäze Welt nahe daran ist. die jahrhundertealte Vormachtstellung, die auf ihrer Kultur beruhte, zu verlieren. Wenn von demokratischer Seite im Landtag betont wurde, daß der ganze Fragenkomplex der Abfindung und Auseinander setzung zwischen Staat und Kirche mit der Religion an sich gar nichts zu tun habe, so mutz es um diesen Begriff von Religion, der angeblich über alles Kirchentum erhaben ist. wahrhaft traurig bestellt sein. Teilt man diese Auf fassung. dann kann man allerdings mit dem Abgeordne ten Dr. Sopfert auf den Gedanken Kaminen, daß di« jetzigen großen Kirchen, die zu dem Staate der Vergan genheit in lebendiger organischer Beziehung gestanden haben, durch die Abfindung für alle Zukunft gegenüber etwaigen kirchlichen Neubildunaen „bevorzugt" werden. Allerdings entbehrt diese Auffassung insofern der Logik, als es nach dem vorliegenden Gesetzentwurf dem Staate jederzeit freisteht, durch Kapitalisierung der Rente und Auszahlung des Kapitals alle zukünftigen Leistungen überflüssig zu machen. Die ganze Frage hat aber noch eine viel grundsätz lichere Seite. Wenn von liberal-sozialistischer Seite die Idee des reinen Rechts- und Verwaltungsstaates. also des sogenannten „Nachtivächterstaates" propagiert und vertreten würde, der alle wirtschaftliche und kultu relle Betätigung der freien Initiative des Volkes über ließe, dann lägen die Dinge inesentlich anders. Dann könnte man den -Standpunkt verstehen, daß die Kirche auf eigenen Füßen stehen und ihre Aufaaben aus eigenen Mitteln und Kräften erfüllen müsse. In Wahrheit aber führen gerade die Kreise, denen die Leistungen an die Kirche Verschwendung von Steuergroschen bedeuten, am lautesten das Wort vom sozialen Kulturstaat im Munde. Während sie auf der einen Seite die Dienste der Kirche verächtlich beiseite werfen, heben sie auf der ande ren Seite den Staat als allmächtigen Gott auf den Altar und weisen ihm am liebsten alle Aufgaben wirt schaftlicher und (nach ihrer Auffassung) kuliu- reller Art zu. Nur die Kirche will man in ihrer kul- turellen Bedeutung nicht anerkennen, während genug öffentliche Gelder zur Unterstützung und Förderung von Gesetz zngewicsen sind, untere,, Vcrwaltungsbctzörden zu übertragen oder auf die Ministerien zu überführe»; Ausgabe», die gesetzlich dem Staate oder den viemcindrn ohjiegen, berussständische» Körperschaf ten mit deren Zustimmung zu überlaste»; ferner Maßnahmen da gegen zu treffe», daß in dem verschiedenen Ministerien unterstellte» berufliche» Untcrlchtswesen Dopprleinrichtnnge,, unterhalten werden »nd schließlich die Geschäfte der Altrrsrentcnbank auf andere Bank unternehmen zu Überfüllen. Vor dem Erlaß einer derartigen Verordnung ist ein ans 31 Mitgliedern bestehender außerordentlicher Ausschuß bei Landtages zu hören. » In der Begründung des Entwurfes heißt es u- a.: Dis Vorschläge für Vereinfachung und Verbilligung der Verivaltnng, di« im Schiecffchen Gutachten enthalten ivaren, sind von den Ministerien eingehend geprüft worden. Diese haben auch von sich aus Verein fachungen getroffen. Am Einzelnen ist die SkralspolizeivernxilNing aufgehoben und sind infolgedessen 86 Bcamienstellen eingezogen war. den. Das polizeiliche Mebdewesen wivs vcreinsachl, das aboekürzt« Strafverfahren gefördert. Im Verwaltnngslostenwesen ist die Be rechnung der Auslagen vereinfacht worden. Die Büro- und Kosten- geschäste der Bezirksärzle werden künftig in den Am'shaupimann» schäften erledigt. Auch im Bereiche des Finanz- und Volisbildungs- miiiisterinins sind weitgehende Vereinfachungen bestlstossen worden; 18 Geschäftsstellen des Ministeriums des Innern sind zu reoistr-in- deuloser Arbeit übergcgange», die auch bei den Kreis- nnd Amts« hanplmannschastcn eingeführt werden soll. Von de» politisch bedeutsamen NesormvorMägcn ist ein Teil, weni'.ostcns zur Zeit, nicht durchführbar. Deshalb dürfen aber nicht die Maßnahme» zurückgesteltz werden, über -die eine größere lieber» cinstimmnng zu erwarten ist- Sie sind, soweit sie der Zustimmung des Landtages bedürfen, in dem Gesetzentwurf ziisammengchißt. Durch das Gesetz wird die V e r wal t u n g S r c s o r in aber nicht erledigt. Diesem ersten Schritte werde» weitere folgen müssen. Hierzu wird die Entwicklung der Fmainen ,,8'igen die nicht gestatten wird, bei den Spannaßnainne» an den große» AnS- gabengcbieien der ö-ientlichc» Betätigung, insbesondere am Schul wesen und der Wohlfahrtspflege, voruberzngchen. Nur wenn auch hier zu rechter Zeit vereinfacht und verbilligt wad min dert sich die Gefahr, das; spüler unter finanziellem Drucke überstürzte Schrille getan und dabet wertvolle Errungenfchasien preisgegeben werden müssen. Ergomsationen und Einrichtungen cmspepeben werden, die von den kirckentrenen Staatsbürgern keinesweqs als kulturfördernd anerkannt werden. Hier hat noch niemand von Mißbrauch von Steneraroschen peschrien. Und doch wäre hier dieser Vorwurf viel mehr am Platz, als bei den Leistungen an die Kirche, weil seihst in Saäj- scn die Anhänger der Kirche gattdank noch über 90 Pro zent der Bevölkerung ausmachen und die Religionslosen noch nicht 10 Prozent. Das ist doch schließlich das Ent scheidende! Wer die Dinge so zu sehen vermag, der muß zugeben, daß die Haltung der Sozialisten in diesen Fra» gen nicht dem Gedanken der Neutralität, sondern dem der verschworensten Feindschaft gegen al les, was Kirche heißt, entspringt. Die Kominu» nisten geben das auch offen zu. S'e werfen Kirche und Kapitalismus bedenkenlos und absichtlich in einen Topf und machen vorsätzlich die Kirä)« für alle Schäden der Zeit verantwortlich. Diese Umkehrung der Tatsachen ist immer energisch zurückgewiesen worden. Es wird die Zeit kommen, wo auch diese Lüge der kommunistischen Bewegung keinen Deut mehr nützt. Besonders bedauer lich ist es. daß die kirchenfeindlichen Ideen ois weit in das liberale Lager hineinreichen, ans dem doch die soziali stisch-kommunistische Zersetzung letzten Endes entstanden ist. Wie man die Dinge auch drehen und wenden mag, die Grundfrage, zu der diese politischen Kruppen heute Farbe bekennen müssen, bleibt dach die: Wie stell« ich zu Religion u nd Kirche? Zweierlei hat hier die erste Beratung im Landtag aufs neue bekräftigt. Die sächsische Sozialdemokratie hat erneut bekannt, daß sie beides rundiveg ablehnt, Religion und Kirck«, und tm öffentlichen Leben ohne sie fertig werden zu können glaubt. Gewiß« liberale Kreise lehnen die Kircite ebenso gern ab, ob offen oder mehr oder weniger ver steckt, bleibt sich gleichgültig. Sie begnügen sich mit dem Scheinbegriffe Religio». Das ist die Sachlage, der die sächsischen Kirclfengesetze i», Landtage begegnen. Aller Voraussicht nach werden die Verhandlungen im Ausschuß ziemlich langwierige sein, da selbst Regierungsparteien in verschleierter Opposition machen. Man wird jeden falls gut tun, die Weiterentwicklung dieser Fragen mit größter Aufmerksamkeit zu verfolgen ösv. -W