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Deiblatt zur „Sächsischen Mb-Ieitung". Verantwortlicher Ncdactenr und Verleger: Ludwig Donath in Schanda n. Motto! Sich' auf, daß kci» Betrug in fußen Worte» sei: Die Einfalt redet wahr, Liß steckt bei Heuchelei. O p i tz. Waldgeheimnisse. Honette. (Fortfetzung.) „Mein Vater war der zärtlichste, der je eine Familie auf seinem Schooßc gewiegt, sein Erstgebo rener über war sein größter Stolz. Ihm zu Liebe trieb er das gesetzlose, aber lohnende bewerbe der Wilderei mit so außerordentlicher Kühnheit; es galt dem geliebten Sohne, dessen Gaben von Schulmeister und Geistlichen hochgcpriesen wurden, eine ehrenvolle Stellung in der Welt und Befriedigung seines WisscndrangcS zn verschaffen. Ohne senen ungesetz lichen Verdienst hätte er mich müssen verwildern, meine Fähigkeiten jämmerlich verlümmern lassen, wie cö ja bei so vielen Kindern der Armuth geschieht. „Ich weiß, 'sagte er einst zu mir, daß das Wild- schicßcn gesetzwidrig ist, und wenn ich ein anderes Mittel zu ausreichendem Enverb wüßte, so gäbe ich cs auf. Die Neichen zwingen mich zu diesem trau rigen Gewerbe. Die Güter, die sie inne haben, sind nicht ihr Eigcnthnm, sind ihnen von Gott anver traut, daß sie sie zum Besten ihrer Mitmenschen ver walten. Sie sollten die Ungleichheiten in der mensch lichen Gesellschaft aussüllen; sie sollen ihren ärme ren Brüdern wenigstens den Genuß der geistigen Güter eben so zugänglich machen, als er ihnen selbst ist. Gott hat die geistigen Gaben nicht aus die Nei chen beschränkt, die Armen haben denselben Antheil daran, wie jene — kann er seinen Willen, daß ih nen auch dieselbe Ausbildung des Geistes möglich gemacht werden müsse, deutlicher zu erkennen geben? Aber wo erfüllen die Neichen diese Wicht? Sie sto ßen den armen Bruder nicht allein von ihrer schwel gerischen Tafel, aus ihren bequemen und glänzenden Palästen, sondern schließen ihn auch gottlos von dem Tempel dgs Wissens aus. Wenn ich nicht sür Dich jagte, mein Sohn, so müßtest Du ein Ta gelöhner werden und Deine herrlichen Geistesgaben gingen elend zu Grunde, oder da das Genie sich nie gänzlich unterdrücken läßt, würdest Du von dem unbefriedigten Drange desselben zu gesetzlosen Tha- ten, zur Auflehnung gegen die Ordnung getrieben und ein so verfolgter Viann werden, wie Dein Va ter." Als ich nach dieser Aenßerung erklärte, von der wissenschaftlichen Laufbahn, welche ich bereits auf dem Gymnasium zu S. begonnen hatte, abstehn zu wollen, schloß er mich weinend in seine Arme und böschwor mich, die Hoffnungen, die er auf mich gebaut habe, nicht zu zerstören wenn ich ausstudirt babe, könne ich seine Stütze werden, daß er das Jagdhandwerk für immer niederlegen könnte. So blieb ich bei meinen Studien, bis der gewaltsame Tod meines Vaters mich aus der mit Glück ver folgten Laufbahn schleuderte. Fünfzehn Jahre alt wußte ich das Gymnasium verlassen. Ich that es mit dumpfer Ncsignativn — das Interesse cm den Wissenschaften wich einem andern. Der Schmerz IM den Vater beherrschte mein ganzes Denken und Füllen und er sand keine andere Linderung, als in dun Entschlusse, den Gemeuchelten zn rächen. Meine arme Mutter ahnete an dem düster» Brüten meines Geistes den unheilvollen Entschluß; sic bcschwor mich unter Thränen, davon abzulasscn und dic Nache Gott anbeimzustellcn. Ihr Flehen enlwagnclc mich sür den Augenblick, und damit ich dem Gegenstände meincr Nachc entrückt würde, verlauste sie das vä terliche Haus und zog mit ihren Kindern in ihre Hcimath an dcr entgegengesetzten Grenze des Lan des. Aber der. Dämon, "der meine Brust erfüllte, wich nicht von mir. Meine Mutter mühte sich, mein Leben wieder in die alte Bahn einzulcnken: sic suchte mir mit Hilfe ihrer Verwandten Benesizien zu verschaffen, aber vergebens. Zuletzt mußte sic noch froh sein, mir eine Privatsccretairstellc bei ei nem Großen jener Gegend verschafft zu haben. In dieser Stellung kam ich alü sechszehnjährigcr Jüng ling nach Wien. Mein Prinzipal, ein Aristokrat intcrcssirte sich für mich. Er gab sich alle. Mühe, meinen Trübsinn zu verscheuchen und hoffte von dem lustigen Wien die beste Unterstützung seines Bemühens. In dcr That begann das neue be wegte Leben dcr prächtigen Kaiscrstadt mich zu zerstreuen, meine Nachegedanken traten in den