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WHnitz-IkitiW Jnfrrath «Ah« d«i »« bedeutenden Auflage d^ Blattes eine sehr «n» same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzeil« 20Psg. „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern IV Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie dir Agenten nehmen Be- , , Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Ktadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Lokales «nd Sächstsches. Dippoldiswalde, 9. Juni. Eins der wichtigsten, ja unentbehrlichsten Bedürfnisse für Brauer, Fleischer, Gastwirthe, Konditoren und für den medizinischen Ge brauch ist unbedingt — das Roheis. Waren früher Eiskeller und Eishäuser bei uns nur sehr selten an zutreffen — so daß z. B. Eis für Kranke mit der Post aus Dresden geholt werden mußte, insoweit es nicht durch die Gefälligkeit des Herrn von Schönberg auf Reichstädt gratis verabreicht wurde —» so giebt es derartige Anlagen bei uns derzeit wohl mehrere, aber sie reichen wegen geringer Größe und theilweise un genügender Einrichtung für größeren Bedarf nicht aus, so daß oft schon Ende Juli der Eisvorrath völlig auf gebraucht ist. Die wenigen Besitzer, die dann noch Lorrath haben, sind nicht in der Lage, davon abzu geben, und so tritt, zunächst für die obengenannten Personen, damit aber für vie gesammte Bevölkerung ein Mangel ein, den zu beseitigen man schon längere Zeit bedacht gewesen ist, dem man aber erst jetzt mit greifbaren Maßnahmen energisch zu Leibe gehen will. Wie uns freundlichst mitgetheilt wird, haben sich die Herren Restaurateur Starke und GasthosSbesitzer Stephan der Sache angenommen, die Erwerbung eines geeig neten Grundstücks eingeleitet und bereits 10 Theil- nehmer zum Baue eines Kellers, der 10,000 Centuer Eis fassen soll, gewonnen, während 13 Interessenten noch nicht fest entschlossen sind. Heute, Montag Abend, soll, wie wir hören, nunmehr über die Ausführung des Projektes endgiltig beschlossen werden, unv würde es darum im allgemeinen Interesse sehr wünschens- werth sein, wenn sich recht viele, ja alle, die Roheis in größerer Menge bedürfen, an der betreffenden Be- rathung und Beschlußfassung betheiligten. Dazu an zuregen, ist der Zweck dieser Mittheilung. — Ueber die vom Gcwerbeverein geplante Exkursion können wir vorläufig nur berichten, daß ein Gesuch an die königl. Generaldirektion der Staatsbahnen um Stellung eines sogenannten Theaterextrazugs, ohne welchen die Ausführung kaum, oder wenigstens nicht in der gewünschten Weise möglich wäre, abgegangen ist. Sofort nach Eingang der hoffentlich zusagenden Ant wort werden weitere Mittheilungen erfolgen. — Gestern Sonntag feierte unser Turnverein sein diesjähriges Anturnen. Grau wie die Jacken der Turner zeigte sich der Himmel, als eine Abtheilung des Vereins vor der Wohnung eines treuen, sich um den Turnverein sehr verdient gemachten Mitgliedes aufstellte, um demselben einen gesanglichen Morgen gruß darzubringen, nachdem vorher die Stadtkapelle einige Musikstücke vorgetragen hatte. Diese Kund gebung der Anerkennung für dem Verein bewiesene Treue und Liebe galt Herrn Stadtrath Reichel, zur Feier der 25 jährigen Mitgliedschaft. Als wolle der Himmel selbst das Seinige zu dieser Feier beitragen, klärte sich derselbe im Lause des Vormittags auf, so daß es möglich wurde, den regelmäßigen Auszug nach dem Turnplätze um 3 Uhr Nachmittags auszuführen. Auf dem Turnplatz angelangt, wurden zunächst Frei übungen geturnt, dem sich ein flottes Gerätheturnen ansügte. Zum Schluß wurden mehrere Turnspiele ausgeführt, welche die Schaulustigkeit der sich trotz der empfindlichen Kühle zahlreich eingefundenen Zu schauer wohl befriedigten. Wie der Auszug, so konnte auch der Einzug ohne jede Regenstörung stattfinden. Am Abend fanden sich die Turner nebst den einge ladenen Turnschwestern in dem prachtvoll mit frischem Grün und turnerischen Sinnbildern geschmückten Saale der Reichskrone ein, um sich nach gethaner Arbeit den Freuden des Tanzes hinzugeben. Während desselben gruppirten sich alle Anwesenven um die Mitglieder des Turnrathes und überreichte im Auftrage desselben Herr Lehrer Eidncr unter herzlichen Worten dem Jubilar, Herrn Stadtrath Reichel, das Diplom der Ehrenmit gliedschaft als Anerkennung für seine dem Vereine jahrelang als Kassirer und Vorsitzender gewidmeten treuen Dienste. Am Schluffe der die Verdienste des Gefeierten in trefflicher Weise kennzeichnenden Worte ermahnte der Redner die Mitglieder, sich das Wirken des Jubilars zum Vorbild zu nehmen und gleich ihm der edlen Turnsache Treue zu wahren. Sichtlich über rascht dankte der Jubilar, indem er erwähnte, daß er es sich stets zur Ehre gerechnet, einem Vereine an zugehören, der aus Vertretern aller Gesellschafts- und Berufsklaffen gebildet werde und versprach auch ferner hin treu zum Vereine stehen und dessen Blühen und Gedeihen fördern helfen zu wollen. — 9. Juni. Am Sonnabend Nachmittag besuchten 36 Schüler der Postvorbereitungsanstalt Altenberg in Begleitung von 3 Lehrern und einigen Altenberger Herren unsere Stadt. >/»2 Uhr waren dieselben von Altenberg zu Fuß nach Kipsdorf aufgebrochen, hatten von da die Bahn benutzt und kehrten nach der nöthigen Rast und Erquickung im Rathskeller mit dem Abend zuge nach Altenberg zurück. Leider wurde der Aus flug, namentlich die Heimkehr, durch die Ungunst des Wetters sehr beeinträchtigt; es regnete gewaltig, als die „Stephansjünger" von Kipsdorf nach Altenberg zurück wanderten. Was aber dem Einen zum Schaden, das gereicht dem Anderen zum Vortheil und zur Befrie digung. Unseren Fluren und allen Landwirthen war der ersehnte Regen höchst erwünscht und segensreich, und die infolge desselben eingetretene wesentliche Ab kühlung der Temperatur gereicht Niemand zum Schaden. — Wir wollen jetzt schon darauf aufmerksam machen, daß nächsten Freitag im Auftrage der Herren O. L. Kummer u. Co., Inhaber von Werkstätten für Elektrotechnik rc. Niedersedlitz, Herr Ingenieur Baum- gardt hierher kommen und einen Vortrag über die eventuelle Einrichtung elektrischer Beleuchtung in Dip poldiswalde halten wird. Selbstverständlich handelt es sich zunächst um die nöthige Aufklärung über den Werth, die Anlage und die Kosten der elektrischen Be leuchtung, und ist es also wünschenSwerth, daß der Vortrag, der im Kreise des Gewerbeoereins, jedoch mit unbeschränkter Zulassung von Gästen, in der großen Saalstube des Rathhauses gehalten werden soll, recht zahlreich besucht werde. „Auf einen Hieb fällt kein Baum"; so wird eS auch manches belehrenden Wortes, mancher Beseitigung von Jrrthümern und Zweifeln bedürfen, ehe das Projekt Gestalt gewinnen wird, aber ein Anfang muß eben gemacht werden. Wir ver weisen jetzt schon auf die in der Mittwochsnummer erscheinende Bekanntmachung, bez. Einladung. — Die für den größten Theil der Süßwasser fische am 10. April begonnene Schonzeit endet am 9. Juni und machen wir deshalb bei Beginn der Fischerei darauf aufmerksam, daß, wer die Fischerei ausüben will, ohne an der Stelle, wo er dies thut, entweder als Fischereiberechtigter oder als Pachter oder als angestellter Fischer zu Ausübung der Fischerei be fugt zu sein, mit einer von dem Fischereiberechtigten oder Pachter ausgestellten Fischkarte versehen sein muß und dieselbe bei Ausübung der Fischerei stets mit sich zu führen hat. Diese Fischkarte hat auf die Person, auf die Dauer höchstens eines Jahres und auf ein bestimmt zu bezeichnendes Fischwasser zu lauten und muß ortspolizeilich beglaubigt sein. — Nach einer Mittheilung des Direktoriums der Landwirthschvstltchen Feuerversicherungs-Genossenschaft im Königreich Sachsen hat das Geschäft in den meisten Agenturen in Folge der zahlreichen und schweren Ge witter einen noch nie dagewesenen Aufschwung ge nommen. Die Gewitter schärfen den Leuten die Noth- wendigkeit des Versicherns in der überzeugendsten Weise ein. Schwer ist hiergegen der Landwirth zur Ver sicherung der Feldfrüchte gegen Hagelschlag zu be wegen, und doch wäre auch diese Versicherungsnahme sehr nützlich. — Die Einführung billiger Zonentarife, die s Nr. 67. Dir Deichs-lilchkn md die Keich-MM. Es sind ohne Zweifel zwei ungünstige Momente in den Finanzen des Reiches vorhanden, welche im hohen Grade bei der künftigen Budgetentwickelung be achtet werden müssen, und da die Budgetberathung die Hauptaufgabe des Reichstages ist, so ist es auch nolh- wendig, über diese Momente in den Neichsfinanzen die Volkskreise aufzuklären und soweit, als es nach der Sachlage möglich ist, zu beruhigen. Dieselben bestehen darin, daß die Reichsschulden in den letzten 4 Jahren gegen das frühere Jahrzehnt verhältnißmäßig rasch gewachsen sind, denn während in der Zeit von 1876 bis 1886 nur 440 Millionen Reichsanleihen zu den Reichsschulden hinzugekommen sind, waren es in der Zeit von 1886 bis 1890 über 800 Millionen Mark. Dabei ist das finanzielle Bedürfniß in den Reichs ausgaben aber keineswegs befriedigt, sondern es wird voraussichtlich bis zum Herbste des nächsten Jahres noch eine Anleihe von 236 Millionen dem Etatgesetze entsprechend ausgenommen werden. Fatal war es nun überdies noch, daß die jüngste Neichsanleihe nicht ein mal voll gezeichnet worden ist. Tatsächlich läßt der Umstand aber nicht auf einen Rückgang der deutschen Finanzkraft, sondern nur auf eine falsche Beurtheilung des Geldmarktes seitens der Finanzmänner, welche die Anleihebeoingungen sestsetzten, schließen, oder kürzer gesagt, die deutschen wie die auswärtigen Kapitalisten fanden die Bedingungen für die Zeichnung der deut schen Reichsanleihe recht ungünstig, denn es wurden den Zeichnern nicht einmal ganz 3'/, Prozent Zinsen für ihr Kapital geboten, denn der Kours der Anleihe war 101V» bei 3'/, prozentiger Verzinsung. Da kann man es doch wahrhaftig vielen Kapitalisten nicht ver denken, wenn sie die Anleihebedingungen sehr ungünstig finden, denn nachgerade ist der Zinsfuß in Deutsch land für einheimische Staatsanleihen doch derartig ge sunken, daß man daran nicht viel mehr abzwacken kann. Die Ansicht, daß es Kapitalisten seien, welche sich mit geringem Zinsfüße begnügen können, ist doch eine recht einseitige und entspricht einer richtigen Beurthei lung der wirthschaftlichen Verhältnisse nur halb. Ge wiß ist es ein Zeichen des Wohlstandes eines Volkes, wenn Geld zu niedrigem Zinsfüße an sichere Anleihe nehmer gegeben wird, aber die Billigkeit des Zins fußes hat auch seine volkswirthschaftlichen Grenzen, denn allzusehr sinkender Zinsfuß bringt mittlere und kleinere Kapitalisten in eine gedrückte Lage oder ver anlaßt sie gar "zu wagehalsigen Spekulationen, wovon doch der allgemeine Volkswohlstand nichts gewinnen kann. Dazu kommt die Thatsache, daß sich ein großer Theil des deutschen Kapitals, gedrängt durch ungün stige Verhältnisse auf dem einheimischen Geldmärkte, schon seit Jahren bessere Verzinsung auf dem aus wärtigen Markte sucht, also von einer schwindenden Finanzkraft in Deutschland im Ernste keine Rede sein kann, denn jedes größere Bankinstitut wird bestätigen, daß Milliarden deutschen Geldes in auswärtigen Staats- und Eisenbahnpapieren angelegt ist. Wir er blicken natürlich bis zu einem gewissen Grade darin gar keinen Fehler, denn es ist wirthschaftlich nutz bringend, wenn ein höher entwickeltes Volk einem weniger entwickelten Geld leiht. Die internationalen Handelsbeziehungen Deutschlands werden dadurch er weitert und befestigt, aber im Interesse der Macht stellung und des Ansehens des deutschen Reiches ist auch dringend wünschenSwerth, daß für die deutschen Kapitalisten solche Bedingungen bei den Reichsanleihen gegeben werden, daß die deutsche Finanzkraft voll zur Geltung kommen kann. Dadurch wird dann auch deutlich bewiesen, daß die Reichsschulden noch keines wegs eine bedrohliche Höhe erreicht haben, denn unter allen Großmächten hat Deutschland immer noch die bei Weitem wenigsten Schulden. Dienstag, dm 10. Juni 1890. 56. Jahrgang.