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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naninzeile 20 Npfg., die < gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklame-eile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Rachweisungsgebühr 20 Reichvpfeninge. Bor- geschriedeneErscheinnngs- - -.. . cHNrrr Lc werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt.^ annadme bi», orm.lvUbr. ' —A^r die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen Üdernedmen wir keine Garantie. JederRabattansprvch erlncht, wenn derBetrag durch Kia,- ring-z°d°«»--dt» muL-idcrdcrAuftragg-berin Konkurs gerät. Anzeigen Nktjinen allrD-rmilUungsft-IIen entgegen. La« .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werkt,een nachmittags s Uhr. 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Aahrgaag Tckgr.-Ndr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postschpck: Dresden 2K4O Zill ErhöhW der Verteuerung des Reichsbankgeldes nm 1 Prozent. Die Gründe der Diskonterhöhung auf 7)4 Prozent. Der Wechseldiskont der Reichsbank ist von 6)4 aus 7)4 Prozent und der Lombardzinsfuß von 7)4 auf 8)4 Prozent erhöht worden. Der Vorsitzende des Reichsbank direktoriums gab zu dieser wichtigen finanzpolitischen Angelegenheit eine Erklärung ab, in der er u. a. folgendes ausführte: Die Gold- und Devisenentziehungen haben die Er wartungen weit übertroffen, wozu nicht nur die An spannung an den wichtigen internationalen Geldmärkten, die fortbcstehende Passivität des deutschen Außenhandels, dte geringfügige Neuaufnahme lang- und kurzfristiger Anleihen beitrugen, sondern vor allem auch die Dcvisen- abflüssc zwangsläufiger Natur, der Zins- und Tilgungs- bedars für die große Auslandsverschuldung und nicht zu letzt dreDeviscnzahlungenfürReparations- zweck e, die mit der Steigerung der Dawes-Jahresrate auf zwelcmhalb Milliarden natürlich steigenden Devisen bedarf hervorriefen. Es ist selbstverständlich, daß die Reichsbank versuchen mutz, auch einer solchen Entwicklung gegenüber ohne Diskonterhöhung auszukommen, solange der Geld- und Kreditbedarf der privaten Wirtschaft ein gewisses Maß nicht übersteigt; es ist aber bekannt, daß die gelegentlichen Spannungen des Geldmarktes während der letzten Woche ihre Ursache außer in Säisonerscheinungen großenteils in der bedauerlichen Kassenlage desReiches hatten. Wenn das Reichsbankdirektorium noch fortdauernder Wirtschaftsdeprcssion gezwungen sieht, den Diskontsatz von 6)4 auf 7)4 und den Lombardsatz von 7)4 auf 8)4 Prozent zu erhöhen, so liegt der Grund dafür allein in der bezeichneten Verschlechterung der Gold- und Devisenreserve. Es zeigt sich wieder einmal deutlich, welchem un natürlichen Zwange die Diskontpolitik der Reichsbank durch die Notwendigkeit der Verwendung ausländischen Kapitals in der deutschen Wirtschaft und durch die steigen den Devisenerfordernisse für Reparationszwecke unter worfen ist. Die Reichsbank wird genötigt, der deutschen Wirtschaft neue Zinsbelastungen in einer Zeit aufzu erlegen, in der die Wirtschaft zu ihrer Belebung Zins ermäßigung brauchte. * Der große Schritt. Diskontherauf- oder -Herabsetzungen pflegen in der Kegel bis möglichst zum letzten Augenblick geheimgehalten zu werden; diesmal aber wußte alle Welt, daß es zu einer mindestens einprozentigen Erhöhung kommen würde. Dieses Wissen war aber nichts Besonderes, weil die Her- mfsetzung — leider — zur Selbstverständlichkeit ge worden war angesichts des ständigen Devisenab flusses und der fortgesetzten G o l d v e r k ä u f e bei der Neichsbank. Und noch aus einer ganzen Reibe anderer Gründe mußte die Reichsbank dazu schreiten, den Diskontsatz zu erhöhen, trotz der allgemeinen Kreditverteuerung, die eine solche Maßnahme mit sich bringt. Denn er gibt ja in der Regel auch die Basts für die Höhe des Privat diskonts ab, der bei kurzfristigen Krediten den Zinsfuß bestimmt. Auf dem internationalen Geldmarkt war aber schon seit langem — infolge wachsenden Geldbedarfs — nicht bloß für Anlage-, sondern nicht minder für Speku lationszwecke wie in Amerika — namentlich in London und Washington — der Privatdiskont allmählich so hoch geklettert, daß es sich dort weit mehr lohnte, Geld zur Verfügung zu stellen, als in Deutschland. Daher trat denn eine starke Geldabwanderung aus Deutschland em, man kaufte von der Reichsbauk in großen Mengen ausländische Devisen gegen Mark, nahm zu diesem Zweck vom Ausland her kurzfristigen Kredit zurück usw. Dazu kam natürlich auch noch der gewaltige Devisenbedarf für dre Verzinsung und für die Tilgung deutscher im Ausland aufgenommener Anleihen, für die Deckung der noch immer vorhandenen Passivität des deutschen Außenhandels und nicht zuletzt der Devisen bedarf des — Reparationsagenten. Man weiß aus der Erfahrung der letzten Jahre, daß Parker Gilbert größere Summen aus den deutschen Zahlungen gerade Anfang Mai — in Form von Devisen natürlich — unseren Gläubigern zu überweisen pflegt, und die Reichsbank ist ja leider durch den Dawes-Plan dazu verpflichtet, ihm diesen „Transfer" zu erleichtern. Nie geschah dies derart auf Kosten der deutschen Wirtschaft wie gerade jetzt, da ein niedriger Diskont-, also Zinssatz das Herausarbeiten unserer Wirtschaft, und nicht zuletzt der Landwirtschaft, aus der Krise sehr erleichtern würde. Statt dessen — ungern genug tut es die Reichsbank, aber geht nicht anders! — muß der Reichsbankdiskont be- ttachtuch heraufgesetzt werden, müssen wir für teures Geld das Auslandskg. pital heranziehen. ReWbmMMntr um — Foroerungen des Auslandes zu decken. Hindert man doch das deutsche Volk mit allen Mitteln, durch eine raschere Bildung von neuem Eigenkapital vom Aus land weniger abhängig zu werden. Zu einer weiteren Spannung hat es aber auch geführt, daß der Zufluß langfristiger Kredite, also die Emission deutscher Anleihen im Ausland, in den letzten Monaten ständig schwächer wurde und schließlich ganz ins Stocken geriet. Es lohnt sich eben nicht, den Deutschen zu einem Zinsfuß Geld zu leihen, der niedriger war als jener Gewinn, den man mit seinem Geld in Washington oder London er zielen kann. Seit Ende des Jahres hat nun die Reichsbank aus diesen und noch anderen ähnlichen Gründen tief in ihren Gold- und Devisenschatz Hineingreifen müssen, hat einen Abfluß von 1084 Millionen zu verzeichnen, darunter die Hälfte in Gold. Das durfte natürlich nicht mehr so weiter- Deutscher Reichstag. (64. Sitzung.) ' 68. Berlin, 25. April. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung der von den Regierungsparteien beantragten Erhöhung der Anleihen ermächtigung. Der Ausschuß hat den ihm überwiesenen An trag, dem Reichsfinanzminister die Ermächtigung zur Er höhung der Anleihen im Haushaltsgesetz des Nachtragsetats für 1928 um 201 145 948,40 Marl zu erteilen, angenommen. Im Reichstag nimmt dazu zunächst das Wort der Abg. Graf Westarp (Din.). Er führt aus, es wäre richtiger ge wesen, wenn die Regierung von vornherein klaren Wein ein- geschenkt hätte, damit nicht die Beunruhigung im Lande ent standen wäre. Im Ausschuß hätte sich der ungeheure Ernst der Finanzlage des Reiches gezeigt. Anzuerkennen sei, daß Reichsfinanzminister Hilfer ding nunmehr offen die Lage geschildert habe. Gras Westarp erwartet baldigst die Inangriffnahme der Revision der Arbeitslosenversicherung. Das Programm des Finanzministers bringe keineswegs genügende Sicherheiten, damit man mit der notwendigen Eile der schlimmen Verhält nisse Herr werde Beruhigung der Wirtschaft könne nur durch die Darlegung der ganzen Wahrheit erreicht werden. Auch das Ausland erhalte dann endlich einmal den richtigen Begriff von der deutschen Leistungsfähigkeit. Die Deutschnationale Partei wird dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Reichsfinanzminister Dr. Hilferding betont, gerade die Frage der Kassenschwierigkeilen sei viel mehr in aller -Öffentlichkeit erläutert worden. Die Erbschaft, die die Regierung übernehmen mußte, sei gewiß eine sehr ernsthafte gewesen: dessen sei man sich bewußt gewesen. Die Hauptursachen der jetzigen Bedrängnis lägen bei der Finanz gebarung aus den Jahren 1926 und 1927. Damals seien ungeheure Ausgaben auf den außerordentlichen Haushalt übernommen worden, später aber keine Anleihen dafür ein- gegangcn. Diese damals ausgegebenen Posten fehlen jetzt in der Kasse. Eine Schuldfrage auszurollen habe heute keinen Sinn mehr. Ferner kämen hinzu die Aufwendungen für die Arbeitslosenversicherung. Mit allem Eiser sei die Re gierung bemüht, wieder su einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu kommen. Die Reform der Arbeitslosenversicherung sei im Gange. Von einem Bankerott des Reiches oder von einer drohenden neuen Inflation könne keine Rede sein. Dringende War nungen seien an die Adresse der Verbreiter solcher Über treibungen zu richten. Abg. Stöcker (Komm.) findet es bezeichnend, daß der sozial demokratische Reichssinanzminisier im Bunde mit den bürger lichen Parteien die Schwierigkeiten auf Kosten der Arbeits losen beheben wolle. Der Redner wirft dem Aba. Bernhard vor, sich aus den Taschen der Arbeiter bei einer Honorierung für eine Schieds- angelegenheit bereichert zu haben. Abg. Frick (Natsoz.) führt aus, auch der Abg. Heilmann von den Sozialdemokraten habe für fünf Schiedsrichter sitzungen in der Volksbühnenangelegenheit 11000 Mark er halten. Der Abgeordnete fordert einen Volksentscheid über die Reparationssragen. Abg. Döbrich (Christlich-Nat. Bauernpartei) will die Vor legung von Gesetzentwürfen, um die unerträglichen Folgen des letzten Beamtenbesoldungsgesetzes durch Kürzungen unter Sicherung der wirtschaftlich Schwächsten zu beseitigen. Redner befürwortet ferner eine Kürzung der Aufwandsentschädigung der Reichstags- abgcordncten und zwar der Auswärtigen um 20 Prozent, der in Berlin wohnenden um 40 Prozent. Abg. Keil (Soz.f glaubt die Ursachen des Finanzmangels darin suchen zu müssen, daß von den früheren Regierungen in den letzten Jahren auf das Notjahr 1929 keine Rücksicht genommen wurde. Ein Abbau der Erwerbslosenversicherung sei nicht beabsichtigt. Seine Partei würde einer solchen sich entschieden widersetzen. Die Steuerrückstände müßten ener gischer eingetrieben werden. . . . Mit den Stimmen der Regierungsparteien wird nunmehr die Ermächtigungsvorlage angenommen. Dlc dritte Beratung wird auf Freitag verschoben. gehen und daher erfolgte die Heraufsetzung des Diskonts, um einen Rückfluß herbeizuführen. Und man mußte hier bei den großen Schritt des einen Prozentes tun, weil Deutschland — im Schatten der Pariser Ereignisse steht. Man weiß nicht, wie es wird mit der Reparationsfrage, kreditpolitische Ungewißheit liegt über der näheren Zu kunft: es kommt, kurz gesagt, dem Ausländer jetzt etwas riskanter vor, der deutschen Wirtschaft Geld zu leihe,r. Und für erhöhtes Risiko darf und wird man im Geld- und Wirtschaftsverkehr immer einen höheren Gewinn ver langen. Dazu spielt noch die leidige Politik hinein: was werden die Ententestaalen Deutschland gegenüber tun? Man braucht ja, um die deutsche „Renitenz" niederzu zwingen, heute gar nicht zum Mittel der Sanktionen von einst zu greifen, sondern ihm nur kreditpolitische Schwierig keiten zu bereiten, die empfindlich genug wirken würden. Da ist auch in Deutschland mancher in Ängst geraten und hat sich, ohne es nötig zu haben, aus der Mark in die Devise geflüchtet. Wie „einst im Mai" der Inflation. Solche Angstkäufe sind natürlich Un sinn. Die deutsche Währung ist und bleibt uner schüttert. Aber das Meer der wirtschaftlichen Schwierig keiten schwillt für Deutschland noch an, wenn die Reichs bank genöt'"< ihren Diskontsatz zu erhöhen. Haushalt des Reichsarbeitsministeriums. Zur zweiten Lesung schlägt der Haushaltsausschutz eine Entschließung vor, nach der die Reichsregierung ermächtigt Wird, die Geltungsdauer des Erlasses über Personenkreis und Dauer der Krisenunterstützung über den 4. Mai d. I. hin aus zu verlängern. Abg. Dr. Hatzlacher (Dtn.) führt aus, man müsse den Haus halt des Reichsarbeitsministeriums und den Sozialhaushall vom wirtschaftlichen Standpunkte aus betrachten. Dis Sozial lasten betrügen 25 Prozent des Lohnes im Bergbau noch mehr. Höhere Lasten könnten weder von den Unternehmern noch von den Arbeitern getragen werden. Bei der Landwirt schaft herrscht die Überzeugung, daß, selbst wenn die Sozial lasten 20 Prozent betrügen, die Konkurrenz mit dem Auslande kaum tragbar wäre. Die Weiterberatung wird auf Freitag vertagt. preffehetze gegen Dr. Schacht. Neue Einschüchterungsversuche. Die Pause, die die Reparationskonserenz zur Ab fafsung des Schlußberichts in ihre Verhandlungen ein gelegt hat, wird von der französischen Presse dazu benutzt, um gegen den Leiter der deutschen Delegation, Reichs bankpräsidenten Dr. Schacht, Sturm zu lausen. Die Tendenz aller Presscvorwürsc geht dahin, daß Dr. Schacht bewußt eine katastrophale Reichsbankpolitik getrieben habe, um den Dawes-Plan zu entwerten. Die französische Presse sieht in den Gold- und Devisenverlusten, die die Neichsbank in den letzten Monaten erlitten hat, ein Manöver des Reichsbankpräsidcnten, der damit die Transferschutzllausel des Dawes-Planes in Kraft treten lassen will, um sich vor den weiteren Reparationszahlungen zu drücken. Es hat den Anschein, daß die Angriffe der französi schen Blätter, die auch von der Möglichkeit einer neuen Inflation reden, darauf gerichtet sind, nicht nur in Deutschland Verwirrung hervorzurufen, sondern auch die Kreditfähigkeit Deutschlands im Aus lande zu untergraben. Sie wollen mit dem neuen Manöver, mit dem sie die Möglichkeit einer neuen Inflation an die Wand malen, die deutschen Unterhändler in Paris zur Nachgiebigkeit zwingen, was ihnen aber kaum gelingen dürfte. Der französischen Pressehetze gegenüber muß auch an dieser Stelle nochmals betont werden, daß irgendeine Gefahr für die deutsche Währung keineswegs besteht unv daß alle Teile der Wirtschaft bestrebt sein müssen, sich nicht nervös machen zu lassen. * Wer alles von Deutschland zehren will. Die Balkan länder melden sich. Nach London wird gemeldet, die griechische, die rumä nische und die südslawische Regierung hätten kürzlich dem Reparationssachverständigenausschuß in Paris Denk schriften zugestellt, in denen ihre Standpunkte in der Re parationsfrage anseinandergesetzt wurden. Jede der Re gierungen forderte eine Erhöhung ihres prozentualen An teils an den deutschen Reparationen mit der Begründung, daß die österreichischen, ungarischen und bulgarischen Re parationszahlungen ausgeblieben seien. MtmedUW Schicht—Swen Hmg Paris, 25. 4. Am Donnerstag vormittag sand eine längere Unterredung zwischen dem Reichsbankpräsidenten Schacht und dem Führer der amerikanischen Abordnung, Owen Houng, statt, der in Sachverständigenkreisen besondere Bedeutung beigemessen wird. Weitere Besprechungen zwischen den deutschen Sachverständigen