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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188403080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840308
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-03
- Tag 1884-03-08
-
Monat
1884-03
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.03.1884
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Netsrtion und Lrprditio» Johanuesgasse 33. OprechKunden der Nedartiou: Bormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« ü—6 Uhr. kvr tt» »«i»»« em,»lantrn tdinnitcrivte «acht sich »« N«»«a>»i> nicht »ndlaruch, >««h»o »er für »te ,rchM«l,e»»« " »er sestt«mte« Inserate a« »tagen dt» S Uhr Nachmittag«, im ««» Kesttage« früh di»'/,» Uhr. 3» den Filialen für 3ns.-Annah«e vtta Klemm, UuiversttätSstraße 21. taui» Lisch«, Katharinenstraße 18, v. nur di« '/,r vdr UchIgerIll-MM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L8.L00. LdONNNNnitsnrei» vienels. 4'/, M!:. mcl. Brmqertotm 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede »inzelne Nummer 20 Pj. Belegexemvlor 10 Ps. Gebühren lur Extrabeilagen adnr Poitbe'örderung 39 Mk. Mi» Poilbesvrveruag 48 Mk. Inserate Sgeivaltene Petitzeile 20 P-. Gr-Here Schritten laut unierem Preis- verzeichniß. Ldbellarischer «.Zisscrniatz nach böhcrm Tan! Reklamen unter dem Krdactionsllrich die Svaltzeile öO P'. Inserate siud KerS an die teppr-ition zu ieaden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueoaweruiulo oder durch Posi- »achnaame. ^-68. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag» den S. März, Bormittags nur bis j-v Uhr geöffnet. LxpeäMon Ss8 IsvipLlxer ^axedlLttes. Amtlicher Thell. Tounabeud den 8. März 1884. 78. Jahrgang. Das 7. Stück de» diesjährigen Reichsgesetzblatte» ist bei >»a ««gegangen und wird bis zum 2«. dieses Mounts ans dem Ratbhau-saale zur Einsichtnahme öffentlich auSbängen. Dasselbe enthält: Nr. 1581. Bekanntmachung, betreffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen de» Gartenbaue». Dom 26. Februar 1884. Schyig, den 4. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. Ile. Georgi. Stög. Bekanntmachung! L« 1V. Lpril lausenden Jahres sind die einjährigen Zinsen von ALSO Capital, nämlich 1500 Legat ve» H^r» HtadtSltesten Hentze, 300 Geschenk der Erben de» Herrn Kaufmann Tbärigcn und 500 Geschenk einer Ungenannten, an arm« blinde Leute in diesiger Stadt zu vertheilen. Bewerbungen um diese Spenden sind bi» zum 31. laufenden Monat» schriftlich und unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse bei nn» einzureiche». Leipzig, den S. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Kretschmer. Nichtamtlicher Thell. Die Thronrede. Die Rede, welche Herr v. Bötticher im Auftrag« de» Kaiser» zur Eröffnung des Reichstage? verlesen hat. enthält lediglich die Bestätigung reffen, was durch halbamtliche Mit theilungen schon vorher bekannt war; wir könnten deshalb darauf verzichten, an dieser Stelle die Thronrede zu erörtern, »enn nicht zwei Abschnitte derselben ein nähere- Eingeben ans ihren Inhalt rechtfertigten. Ter erste Satz, welcher unsere besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, lautet: „Rach dem Zustandekommen deS UnsallversicherungSqesetzeS wird es unsere Ausgabe sein, aus entsprechender organisatori scher Grundlage eine befriedigende Ordnung der Fürsorge für die durch Aller oder Invalidität erwerbsunfähig werdenden Arbeiter anzustreben." Schon der gestern erwähnte Artikel der „Prov.-Corr." enthielt eine Andeutung über die AlterS- und Invalidität-Versorgung der Arbeiter, die Thronrede kündigt in aller Form an, daß die Fürsorge für die durch Alter oder Invalidität erwerbsunfähig gewordenen Ar beiter den Schlußstein der socialpolitischen Gesetzgebung bilden soll. Man war bisher zu der Annahme geneigt, baß durch die Ablehnung de? Tabakmonopol» die Ausführung der Alters- und Invaliditätsversorgung der Arbeiter bis auf Weitere» unausführbar geworden sei und daß deshalb die Lösung dieses Problem» aus unbestimmte Zeit vertagt sei. Dem ist «ber nicht so, der Gedanke ist nicht nur nicht auf gegeben, sondern soll unmittelbar nach Annahme de» Unfall versicherungsgesetze» verwirklicht werden. Dadurch wird die Grundlage für die Beurtheilung des UnsallversicherungSgesctzeS wesentlich erweitert, wenn auch dar an« Gründe für die Ablehnung desselben nicht hergeleitet werden können. Für die Bcurthriiung des Unsallversiche- rungSgesetze- kommt nur die Frage der Zweckmäßigkeit und niichstvem die der Ausführbarkeit in Betracht. Wer diese beiden Fragen bejaht, wird dem Gesetz seine Zustimmung geben ohne Rücksicht auf die etwaige weitere Entwick lung der socialpoiitischen Gesrtzgebung. Daß die verbün deten Regierungen die gestellte Ausgabe selbst für schwierig trachten, geht schon au» der Fassung de» betreffenden Ab schnitte» der Thronrede hervor. Es ist vorläufig erst die Schaffung der organisatorischen Grundlage für da» Alter- versorgungSgesetz in Aussicht genommen und nachdem diese srrtiggestellt ist. soll die Ausführung angestrcbt werden. DaS wird vermuthlick noch manches Jahr vauern und erst «ach Ablauf dieser Zeit kan» an Aushebung deS SocialistengesetzeS gedacht werden. Da« ist der Punct, auf welchem gegenwärtig der Nachdruck ruht und deshalb fügt die Thronrede aus drücklich hinzu: .Die Erfüllung dieser Pflicht gegen die arbeitend« Bevölkerung soll in dieser die Segnungen der friedlichen Entwickelung des geeinten Vaterlandes zum vollen Bewußtsein bringen, damit den auf den Umsturz göttlicher »nd menschlickcr Ordnung gerichteten Bestrebungen re- > valutionärer Elemente der Boden entzogen und die Be seitigung der erlassenen AiiSnahmemaßregel» angebahnt werde." Di« verbUndelen Regierungen sieben mit dieser Erklärung fest und konsequent aus dem Boden de» Gesetzes vom 21. Oktober 1878. de» sogenannten SocialistengesetzeS; es > darf aber andererseits nicht unberücksichtigt gelassen werden, daß die damals bestehenden Voraussetzungen sich nicht al» dollstiridia zutreffend erwiesen haben. Im Jahre 1878 be- I stand aus Seite der verbündeten Negierungen die Absicht, durch da» Tabatmonopol di? Mittel für die Alters versorgung der Arbeiter zu schaffen und dieser Absicht wurde Im der Thronrede vom 17. November 188l AuSvruck ge« Igeben. Inzwischen haben die Beraihungen de» Reichstages I darüber volle Klarheit verbreitet, daß die Altersversorgung Iber Arbeiter in der ursprünglich beabsichtigten Form nicht lanSsührbar ist. und ferner, daß dir finanzielle Voraussetzung Ider Altersversorgung der Arbeiter durch die Ablehnung der »Tabak«onopolvorlage hinfällig geworden. Die verbündeten iRegterungen haben deshalb auch von der Festsetzung eine» IK««»«» für die Verwirklichung eer Altersversorgung der 1 lrbeiter Abstand genommen und unabhängig davon eine zwei- ädrige Verlängerung der Geltungsdauer de« SocialistengesetzeS beantragt. Es ergicbt sich daran» die Nothwendigkeit, mit der Bcrathung deS Anträge» im Reichstage eine Erörterung über die Art der Ausführung der AlterSverforgungSidee zu verbinden und man darf daraus gespannt sein, welche Auf- lärungcn vom BundeSratbStische in dieser Beziehung gegeben werden. Aus sehr lebhafte Debatten im Reichstage kann unter diesen Umständen mit Sicherheit gerechnet werden, e» bleibt deshalb zu hoffen und zu wünschen, daß dieselben auch nicht resnltatloS verlaufen, sondern zur Auffindung der Grund lage führen, aus welcher die so segensreiche Alter»- und Invalidenversorgung der Arbeiter errichtet werden kann. Ge lingt die Lösung dieser schwierigen Ausgabe, dann ist auch nicht zu bezweifeln, daß die Mehrheit deS Reichstage» ihre Zustimmung zur Verlängerung der Geltungsdauer de» Socia- tistengesetzeS ertbeilen wird. Der zweite Abschnitt der Thronrede, welcher einige Worte der Besprechung erheischt, ist der die Beziehungen zu den aus wärtigen Mächten betreffende. Bon allen europäischen Völkern, welchen di« Erhaltung de» Frieden» am .Herzen liegt, werden die nachfolgende» Worte der Thronrede freudig begrüßt werden: „Die Gleichheit der friedliebenden Gesinnung, welche die unS benachbarten und befreundeten Mächte beseelt, begründet zwischen ihnen und nn» eine Solidarität, welche die Erhaltung deS Friedens nicht nur für Deutschland nach menschlicher Voraussicht al» gesichert erscheinen läßt. Die Befestigung der ererbten Freundschaft, welche Deutschland und eine Fürsten mit den benachbarten Kaiserbösen verbindet, und die Aufnahme, welche Se. kaiserliche und königliche Hoheit der Kronprinz in Vertretung Sr. Majestät de» Kaiser» in Italien und Spanien gefunden hat, beweisen, daß dem An« ehcn der deutschen Nation im Au-lande da» Vertrauen ber Fürsten und Völker auf unsere Politik zur Seite steht." ES ist unzweifelhaft, daß dieser Absatz der Thronrede in erster Linie den veränderten Beziehungen deS deutschen Reiche» zu Rußland gewidmet ist. Tie ererbte Freundschaft, welche Deutschland und seine Fürsten mit den benachbarten Kaiser- höse» verbindet, konnte in den letzten fünf Jahren nicht in den Thronreden bei Eröffnung deS Reichstage» betont werden, weil an Stelle de» Plurals der Singular hätte treten müssen und dadurch wäre ein Mißton in die übrigens herrschende Harmonie gebracht worden. Glücklicher Weise ist durch die uSsöhnung mit Rußland in neuester Zeit eine neue FriedenS- wrgschast hinzu gekommen, welche den bisher zu den übrigen Mächten bestehenden guten Beziehungen keinerlei Eintrag thut. Die Worte „nicht nur für Deutschland" würden ver mutblich eine andere allgemeinere Fassung in der Thronrede erhallen haben, wenn nicht eine Macht in Europa voiHänden wäre, über deren Friedensliebe begründete Zweifel obwalten. DaS Moltke'scbe Wort, daß wir stark genug sind, »m den europäischen Frieden auch gegen den Willen von Friedens- »örern aufrecht zu erhalten, muß und kann unS auch darüber trösten. * lieber den Eindruck, welchen die Thronrede in Berlin gemacht, wird un» von dort vom Donnerstag geschrieben: Die Eröffnung deS Reichstage» wurde beute in einer so kühlen und geschästSordnungSmäßigen Weise vollzogen, wie eS kaum je vorher der Fall gewesen ist. wenngleich, was seit einer Reihe von Jahren nickt beobachtet wurde, diesmal dem EröfsnungSacte ein Gottesdienst für die evangelischen Mit glieder im Dome, für die katholischen in der HedwigSkircke vorberging. Nur wenig« Mitglieder, zumeist Angehörige der conscrvativen Parteien, hatten sich in dem herrlichen Saale de» königlichen Schlosse- zusammengefunden und die Ver lesung der Thronrede durch den Staat-minister von Bötticher wurde von keiner Stelle durch irgend ein Bravo unterbrochen. Auch der Ton der ganzen Thronrede ist so kühl, so gesckästS- mäßig, al- eS sich nur erreichen ließ. Auf eine Uebcrrascbung war man allerdings nirgend» vorbereitet, ja eigentlich wußte man den Inhalt diesmal ganz genau vorher. Daß die Verlänge rung de» SocialistengesetzeS außer dem UnsallvcrsicherungSgesetz und dem neuen Actiengeseh da» Parlament beschäftigen würde, war bekannt; auch daß da» PeusionSgesetz für Witlwen und Waisen der Angehörigen der Marine und deS HecreS wiederum eingebracht würde, war bereit» vorher gemeldet worden. In dessen enthält die Thronrede doch einen Satz, welcher nicht nur im Inlande, sondern auch in den Nachbarstaaten hohe Befriedigung Hervorrufen wird: e» sind die Auslassungen über unsere Beziehungen zu den andern Mächten, in denen die innige Ucberzcugung von der Fortdauer de» Friedens ihren Au-druck findet, und in denen noch besonders aus die freundschaftlichen Beziehungen zu Oesterreich und Rußland hingewicsen ist. Daran», daß di« beiden Kaiserreiche aus drücklich erwähnt werden, darf man wobt den Schluß zieken, daß wenn auch die Meldung de» „Standard"-Correspondcn- ten vom Abschluß eine» sörm.ichen neuen DrcikaiserbünvnisscS in da» Bereich der Fabel zu verweisen ist. immerhin die Be ziehungen zwischen den drei mitteleuropäischen Großmächten in der letzten Zeit enger geworden sind, und ist dieses ein Wink nach dem Westen hin, welcher den Franzosen in Bezug auf chauvinistische Hetzereien wobl einige Vorsicht auszuerlegen im Stande sein dürste. Wir haben Frieden und wir be halten ihn. diese- Wort der Thronrede ist so viel werth, daß seinetwegen allein die Kritik anderen Punkten gegenüber schweigen müßte. Der Unternehmungsgeist gewinnt durch ein solche» Wort einen neuen Aufschwung, und dieser Eindruck zeigte sich auch heute ebensowohl an der Börse, wie in allen anderen politischen und parlamentarischen Kreisen. Leipzig, 8. MSrz 1884. * Unter dem Vorsitze de» Staatsministers v. Boetticher und demnächst, nach eingetrrtener Behinderung desselben, unter dem Vorsitz de» königlich bayerischen MinisterialratbS von Kästner wurde am 5. März eine Plenarsitzung de» BundeSrathS abgchalten. Die Versammlung ertbeilte ihre Zustimmung den Gesetzentwürfen, betreffend die Ver längerung der Giltigkeitövauer de» ReichSgcsctzeS gegen sie gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie vom 2l. Oktober t878; die Bewilligung von Mitteln zu Zwecken der Marineverwaltung; die PrisrngcrichtSbarkcl»; die Ab änderung de» Gesetze» über d,e eingeschriebenen HitfScassev vom 7. April 187». Den Anträgen ter Ausschüsse wegen der Vorschläge, welche Sr. Majestät dem Kaiser sür die bei dem Reichsgericht zu besetzenden Stellen vorzuleaen sind, trat die Versammlung bei. Nachdem über die geschäftliche IZehandlung einer Eingabe Beschluß gefaßt war, schritt die l Versammlung schließlich zur Wahl von Commissanen für die Verhandlungen im Relchstage. * Der 5. Bericht der Petition-commission de» preußischen Abgeordnetenhauses handelt von der vielbesprochenen lnqelegenheit ter Beschlagnahme de» Vermögens de» hem'aligen Kurfürsten von Hessen. Die Allodial- erven deS verstorbenen Kurfürsten haben darum petilionlrt, daß den Privaterben deS Kurfürsten ein entsprechender Theit der in der Sequestration vereinnahmten Revenuen auS- gehändigt, mindesten» aber denselben unter Zurückziehung de» erhobenen EompctenzconstictcS der beschnittene Rechtsweg offen gelassen werde. Tic PetitionScommission hat nach gründlicher Erörterung der schwierigen Rechtsfrage, deren Resultat in ein Bericht niedergelcqt ist, mit 16 gegen 6 Stimmen den lntrag gestellt, da« Abgeordnetenhaus wolle beschließen, mit Rücksicht aus die Erklärung der königlichen SlaatSregicrung. daß sic in Folge de» Beschlüsse« de- Herrenhauses vom 14. Marz 1883 die Angelegenheit der Petenten einer erneuten Erwägung unterzogen habe» über die Petition zur Tages ordnung überzugehcn. * Abg. Stöcker, unterstützt von der conscrvativen Partei, bat de» Antrag gestellt: DaS HauS der Abgeordneten wolle beschließen: Tie königliche StaatSregierung zu ersuchen, auf Abstellung deS in den größeren Gemeinden, namentlich den Großstädten, bestehenden kirchlichen NothslandeS hinzuwirken und, soweit eS hierzu erforderlich ist, eine Abänderung der bezüglichen Gesetzgebung, sowie die Bewilligung von Staatsmitteln herbeizusühren. * Die interessanten Enthüllungen au» den social demokratischen Kreisen mehren ttck fortwährend anläß lich deS Zwiespalts im soeialdcmokratischen Lager So käme», wie man dem „Sckiv. M." berichtet, durch die kürzlich in Nürnberg verhandelte Beleidigungsklage Hasenclever'S zegen de» Rekactenr deS fortschrittlichen „Fränk. Kur." dnrch die Aussagen von Secialdemokraten höchst interessante That- acben an» Tageslicht. Ein Nürnberger Socialdemokrat, der als Agitator für den socialbei»okratischen Eandidaten bei der letzte,? NeichötagSwahl ausgetreten war. gab seine Ersah- rnngen über Verwendung der unter den verschiedensten Angaben in de» sociatistischen Kreisen gesammelten Gelder kund. Der Zeuge hatte selbst eine größere Summe sür die „Au-gewiescnen" gesammelt und al» er daS Geld »ein Re,ckStag«abgeorVnetcn Grillenberger überbrachle, Hab« derselbe geäußert: „Daß Geld ist für den Wahl- sondS reckt." Ein au- Berlin auSgewiesener anverer Zeuge, der jedoch noch zwei Jahre daselbst während de« Belagerungszustandes weilte, schilderte die Mißstimmung, die bei einem großen Tbeil der Socialdemokratie, namentlich in Berlin, gegen den „Fübrerring" herrsche. Diese Mißstimmung werde besonder» durch die Art und Weise der Vertheilung der ür die AuSgewiesencn gesammelten Gelder gcnäbrt, die den Führern genehmen Persönlichkeiten würden mit großen Summen bekackt, während Leute, die ihnen weniger conveiiiren. mit kleinen Beträgen abgcfuuden würden. Als sür den Wvdcner Socialistencongrcß in Berlin den „Führern" nickt passende Dctegirte gewählt worden wären, babe man die Nictitabhalluiiq de» CongrcsseS verkündet und dann erst später die Abhaltung de» CongrcsseS so plötzlich anberaumt. daß eine Vorbereitung zur Wahl von Delegtrlen nicht mehr möglich gewesen sei. * * » * Der im österreichischen Abgeordnetenhaus- vertbeilte Bericht deS BudgclauSschusscS ist ein meikwürdigeS Actenstück. Er consiatirt, daß nach den Bewilligungen dcö Ausschüsse» daS Deficit sich von 38 aus 40 Millionen crköht hat, anstatt daß das Bestreben deS Ausschusses hätte sein sollen, den Abgang herabzuminden. Ter Berichterstatter deS Ausschusses tröstet sich aber damit, daß daS ordentliche Budget nur ein Deficit von 5 Millionen gegen 9 Millionen im Vor jahre, also eine Besserung von 43 Procent, auszuweise» habe, alS ob die Mehrausgaben de» außerordentlichen Budget» nicht alljährlich und ordentlich wicderkchren und dieses Mcl r nickt ebenfalls im Stcuerwcge bezahlt werden müßte. Der Bericht erklärte es auch sür nothwcnviz, daß jetzt erst die Steuer- erhvbnngen an die Reihe kommen; dann erst könne man an eine Steuerreform denken. * In der „Grazer Tagespost" lesen wir: „DaS von der statistischen Central-Eommission herausgegebene OrtS- repertorium von Kärnten bringt unS eine neue Bescheerung der heute blühenden ClawisirungSbestrebungen in einer Am zahl von slowenischen OrtSb,Zeichnungen sür voll kommen deutsche Orrtlichkciten. die ,m Volksmunde gar nickt bestehen oder üblich sind und nachgerade für dieses OrlS- repertormm speciell gemacht werden mußten ... Welche Be- rechtigung kann dafür geltend gemacht werden, in den rein deutschen GerichtSbezirken St. Leonbard und WolsSberg für die Orlscbasten Erzberg. Gräbern. Ktieninq. Tbeisina. Walden stein. Forst. Gössel, Kamp und Lading die tbeilS in» Slowenische übersetzten, thell» nur slowenisch klingenden Namen : Rudnagora, Grable. Klince, Deznig, Baltenstanj. Borst. Gozdje. Pod, Komom und Ladine; ,m politischen Bezirke St. Veit: sür Kabing — Rabje, Wietnig — Vetnig. Deutschgriffen — Gebinje, Gurk -- Cvcta. .Heina (— heil. Emma). WeitcnSscld — Bajkens- seld, Obermühtbach — Zgoriije Minner, Schaumbvdcn --Saom- Hoden, Steinbücbl ---Stajnbihl; im politischen Bezirk Klagen- surt für Reichenau — Rajhenav. Steierbcrg --- Stajerberg, endlich im Spitaler politischen Bezirke sür KremSbrückcn — KrnSki Most. Berg — Gora, Brüggen -- Mostik, Kersch baum — EreSnja. Kleinkirchheiin --- Mala Cirkira, Lind — Lipa, Winklern — Kot rc. zu setzen, welche Namen so wenig jemals bestanden habe», als die in diesem statistischen Muster werke sür den Stadttheil Sckoßbarb in WolsSberg auf gebrachte Bezeichnung „Gradnira". bei welcher Uebrrsetzung L taut prix den, slawopbilen Statistiker daS Malheur passirte. sür die uralte „nd noch heule gütige Bezeichnung ..Schoß bach", „Schloßbach" zu lesen — rin Versehen, da» so recht kennzeichnet, welchen Werth man selbst bei staatlichen statistischen Arbeiten fllk. Eentralbureau sür Statistik) aus die Wahrheit legt, wo eS gilt, einen, zum größeren Tbeile deutsch sprechenden und deutsch denkenden Kronlande ein slawische« Gepräge aufoctropiren zu wollen." Da» ist da» deutsche Reckt de» Herrn Taaffe. daß Deutsch faktisch die Staatssprache sei, wenn in ossiciellen Werken in rein deutschen G e m e i n d e n so «in Frevel passiren kann. Tie „Agence HavaS" läßt sich angeblich an- Köln folgende Mittheilungen über die Annäherung Rußlands an Deutschland tclegrapbiren: Im Hinblick aus die so verschiedenen und so iiiiwahrscheinlichcn Behauptungen, die bezüglich der Annäherung Tenttchlaiids uns Rußlands aufgestellt worden sind, ist es „oihwenü-a, nochmal zu versichern, daß man bis aus Weil,res in dieser tloolniion die einfache osficiellc Annäherung zweier Länder erblicken mich, oere:, Bevölkerungen vielleicht nicht immer große Gcinem'chast oder eine ausgeprägte Sympathie an den Tag gelegt baden, deren Souveräne und Regierungen jedoch überzeug, sind, daß l.m crich- hafles Motiv, kein politisches Interesse im Innern wi nn Auoland: dafür vorhanden ist, einander zu bekriegen, wechselst,»,, von jried- lichen Gesinnungen beseelt, haben sie deshalb jede» Poewniid für Mißverständnisse und für Erbitterungen beseitigen wollen; sic juchen nicht bloS den Frieden zu befestigen, sondern auch, indem sie Wien Beziehungen einen sür Jedermann ersiwilichen Cttarakier „bsoluier Herzlichkeit verleihen, einander die Boribcilc diese« Frieden« zu ichern, um jeder sür sich in der Zukunft die Enrwickctnng ihrer iialionatr» Interessen freier betreiben zu können. Diese Annäherung hat nichts, was Frankreich erschrecken könnte. Die Wahl de« Fürsten Orkow, welcher dreizehn Jahre hindurch in Pari- gelebt hat und während seiner neuen Milsion die Werth- chätzung und den Respect nicht vergessen lau», die er in Frankreich gewonnen hat, ist einer der besten Beweise sür jene Annahme. Ucbcrd'e- muß man diese Annäherung als ei» einiiien! friedliches Anzeichen betrachten. Die russische Kanzlei hat. seiidci» sie durch Herr» von GierS geleitet wird, nicht einen Augenblick aufzehürl, nach allen Richtungen an der Ausrechterbaliung des Frieden« zu arbeite». Diele Neigung zum Frieden, welche den Grundzng im Charakter des russischen Minister» des Auswärtigen bildet, weiche gennssermaßm eine herrschende Leidenschaft darstcllt, hat soeben lriumpbirt. und wenn eS wahr ist, daß beim Beginne der gegenwärtigen Regierung einige- Zögern stattsand, so hat Alexander 111. doch seither den Ideen seiner Kanzlei völlig beigevflichtet; heuie wünscht er den Frieden mit seinem mächtigen Nachbar. ... ES ist dies übrigens die Folge der gegenwärtigen europäischen Lage. . . . Durch seine eigenen Interessen gezwungen, in Frieden mir Deutschland zu leben, hat Rußland aus diesem Frieden alle Bortheile ziehen wollen. Es ist die» also eine Vernunflheirath und keine Ehe aus Neigung. Tie Einigung ist durch ein wechselseitiges politisches Interesse geiordcrt worden: eS ist aber unmöglich, zu behaupten, daß das Herz dcu mindesten Aniheil dabei genommen habe. Die Annäherung war unvermeidlich. Rußland fand sich durch den deutschen Koloß, der an seiner Seite entstanden war, gewisser maßen gelähmt. In jeder der inneren oder äußeren Fragen war die russische Regierung gezwungen, ehe sie eine auch noch so nn- bedenlendc Entscheidung traf, sich zu fragen, ob der oftmals mürrische Nachoar nicht in seinen Interessen getroffen weide, ob er n'chr Schwierigkeiten machen würde. ... ES war die- ein unablässiger Zwang sur diejenigen, welch« dir Leitung der russischen Politik batten, ei» Zwang, der stel« wuchs, and welchen die deutiche Polilik in den letzten Monate,: aus« Höchste gesteigert hatte, indem sie ven ganzen Südwcstcn Rußlands mit einem Netze umipanntc, da« jede Bewegung zu lähmen vermochte. E« war daher dringend nothwendig, sich um >edcn Preis davon zu befreien. Indem die rfficivsc Depesche dann die Correspondenz deS .Standard" erörtert, welcher vorgab, die Elauseln eines zwischen Deutschland und Rußland abgeschlossenen Vertrages mittheilen ru können, hätt der Gewährsmann der „Agenee HavaS" dafür, daß kein formeller Vertrag abgeschlossen zu sein braucht, sondern nur ein persönliches Einvernehmen, das bei der Unterredung de- Fürsten BiSinarck mit Herrn von Gier» in FriedrichSruh erzielt wurde. * Die „Potit. Corresp." veröffentlicht den Wortlaut der Circularnote, in welcher der serbische Minister des Auswärtigen die Gründe de» eingctrctencn Mniisierwechsctr erörtert und auch fernerhin eine Politik der srcnnvschajtUchcn Beziehungen zu den anderen Staaten zu pflegen verspricht. Zu Ehren de- deutschen Miilislerrcsitenten, Grasen Brav, dem von dem König von Serbien daS Großkrcuz dca TakowaordcnS verliehen wurde, fand, wie der „Politischen Evrrespondcnz" an» Belgrad gemeldet wird, kürzlich ei» Galabincr am serbischen Hose stall. * Nachdem die Pforte aus die erste Note deS Herrn von Nclitoss die Verzögerung der Zahlung der Kriegscillsil ädigunz an Rußland in ihrer Art aufgeklärt hat, ist »unmehc vom russischen Botschafter eine zweite Note >» Konstanttnopcl übec- reickt worden» in welcher erklärt wird, Laß der Rückstand zu groß sei, um durch den Fall der Getreideprcisc genügend ans- geklärt zu erscheinen, und die Pforte möge daher hrlannt geben, welche Maßregeln sie getroffen hat, um die sättige Zahlung zu leisten. * Wie ein Privattelegramm der „Vossiscken Zeitung" au» Pari- meldet, planen die dortigen unbcschäitigton Arbeiter eine neue große Versammlung aus cfscinc Straße. Es hat jedoch den Anschein, at» ob dieser Plan von denselben anarchistischen Elementen auSginge, welche zuni vergangenen Sonntag nach dem Saale in der Rivolistraß' eine Bcnai»miling einberuscn hatten, um den Url'cbern der Wiener Akleittate ikreSviiipatbicn kund zu gebe». Bereit» i» jener Versammlung, der etwa 150 biS 200 Personen beiwohnten, wurde ein „Ausruf an die Bürger Arbeiter!" verbreitet, kesse» Inhalt erst heute durch die Blätter bekannt wird. In dem Aufruf, der auch iu Pariser Werkstätten und aus der Straß: vertheül worden ist, sinden sich folgende, ihren Ursprung deutlich vcr- rathend'e Stellen: Beweisen wir der Bourgeoisie, daß, wenn unsere Väter im Jahre 1789 zu ihrer polnischen Emancipation Bastille» uniznilürzen verstanden, wir wegen irnscrcr sociale» und wirtt-schnslnchen Emancipation die Bastillen der Eapilalisten niederz.iivcrlen ver stehen werken. Die Natur hat uns bei unserer Geourl ein unver- äußerliches Recht gegeben, welches unsere Herrscher obzuleuqne» außer Stande sind: nämlich daS Recht aus die Existenz WaS verlangen wir in der Versammlung aus offener Straße? Das Recht, uns zu versammeln» unsere Klagen an die hüchne Stelle gc. langen zu lassen. Was wollen wir? Arbeit, um unser Leben zu fristen und den Ueberfluß zu verzehren, der ausgeipeichert unser unbestreitbares Eigenihum ist, weiche« wir producirl haben, und diese Production besteht nur, weil wir i» die vollständige Unmög lichkeit versetzt sind, DaS, waS uns voll,wendig ist, zu erhalten. ... Feste Stützen deS Pcineipö „Einer sür Alle und Alle sür Einen", glauben wir nur an die Rcpublik der Arbeit, »nd wir nenne» eme sociale Ungerechtigkeit die heutige Bourgeois-Republik, die aus dem Princip der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen verübt, welche« einer Elaste Müßiggänger das Recht giebt, die große Masse der Producentcn im Nomen de« GcietzeS, de« gkiktzlichkn Diebstahl-, der AuSbeuiting und der Autorität auszuhungern. * In Italien ist man über die Beilegung der Ministerkrise sehr befriedigt. ES heißt, daß der König persönlich auf den Ministerpräsidenten cinaewirkt hat. um ihn zu bewegen, von der bereit» beschlossenen Demission ab,michen. TepretiS babe dem Drängen de» König» nackgegeben und auch den Unterricht-minister Baceelli, welcher eigentlich durch die jüngste Entscheidung ter Kammer zunächst und in erster Reibe getroste» war. zum Bleiben bewoqen. Von anderer Seite wird allerdings behauptet» die Krise sei nicht au» der
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