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Preis vierteljHrllch IS Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile" oder deren Raum mit S berechnet. ----- Freiberger Anzeiger den die Nachmittag« z Uhr sllr die nächst- > Tageblatt. Amtsblatt Les KSnigl- KrstrKsStrichts ?u Freiberg, somit Ser Königl. Grrichtsämttr und -er Sta-träthr M Freiberg, Kaaba und Brand. 1858. 116 Montag den 2. August. Togesqeschichte. Freiberg. Oeffentlichc Gerichtsverhandlung den 10. August Vormittags 9 Uhr. Hauplvcrhandlung in Ler Unter suchung wider den Leinweber August Friedrich Müller aus Wege- sahrt, wegen Diebstahls. Das Amtsblatt zu Rötha enthält eine ausführliche Mit- thniung über die Kindesmörderin Friedericke Schlüßler aus Muckern und die Betheiligung der Mutter derselben, der Leichen- wäschcriu Schlüßler in Muckern und Großpötzschau, an dem Verbrechen. Es heißt darin: „Friedericke hat außerehelich einen Knaben geboren, der ihr jedoch beim Wiedervcrmiethcn und ebenso der Großmutter bei ihren Handarbeiten hinderlich ist. Letztere rälh daher ihrer Tochter, das Kind in Len Teich zu werfen, und diese, nach langem Kampfe mit der Mutterliebe, entschließt sich endlich dazu. Mitternachts nimmt sic einmal daS süß schlummernde Knäblein in einen Tragkorb, verhüllt es sorg fältig in seinen Beltchcn, und ehe die aufsteigende Sonne Lie schwarze That beleuchten kann, ist sie an Ler verhängnißvollen Stelle. Weinend entkleidet sie den schlummernden Kleinen und wirft ihn mit abgewcndetem Gesicht Len Fischen zur Nahrung zu. Mit Hast erfaßte sic darauf des Kindes Kleider und Betten, drückt ste eilig i„ den Tragkorb und flieht einer Wahnsinnigen gleich; von Ort zu Orr trägt sie ihre Schritte, nirgends Ruhe, nirgends ihr Bleiben, sie läuft den ganzen Tag umher, die brennende Sonne ist ihr nicht heiß und dcö Abends Kühle ist ihr nicht kühl, ihre Kräfte nehmen ab und ermattet, bleich und verstört kehrt sie erst am späten Abend zur treulosen Rathgebcrin, zur Mitwisserin ihrer That, zu ihrer Mutter, weinend zurück. Diese fragt nicht nach dem blühenden Kinde, dem Enkel mit blauen Augen; sie weiß es ja, wohin die Tochter gegangen ist, tenn als sie um Mitternacht das Haus verließ, schloß die Mut ter die Thür hinter ihr zu und schlief wieder ein ! Daß daS Ver brechen entdeckt wurde, ist bereits gemeldet, aber damit ist leider Las Schreckliche noch nicht beendet. Die alte Schlüßler hat nämlich gestanden, daß ihre Tochter Friedericke vor etwa vier Jahren ein Mädchen geboren, Las sie im Verein mir ihrer Toch ter in ihrem Garten verscharrt habe. Die gehaltenen Nachgra bungen führten auf Spuren und Ueberreste einer kleinen Leiche und bestätigten somit die neue grauenvolle Anklage. Die weitere Untersuchung wird den schwarzen Schleier heben, der über diese That noch außgcbreitet ist, und darüber Gewißheit verschaffen, ob auch hier die treulose Mutter den furchtbaren Plan entworfen und sich und der Tochter neues Verderben bereitet Hal. Mit Entsetzen spricht man sogar von einer dritten, ähnlichen bösen That." Bei Hamm in Westphalen hat eine 2000 Fuß hohe Wind hose auf ihrem Zuge, den man eine halbe Stunde weit verfolgt Hal, Dächer abgedeckt, eine Gartenthür in die Luft geblasen, das >vie ein Kartenblatt aussah, die Bohnenstangen zerstört, Korn garben mit in die Höhe genommen und sogar auf der Eisen bahn zwei leere Güterwagen 40 Fuß von der Bahn wegge- schleudert. Am 23. d. Mts. fiel ein 7jähriges Mädchen aus Gräfen dorf zwischen Saalfeld und Pößnitz in die in der Nähe be findliche mit Wasser gefüllte Torfgrube. Der dortselbst be schäftigte 35jährige Vater, welcher dies gewahrte, sprang in die fragliche Grube, um sein Kind zu retten und ertrank mit demselben. Bern, 27. Huli. Heute wurde im Ständerath der Nccurs der Genfer in der Flüchtlingsfrage abgewiesen. Genf Kinde vertheidigt namentlich durch den Ständerath Vogt, Bür ger des Cantons Bern und Genf. Er suchte namentlich nach ¬ zuweisen, daß die Eidgenossenschaft durch strenge Flüchtlings- maßregeln Vie Fortentwickelung Genfs gefährdete. Bei den ' ältesten Geschlechtern Genfs lasse sich Nachweisen, daß sie Ver bannte und Flüchtlinge anderer Länder seien. Jährlich erhal- ! ten Hunderte das Bürgerrecht, und doch sei es mit wenigen ' materiellen Vortheilen verbunden, außer eben der Möglichkeit, seine Kenntnisse verwerthen zu können. In Neuenburg existire eine Section Ler berüchtigten „Marianne", und es falle dem s Bundcsrath nicht ein, einzuschreiten. Die italienische HilfSgisell- ! schäft habe sich von selbst aufgelöst und nie einen politischen Charakter gehabt, was der Streit über die Zulässigkeit der Mazzini'schen Subskriptionsliste beweise. Hr. DubS dagegen bemerkte, man sei mit Genf nie streng verfahren, auch nicht mit i seinen Flüchtlingen; allein das Wohl und die Existenz der ! Eidgenossenschaft reiche doch weiter als die Interessen deS . Cantons Genf, dürsten wenigstens nicht zu sehr außer Acht ge lassen werden. Der Recurs wurde dann mit großer Mehrheit ! abgcwiescn. Frankfurt a. M-, 20. Juli. Man schreibt der AugS- burger Allgemeinen Zeitung von hier über die französische Paß- , Plackerei: „Daß Lie französische Regierung die Reisenden nach Frankreich mkt einer Kopfsteuer von 5 Fr. belegt, ist eine dem i Publikum weniger angenehme als Len Gesandtschaftskasien nütz liche, nachgerade altgewordene Sitte. Neu aber ist Lie Vorschrift, daß alle Reisenden jenen Tribut persönlich darbringen müssen, und am allerneucsten die Art und Weise, wie derselbe im hiesigen Gcsandtschastshotcl entgcgengenommcn wird. Der beschränkte undiplomatische Unterthanenverstand bildet sich ein, wenn der Nei- sende seine Paßvisa selbst einzuholen genöthigt wird, so müsse dieses nicht bloS nach dem Grundsätze holder Gegenseitigkeit, soa» dern auch um die Identität der Person zu constatircii, Lurch den Kanzler oder Kanzlisten Ler Gesandtschaft, Mr. le Cbancelier, ! in eigener Person vollzogen werden. Weit gefehlt. In einem Zimmer, nicht doch, in einem Vorzimmer, vielmehr in einem Gange, der unglaublich eng, kurz, niedrig ist, drängt sich lk zwei Vormittagsstunden, von 11—1 Uhr, daS visa-sehnsüchtige Publikum ohne Unterschied des Geschlecht?, LeS Alters, deS Stan- ! des durcheinander; alle sind Standrsprrscnen, insofern alle stehest, . sintemalen keine Stühle da sind. Wie au Len meisten Eiscnbahn- , kaffen, welche eine Viertelstunde vor Abgang de? ZugS geschlos- sen werden, dafür aber auch eine halb« Stund« vorher noch nicht eröffnet sind, so geht auch hier Lie schmal« Pforte, durch ! welche man allein nach Frankreich passin, erst kurz nach 11 Uhr auf, wenn die Menge hinlänglich Licht ist, um eine male rische Gruppenbildung zu ermöglichen. Was erblickt der har- ! rende Fremdling hinter jener Pforte? Den Herrn Gesandtschafs» secretär nicht, auch nicht den blühenden Gesandtschaftsknaben, . wie Apollonius v. Maltitz Attache vortrefflich übersetzt, ja, nicht einmal Mr. le Chancelier, sondern einen guten ehrlichen deulsch- ! blonden, daS reinste Frankfortsch redenden Hausknecht in einem einfach-geschmackvollen Wollcamisol, höchstwelcher eine kleine ! Schachtel Schuhwichse auf einem kleinen Tisch flüssig macht, woraus die Adlerstempel fliegen sollen. DaS Gemach ist wieder , unglaublich eng, kurz, niedrig; es steht nichts darin als jener kleine Tisch und zwei Strohstühle, auf die unverzüglich zwei Engländer stürzen, sich die schweren Schweißtropfen schweigend . von der hohen kahlen Stirn wischend. Nun beginnt die feier liche Handlung. Der Hausknecht nimmt die von allen Seite» mit zorniger Begleitung aller Zungen — die stürmischste und spitzigste darunter die französische — drohend, flehend, wettei- ! fernd ihm entgegenstreckten Pässe. Sobald er deren einige ge stempelt hat, reicht er sie in das Allerheiltgste — ein Zimmer nebenan, dem Publikum unzugänglich. Tiefe Pause. Nach einer Weile ein bedeutsamer Glvckenzug drinnen: der Oberpriester hat vollendet, das Opfer ist fertig. Sein dienender Knabe