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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.01.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180124012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918012401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918012401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-01
- Tag 1918-01-24
-
Monat
1918-01
-
Jahr
1918
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»1» UL. Jahrgang Morgen-Ausgabe 1918 Donnerstag, den 24. Januar Der Kultusetat im Landtag am A« 'or>6s k s u. rulvll- lkib- rsjLkr voui r i?t ollieti .'SltkiU Dio s-Ll-dk- öktou u Imt nkon^ ei no ) keotea t datt« nser u r, x lunx i8'- Vor noor e o< rilto, von : 6 er mit, «iom türk is in >äen- äakr- ro6t- ver- ^uk- rdeo uug 12/13 250 Z7<> 248 rrss- ^ror. 6en. rdinsn, IlkLbriiL io <iOr lirelkt, irctiso. rmLoo. t u s e k er ?s- , 8<» srln« xerinx. lvr i«- Mßkeit mrüctc. 5 oo - inso varon 2 im - e onci Irooro, I^pkon Ioioi§- 'iirlcer, Teip- Xuk- i's rteo ciorler liklov, 20ZOU I 2NM ro 6o urejoo j s o k urcieu !-> xo- :eicüs- >1. Akt 2VI Doip- UIÄON sprvr. vdr. ME VON >ck>r.n »tlche Ne»- '«rd»» ! un8 ikrer er«'!« mah- mtU- er>.< z»cl ün. Icnn- .lull. lchta« ! der »aren 211 >10 15 41 Der Abendbericht vid. Berlk», 23. Januar abend«. Bo« den KriegsschauplShen nicht« Reue«. Oesterreichisch-ungarifcher Heeresbericht Wie», 23. Januar. Amtlich wird gemeldet: Beidersett« der Brenta war die Arttllerietättgkeit lebhafter in den letzten Tagen. Lhef de« D«eual«abM..,cW. T,B^ - iVktn. !it» »leb voßino e» ort so > d o r 8- eo kis- s; äls stoUton i-üo6or1. lesl-dÄtt >Auplea. so ad. a t u »8 xig um ;ssuebt. weiter oü bs- wie Triest. Man könne nicht die Fröchke de« Bündnisse« einseitig gen/ehen. Der Lhristtlchsoziale Mataja betonte, auch die Christlich- sozialen stünden auf dem Boden eins« VerständtgungSfriedens, auf dem von Graf Czerntn verkündeten Standpunkte. Einen großen Raum in der Debatte nahm dkeAatstandsbewe- gung ein. Die sozialdemokratischen Redner bezeichneten di« Zugeständ nisse der Regierung al« den Beginn einer wirklichen Demokra- ttsierung Oesterreich«. Die chrlstlichsozialen Redner warfen den Sozialdemokraten vor, daß sie den in der Bevölkerung bestehenden Un willen über die ErnährungSverhültnisse zu parteipolitischen Zwecken aus nutzen. 3m Einlaufe befindet sich eine Zuschrift de« Ministerpräsidenten, in der mikgetcilt wird, dah auf Anordnung des Kaisers die Präsidenten beider Häuser des ReichSrakes und die Präsidenten der beiden Häuser des ungarischen Reichstages am Hofe unter den Geheimen Räten zu rangieren lieben- Der Delegattonsausschub für äußere Angelegenheiten tritt Donnerstag zusammen. ttT» »1«» ftr Lilpzl, V»r»r1» z» ^kAUgSpreiS. brach« »»»ntl! » ki!el>«')rUch M. «M: flr Adh»l« »»iraMch M. 1.78: «is^Lriig.» glUala» i»1 -»»« ,«bracht xrratUch M. U« »<«rt«t- . LAmtsblatt des Rates und des voUretarntes ^ldrn»-B,t,«b« M. UM, S»nnl»§t-N»«,a8« Dl. 0U0 m»»«Ntch ' tao«Ichlt«bltch 1>äftb«»,II,«»»tr). V t>1lk Hauptschristleiter: Dr. Erich Lverth, Leipzig. «V London und Petersburg u «offizielle Bezlehungea» London, 23. Januar. (Reuter.) (Unterhaus.) Sn Beantwortung einer Anzahl Anfragen über di« britischen diplomatischen Beziehungen zur Petersburger Regierung sagte Balfour: Wir haben dies« Regierung nicht äs Sin de facto oder de jure bestehende Regierung des russischen Volke« anerkannt. Aber wir lassen die notwendigen Geschäft« auf unofflzielloWels« durch einen Agenten führen, der nach den Weisungen unserer Gesandt schaft in Petersburg handelt. Die Regierung der Bolschewikt ernannte Litwinow zu ihrem Vertreter In London. Wir sind tm Begriffe, tn ähnliche unofsizielle Beziehungen zu Ihm zu treten. Wabakow, der unter der letzten russischen republikanischen Regierung Geschäftsführer war, wird wahrscheinlich in London bleiben bis er entweder bestätigt oder seines Postens von einer als Vertreterin des russischen Volkes an erkannten Regierung enthoben wird. Der gegenwärtige Zu stand ist augenscheinlich sowohl unregelmäßig al« auch vorüoergehend, und unter diesen Umständen kann nicht in die üblich« diplomatische Arbeit eingekreten werden. Es ist nach unserer Auffassung das beste, was sich tun läßt, den unmittelbaren Notwendigkeiten des Augenblicks zu be gegnen. Das Selbstbestimumugsrecht der IrlSnder Köln, 23. Januar. (Eigener Drahlberlcht.) Laut der „Köln. Zig." melden die .Time«': Die Partei der Siunfeiner stellte da« Verlangen, die Unabhängigkeit Irland« einer Volksab stimmung zu unterziehen, an der alle Irländer über 18 Jahre teil nehmen sollen. An den Mauern Dublin« wurden Plakate angebracht, in denen erklärt wird» die Slnnfeiaerpartei werd« all« Völker, die an den Frledeasverhandlungen teilaehmen, ersuche«, Irland die Unadhängtgkett zu gewähre«. Anzeigenpreis: L'LL''L Ä"."'...':' °"'K Anzeige» o. Behörde» >« «»tl. Teil dl« Xol,n,Iz«II« 80 ps, , ao,» Ai Vf.. klein, Anzeige» di» Kelonelzell» SV Pf« »»«»Sri» »ü Ps^ EelchSfttenzeigea in» t>la>»»rlchrisi«n im Dreis« «rhiht. BeNegenr Sesamtenslaß» M. 7.— da« Lenkend anelchl. Pestgedlhr. Einzeln»»«,, la <Vs. — v»»»- »»» Frstle^i » Pf. Feenfprech-AnIchl-sA^xaar.,««», nnd ««»»4. —DoNI»«»k°n«e 7W» Schrisiieil««, »ad SeschSsitslell«: Zedennizzosse Nr. 8. Verlag: Dr. Reinhold L Co^ Leipzig. Der Kongreß der Sowjets Stockholm, 23. Januar. (Eigener Drahtbericht.) dem in Petersburg staltsindenden Generalkongreh der ArbÄler- und Soldalenräte nahmen über 2000 Delegierte aus allen Teilen de« Lande« teil. Der Kongreß erklärte sich für die einzig« Volks vertretung und nahm einen Beschluß an, wonach de« Arbeiter- und Soldatenräten die gesamte öffentliche Macht übertragen wird. Lenin und Trotzki haben bereits programmatische Rede« ange kündigt. Lenin wird die Auflösung der Konstituante recht fertigen und Trotzki Bericht über die internationalen Be ziehungen Rußlands und über den Stand der Friedens verhandlungen Erklärungen abgeben. In der Spalcrnaja wurde auf Häuser der Roten Garde und auf die bewaffneten Fabrikarbeiter geschossen. Reben der Role« Gard« be herrsche« die Matrosen der baltischen Flotte und lettisch« Scharfschüheu- batatllone die Stadt. Im Hafen liege« Torpedoboot«, Kanonenboot«, Minensucher und sonsttge Krlegsfahrzeug«. Die Stimmung unter de« Massen der in Petersburg weilenden Bauern ist geteilt. Allgemein herrscht der Eindruck vor, daß die Auflösung der Konsktulaate den Ausbruch blntiger Wirre« la ganz R»tzland »»er»«»- Üch macht. Stockholm, 23. Ianaar. (Slg. DrahkLortcht.) Vrr kn Petersburg tagende Kongreß der Elfeabahaer nah« «üt 373 gegen 261 Stimmen eine Resolution a«, die die Konstituante be- «zrüßt, ihr Unterstützung verspricht und von dem Rat der Volks kommissare fordert, daß die Konstituante vngehindert auch bei einer Aendo- rung In der Zusammensetzung der Regierung ihre Tätigkeit fortsehen dürste. Kerenski, der sich in Petersburg befinden soll, Netz dem Zentralkomitee der Sozialrevolutionäre milteile«, er wünsch««« den Sitzu«ge« der Konstitnaale teitzunehmev. Die Parteiführer bei Graf Hertling O Berlin, 23. Januar. (Drahtberlchk unserer Ber liner Schrift! ei tu na.) Der Empfang der Fraktions- fübrer durch den Staatssekretär von Küylmann, der für heute nachmittag angesagt war, fiel aus, da Graf Hertling die Parteiführer um >66 Uhr zu einer Besprechung empfangen wird. General Arz über die Friedensausfichten (Drahtbertcht unseres Wiener Mitarbeiters.) Wien, 23. Januar. Der Kriegsberichterstatter d«S .Neuen Wiener Tagblattes' hatte eme Unterredung mit dem Chef d«S Generalstabes Frei Herrn von Arz, der sich gegenüber dem Berichterstatter über die jüngste Ausstonüsbewegung ähnlich äußerte, wie gegenüber dem Kriegskorre- spcuteuten der .Arbeiterzeitung', und sodann abermals den unser- rückbaren Friedenswillen der Monarchie betonte und erklärte, daß er selbst den Frieden herbeiwünsche. Freiherr von Arz wies sodann gleichfalls auf die Unmöglichkeit der Zurückziehung der Truppen der besetzten Gebiete hin. Lin der Unterredung beiwohnender Offizier fügte zur Erläuterung bei, daß der größte Teil der russischen Truppen, die in dem noch vom Gegner besetzten Zipfel von Ostgaltzien standen, ihre Schützengräben verlassen haben, und daß Räuberhorden, die aus russischen Marodeuren gebildet stnd, jetzt sengend und plündernd tic Gegend durchziehen. Der GeuevalfiabSchef verwies sodann darauf, dah man immer von der Möglichkeit eines baldigen Friedensschlusses mit Rußland spricht, dabei ab«r ganz Übersicht, daß die übrige Entente noch keinen Schritt zum Frieden getan hat. Er fuhr fort: Sie sehen, wie hefvg sich selbst Rumänien gegen den Din- tritt in Friedensverhandlungen sträubt. Italien scheint zu übersehen, daß wir tief auf seinen Gebieten stehen. ES spricht noch immer von Angliederung TliestS und Trientt. Mit keinem Worte hat die Entente bisher die Selbstverständlichkeit der Rückgabe der deutschen Kolonien betont. Aus all diesen Gründen erscheinen mir die hochgespannten Friedenshoffnungen, die sich in den letzten Wochen in der Bevölkerung verbreitet haben, verfrüht. Der Generalstreik (Don unserem Wiener Mitarbeit«^ Eigentlich war es noch kein richtiger Gen«ralstr«ik, sondern nur die dreitägige Drohung mit einem Generalstreik. Freilich war es ein ge- fährlicheS Spiel, aus dem jeden Augenblick blutiger Ernst werben konnte. Wer bürgte dafür, daß die sozialdemokratische Parteilesümg die Führung der Massen auf die Dauer in der Hand behalten würde. Es drängten sich schon bedenklich« anarchistische Elemente an die Oberfläche. Und obwohl die sozialdemokratische Parteileitung z. D. die Etsenbahnangestellten be schworen hatte, w«en der unabsehb<u:en Weiterungen nicht am Streik teilzunehmen, streikten doch am Sonnabend bereits di« Arbeiter der Heizhäuser und die Verlader, so daß di« Güterzüge in den Stationen sich bereits zu stauen begannen und in kürzester Zeit das Chaos fertig gewesen wäre, was für Wien und die anderen cn.f den Zu schab ange wiesenen Großstädte geradezu eine Katastrophe bedeutet hätte. Dies und der Umstand, daß insbesondere es auf di« Lahmlegung der Rüstungsindustrie abgesehen war, ließ den ganzen Streik als eine plan- mäßige Krtegssabotage erscheinen. Der österreichische Ministerpräsident Dr. Seidler dürfte die Nieder lage der Regierung wohl mit seinem Posten bezahlen. Man erwartet schon in allernächster Zeit den Rücktritt Dr. Seidlers, und nennt auch bereits mehrer« Namen, die für seine Nachfolge in Betracht kommen. Der Ausstand beendet Wie«, 23. Januar. (K. K. Korr.-Bureau.) Nachdem schon vorgestern und gestern ln Wien die Arbeit zum größten Teil wieder ausgenommen worden ist, wird heute in allen Bekleben ausnahms los gearbeitet, so daß dte Ausstandsbewegung unter der Wiener Arbeiterschaft beendet ist. Auch aus der Provinz vor liegende Nachrichten melden, daß überall -le Arbeiterschaft zum größten Teil zur Arbeit zurückgörehrt ist. Während der ganzen Dauer -er Ausstandsbewegung kam eS nirgends zu nennens werten Zwischenfällen. Wien, 22. Januar. (Drahtberlchk.) In der heutigen Nummer schreibt die «Arbeiterzeitung» unter dem Titel «Einig und geschloffen': «Der große Ausstand ist in den meisten Betrieben beendet. Die Arbeiterschaft der Betriebe, in denen heute noch nicht gearbeitet worden ist, hat heute beschlossen, morgen dte Arbeit wieder aofzunehmen. Ueberall haben die Arbeiter ge handelt, wle eS die BerkauenSmänner der Parket und der Ge werkschaften ihnen geraten haben. Die Einigkeit und Disziplin der Arbeltermassen hat sich in diesem Kampf selbst auch bet seiner Beendigung bewährt.» Die Detllltt i» österreichischen Afteordneten-W Nach der Erklärung des Ministerpräsidenten Men, 23. Januar. (DrahLertcht.) Abgeordnetenhaus. An die Er klärung des Ministerpräsidenten (die wir im gestrigen Moraenblatt brachten. D. Schriftltg.) knüpft« sich eine längere Debatte. Pacher, Delvert und Oberleikhner gaben namens der Deutschen Böhmens, Mäh rens und Schlesiens Erklärungen ab, in welchen sie schärfsten- die staats rechtlichen Bestrebungen der Tschechen bekämpfen. Sie fordern dte Er richtung einer selbständig«« Provinz Deutfchdöhmen mit eigenem Landtag auf der Grundlage des gleichen und direkten Wahl- rechts und für Mähren die vollständige Durchführung einer nationalen Autonomie der Deutschen MHrens unter völliger Trennung von den Tschechen. Aehnliche Protesterklärungen gaben Waldner namens der neugegründeten deutschnatianalen Vereinigung und Merkel ab, welcher insbesondere die südslawischen Bestrebungen bekämpfte. Die tschechischen und südslawischen Redner kritisierten die Friedens- verhcmdlungen in Brest-Litowsk and betonten neuerlich ihren Standpunkt hinsichtlich des Selbstbeftimmungsrechtes. Der polnische Sozialdemokeat Daiuynskl wendet sich gegen die Auffassung, als ob Dkatfchland Oesterreich rettet«. Ohne Oesterreich, die Türkei und Bulgarien hätte Deutschland sich der Feinde nicht er wehren können. Der Wiener Abgeordnete Zenker gab einer ähnlichen Meinung Ausdruck. Er verlangte, -atz die Monarchie ln Brest-Litowsk wirklich österreichische Politik mach«. Der Ruthen« Detruszewicz protestierte gegen die Angliederung der ukrainischen Gebiete an Dolen. Sozialdemokrat Adler erklärte, die Sozialdemokraten verlangen nichts anderes, als was Graf Czernin in feinen Reben ausgesprochen hab«. Sie verlan-kn nicht ein« Bruch oder da- Unmögliche, daß Deutschlund sich plötzlich unter di« Füb :«g O,st: reich< begeb«. Wenn «ran M Berkin fagch Für uns ist Triest u>te Straßburg, bann dürfe man sich uSchüaW^re-«, men« GrafE^rnt» kHke: Mir ist Stratzdurg Rückkehr Hindenburgs ins Hanptgnartter vtb. Berlin, 23. Iamrar. (Amtlich.) Generalfeldmarschall von Hindenbura und Erster Generalquartkermeifler General Lvdendorfs sind am 23. Januar abends in das Große Hauptquartier zurückgekehrt. Berufsstände und Herrenhaus - V Bon . - Otto Keinath, M. d. R. Die preußische Berfassungsreform hat Len alten Streit über die Zweckmäßigkeit von berussständischen Wahlen oder all gemeinen Wahlen wieder aufleben lassen. Mir ist es außer Zweifel, daß Träger des Boikswillenä im Reichstag und Ab geordnetenhaus nur aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Vertreter sein können. Reichstag und Abgeordnetenhaus müssen, wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen, die großen Veränderungen des politischen Willens des ganzen Volkes zum Ausdruck bringen und in ihrer Zusammensetzung ein Spiegelbild der Schwankungen ln der staatsrechtlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Grund auffassung des Volkes geben. Die auf andere Weise nicht meß baren Imponderabilien des öffentlichen Lebens müssen bei all gemeinen Wahlen die Gelegenheit finden, in Erscheinung zu treten und den leitenden Staatsmännern die Fingerzeige für ihr Handeln geben, wenn immer der Staatskörper gesund und frei von ge fährlichen Blutstockungen bleiben soll. Diese Notwendigkeit bleibt trotz der leidigen Tatsache be- kehen, datz bei allgemeinen Wahlen viel zu wenig praktisch« Kauf- eute, Industrielle und Kleingewerbetreibende in die BolkSvertrs- ungen kommen. Hindernisse persönlicher Art, Zeitmangel, per- önliche Gegnerschaft, die aus dem Berufe erwächst, und anderes mehr stehen dem leider im Wege. Nur mühsam und ln seltenen Fällen kann die Abneigung der im freien Erwerbsleben stehenden Männer gegen Wahlkämpfe und gegen die zeitraubende Tätigkeit ln Reichstag und Abgeordnetenhaus überwunden werden. ES ist zwar anzunehmen, dah das gewaltig erstarkte freie Berkxmdü- wesen ln Handel und Industrie darin in etwa» Wandel bringt, da Las BerbandSwesen führende Männer schafft, di« sich daran gewöhnen, im öffentlichen Leben neben den eigenen auch StandeS- intereisen mit Einsetzen ihrer Person zu vertreten. Aber in dem an flry wünschenswerten Mähe wird die Zahl solcher Männer ln den Volksvertretungen nicht vermehrt werden können. Bei dem Zweltammersystem aber ergibt sich «in natürlich« Ausgleich durch die Möglichkeit -er Schaffung eines vorwiegend auf oerofSstSndlscher Grundlage aufgebauken Hauses. Die schwer wiegenden Interessen der großen Berufsstände in AandHIndostri* und Landwtrffchaft, von deren pfleglicher Wahrung die Wohlfahrt des ganzen Volkes abhängt, brauchen eine von -en allgemeinen politischen Schwankungen nur mittelbar abhängige staatsrechtlich« Sicherstellung. Sie sollten mehr als bisher herauSaehoben bleiben aus dem -Tagesstreit der volitischen Parteien. Die praktischen Bedürfnisse des Erwerbslebens sollen möglichst wenig Dersucht- gegenskand politischer Theorien fein. Wenn also die Kammer, deren Aufgabe ohnehin «tn« auS- gleirhende mäßigende Beeinflussung des öffentlichen LedenS sein soll, einen wesentlichen Einschlag berufsständtscher Vertretung er hält, so ist dies eine einfache und natürliche Lösung. Daneben erhält dadurch diese Kammer in dem starken Unterbau der großen Berufsstände eine wirkungsvolle Verstärkung, ohne der Gefahr der Erstarrung zu unterliegen und auch ohne -er aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Kammer da- Vorrecht der politischen Initiative zu nehmen. Don diesem Gesichtspunkt aus itt der Entwurf über die Re form des preußischen Herrenhauses ourchauS zu begrüßen. DaS Zweikammersystem bisheriger Art hatte sich überlebt. ES war tn der bestehenden Form angebracht als ein Uebergang aus der feudalständischen und absolustischen Epoche in das Zeitalter der ver fassungsmäßigen Mitwirkung des Volkes in der Leitung deS Staates. Aber diese Uebergangszeit ist vorüber, sie war schon längst vorüber, und eS ist längst Zeit geworden zu einem Umbau des Zweikammersystems nach den oben beschriebenen Linien. DaS preußische Herrenhaus mutz, wenn eS ein lebendiges Organ deS Staates wieder werden soll, in den Blutlaus des wirtschaftlichen Lebens elngefügt werden. Mit kühner Entschlossenheit hat der Entwurf der preußischen Staatsregierung diesen Gedanken ausgenommen, freilich, nicht ohne der Vergangenheit allerlei Zugeständnisse zu machen. ES mag sein, daß eine völlige Beseitigung alter Vorrechte deS Hoch adels und auch alter Kronrechte der Berufung aus taktischen und aus praktischen Gründen untunlich war. Jedenfalls muß an erkannt werden, dah der Entwurf einen großen Schritt nach vor wärts bedeutet, und dah er zum Teil erheblich htnauSgeht über dte jüngsten Derfassungsrevisionen in anderen Bundesstaaten, z. B. ln Württemberg, wo die berufsständische Vertretung tn -er Ersten Kammer eine sehr kümmerliche geblieben ist. Ganz besondere Hervorhebung verdient der neue Gedanke: die berufsständlsche Vertretung nicht nur auf der gesetzlichen Vertretung von Handel, Industrie und Landwirtschaft aufzubauen, andern auf den frelen zentralen Organisationen dieser Berufs- kände. Damit finden meines Wissens erstmalig In einem großen SeletzaedungSwerk die freien Organisationen, di« sich auf dem achlichen Zusammenschluh aufbauen, eine offizielle staatlich« An erkennung. Mit Recht, denn der inoffizielle Einfluh dieser Organt- sattonen ist tm Eilschritt gewachsen von Jahr zu Jahr. Die letzten 3 bis 4 Jahrzehnte stnd erfüllt von einer von den amtlichen Stellen sonst nicht genügend beachteten unermüdlichen Organisation-tätig» kett der Berufsstände, deren Zweck es ist, durch Zusammenschluh -er Fachgenossen Schuh gegen Schädigung und Stärkung der eigenen wirtschaftlichen Kraft zu erringen. Nirgends ist eine so eingehende zuverlässige FochkenntniS zu finden wie ln -en Fach - verbänden von Handel, Industrie und Handwerk. In den Fochverbänden pulsiert ein kraftvolle- Leben. Ihre Leiter stehe« in tagtäglichem Verkehr mit den gleichartigen Indostriewerken und Handelsbetrieben und sind darum die besten Kenner -er wech selnden Bedürfnisse unserer Volkswirtschaft in ihrem Arbeits gebiet. Diese Fachorganisationen sind zusammenoeschlossen in zen tralen Verbänden, wie dem Bund -er Industriellen, dem Zentrat- verbanü der Deutschen Industrie und dem Zentralverband des deutschen Großhandels.
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