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Beiblatt zum^-cmiiItzrrGciitral^A»zeIacr« und zum .SächstsAc» Lauddoten". ^ 139». MM Den Kopf empor! ML Den Kopf empor, das Her; gestählt I Noch ist Dein Leben nicht verfehlt, verscheuche nur die Lehnsuchtsträume, verlaß die alten Moder-Räume, Ermanne Dich und schüttle ab .Den Staub von Deines Glückes Grab! Rings lockt die Ferne übermächtig Nach Ländern, fremd und märchenprächtig I Fern von verPvgner Tags Spur, In daseinsfrcWrMrnatur Rannst Du aus Kleinmuth Dich erheben Zu neuem Kampf und neuem Streben. Die Welt ist groß, die Welt ist weit . . . versuch es und entflieh dem Leid! Aus Malchen's Tagebuche. - Daß das ze Ende gehende üu äs sisols unseres berihmten neinzehnten Jahrhunderts manche merkwärd'ge Blase getrieben hat und noch treibt, das sieht ä Diogenes ohne Later»« und Pietsch ohne Brille. Aeune solche, wenn ooch kleene Blase, die s'ch unser Jahrhundert geloofen hat, und die'ch hiermit onssteche, iS das Tagebuch, das de unser Dienstmädchen, was de Molchen is, schnn seit Jahren fihrt. Ich bin iberzeigt, daß es ämal fir die zu- kimft'ge Nachwelt änne wahre Fundgrube auf dem Gebiete der Dienstmädchenliteratur werden wird. Sie fragen, wie'ch d'rzu gekommen bin? — Das is sehr eenfach. Neilich gegen Ahmds sahk'ch zufällig, wie unsre Male in ihrem Kichendepertemang saß und in än Buche schrieb. Indem nu, daß de meine Pauliue plötzlich kam und de Male nach Neistadt ze Klimpchen's schickte, hatte se in d'r Eile vergessen, das Buch wieder einzeschlicßen. Weil'ch nu wußte, daß de Male unter zwei Stunden ni gut wieder da s.iu konnte, trieb mich de Neigierde, än Blick in das Buch ze thun. Auf d'r ärschten Seite stand mit großen Buchstaben: »Memorjen- tagebuch aus meinem Leben von Amalie Nickel," und drinne fand'ch uu äune Aufzeich nung von Erlebnissen, Beurtheelungen ver- floss'ner Herrschaften, kichcnphilesoph'sche Be trachtungen, eegeuhändig verfaßte Liebesgedichte u. A. m. Ich nahm sofort d'n Bleistift zur Hand und schrieb m'r Einige- ab, was ich Ihnen, hochgeehrter Herr Redachtheer, mitze- theilen mir die Freiheit ze nehme» »ich unter lassen ze känuen glaube. Also passen Se gitigst auf. „Den 15. Mai 1894. Heite kriegte ich von meinem Schatz än Brief, auf den ich 20 Pfennige Strafporto bezahlen mußte, lieber eine solche Unbildung Schorschen's muß ich mich im Allgemeine» wie im Besonderen bitter beklage», denn .Bildung macht frei!" also auch Briese. Schorsch, Du sitzt nu um 20 Pfennge lockerer in meinem Herzen.« „Den 27. Mai 1894. Das Leben bei meiner gegenwärt'gen Herrschaft ist ei» sehr musekahl'sches. Sie spielt die erste Vieholine und brummt zegleich d'n Baß, Er ist dester- wegen viel auswärts, wodurch mancher Groschen flöten geht, dem Frailein, die de verlobt« Brant is, hängt der Himmel ewig voller Geigen, wozu sie täglich hundertmal da- .Gebet der Jungfrau" spielt, und ich pfeife auf Alles, was hier vorgeht. — Wie meine Weenigkeit das Mädchen fir Alle- ist, so ist die männliche Hälfte der Knackedusel'schen Eh« das Karnickel fir Alles. — Schorsch, Dein gestriges Sonntagsbenehme» hat auf mein empfindliches Mndchenherz einen sonderbaren Eindruck gemacht. Willst Du etwa» mit mir brechen? Den Spaß kannst De Dir gönnen, ich finde zehn Andere fir Dich." „Ten 3. April 1896. Am Dienstage war'sch ein Jahr, daß ich bei Schnippchen- angezogeu bin. Beide, Er und Sie, haben eine gewisse nalirliche Anlage zu einer an- ständ'gen Herrschaft. Arbeit mäßig. Esse« und Trinken ausgezeichnet, Schlasen bis geae«