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CD >N'- WHmtz -Zitms Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde - Dienstag, den 22. Mai 1883 48. Jahrgang Nr. 58 -'M ! U mm Inserate, welch« bei der bedeutenden Auslage d«S Blatte« eine sehr wirk sam« Berdreikinä finden, werd«» mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserat« mit entsprechen den, Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Lokales and Sächsisches. Dippoldiswalde. Heute Montag, kurz nach dem fahrplanmäßigen Frühzug kam in einem aus 9 mit Maien geschmückten Wagen bestehenden Extrazuge und durch Böllerschüsse begrüßt, der sächsische Jngenieur- und Architektenverein hier an und setzte alsbald die Weiterfahrt bis Buschmühle fort. In ungetrübter Heiterkeit verläuft hoffentlich das Fest ganz programm mäßig. — Wie der gestrige Sonntag mit seiner reichen Abwechselung zwischen Sonnenschein und Regen, Graupelwetter und Gewitter gewiß manche Unter nehmung vereitelt hat, so machte er es auch unserem Turnverein unmöglich, das Fest seines Anturnens in der projektirten Weise auszuftthren. Von einem Auszuge nach dem Sommerturnplatze, wie von einem Turnen auf demselben, mußte natürlich abgesehen werden: dafür aber entwickelte sich in unserer geräu migen städtischen Turnhalle ein frisches Turnertreiben. Nach einer Gruppe exakt ausgeführter Freiübungen turnte jede der bestehenden 5 Riegen an Geräthen, mit einmaligein Wechsel, dem sich ein fleißiges Kür turnen und Turnspiel anschloß. Trotz der ungünstigen Witterung hatten sich etwa 20 den Turnvereinen Pot- schappel, Hainsberg, Rabenau und Seifersdorf ange hörende Gäste nicht abhalten lassen, das freundschaft liche Verhältniß zu unserem Turnverein durch ihren Besuch zu bestätigen. Wenn, auch gestern einige gries grämige Turnfeinde spöttisch bemerkten, der Himmel könne der Turnerei nicht besonders hold sein, da er öfter turnerische Veranstaltungen verregene, so wurde ihnen voll einem frohen Turner, auf den strömenden Regen deutend, geantwortet: „Warum denn nicht? Der Himmel weint eben selber über das schlechte Wetter!" — Daß inan trotz des vereitelten Festes heiter und guter Laune sein könne, das bewiesen die Turner, die auf dem Abends im „Stern" stattgefun denen, sehr animirten Balle bis in die frühen Morgen stunden wacker tanzten. — Die großen Mengen der Maikäfer, welche Heuer überall anzutreffen, veranlassen, die Landwirthe darauf hinzuweisen, daß nach Prof. Stöckhardts Fest stellung 100 Psd. frische Maikäfer ihrem Düngerwerthe nach (1 Pfd. Stickstoff nur zu 60 Pfg. berechnet) sich auf 2 Mark berechnen lassen und deshalb das Ein sammeln der Käfer sich sehr gut lohnen dürste. Die Düngung mittelst Maikäfer ist namentlich für junge Kraut- und Kohlanpflanzungen, sowie für Salat- und Blumenbeete zu empfehlen. L Frauenstein. (König!. Schöffengericht.) Hauptverhandlung am 22. Mai. Vorm. 9 Uhr: Straf sache gegen den Schlosser Johann Bernh. Grahl aus Rochlitz wegen Lanvstreichens, Bettelns und Beleidigung. L Frauenstcin. (Kgl. Amtsgericht.) Ver handlungstermine am 25. Mai. Vorm. 9 Uhr: Zivil prozeßsache des Handelsmanns Carl Hermann Richter in Nassau und Genossen gegen den Zimmergesellen Robert Göhler daselbst. — Vorm. 9 Uhr: Zivilpro- zeßsache des Chausseewärters Ernst Wilhelm Müller in Nassau in Altersvormundschaft Otto Bruno Böhme's daselbst gegen den Gutsbes. Friede. Wilh. Sommer schuh in Hermsdorf in Altersvormundschaft des Bild- hauergeh. Arno Bruno Liebscher in Nassau. — Nachm. 3 Uhr: Zivilprozeßsache Augusten Wilhelmine» verehl. Glöckner geb. Mattheß in Sayda gegen Bertha verehl. Häußler geb. Wolf in Nassau. — Nachm. 3 Uhr: Zivilprozeßsache des Zimmermanns Carl August Erler in Dorfchemnitz in Vertretung seiner Tochter Auguste Pauline Erler daselbst gegen den Gutsbesitzer Carl Franke in Burkersdorf. Dresden. Die Pferde-Ausstellung, die an allen Tagen sehr zahlreich besucht war und am Mon tag endete, wurde am Nachmittage dieses Tages von Sr. Maj. dem König besucht. — Der orkanähnliche Sturm am Sonnabend Nachmittag, dein kalter Regen und Schloßen folgten, hat an Bäumen und Sträuchern vielen Schaden an gerichtet, auch verschiedene Elbfahrzeuge in Gefahr gebracht. — Der Verein Dresdner Gastwirthe hat jetzt eine geheime Kommission eingesetzt, welche ihr Augen merk auf etwaige Verwendung von Pferdefleisch in hiesigen Restaurationen richten wird. Es werden übri gens in Dresden jährlich nicht weniger als etwa 5000 Pferde geschlachtet. — Alls einem Kongreß, den die Vertreter der öst lichen Hälfte des Leipziger KreisvereinS für Bienen zucht kürzlich in Roßwein abhielten, wurden Vorträge gehalten über die Maikrankheit der Bienen, über den Nutzen der Bienenzüchtervereine und den volkswirth- schaftlichen Werth der Bienenzucht, sowie über Faul brut, welchem Vortrag wir entnehmen, daß Faulbrut, deren Erkennungsmal ein gasartiger Geruch ist, früher durch das Ausschweiseln und Räuchern der Stöcke mit Dl« „Weißeri--Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dien-täg, Donners- tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg., zweimonatlich «4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie ii« Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschafl Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein in der „Weißeritz-Zeitung" enthaltene Artikel lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Sind doch sogar einzelne namhaft gemachte Gewerbe darauf hin gewiesen worden, wie vortheilhaft nach Eröffnung der Eisenbahn für sie die Gelegenheit werden könne, bei einer voraussichtlich großen Zahl von fremden Be suchern sich zu empfehlen und ihr Absatzgebiet zu er weitern. Beispielsweise wurden in einem früheren Artikel die Kürschnerei und Schneiderei, gewiß kon kurrenzfähige Gewerbe, erwähnt. Wie also das er wähnte Mißverständniß entstanden sein mag, bleibt uns räthselhaft. Wir ergreifen heute darum die Ge legenheit, nochmals zu erklären, daß der gewerbliche Theil der Ausstellung, dem sämintliche Schulräume nebst der Turnhalle zur Verfügung stehen, gewähren soll ein möglichst umfassendes Bild der gesammten gewerblichen Thätigkeit des amtshauptmannschaftlichen Bezirks Dippoldiswalde. Deshalb ist seinerzeit feiten des Komitö's an die Herren Bürgermeister der Städte die Bitte ergangen, die bedeutenderen Etablissements ihrer näheren Umgebung namhaft zu machen, damit an dieselben spezielle Einladungen ergehen könnten. Von besonderer Aufforderung einzelner Gewerbtreiben- den, sei es in der Stadt oder auf dem Lande, glaubte das Komitö deshalb Umgang nehmen zu können, als die Erlangung der Anmeldungsformulare, die an ver schiedenen StellLn zu haben sürds-jedem, der sich für die Ausstellung interessirte, leicht genug gemacht war. Die Zeit der Ausstellung rückt immer mehr heran. Der 19. Mai war vom Komitö zur Ablieferung der Anmeldungsformulare bestimmt. Wie wir hören, ist aber der Eingang der Anmeldungen ein so geringer, daß sich das Komitö (siehe heutige Nummer) zu einer Verlängerung der Anmeldungsfrist bis zum 27. Mai entschlossen hat. Möchte doch nunmehr Niemand, der einigermaßen konkurrenzfähige Arbeit, gleichviel welcher Art, liefern kann (auch besonders Frauenarbeit ist willkommen), unterlassen, sich an dem friedlichen Wett streit zu betheiligen. Es gilt die Ehre des ganzen Bezirks. Dieser soll zeigen, was er leisten kann. In dem Maße, wie ihm das gelingt, wird auch seine Be deutung, sein Absatzgebiet sich gestalten. Da übrigens manche verkäufliche Gegenstände voraussichtlich von Besuchern gekauft werden dürften, da ferner mit der Ausstellung eine Verloosung ausgestellter preiswerther Gegenstände verbunden werden soll, so bietet sich dein einzelnen Aussteller die Möglichkeit wenigstens theil- weisen Absatzes seiner Arbeiten. Zudem sind die Be dingungen so außerordentlich billige, daß eine günstigere Gelegenheit ehrlichster und wirksamster Reklame kaum je geboten werden dürfte. Wer also noch kein Anmeldungsformular hat, be sorge sich schleunigst ein solches, fülle es aus und sende es bis spätestens den 27. Mai ein an das Komitö der gewerblichen Ausstellung in Dippoldiswalde. Zur Czaren Krönung in Moskau. Achtundfünfzig Jahre sind verflossen, seitdem den Czaren Alexander 1. zu Taganrog im Bade der Tod ereilte. Sein Urenkel, ebenfalls ein Alexander und wie alle seine Vorgänger seit einem Jahrhundert, der Sohn einer deutschen Mutter, ist im Begriffe, sich unter dem hergebrachten pompösen Zeremonie! im Uspenski Sobor zu Moskau die Krone auf's Haupt setzen zu lassen. In der Zwischenzeit ist Czar Nikolaus am gebrochenen Herzen gestorben, weil er sich vermessen hatte, ganz Europa unter das Gebot Rußlands beugen zu wollen und deshalb den verhängnißvollen Krimkrieg .heraufbeschworen hatte; sein Nachfolger, Alexander II., wurde grauenhaft auf offener Straße ermordet, weil er sich sträubte, die Pforten seines Reiches dem mo dernen Geiste zu öffnen, der unabweislich von Westen her die intelligenteren Theile des russischen Volkes er griffen hatte. Denn es kann kein Zweifel darüber sein, daß der noch immer im Kampfe mit der Huma nität und modernen Rechtsanschauung stehende russische Despotismus der Urheber des Nihilismus, der revo lutionären Bewegung in Rußland, ist. Wir müssen wohl die Mörder des Czaren Alexander II. verdammen, darf es doch im hohen Grade als wahrscheinlich gelten, daß jener Kaisermord nicht stattgefunden hätte, wenn in Rußland bereits unter der Regiemng Alexanders II. ein wirklicher politischer Fortschritt stattgefunden hatte und an Stelle der überlebten und entarteten Beamten herrschaft eine selbstbewußte Negierung getreten wäre, in welcher eine Anzahl Erwählter der Nation auch einen Rath hätten geben können. Es ist nun aber bis jetzt in Rußland Alles so gut wie beim Alten ge blieben, denn auch der Czar Alexander III., welcher am 27. Mai die Krönung in Moskau empfangen soll, hält fest an der autokratischen Negierungssorm und hat die Rathschläge eines Loris-Melikoff, welcher im russischen Reich einen Uebergang von der Despotie zur verfassungsmäßigen Regierung vorbereiten wollte, schließ lich abgelehnt und einem Katkosf und Pobedonoszeff Gehör geschenkt. Wie es nun scheint, wird auch der Czar Alexander III. gerade wie seine Vorgänger ein Spielball von Enttäuschungen sein. Der Czar sieht keine Nihilisten mehr sein Leben umlauern, weil man zwischen ihn und sie Legionen von Soldaten und Po lizisten aufgepflanzt hat, aber die Nihilisten sind da, sie werden nicht verschwinden, so lange nicht der Despo tismus in Rußland sich zu einem humanen Regimente gemildert hat und die Korruption des Beamtenthums ausgerottet ist. Der Czar hält die Kraft des revo lutionären Gedankens für gebrochen, weil die Katkoff, Tolstoi und Pobedonoszeff sie leugnen, aber die russische Revolution ist latent, sie wird wieder auflodern und ihre Opfer fordern, wenn nicht bald ernste Reformen stattfinden. Diese werden von allen besseren russischen Kreisen verlangt und kein Pomp, kein Prachtaufwand, keine Illuminationen und Schaugepränge, nicht einmal einige Steuererlasse und Verbrecher-Begnadigungen können dem russischen Volke gewähren, was ihm fehlt. Gewaltig schreitet auch in Rußland der humane und zivilisatorische Gedanke vorwärts und wird sich auf eine den russischen Verhältnissen entsprechende Art Bahn brechen. Die gewerbliche Ausstcüuug zu Dippoldiswalde den 1«.—IS. Juli 1883. Daß wir heute nur von der bevorstehenden ge werblichen Ausstellung sprechen, hat seinen Grund darin, daß das uns unbegreifliche, aber nichtsdesto weniger vorhandene Mißverständniß entstanden ist, als erstrecke sich die in der Vorbereitung begriffene Aus stellung nur auf Landwirthschaft und die mit derselben in nächster, unmittelbarer Verbindung stehenden Ge werbe. Das AuSstellungs-Komitö ist an dieser irrigen Auffassung nicht schuld. Die Bekanntmachungen des- , selben, die ausgegebenen Fragebogen und zeitweilige