Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110324027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911032402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911032402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-24
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug». Preis ur —d «or-rl» d«ch IräEund Svedtieure 2««l ttoktch m. kxm» -«bracht: VS nouaü., »,7V »«vijährt «1 unt«r» stUmt«» «. »a. „LlMesttL« ab,«h»lu 7» «O«atl., »L» ».««ljtdrl. Durch bt« Da»: 'NEhuld Druijchlanvr und der d«utlchett »»Ionien vierrrlllhrl. rt.<» monatl. I^kV audichl. Poftbeftellgeld. Arrner m tvelgien, Dänemark, d«n Donauilaaten. .Italien. Luremdura, Äitederlande, Nor wegen. Oesterreich-Ungarn, »iuhland, -qweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrige« Staaten nur direkt durch di« iÄe,chLtt»il«ü« de« Blatte« rrhäuuch. La« Leipziger Tageblatt erlcheiu« Lnral ttglich. Sonn- u. Feiertag« nur morgen«. Ldonne->ent.«nnLbme: Uugukusplatz 8, bei unteren Trtgern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, iowie Postämtern und BrreslrLgera. »iudolverkauldpret« der Morgen. «Zgab« 1v der «benduutgab« S Abend-Ausgabe. apMcrTaMM Handelszeitung. Amtsblatt -es Rates und des Volizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeige«-Preis chr Acherare an« Leipzig und llmgedun, d4» 6ge,palten« LV au» breit« Betitzeil: 2d di« 74 ">"> br«u« Reklame,eil« l ^4 «»«»ärt« 60 «eklanrea 1.20 IiFerat» nun vehdrden n» amtliche« Teil di« 74 ouu breit« Petitzeile Ui ch, »eschästranzeigen mit Platzoorschristrn und m der « cii0au«gab« im Preise erhöht. Rabatt nach Tarii. öeilogegedüür b p. Tausend «rv. Postgebühr. ,^«stert«tlm »nttrila« kdnnen mcht »urllck- gezogen «erde«. Für da« ltrschein«, an tiestimmtrn Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. «»zeigen- Annahme: Angustutzplatz kl, hei sämtlich«» Filial« u. allen «nnoncen- Stztz«dttioa«n d«4 In» und Aullande«. «edaktt», und «eschäftsstelle: IohannlSgasse 8. Fernsprecher: I4öÄL I46S6, 14684 Haupt-Siltale Dreldea: Seestr-d- 4,1 (Telephon 4621,. Nr. 83. Milng, Sen 24. MSrr >Sl l. los. Jahrgang. Oss englilche Unterhaus unü ü»e Ssgüsüdshn. Am Mittwoch hatten sich im englischen Oberhaus Viscount Morley und Lord Curzon mit dem neuen Vertrag über die Bagdadbahn beschäftigt. Im Untere Haus antwortete ihnen am Donnerstag Sir Edward Grey. Er wies aus die Interessen Englands am Persischen Golf hm und fügte hinzu: England werde alles tun, nm wenigstens an einem Teil der Bagdad - bahn aktiver Teilnehmer zu werden. Ferner sprach er von der Möglichkeit einer Bedrohung Indiens durch eine andere Macht, die sich im Persischen Golf festsetze. Kurz, zu jedem Abkommen mit der Bagdad- bahngesellschaft muh dieser Punkt sichergestcllt wer' den. Folgender Bericht liegt vor: London, 23. März. (Tel.) Sir Edward Grey er klärte: Ich wünsche keine lange Rede über die Frage der Bagdadbahn zu hallen. Es liegt stets eine gewisse.Gefahr darin, wenn man eine Rede hält. Man kann nämlich etwas sagen, was anderswo in seinem Zusammenhang nicht in vollem Umfange berichtet wird, und so etwas tun, was die Atmosphäre ungünstig gestaltet. Ich wünsche die Atmosphäre in diesem Augenblick zu einer, wie ich sie nennen möchte, heileren zu gestalten, denn die türkische Regierung hat gewisse Vorschläge gemacht, die sie als vertraulich betrachtet sehen möchte und die in diesem Stadium als vertrauliche angesehen werden müssen, weil es für die beiden Negierungen unmög lich ist. Verhandlungen zu führen, wenn schon vom ersten Augenblick an das, was zwischen ihnen oorgcht, veröffentlicht wird. Ich wünsche über das, was jetzt nr Konstantinopel unterzeichne, worden ist, nichts zu sagen als dies. Obschon die Vereinbarung der Türkei nicht eine gänzlich freie Hand gibt, frei von allen Bedingung der alten Konzession bezüglich der Sektion von England nach dem Golf, so eröffnet sie doch die Frage einer Fortsetzung der Linie von Bagdad nach dem Golf weiteren Verhandlungen und ein Berhand lungsgcbiet, das nicht offen war. solange die Türkei durch die Bestimmung der ursprünglichen Konzession gebunden blieb. Es ist zu früh, zu sagen, wel ches die Folgen der Verhandlungen sein mögen. Ich wünsche ehrlich ein Abkommen zn sehen. Denn, wenn ein Abkommen erreicht wird, das die Türkei, uns und Deutschland befriedigt, so würde es auf alle Fälle eine mögliche Ursache politischer Reibung ent kernen. Mr haben politische und strategische In teressen am Persischen Golf. Lord Lans- downc legte in seiner im Jahre 1903 gehaltenen Rede, die gestern von Morley erwähnt wurde, eine grohe Wichtigkeit daraus, dah eine mögliche Gefahr daraus entstehen könne, wenn sich eine befestig,«: Stel lung am Golf in den Händen irgend einer anderen Macht befinden sollte und als eine Flankcnstellung ^u unserer Stellung in Indien benutzt weisen könnte. In jedem Abkommen mit der Bagdädbahngesellschaft muh dies ausreichend sichergestellt werden. Ich glaube nicht, dah dies irgendwelche Schwierig keit machen wird. Ich glaube, es kann eine Ver einbarung erreicht werden auf der Grundlage, dah oie Bagdadbahn ein rein kommerzielles Unternehmen sein muh. Es ist unsere Absicht, bei jeder Gelegen- heit die notwendige Erfüllung der durch die Artikel des Lastenheftes gegebenen Garantien zu fordern, nämlich eine absolut gerechte Behandlung des briti schen Handels. Das wird uns nicht hindern, alles Das Grüne Kuta. Roman von August Weiht. 2j (Nachdruck -'-rSot-'N.) Als er endlich in den Seitengang gelangte, sah er die beiden Masken bereits in Uebcrklcidern an der Ausgangstür stehen. Der Portier ritz gerade die Flügel auf. Doktor Specht lief durch den Gang und stürzte ohne Hut, ohne Rock auf die Gasse. Sic war leer. Um die Ecke bog in rasendem Tempo ein grünes Automobil. „Wo sind die Masken hin?" „Fortgefahren mit dem Automobil", antwortete der Portier. „Die Nummer?" „Ich weih nicht." „Wie haben sie es gerufen ?" „Grünes Auto " Der Kommissar stampfte wütend mit dem Fuhe auf. ..Haben die Masken etwas gesprochen?" „sie habens sehr eilig g'habt und waren schreck lich aufg'regt. G'red't haben s' wohl, aber Französisch." Eine Sekunde überlegte Doktor Specht. „Wo ist das Telephon?" „Bitte, oben in der Kanzlei." Der Kommissar eilte zur Stiege. Auf dem ersten Platz karambolierte er mit dem Agenten Huber. „Gott sei Dank, dah ich Sie treff', Herr Doktor. Ich such Sie schon überall wie a Stecknadel. Vor lohn Minuten ist um Sie telephoniert worden. Sie sollen sofort nach Hernals in die Erillhoferstrahe Nr. 46. Es soll a Mord sein." „Ein Mord? Zn der Grillhoferftrahe? Auf Nr. 46?" schrie der Kommissär. „Ja, Herr Doktor. Der Herr Polizeirat hat selbst hertelephoniert." Der Kommissar wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Schnell einen Wagen!" In der nächsten Minute sah er in einem Fiaker. Auf dem Gürtel hielt der Wagen so plötzlich, dah der Kommissar vornüberfiel. Ein Automobil batte knapp vor ihm die Strohe gekreuzt und sauste der Stadt zu. zu tun, um aktive Teilnehmer wenigstens an einem Teil der Bagdadbahn zu werden. Wir werden dann in der Lage sein, nicht lediglich passiv beiseite zu stehen, bis irgendeine Verletzung dieser Artikel statt findet, sondern wir werden in der Lage sein, Vor sorge zu treffen, dah keine Verletzung er folgt. Gin „Strstlruch" in üen Grziehungs- rmltslten? Nun hat der Mieltschiner Prozeh — unseligen An gedenkens! — den Erziehungsanstalten doch etwas )!eues gebracht: eine „Strafordnung" ist fest zusetzen und ein „Strafbuch" anzulegen, in das die vollzogenen körperlichen Züchtigungen einzutragen sind. Wenn auch laut der ministeriellen Verfügung ein für alle Fälle anwendbares Schema ebenso un pädagogisch wie unmöglich ist, so sollen doch durch' diese Mahnahmen „weniger erfahrenen und weniger pädagogisch durchgebildeten Erziehern" einige An haltspunkte geboten und, soweit die schwersten Strafen, wie Arrest und körperliche Züchtigung in Betracht kommen, Schranken gezogen werden, über die in dem Gebrauch dieser Zuchtmittel nicht hinaus zugehen ist. — Unseres Erachtens soll man sich von dem „Strafbuche" nicht zuviel versprechen: gar zu leicht kann dieses Gleichgültigkeit, wenn nicht noch Schlimmeres — Heuchelei und Unwahrhaftiqkeit — züchten. Statt des Schlusses: Zn den Erziehungs anstalten muh ein „Strafbuch" geführt werden, weil dort manche (viele?) unerfahrene, unpädagogische Er- zieher wirken, hätte man lieber folgern sollen: Da die Arbeit in den Anstalten wegen der schwer zu unterrichtenden und noch schwerer zu erziehenden Zöglinge sehr Hobe Anforderungen an den Erzieher stellt, so dürfen Leitung, Erziehung und Unterricht nur in die Hände tüchtiger, erfahrener, ethisch-psycho logisch geschulter Pädagogen gelegt werden. Durch eine derartige Reformation der Erziehungsanstalten würden mit ungleich oröherer Wahrscheinlichkeit solch traurige Vorkommnisse wie in der „Blohmeschen Wildnis" und in Mieltschin verhindert, unmöglich gemacht, als durch Einführung einer „Strafordnung" und eines „Strasbuchcs". palirilche Nachrichten. Der Termin der Reichstagswahlen? Wie die „Dlsch. Tgsztg." hört, ist für die allge meinen Reichstagswahlen ein Termin im letzten Drittel des Monats Januar 1912 in Aus sicht genommen. Offenbar schließt das das agrarische Organ aus den bekannten Dispositionen des Se- niorenkonnents. Wir drückten bereits im Leitartikel der Heutigen Morgcnnummcr starke Zweifel an der - Haltbarkeit dieser Dispositionen aus und finden un sere Zweifel jetzt gerechtfertigt durch eine Berliner Drahtnachricht der „Frkft. Ztg.". Darin heiht es: „Zu der Meldung über den Seniorenkonvent des Reichstages ist berichtigend hinzuzufügen, dah der Präsident dem Seniorenkonvent zwar den Plan einer Herbstsession auf Vorschlag der Regie rung unterbreitete, dah der Vorschlag aber i m Konvent selb st nurmit Heiterkeit auf genommen wurde. An die Möglichkeit einer Herbsts.'ssion glauben die Mitglieder des Senioren konvents vor der Hand nickst" Damit ist aber zu gleich das beste Werturteil über die obige Meldung der „Dtich. Toszig." abgegeben. Im Laternenschein sah man es noch in das Häuser meer tauchen. Es war — ein grünes Auto . . . Zweites Kapitel. Vor dem Hause Grillhoferstrahe 46 standen trotz der späten Stunde Gruppen von Menschen. Beson ders Neugierige hatten das Gesims erstiegen, um durch die Fenster des Parterre recht genau in das Haus blicken zu können. Die Leute plauschten und wispelten und erzählten sich die Schauderdinge der letzten Jahre. Es wurde lebhaft gestritten. Der Anlah dämpfte nur die Stim men. Drinnen im Haus lag ja ein Toter . . . Und wenn ihn auch niemand kannte, wenn auch niemand etwas Näheres über den Tod wuhte, so war es doch eine geheimnisvolle, schauerliche Sache. Ein Polizist stand vor dem Haustor Wache, die allzu Zudringlichen, allzu Neugierigen fernzuhalten. Er besorgte das sehr einfach, indem er das Haustor schloß, was eine gewisse Mißstimmung unter den An gesammelten hervorrief. Von dem Wachtmann erfuhr Doktor Specht zu nächst, was vorgefallen war. Vor einer Stunde war im Hochparterre ein Be wohner des Hauses mit durchschossenem Kopfe tot auf gefunden worden. Niemand hatte «inen schuh fallen gehört, nie mand in der Wohnung eine fremde Person geseben. Infolgedessen glaubte man im ersten Augenblicke, dah ein Selbstmord oorliege,. aber die Kommission stellte fest, dah ein Mord verübt worden war. Der Kommissar schritt die wenigen Stufen hinan. Ein paar alte Weiber und etliche Dienstmädchen, die vor einer Tür miteinander wispelten, zeigten ihm den weiteren Weg. Er passierte ein Vorzimmer, das nur eine Glaswand mit Milchschciben von der Küche trennte. - Aus einer halbgeöffneten Tür drang Stimmen gewirr. Das muhte der Tatort sein. . . , ' Eine trübe, qualmende, kleine Lampe und zwei flackernde Kerzen warfen zittrige Scheine auf di« ärmliche Einrichtung des Zimmers. Es war ein mittelgroßer, zweifenstriger Raum, ärmlich möbliert, das etwas düstere Lorstadtzimmer einer Mietskaserne. Wände und Decke einfach gemalt, oben an den Fenstern kleine, schmutzig weihe Vor hänge. die kaum ein Drittel der scheiben deckten. Die Königin von Griechenland in München. München, 24. März. (Tel.) Die Königin von Griechenland traf heute früh '^7 Uhr hier ein und wurde von der Prinzessin Therese am Bahnhof empfangen. Die Königin fuhr mit der Prinzessin in die Residenz, wo sie das Frühstück ein nahm und den Besuch des Prinz-Regenten empfing. Um '-9 Uhr reiste die Königin mit der Prinzessin Therese nach Wiesbaden ab. Die Pariser Handelskammer gegen eine Pariser Welt ausstellung. Paris, 24. März. (Tel.) Die hiesige Handels kammer sprach sich in einem an den Handelsminister gerichteten Schreiben entschieden gegen den Plan aus, im Jahre 1920 in Paris eine Weltaus stellung zu veranstalten. In dem Schreiben wird insbesondere erklärt, dah sich seit 1900 eine ent schiedene Aenüerung in den Arbertsver- hältnissen vollzogen habe und dah sich die Unter nehmer infolge der Snndikats und Streikbewegungen zu keiner Frist verpflichten, ja sogar sich nicht mehr für die vollständige Durchführung einer übernom menen Arbeit verbürgen könnten. Da die Stadt be reits überdies eine grohe Reihe erheblicher Arbeiten vorhabe, würde man nur die ohnehin schon so großen Schwierigkeiten vermehren, wenn durch Veranstal tung der Weltausstellung ein Teil der Arbeitskräfte in Anspruch genommen würde. — Der „Figaro" schreibt dazu: Die Erklärung der Handelskammer, daß die gegenwärtigen Arbeitsoerhältnisse der Ver wirklichung eines Weltausstellungsprojektes ent- gegcnständen, sei überaus ernst: noch niemals sei ein so schwerwiegendes Geständnis be treffs der Folgen des Syndikalismus ab gelegt worden. Zur Lage in Aube. Troyes, 24. März. (Tel.) Bisher legten die Ee- meindekollegien von 121 Gemeinden wegen der Aus schliehung des Departements Aube aus dem gesetzlich festgelegten Champagneweinbaubezirk ihre A e m t e r n i e d c r. Geht Stolypin oder nicht? Petersburg, 24. März. lPrio.-Tel.) Wie nach träglich verlautet, ist di« Krise noch nicht entschieden. Stolypin wurde zwar in Zarskoje Sselo empfangen, soll aber seine Demission nicht zil vü cka«zo g« n haben: anderseits habe der Kaiser di« Demission nicht angenommen. Zurückgezogene Demission.« Lissabon, 24. März. (Tel.) Finanzminister Reloos hat auf Ersuchen des Ministers der öffent lichen Arbeiten seine Demission zurückgezogen. Kosaken als Wächter gegen die Pest. Petersburg, 24. März. (Tel.) Der Ministerrat beschloß, die gedienten Kosaken der Provinzen Amur und Ussurien zur Bewachung der russischen Grenze einzuberufen, damit die Einschleppung der Pest aus China verhindert werde, und genehmigte ferner das Verbot der Zobeljagd in' Sibirien bis zum 28. Oktober. Ein Gefecht in Mexiko. Aguaprieta (Mexiko), 24. März. (Tel.) Bei Lacolorado fand ein Gefecht statt, bei dem 36 Aufständische und achtMann der Bun - destruppen gefallen sind. Die Aufstän dischen wurden aus der Stadt vertrieben. Zwei verblaßte Heiligenbilder an der Wand über dem grobgezimmerten, polierten Bette, und neben diesem ein eiserner Waschtisch mit billigem Geschirr. In der Mitte des Zimmers stand, umgeben von drei Strohsesseln, in vierbeiniger, alter Tisch. Neben dem Sessel, dem Fenster gegenüber, lag auf dem Boden die Leiche eines jungen Mannes, genau noch in derselben Lage, in der sie aufgefunden worden war. Seiner Kleidung nach mußte der Tote dem Arbeiterstande angchören. Er trug einen Anzug aus grobem Stoff. Stirn und Hände zeigten den Schmutz schwerer Arbeit. Der Tote lag der Länge nach hin gestreckt auf dem Fuhboden, der seit Monaten nicht ausgewaschen worden sein mochte. Ein wenig zur Seite geneigt, zeigte die Schläfe ein kleines, rundes, scharfgerändertes Loch. Im Zimmer waren bloß einige Polizeibeamte anwesend, die den Tatbestand aufnahmen. Die Herren amtierten mit zielbewuhter Ruhe und vermieden alle unnötigen Fragen. In der Mitte des Zimmers stand Polizeirat Wurz, der Leiter des Sicherheitsbureaus, ein Mann von reicher Erfahrung und großer Tatkraft, und traf in umsichtiger Weise seine Anordnungen. Ruhig und aufmerksam beobachtete der Polizeirat die Situation und verfolgte mit scharfen Blicken jede Bewegung seiner Beamten. Man sah es dem hohen, schlanken Mann an, daß er sich H«rr der Situation fühlte. Als Doktor Specht eintrat, wurde gerade das Protokoll ausgenommen. Lin junger Konzipist diktierte: „Adolf Strebinger wurde durch einen Schuh aus einem Revolver von neun Millimeter Kaliber ge tötet, —" „Warten Sie", unterbrach der Polizeirat den jungen Beamten. „Dieses Loch kann unmöglich von einem so großen Projektil herrühren." Poliz«irat Wurz trug den auf dem Boden liegen den Revolver zur Lampe. „Natürlich! Alle Patronen stecken noch in der Trommel!" Er blickte durch d«n Lauf gegen das Licht. „Aus diesem Revolver ist überhaupr nicht ge schossen word«n." s - Run bemerkte er Doktor Specht, der in der Nähe der Tür stehen geblieben war. Ole Aerlteuer im llreissuslchuh. In der heute vormittag unter Vorsitz des Kreis hauptmanns v. Burgsdorff äbgehaltenen Sitzung des Kreisausschusses wurde über das Orts gesetz betreffs Erhebung einer Biersteuer in Leipzig verhandelt. Das Referat erstattete Geh. Regierungs rat Dr. Ayrer. Er führte aus. dah nach den An gaben des Stadtrats die großen Anforderungen, die an die Gemeinde Leipzig gestellt werden und die sich von Jahr zu Jahr mehren (erhöhte Anleihetilgung, Bau eines Krankenhauses, Leihhauses, grösserer Bäd«r usw.), besonders aber der künftige Wegfall der Wertzuwachssteuer Veranlassung gewesen seien, sich nach neuen Steuerquellen umzusehen, dafern die Ver waltung den an eine Großstadt gestellten Anforde rungen gerecht werden wolle. Di« Stadtverordneten haben denn auch, nachdem man den Gedanken an Er hebung der sogenannten Schulsteuer und der Fort führung der Progression bei Besteuerung der höheren Einkommen hatte fallen lassen, an den Rat das Er suchen gerichtet, mit tunlichster Beschleunigung Vor schläge über die Erschließung von Steuerquellcn zu machen. Einen Antrag, der sich prinzipiell gegen oie Erhebung von indirekten Steuern aussprach, hatte man in der nämlichen Sitzung abgelehnt. Der Rat unterbreitete darauf den Stadtverordneten mit Vor lage vom 16. Februar d. I. das Ortsgesctz über die Erhebung einer Biersteuer. Es lehnte sich streng an das bestehende Regulativ der Stadt Plauen an, das vom König!. Ministerium des Innern im Jahre 1910 genehmigt worden war. Die Stadtverordneten ver handelten in ihrer Sitzung vom 1. März darüber und genehmigt«?» Las Ortsgesctz mit 38 gegen 31 Stimmen. Der Referent ging dann näher auf die verschiedenen iin Stadtverordnetenkollegiuin gemachten Ausfüh rungen ein und bemerkte, daß der Kreisausschuh sich nur gutachtlich auszusprechen habe. Der Kreishaupt mann habe bei der Wichtigkeit des Gegenstandes Wert auf ein solches Gutachten legen zu müssen geglaubt. Sowohl bei der Kreishauptmannschaft, als auch beim Ministerium des Innern seien nun ver. schieden«: Vorstellungen gegen Las Ortsgesctz cinge- gangen, jo vom Verein Leipziger Gastwirte, von den Brauereien Leipzigs, vom Schutzverband für Handel und Gewerbe usw. Nachdem der Referent näher auf diese Eingaben eingegangen, und zwar namentlich auf die des letztgenannten Verbandes, bemerkte er am Schluss« seines Vortrages, daß, da Rat und Stadt verordnete die Erhebung der Biersteuer beschlossen haben, für den Krcisausschuß keine ausreichende Ver anlassung vorliege, dem entgegen,zutreten. Demgemäß könne man nur zur Befürwortung gelangen, und zwar auch um deswillen, weil die Verhält nisse nicht anders liegen als in anderen Städten, und was denen recht sei, müsse für Leipzig als billig er achtet werden. In der sich anschließenden Aussprache führte Bürgermeister Dr. Seetzen aus, er könne sich nicht vorstellen, saß die Lage in Leipzig anders sein solle als beispielsweise in Wurzen. Dort sei die Bier- steuer im Jahre 1897 eingcführt worden. Damals habe man ebenfalls von drohender Existenz. Vernichtung der Gastwirte u. dgl. mebr gehört. Di« späteren Ermittelungen haben ergeoen, daß nichts dergleichen geschehen sei. Oberbürgermeister Dr. Dittrich: Nach der ein- gehenden sachlichen Behandlung der Angelegenheit durch den Herrn Referenten könne er sich auf weniges „Ah, guten Abend, Herr Doktor! Schöne Be scherung das! Kennen Sie schon die Einzelheiten?" Der Kommissar verneinte. „Um kurz zu sein: Gegen neun Uhr patrouilliert der Wachtmann Stolzengruber am Fenster vorbei und sieht zufällig herein. Der Mann, der jetzt tot ist, sitzt an diesem Tisch. Eine halbe Stunde später trifft ihn derselbe Wachtmann in erregtem Gespräche mit einem eleganten Herrn in feinem stadtpelz. Und um drei viertel zehn hört die Quartiersfrau einen dumpfen Fall. Sie fährt aus dem Halbschlummer auf, glaubt ein Aechzen zu vernehmen und weckt ihren Mann. Der klopft an die Tür des Zimmerherrn. Da keine Antwort erfolgt, tritt er ein. Kalte Lust schlägt ihm entgegen. Im Zimmer ist es finster. Im schwachen Licht, das von der Straßenlaterne hereinfällt, sicht er seinen Zimmerherrn auf dem Boden. In der Meinung, ihn hab« ein Unwohlsein befallen, will er ihn zum Bett tragen. Jetzt erst bemerkt er, daß er eine Leiche festhält. Nun schlägt er Lärm, macht Licht, findet diesen Revolver neben der Leiche, schickt sein Weid zur Polizei und die konstatiert einen Mord. Der Mörder ist vermutlich durch jenes Fenster, das offen stand, entwischt." Der Polizeirat wies auf ein Fenster, das in «inen Garten mündete. „So, jetzt sind Sie orientiert. Nun, vorwärts! Also: der Adolf Strebinger ist nicht mit diesem Re volver erschossen worden. Da müssen wir schon weiter forschen. Was sagen Sie, Herr Polizeiarzt?" ..Ich pflichte Ihnen bei. Die Kugel muß ganz kleinkalibrig gewesen sein. Sie drang in die linke Schläfe ein und trat bei der rechten aus." „Also, wo ist die Kugel?" Prüfend schritten die Polizeibeamten die Wände ab. .Hier!" rief Doktor Specht und zeigte auf ein Loch im Bilderrahmen. „Sehr richtig! Wenn <rb«r di« Kugel hier ein- schlug, muß sie von dort hergekommen An." Der Polizeirat deutete nach der anderen Seite des Tisches. Einer plötzlichen Eingebung folgend, trat er knapp vor Las Fenster hin. „Dacht' ich mir s doch ... Im Zimmer wurde überhaupt nicht geschossen. Der Schuh kam von der Straße. Da Hetzen Sie das Loch in der Scheibe." In der Scheibe war «in kleines Loch sichtbar, zweifellos der Durchschlag eine« Geschosse»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite