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1878. Sonnabend, den 22. Juni itchmddreißigster Jahrgang sowie -r- Mniglichcn Vrrichtoamtes und des Stadtrathes zu Dischofswerda angeschlagen werden konnte, ist doch nicht vergessen zu machen. Vorläufig wird dadurch die Wahlbe wegung verwirrt durch den Zweifel, ob in ihrem weiteren Verlauf die ursprüngliche Heftigkeit oder die augenblickliche Mäßigung die Oberhand gewinnen, ob der vor acht Tagen unvorsichtig verrakhene böse Wille gegen den Liberalismus mächtiger sein wird, ober der Zwang, welcher diesem bösen Willen momentan auf erlegt ist. Die Liberalen wünschen nichts Anderes und nichts Besseres, als im Bündniß mit allen anderen staat lich gesinnten Parteien die socialdemokratische Gefahr zu bekämpfen: sie hätten in einem Augenblicke, wie der gegenwärtige, keine Auflösung veranlaßt; aber sie können auch nicht, nachdem die gegen sie aufgefahrenen Batterien unvorsichtig demaskirt worden sind, auf eine unbestimmte Versicherung hin, daß dieselben eigentlich nichts zu bedeuten haben, sich beruhigen. Sie müssen und wollen bereit sein — und man soll in den gegnerischen Lagern wissen, daß sie cs sind! Die Lage mag aus den Gründen, welche oben berührt worden, unklar und unbestimmt sein, — die Aufgabe aller derjenigen Wähler, welche eingedenk sind, daß nicht für die Entscheidung über ein Gesetz, sondern für die parlamentarischen Aufgaben dreier Jahre ge wählt wird, ist klar und bestimmt: sie müssen ihren Vertretern die Unterdrückung der socialdemvkratischcn Agitation auftragen, diesen Auftrag aber nur Männern ertheilen, welche die freisinnigen Errungenschaften des letzten Jahrzehnts vertheidigen und in den jetzt schwebenden Steuerfragen dafür sorgen wollen, daß in unserem öffentlichen Leben der Reichstag ein selbst ständiger Factor bleibt. Letzteres, so wenig davon augenblicklich gesprochen wird, ist der entscheidende Punkt unserer politischen Lage. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und LonnabendS und kdstet einschließlich der Son» abend» erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark 50 Pfg. (15 Ngr.). Inserate werden dir Dienstag« und Freitags früh » Udr angenommen. Deutsches Reich. Bischofswerda, 21. Juni. Se. Maj. der König hat dem Herrn ArresthauSinspector Carl Traugott Lehmann allhier, sowie dem Gemeindevor stand Herrn August Heinrich König in Burkau daS allgemeine Ehrenzeichen verliehen. — 21. Juni. Die gestern Abend stattgefundene Höhenbeleuchtung war vom Valtenberg aus gesehen im wahren Sinne des Wortes eine brillante zu nennen. Da uns in sehr zuvorkommender.Weise Zur Klärung für die bevorstehende Wahl. Nachdem der Reichstag einmal aufgelöst worden ist, empfindet man überall mehr oder weniger klar, daß die Hauptaufgabe des Augenblicks, nämlich die Bekämpfung der Socialdemokratie, eigentlich gar nicht der Angelpunkt eines Wahlkampfes sein kann: über den Zweck ist ja hinsichtlich derselben alle Welt einig; über die Mittel aber kann man sich nicht in Wahlversammlungen einigen, sondern nur im Parlamente selbst; denn der in den Wahlkampf ge worfene Gegensatz von allgemeinen und Ausnahme- Gesetzen erschöpft diese Frage der Mittel nicht im Entferntesten; es sind vielmehr die verschiedensten Vorschläge zur Niederhaltung der socialdemokratischen Agitation denkbar, welche sich in jene beiden Rubriken nicht einschachtcln lassen, sie alle können nur im Reichstage gegen einander abgewogen werden. DaS Recht der Wähler ist, ihren Vertretern ge genüber auszusprechen, daß sie auf alle Fälle die Unterdrückung der socialdemokratischen Agitation ver langen; die Pflicht der Gewählten wird es dann sein, für die Erfüllung dieses Auftrags zu sorgen. Daß unter diesem Gesichtspunkt eigentlich gar kein Streitgegenstand vorhanden ist und daß dennoch die Parteien infolge der Eröffnung eines Wahlkampfes sich gegen einander rüsten, daran ist zunächst die Unklarheit und Unsicherheit über die eigentlichen Zwecke der Regierung Schuld. Aber auch ein zweiter Grund veranlaßt den Aufmarsch der Parteien gegeneinander. Weil der Kampf gegen die Socialdemokratie nicht ausreicht, die Anordnung von Neuwahlen genügend zu motiviren, suchte man nach einem anderen Grunde, welcher dazu bewogen hätte, und die conservative Presse sorgte leider dafür, daß man nicht lange zu suchen brauchte, sie gab die Parole der Zurück- drängung des Liberalismus aus. Wenn dieselbe unwidersprochen blieb, so wäre die Sachlage allerdings vollständig geklärt gewesen. Aber flneS Feldgcschrei entsprach nicht der Auf fassung, in welcher wenigstens ein Theil der maß gebenden Personen im StaatSministerium, sowie im Bundesrath, und sogar an einer noch höheren Stelle der Auflösung zugestimmt hat; und so ist der To» osficiöser und conservativer Kampflust jetzt wieder ^stark herabgestimmt worden. Allein, daß er überhaupt