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alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Freitag, dcn25. Januar 1935 Postscheck: Dresden 2640 Nr. 21 — 94. Jahrgang Wilsdrusf-Dresden Telegr.-Adr.: „Tageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amishauptmannschast Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das »Wilsdruffer Tageblatt» rrlchcint an allen Merlttagen nachmittags 4 Uhe. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postdcftellung 1.80 RM, zuzüglich Bestellgeld, Einzelnummern 10 ?!psg, Alle Poftanstalten und Posl- jederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt für Wilsdruff U. UMgkgeNd ^cge^^tm FaUc^hübercr Gewalt, od. sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingcsaNdlcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. 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Sie muß auch jetzt, da ein ganz anderer Geist auch die Wirtschaft durchströmt, erst stückweise totgeschla gen werden. Solch ein Stück war z. B. die Anordnung der Einzelhandelssperre, wodurch die Errichtung neuer Verkaufsstellen erst völlig gesperrt, dann mindestens ab hängig gemacht wurde von einer Prüfung der fach lichen und moralischen Zuverlässigkeit des „Kandi daten". Und nun ist beim Handwerk, nach organi satorischem Neuaufbau dieses Standes, durch die Ein führung des „großen Befähigungsnachweises für das Handwerk" ein weiteres Stück der liberalistischen Gewerbe ordnung in die Wolfsschlucht geworfen worden, wo es schon lange hingehörte. Dabei hat es an wachsenden Widerständen gegen die schrankenlose Betätigung im Handwerk schon seit Ende der siebziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts nicht gefehlt! Aber es war unmöglich, gegen Liberalismus und Sozialdemokratie z. B. die Wiedereinführung der Meisterprüfung durchzufetzem Und als der Reichstag Anfang der neunziger Jahre endlich einen entsprechenden Beschluß faßte, wurde diesem im Bun des rat ein stilles Begräbnis bereitet! Mit Ach und Krach wurde dann der „kleine Befähigungsnachweis" Gesetz, wonach die Lehrlingsausbildung nur geprüften Handwerks meistern überlassen werden durfte. Für die Fabriks lehrlinge galt dieses Gesetz aber nicht und - am Wesen und Geist der Gewerbeordnung wurde dadurch auch nicht das geringste geändert; denn nach wie vor stand es jedem frei, sich im Handwerk zu betätigen. In der letzten Wirtschaftskrise zeigte sich denn auch ein starkes Herein strömen von gelernten Fabrikarbeitern usw. in das Hand werk, das doch eine ganz andere Ausbildung und vor allem einen anderen Geist verlangt, nämlich den der selbständigen Arbeit und der dementsprechenden Verantwortung. Die Berufs- und Betriebszählung von 1933 zeigte daher ein starkes Anschwellen der Kl ein- und Klein st betriebe im Handwerk Gewerbe und Hande! gegenüber der Zählung von 1925. Versuche des Handwerks selbst, diesen Zustrom durch Einführung der Handwerksrolle abzubremsen, mußten im wesentlichen schon deswegen mißlingen, weil für die Eintragung in jene Rolle zwar die Selbständigkeit des betreffenden Be triebes notwendig war, nicht aber ein Befähi gungsnachweis durch den Inhaber des Betriebes. Und nun kam nach der Machtübernahme des National sozialismus und im Rahmen seines Arbeitsbeschaffungs programms so etwas wie eine „Konjunktur" für große Teile des Handwerks: Die Jnstandsetzungsaktion. Hatte früher, vor dem Kriege, der Hausbesitz für die Erhaltung, Erneuerung und Ergänzung seiner Gebäude etwa eine „Arbeits-Milliarde" dem Handwerk zukommen lassen, so war dieser Auftraggeber nach dem Kriege ebenso siech und schwach geworden wie das Handwerk selbst. 1933 wurde das nun fast mit einem Schlage anders, und das Handwerk konnte nicht bloß auf einem festeren Boden stehen, sondern dieser Boden fing wieder an, zwar noch nicht golden zu sein, aber allmählich golden zu werden. Allerdings stießen und drängten sich auf ihm die Hand werker und die „Handwerker"! Die wirklichen Könner und die Pfuscher! Und der Kampf, den in scharfem An- und auch Zugriff der Nationalsozialismus z. B. gegen die Schwarzarbeit durchführte, war eine Tat, die dem Handwerk gewaltig geholfen hat. Aber noch harrte das Handwerk selbst der allmählichen Reinigung von berufs fremden Elementen, unter deren oft übrigens auch recht gefährlicher Schmutzkonkurrenz es schwer genug zu leiden hatte. Und nicht diese Elemente sollen das neugewonnene Gold aus dem Boden unseres Handwerks ziehen dürfen, sondern jene, die durch ihr Können, ihre Leistungen die G e w ä h r für wirkliche Qualitätsarbeit boten und bieten werden. Man schüttelt heute achselzuckend den Kopf, wenn man an die marxistischen, dem Liberalismus entsprossenen Phrasen denkt, mit denen die Sozialdemokratie einst operiert hat. Dazu gehörte auch das eiserne Doma: Dem Handwerk wie überhaupt dem Mittelstand ist nicht mehr zu helfen: Es wird durch die moderne Entwicklung der Industrie und Technik doch schnell zerrieben! Alle Klein betriebe ohne Ausnahme! Das hat man jahrzehntelang gepredigt, reichlich mit Fremdwörtern gespickt und — es trat trotzdem nicht ein! Aber man verhinderte wenigstens mit Erfolg eine von innen hevauskommende Stärkung des Handwerkertums. Die falschen Propheten und ihre „Dogmen" sind aus Deutschland hinausgefegi worden. Und aus dem Hand werk als bloßem Teil der Wirtschaft erwächst jetzt der Berufsstand mit seinen national-ethischen Pflichten Neue GW zur ReWlOm. Tagung des Reichskabinetts — Der Dank an die Saar — Organische Zinssenknng. In der Sitzung des Reichskabinetts ge dachte der Führer und Reichskanzler zunächst mit tief empfundenen Worten des Dankes und der Freude des überwältigenden deutschen Sieges bei der Saar- abstimmung. Das ganze deutsche Voll sei den Saar deutschen für ihre große Treue und Beharrlichkeit tiefsten Dank schuldig. Alsdann nahm der Führer die offizielle Einführung des neuen Reichsministers ohne Geschäftsbereich, Dr. Hans Frank, vor. Das Reichskabinett verabschiedete hieraus das dritte Gesetz zur Überleitung der Rechtspflege aus dasNeich. Nachdem die Leitung der Justizverwaltung der Länder in der Hand des Reichsministers der Justiz vereinigt worden ist, übernimmt das Reich als Träger der Justizhohcit die gesamte Justiz mit allen Zuständig keiten, Rechten und Pflichten, mit allen Justizbehörden und Justizbediensteten. Den Hauptinhalt der Kabinetts sitzung bildeten die von dem Reichsminister des Innern Dr. F r i ck vorgelegten Gesetze, die einen wesentlichen weiteren Schritt zur Reichsreform bedeuten. Es handelt sich dabei um das Reichsstatt- haltcrgesetz, wonach der Reichsstatthalter in Zukunft grundsätzlich an der Spitze der Landesregierung stehen soll und die Stellung des Rcichsstatthalters derjenigen der preußischen Oberpräsidenten angepaßt wird, ferner um die neue deutsche Gemeindeordnung, die sich auf die gegenwärtigen Grundsätze des bisherigen Landcsrechts gründet, aber eine weitgehende Mitwirkung der Partei in der Gemeindeverwaltung Vorsicht. Diese umfangreiche und weittragende Gesetzesarbeit, dte nach einer eingehenden Aussprache vom Reichskabinett gebilligt wurde, wird a m 3 0. Januar der Öffent lichkeit übergeben werden. Zum gleichen Termin werden die ebenfalls beschlossenen Gesetze über die Vorläufige Verwaltung des Saarlandes und über die Vertretung des Saarlandes im Reichstag veröffentlicht werden. Schließlich nahm das Reichs kabinett das von dem mit der Führung des Reichswirt schaftsministeriums beauftragten Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht vorgelegte Gesetz über die Durchführung einer Zinsermäßigung bei Kreditanstalten an. durch das die seit langem angestrebte und vorbereitete organische Zinssenkung nunmehr in die Tat umgesetzt wird. Vertragsabschluß der ReWregienmg aus Übernahme einer Reichsanleihe. 500 Millionen 4Vrprozentige Reichs anleihe. Amtlich wird mitgeteilt: Die Reichsbank hat für Rechnung des Reiches mit dem Deutschen Sparkassen- und Giro-Verband und der Deutschen Girozentrale — Deutschen Kommunalbank — 500 Millionen 4^prozcntige Deutsche Rcichsanleihe zuni Kurse von 9814 v. H. zur Unterbringung bei den Spar kassen abgeschlossen. Die Anleihe wird getilgt mit jährlich 2 v. H. der ursprünglichen Summe unter Verwendung der Zins ersparnisse zur Tilgungsverstärkung. Die Abnahme und Bezahlung der Anleihe erfolgt mit 40 v. H zum 20. Februar 1935, 30 v. H. zum 15. Mai 1935, 30 v. H. zum 15. August 1935. Der Erlös der Anleihe ist zur Konsolidierung von Aufwendungen für Arbeitsbeschasfungs- zwecke bestimmt und dient somit der Erleichterung der Finanzlage des Reiches in den späteren Jahren. Die Zulassung der Anleihe zum Lombardverkehr der Reichsbank ist vorgesehen. und Forderungen. Das organisatorische Gebäude hierfür wurde im Juni vergangenen Jahres in Angriff ge nommen. Jetzt aber, durch die Einführung des großen Befähigungsnachweises, wird das L e i st u n g s- prinzip im Handwerk auch zur wirtschaftlichen und national-ethischen Grundlage des inneren Aufbaues ge macht, denn, wie der Neichshandwerksmeister Schmidt aus der Kundgebung des Reichsstaudes des deutschen Hand werks sagte, „allein die Leistung wird in Zu kunft bestimmen, ob das Handwerk eine neue Blütezeit er lebt." Dann erhält mich der uralte, leider so miß brauchte Handwerkergrutz seine wahre Geltung wieder: „Gott segne das ehrbare HandwerN" L)as Gesetz übel die Zinssenkung. Nach dem Gesetz über die Durchführung einer Zins ermäßigung bei den Kreditanstalten wird den Kredit anstalten, die den Inhabern ihrer mit 6 Prozent und höher verzinslichen Schuldverschreibungen die Abänderung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse anbieten, die Ermächtigung erteilt, dieses Angebot zu erlassen mit der Maßgabe, daß es als vom Inhaber angenommen gilt, wenn es von ihm nicht innerhalb einer Frist von zehn Tagen abgelehnt wird. Das Angebot muß dieHerabsetzungdesZins- satzesauf4l4PrözentjährlichmitWirkung vom 1. April 1935 an unter Gewährung einer ein maligen, dem Jnhab-" der Schuldverschreibung mit dem nächsten nach dem 31. März 1935 fälligen Zinsfchein bar zu zahlenden Entschädigung von 2 Prozent des Nenn betrages der Schuldverschreibung vorsehen. Die aus der Annahme des Angebots sich ergebende Zinsersparnis bei der einzelnen Kreditanstalt ist zur Zins entlastung innerhalb des Bestandes an Hypotheken und Grundschulden sowie Forderungen gegen öffentlich-recht liche Körperschaften zu verwendete. Zmsheiastrmg um ^20 Millionen Marl jährlich gesenkt Die überragende Bedeutung des vom Reichskabinett beschlossenen Gesetzes über die Zinskonversion von 6 auf 4,5 Prozent geht deutlich aus der Tatsache hervor, daß es sich hier, wie wir von unterrichteter Seite erfahren, um einen Komplex von Werten im Umfang von etwa acht Milliarden Mark handelt, deren Zinsen gesenkt wer den. Durch diese Maßnahme wird das gesamte Zins belastungsniveau in Deutschland um einen Betrag von jährlich rund 120 Millionen Mark verringert. Es ist zweifellos, daß sich daraus eine erhebliche weitere Wirtschastsbclcbung ergeben wird, ebenso wie die Aktion auch eine Verbesserung des gesamten Kapitalmarktes, insbesondere des Pfandbricfmarktes, hcr- beiführen wird. Was nun die Methode der in die Wege geleiteten Zinskonvention betrifft, so ist zunächst hcrvorzuheben, daß sie auf vollständiger Freiwilligkeit beruht; es ist keine irgendwie geartete Eigentu msbeein- trächtigung mit ihr verbünden. Auf die früher gelegentlich gehandhabte Methode eines Barzah lungsangebotes an diejenigen, die die Konversion nicht mitinachen wollten, konnte bei dem neuen Gesetz nicht zu rückgegriffen werden. Bezeichnend ist, daß das Publikum zweifellos schon seit langer Zeit mit der Konversion gerechnet hat, die nun durch die Entwicklung auf dem Kapitalmarkt möglich ge worden ist. Es sei nur darauf hingewiesen, daß heute die Kursdifferenz zwischen den 6prozentigen und den 4,5- prozentigen Werten so gering geworden ist, daß damit die natürliche Basis für eine Konversion von vornherein gegeben war. Was die Erwartung des Publikums an betrifft, ergibt sich deutlich daraus, daß heute die 6proz. Papiere ohne diese Voraussicht eigentlich viel höher stehen müßten; sie müßten über Pari stehen. Das Interesse des Publikums hat sich in viel stärkerem Maß den 4- und den 4,5prozentigen als den 6prozentigen Werten zugewendet. Die ganze Aktion liegt im natürlichen Zug der deut schen Wirtschaftsentwicklung und muß selbstverständlich in einem Zug durchgeführt werden. Es hat keinen Zweck, etwa die einzelnen Emissionen aufzulösen und eine nach der anderen vorzunehmen, sondern die gesamten Pfand briefgruppen müssen erfaßt werden. Die Notiz, die bisher für die 6prozentigen Stücke galt, wird auf die 4,5proz. übertragen. Damit verschwindet der 6prozentige Typ an der Börse, denn die protestierenden Stücke werden nicht weiter notiert: so entfällt die Möglichkeit ihrer Beleihung. Französische Rote an Abessinien. Wegen des Zwischenfalls von Dschibuti. Der Zwischenfall von Dschibuti hat doch ein diplo matisches Nachspiel nach sich gezogen. Die französische Regierung hat bei der abessinischen Regierung einen Schritt unternommen, um darauf hinzuwirke«, daß die abessinische Negierung die unbotmäßigen Stämme, denen die Niedermetzelung des französischen Verwaltungsbeamten Bernard und seiner Leute zuzuschrcibcn ist, unterwirft und die Gegend, in der sich das Blutbads abgeffuck hat, befriedet.