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und Tageblatt Amtsblatt für die kömzlichen und städtische» Behörden zn Freiberg nud Brand, vermttwaültcher Redakle«: Julius Braun io Freiberg. — 3». > Ticustag, den 12. Januar. Inserate werden bi« Vormittag 11 Uhr angenom men und betrügt der Pret« für die gespaltene Zeil« oder deren Raum 1b Pf. 188«. Der Bericht der Finanzdeputation der zweiten Kammer über den Ankauf von drei Freiberger Gruben. Wie bereits in Kürze mitgetheilt wurde, hat die Finanzdeputation X der sächsischen zweiten Kammer der letzteren die Genehmigung des von der Kgl. Staals- regierung vorgeschlagenen Ankaufs von drei Freiberger Gruben empfohlen. In dem Bericht, in welchem dieser Beschluß der Finanzdcputation X (Referent: Abg. Georgis ausführlich begründet wird, erinnert die letztere zunächst daran, daß sie bereits auf dem Landtage 1879/80 der Regierung gegenüber dem Bedenken Ausdruck gegeben habe, „daß möglicherweise trotz aller gebrachten Opfer dos Ziel einer dauernden Hebung und Sicherstellung des Freiberger Bergbaues nicht erreicht werden würde", sowie „daß der Fall eintreten könnte, daß trotz aller Unter? stützungen und aller von den Hütten gemachten technischen Anstrengungen diese sich schließlich abgebautcn Gruben gegenüber fänden". Tie bedeutende Höhe der für 1884/85 zur Unterstützung des Privatbergbaurs stipulirten Summen (400000 Mk. Beihilfe an die Bergbaulassen und 600000 Mk. außergewöhnliche, außerordentliche Erzbezahlungszulage), sowie der gelegentlich des Kaufangebots einer Grubcn- vertretung gewonnene Einblick in die mißlichen finanziellen Verhältnisse dieser sür den Bestand der inneren Freiberger Revier sehr wichtigen Grube, sührten schon auf dem vorigen Landtage zu dem Anträge, die Negierung wolle erörtern, in welcher Weise die Zukunft des Freiberger Bergbaues wirkfamer als bisher sicher zu stellen sei. Das Ergebniß dieser Erörterungen bildet den Inhalt des den Standen zugegangenen königlichen Dekrets und des denselben beigegcbenen Gutachtens des Bergwerksdircktors Bilharz. Die Deputation stimmt in ihrem Bericht der Annahme des König!. Finanzministeriums zu, „daß sie den Eindruck gewinnen würde, der Verfasser des Gutachtens, eine in fachmännischen Kreisen sehr angesehene Autorität, habe die ihm gestellte Aufgabe richtig erfaßt und ent sprechend gelöst". Die Mcktheilung, daß Herr Bilharz für das Studium der Freiberger Gangverhältnisse die erforderliche Anleitung von dem als besonders kompetent anzusehcnden Herrn Oberbergrath Müller in Freiberg erhalten habe, bot überdies eine Gewähr dafür, daß auch die besonderen lokalen Verhältnisse des Freiberger Berg baues, welche ein langjähriges Sprzialstudium an Ort und Stelle erfordern, die nöthige Berücksichtigung gefunden haben. Die Meliorationen, wclck e für eine dauernde Hebung des Freiberger Bergbaues unerläßlich sind, erfordern tür die fünf untersuchten Gruben eine Summe von 3 405 000 Mk., deren Aufbringung den Gewerkschaften nicht angesonncn werden kann. Nur die Grube „Himmelfahrt" würde in der Lage fein, die auf sie entfallenden 849000 Mk. durch Auf opferung von nahezu -/, ihres Reservefonds (wenn man von den ungewissen laufenden Erträgen absieht) zu beschaffen. Wenn bei der Unsicherheit der künftigen Rentabilität einer solchen Aufwendung, wie sie in der Natur des Freiberger Gangbcrgbaucs an sich liegt und durch die Unberechenbar keit der ferneren Gestaltung der Metallpreise noch erheblich gesteigert wird, die Gewerken keine Neigung haben, so weit gehende Opser zu bringen, so wird man ihnen dies von ihrem Standpunkte aus nicht verargen können. Schon bei Himmelssürst aber würde der ea. 900000 Mk. betragende Reservefonds nicht ausreichen, um die auf 945000 Mk veranschlagten Meliorationen zu bestreiten und bei den drei Mittelgrubcn endlich kann ja von der Möglichkeit, die bei ihnen erforderlichen 1571000 Mk. zu beschaffen, gar keine Rede sein. Die Unzulänglichkeit der den Grubenverwastungen zur Verfügung stehenden Mittel verdient neben ihrer prin zipiellen Bedeutung auch deshalb besonders betont zu werden, um der Annahme vorzubcugen, als ob die Unfähigkeit oder Nachlässigkeit der tech nischen Leiter der Gruben die ungünstige Lage derselben verschuldet hätte. Es finden sich im Gegentheil eine ganze Reihe von tüchtigen Leistungen bei einzelnen Gruben im Gutachten verzeichnet und man wird den betreffenden technischen Leitern Anerkennung dafür um so mehr zollen müssen, wenn man sich die schwierigen Verhältnisse, mit denen sie zu kämpfen hatten, vergegenwärtigt. Mit besonderem Nachdruck betont die Deputation, daß die bisher dem Privatbergbau gewährten Unterstützungen keineswegs verschleudert, sondern zu Meliorationen von voraussichtlich dauerndem Wcrthc verwendet worden sind, die im Interesse des Bergbaues und der fiskalischen Hütten nothwcndig erschienen, für deren Herbeiführung aber die finanziellen Kräfte der betreffenden Gruben unzureichend waren. Tie Deputation erinnert daran, daß keine der Vor- schußgruben (zu denen „Himmelfahrt" und „Himmelsfürst" nie gehört haben) Ausbeute verlheilt hat, sondern sie viel mehr gehalten gewesen sind, ihre aesammten eigenen Erträge, sowie ihren Antheil am fiskalischen Hüttengewinne, nach Befinden sogar Zubuße (Junge hohe Birke) ebenfalls Be- triebszwecken zuzuwenden. Was die andern, nicht nur be stimmten Gruben unter bestimmten Garantien, sondern während der Finanzperiode 1884/85 allgemein gewährte Art der Unterstützung, die außerordentliche Erzbezahlungszulage, onlangt, so war dieselbe nothwendig, um bei den gesunkenen Mctallpreisen den Fortbetrieb der meisten Gruben überhaupt zu ermöglichen. Indem die Deputation anerkannte, daß in der bisherigen Weise der Freiberger Bergbau auf die Dauer nicht sorlge- sührt werden kann, hat sie zugleich die Nothwendigkeit der Verstaatlichung anerkannt für den Fall, daß der Bergbau überhaupt erhalten bleiben soll. Für die Erhaltung des Freiberger Bergbaues sprechen Volkswirt h schäft liche, soziale und fiskalische Gründe. Ten ersteren legt die Deputation die wenigste Bedeutung bei; um so wichtiger erscheint ihr die Bezugnahme auf die große Zahl von Privatwirtschaften, welche beim Untergange dcü Bergbaues dem Ruin überliefert und der Hinblick auf die schweren sozialen Mißstände, die dadurch herbcigeführt würden. Ueberlassen die Stände den Freiberger Bergbau sich selbst, so würde zunächst die Grube „Junge Hotze Birke" entweder sofort den Konkurs anmelden oder den Versuch machen müssen, denselben durch freihändige Liquidation (forcirten Abbau der bereiis aufgeschloffenen Erzmittel, dann Hcrausreißcn der Maschinen u. s. w.) abzuwendcn; in dem ersten Falle würde die gesammte Belegschaft so fort, in deni zweiten nach und nach, aber immer hin innerhalb kurzer Fristen, brotlos werden. Die anderen Gruben winden, auch ohne sich in gleicher Zwangslage zu befinden, wenn sie keine Aussicht haben, sich dauernd zu halten, möglichst rasch Alles aus dem Unterirdischen herausholen, was daselbst noch irgend bereit liegt, um Zinsen, Generalkostcn und Revicrabgabcn zu sparen, welche natürlich immer drückender werden müssen, auf je weniger Schultern sie sich verthcilen. Auch bei den Hütten würde dann die Verminderung der Erzanlieserung bald zu einer Reduktion des Arbciterpersonals führen. Die Deputation hält eS für unzweifelhaft, daß den circa 6600 Freiberger Bergleuten und schließlich auch den circa 1400 Hüttenarbeitern, mit Frauen und Kindern, im Ganzen viel leicht einer Bevölkerung von 32000 Köpfen, ungerechnet die Angestellten und die zahlreichen vom Bergbau lebenden Handwerker, ein schwerer Nothstand droht, wenn der Staat sich des Bergbaues nicht annimmt. Der dritte Gesichts punkt ist der fiskalische. Mit ihm betritt man jeden falls den prinzipiell festesten Boden, denn, wenn cs sich als wahrscheinlich erweisen läßt, daß der Fiskus als solcher besser thut, die für die Bergwerksübernahme erforderlichen Aufwendungen zu machen, als dieses Opfer zu scheuen, so wird sich gegen die vorgcsckilageire Maßregel überhaupt kaum noch etwas cmwcndcn lassen. Das fiskalische Interesse ist namentlich eisenbahn- und hüttenfiskalischcr Natur und wird das letztere in dem Depulationsberichl eingehend erörtert und überzeugend nachgewicsen, daß aus dein Er liegen des Freiberger Bergbaues allmählich auch das Ein gehen der Hütten folgen müßte. Zunächst würden sie bei zurückgehcnden Erzlicferungen unter ungünstigeren Fabri- kationsbcdingungen arbeiten und deshalb geringere Ueber- schüssc erzielen, bis schließlich der Augenblick kommen würde, wo diese ganz verschwinden und man sich zur Einstellung des Betriebes würde entschließen müssen. Das in den Hütten angelegte Kapital, welches für den Schluß der Finanzperiöde 1882/83 mit 7291287 Mark beziffert war, würde dann in der Hauptsache auch als verloren zu be trachten sein. Viel schwieriger gestaltet sich die Frage nach der Größe des finanziellen Risikos, welches der Staat durch den An kauf der fünf untersuchten Gruben auf sich nehmen würde. Die Königliche Staatsregierung hat es ausdrücklich ab- aelehnt, eine von ihr zu vertretende Rentabilitätsberechnung für die von dem Betriebspläne in Aussicht genommenen 5 Jahre aufzustellcn. Die Deputation nimmt an, daß auch, wenn alle von dem Direktor Bilharz erwarteten günstigen Folgen der Verstaatlichung eintretcn, die Gruben allein aus ihren taxmäßigen Erz-Einnahmen (ohne außerordentliche Zulage und) ihrem Hüttengewinnantheil die Ausgaben ihres Ordinariums und die Tilgung des MeliorationsaufwandcS nicht werden decken können, sondern einen Zuschuß aus den Hüttenerträgen bedürfen werden. Andererseits steht aber auch zu erwarten, daß — wenn die Produktionssteigerung bei den drei Mittclgruben in der von dem Gutachten er warteten Weise annähernd gelingt, die GewinnungL- und Generalkosten sich entsprechend verringern, bei den beiden großen Gruben die gegenwärtige Produktion aufrecht erhalten bleibt und die Kosten auch durch die erstrebte größere Tiefe nicht erheblich gesteigert werden und die Mei allpreise nicht noch weit mehr als jetzt sinken, das für die Hütten angelegte Kapital sich angemessen verzinsen werde. Im Ganzen wird man die fiskalische Seite der Frage, in soweit es sich um die Hütten handelt, dahin zusammen- fassen können: auf der einen Seite, bei Ablehnung der Verstaatlichung, die Sicherheit, in früherer oder späterer Zeit den Hüttenbetrieb einstellen zu müssen, auf der anderst die Wahrscheinlichkeit, dauernde, wenn auch reduzirte Hülten- erträge fort zu beziehen oder wenigstens — falls bei Ver staatlichung der 5 Gruben die Meliorationen sämmtlich auf den laufenden Etat genommen werden sollten, was unter dem Gesichtspunkte solider Finanzwirthschast gewiß das Richtigste ist — die Hütlenerträge nach längerem Ver schwinden aus dcm Etat doch einmal wieder erscheinen zu sehen. Da hierzu noch die Gewißheit eines umfassenden Nothstandcs auf der einen, die sichere Aussicht, denselben ungünstigsten Falles wenigstens auf Jahre hinaus verschieben und dann mindestens abschwächen zu können, auf der andern Seite kam, so mußte die Deputation sich mit der Ber- » staatlichung des überwiegenden Theiles der Frei berger Revier prinzipiell einverstanden erklären. Die Deputation hat, wie dies bei einer grundsätzlichen Behandlung der Verstaatlichungsfrage nicht anders möglich war, immer den Erwerb sämmtlicher 5 begutachteten Gruben im Auge gehabt. Zunächst liegt aber zur Zeit nur ein Antrag auf Ermächngung der Königlichen Staatsregierung zum Ankauf der drei Mittelgruben vor. Die Deputation nahm aber keinen Anstand, auch diesem vorerst nur theil- weisen Vorgehen zuzustimmcn in der Uebcrzeugung, daß über kurz oder lang auch die beiden Hauptgrubcn durch die Verhältnisse zum Verkauf unter für den Slaat annehm baren Bedingungcn werden gedrängt werden. Die neuer dings seitens der betreffenden Grubenvorstände wieder auf- qcnvmmcnen Verhandlungen und die von denselben bewirkte Ausschreibung vvn Gcwcrkcntagen sprechen sür die Richtig keit dieser Annahme. Der Bericht schließt mit dem Anträge, die Regierung zum Ankäufe der drei Gruben unter den mit den Vertretungen derselben vereinbarten Bedingungen zu ermächtigen und die Kaufsummen, sowie die in dem ordentlichen Etat eingestellten Postulate für Meliorationen nach der Vorlage zu bewilligen. Es steht zuversichtlich zu hoffen, daß der mit ziffermäßigen Nachweisen versehene, mit großer Fachkenntniß abgefaßle und wahrhaft meisterhaft ausgeführte Bericht der Finanzdepu- taüvnXdie Mehrheit der zweiten Kammer von der Nothwendig keit und Nützlichkeit der Verstaatlichung der drei erwähnten Frei berger Gruben voll überzeugen und auch den Pfad für den An kauf der Gruben „Himmelfahrt" und „Himmelssürst" ebnen werde. Für unsere Bergstadt, die davon nicht nur die Er haltung, sondern auch ein Wicdcrerblühcn dcs Bergbaues erhofft, sind die bevorstehenden Entschlüsse der sächsischen Volksvertreter von schwerwiegender Bedeutung; sie wird es Denen ewig Dank wissen, welche der Kgl. Slaat sregierung jetzt ihren Beistand bei dem Bemühen leisten, dem altbe- rühmtcn Freiberger Bergbau Rettung und die Möglichkeit neuen Gedeihens zu schaffen. Glück auf! Tagesschau. Freiberg, den 11. Januar. Bei der Uebcrsendung des Christusordens richtete Papst Leo XIII. an den deutschen Reichskanzler ein Glückwunsch schreiben, dessen lateinischen Text der „Rcichsanzeiger" veröffentlicht. Dasselbe lautet in deutscher Uebersetzung: ,Papst Leo xnl. entbietet dem ausgezeichneten Manne dem Fürsten Otto Bismarck, dcm großen Kanzler des Deutschen Reiches seinen Gruß. Da über die Karolinen-Inseln auf der Grundlage der von uns vvraeschlagenen Bedingungen eine Ucbcreinknnft unter günstigen Umständen erfolgt ist, so trugen wir dafür Sorge, daß unsere Zufriedenheit hierüber dem er habenen Kaiser Deutschlands kundgegeben wurde. Dieselben Gesinnungen wollen wir aber auch Dir, Hoher Fürst, aus sprechen, da es aus Deine Meinung und Deinen Antrieb hin geschah, daß jene Streitfrage uns zur Ausgleichung übertragen wurde. In der That darf man der Wahrheit gemäß bekennen, daß, wenn es möglich war, die verschiedenen Schwierigkeiten,